Für einen ganzheitlichen Bildungsweg müssen wir im Dialog Brücken schlagen mit den Verantwortlichen vor Ort, und zwar zwischen den verschiedenen Bildungsstätten und den Bildungspartnern aus Handwerk, Wirtschaft, Wissenschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen. Es gibt sicherlich viele Initiativen, die nebeneinander herarbeiten, weil sie bisher kaum voneinander wussten. Deshalb müssen wir die Übergänge nicht nur zwischen den Schularten, sondern auch
zu außerschulischen Bildungsangeboten und Schulträgern begleiten und vernetzen. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Schule zum Lern- und Lebensraum wird.
Daran muss die Bürgergesellschaft aktiv beteiligt werden. Diese Maßnahmen tragen wesentlich zur verbesserten Zukunftsfähigkeit einer ganzen Region bei, da die Qualität des Schul- und Bildungswesens einer Region ein direkter Standortvorteil ist. Genauso wie unser Kooperationsmodell zwischen Haupt- bzw. Mittel- und Realschule eröffnet die Bildungsregion eine Chance, um die Zukunft der Schulen zu sichern.
Unser Ziel ist es, dass alle Beteiligten der Schulfamilie, also Schüler, Eltern, Lehrer und Schulberatung, kooperieren und mit den Bildungspartnern aus allen Bereichen der Gesellschaft an einem Strang ziehen, und zwar in die gleiche Richtung.
Dafür brauchen wir wahrlich keine Strukturdebatte, sondern eine Qualitätsoffensive vor Ort, um unser erfolgreiches, vielfältiges Bildungswesen weiterzuentwickeln.
Diese Ziele haben wir immer vor Augen, wenn wir jetzt auf das schauen, was bereits realisiert wurde, und auf das, was noch verbessert werden muss und wo die Defizite liegen. Fangen wir dort an, wo die ersten wichtigen Weichen in den ersten Lebensjahren der Kinder gestellt werden, in den Kindertagesstätten. Für Chancengerechtigkeit beim Start ins Schulleben haben wir für die Eltern das letzte Kindergartenjahr kostenfrei gestaltet. Ab September wird jeder Kindergartenplatz mit 50 €, ab dem Jahr 2013 mit 100 € bezuschusst werden. Ausgehend von einer Sechs-Stunden-Belegung pro Tag wird damit das letzte Kindergartenjahr in zwei Schritten kostenfrei für alle sein.
Parallel sorgt ein verbesserter Betreuungsschlüssel für kleinere Gruppen. Das ist ein Anfang für die dringend notwendige Qualitätsverbesserung. Trotzdem gibt es noch viel zu tun. Ich plädiere nach wie vor für den Wechsel der Zuständigkeit für frühkindliche Bildung vom Sozialministerium in das Kultusministerium.
Dies wäre ein wichtiges Signal für den Stellenwert der frühkindlichen Bildung. In Kinderkrippe und Kindergarten werden die Grundlagen für den späteren Lernerfolg an der Grundschule gelegt. Dazu müssen wir die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher verbessern, damit der bayerische Bildungs- und Erziehungsplan optimal umgesetzt werden kann, und wir müssen die pädagogische Arbeit durch eine leistungsorientierte Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen aufwerten. Jede Art von Investitionen in die Frühförderung zahlt sich für die Gesellschaft zigfach aus. Mein Motto lautet: früher investieren statt später reparieren.
Da sind wir bei den Finanzen. All unsere Bildungsinvestitionen haben wir solide finanziert. Insgesamt betragen die Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung knapp zwei Milliarden Euro mehr als im Jahre 2008 und machen ein Drittel des Gesamthaushaltes aus. Denn diese Koalition weiß: Bei keiner Geldanlage ist die Rendite so hoch wie bei den Mitteln, die wir heute in die Bildung investieren.
Zurück zur Chancengerechtigkeit am Schulstart und für die Grundschulen. Für mehr Chancengerechtigkeit sorgen die sogenannten flexiblen Grundschulen. Die Kinder können hier zu ihrem individuellen Lerntempo finden, indem sie sich den Lernstoff der ersten beiden Schuljahre in einem, in zwei oder in drei Jahren aneignen. Aufgrund des großen Erfolgs der 20 Modellschulen werden wir ab dem kommenden Schuljahr die Zahl auf 80 erhöhen.
Auch beim Übertrittsverfahren haben wir einige Verbesserungen vorgenommen: durch frühzeitige Informationsveranstaltungen, durch den Einsatz von Beratungslehrkräften, durch Erleichterungen bei den Proben und durch die Einbindung des Elternwillens beim Probeunterricht.
Jedoch müssen wir bei der Notengebung auch den Prozess der individuellen Entwicklung in den Mittelpunkt stellen. Für die Eignung eines Kindes zum Besuch des Gymnasiums oder der Realschule sind mehr Faktoren ausschlaggebend als die Noten in Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachkunde.
Zu einer ganzheitlichen Betrachtung gehört auch der Blick auf die Entwicklung im Laufe des Schuljahres
Um den Übertritt an die weiterführenden Schulen zu erleichtern, wurden in den 5. Klassen die Lehrpläne in den Kernfächern aufeinander abgestimmt. Zudem werden die Kinder an der Realschule und am Gymnasium von erfahrenen Grundschullehrern begleitet. Durch zielgerichtete individuelle Förderung können Schülerinnen und Schüler in der sogenannten Gelenkklasse ohne Wiederholung eines Schuljahres direkt von der 5. Klasse in die 6. Klasse der nächsten Schulart überwechseln. Auch im Bereich der Hauptund Mittelschulen sorgen wir für eine bruchfreie Bildungskette und eine bessere Durchlässigkeit. Durch die Änderung des Bayerischen Unterrichts- und Erziehungsgesetzes ist die Kooperation von Real- und Mittelschule fest im Gesetz verankert. Die vertiefte Zusammenarbeit der Schularten unter einem Dach wird damit zur echten Alternative im bayerischen Bildungssystem. So kann auch bei zurückgehenden Schülerzahlen ein qualitativ hochwertiges und wohnortnahes Bildungsangebot bereitgestellt werden. Dank des sogenannten Neun-plus-zwei-Modells können leistungsstarke Schülerinnen und Schüler mit einem guten qualifizierenden Abschluss an der Mittelschule über ein Vorbereitungsjahr nach elf Schuljahren noch den Realschulabschluss erwerben. Aber auch Realschüler können von diesem zusätzlichen Jahr profitieren, insbesondere dann, wenn die Gefahr besteht, dass sie die Schule ohne Abschluss verlassen würden. Die hervorragende Akzeptanz des Modellversuchs zeigt, dass diese Kooperation ein Modell der Zukunft ist: flexibel, passgenau und maßgeschneidert.
Wir haben diese Kooperation bereits im Nachtragshaushalt mit Stellen belegt. 150 Stellen sind für die Durchlässigkeit an allen Schularten eingespeist; 50 davon explizit für die Kooperation aus Real- und Mittelschule.
Und nun zu den Gymnasien. An den Gymnasien hat sich gezeigt, dass das G 8 der richtige Schritt war. Die Missstände, die aufgrund der überhasteten G-8-Einführung seinerzeit entstanden sind, haben wir behoben.
Eine Rückkehr zum G 9 wäre nicht nur rückwärtsgewandt, sondern würde auch neues Chaos verursachen. Denn es hat sich schon vieles verbessert. 2008 wurde die Wochenstundenzahl des bayerischen Gymnasiums auf die KMK-Norm von 265 Wochenstunden reduziert. Es wurde eingeführt, dass den Schülerinnen und Schülern der Unter- und Mittelstufe an Tagen
mit Nachmittagsunterricht keine schriftlichen Hausaufgaben bis zum nächsten Tag aufgegeben werden dürfen. Darüber hinaus sollen in den Jahrgangsstufen fünf bis acht der Mittwoch- bis Freitagnachmittag frei von Pflichtunterricht sein. Lange Schultage sollen rhythmisiert organisiert werden und auch Doppelstunden umfassen. Die Klassenstärke ist seit 2008 von 27,6 auf 26,9 gesunken,
Durch die Einführung der P- und W-Seminare in der Oberstufe erfolgte eine verstärkte Studien- und Berufsorientierung. Die Intensivierungsstunden verstärken die individuelle Förderung und ermöglichen einen auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnittenen Unterricht. Die Zahl der Einführungsklassen wird massiv erhöht; fast 100 Gymnasien bilden im Schuljahr 2012/2013 Einführungsklassen.
Mit diesen können wir bayernweit die Voraussetzung dafür schaffen, dass Absolventen mit Realschul- oder mittlerem Bildungsabschluss ihre Schullaufbahn erfolgreich am Gymnasium fortsetzen können, indem sie in den Kernfächern intensiv gefördert werden.
Wie Sie sehen, schaffen wir größtmögliche Durchlässigkeit im bayerischen Schulsystem - für eine bruchlose Bildungskette.
Natürlich müssen wir das G 8 weiter optimieren statt es immer nur zu diffamieren. Wir wollen noch stärker auf die individuelle Situation der jungen Menschen eingehen und die Kreativität der Schulen vor Ort besser einbeziehen. Unser Credo lautet: Jedem Schüler seine individuelle Lernzeit in einem verlässlichen pädagogischen Rahmen!
Die Schule selbst begleitet den Schüler auf seinem persönlichen Bildungsweg zum erfolgreichen Abschluss. Im Rahmen des Monitorings werden die Lehrpläne regelmäßig auf zeitgemäße Inhalte überprüft.
Wir wollen die individuelle Lernzeit in der Mittelstufe flexibilisieren. Dazu gehören eine passgenaue Nutzung der Intensivierungsstunden für Kernfächer und
die Einrichtung von Intensivierungsmodulen in der Mittelstufe. Dies ist gedacht für Schülerinnen und Schüler, die ihre Grundlagen für die Qualifikationsphase noch einmal festigen wollen, die ihren besonderen Begabungen, zum Beispiel im wissenschaftlichen, künstlerischen, musischen oder sportlichen Bereich, nachgehen wollen oder die nach einem Auslandsaufenthalt zurückkehren.
Die Gesamtlaufzeit des Gymnasiums bleibt dabei unverändert. Dieses Zusatzangebot am Gymnasium ist in eine Reihe zu stellen mit individuellen Zeitmodellen beziehungsweise zeitlichen Zusatzangeboten, zum Beispiel der flexiblen Grundschule, den Vorklassen an den Fachoberschulen/Berufsoberschulen oder den Einführungsklassen am Gymnasium für Schülerinnen und Schüler anderer Schularten mit mittlerem Schulabschluss. Das ist der richtige Weg in unserem durchlässigen Bildungssystem. Wir wollen ihn weitergehen. Denn die bayerische Realschule hat ein starkes Profil. Sie vereint eine allgemeine theoretische Bildung mit einer praxisorientierten Berufsvorbereitung, in der junge Menschen ihre praktischen Fähigkeiten und Neigungen ausloten können.
Nach der Realschule besteht die Möglichkeit, über die Fachoberschule oder die Berufsoberschule an die Hochschule zu gelangen. Die alte Gleichung "Gymnasium gleich Studium" ist längst überholt. Bereits 43 % aller bayerischen Schülerinnen und Schüler erreichen die Hochschulreife außerhalb des Gymnasiums. So sagen viele Eltern zu Recht: Mit einer Lehre hat mein Kind eine Ausbildung und kann dann immer noch weitermachen, wenn es das möchte.
Dass dieser Weg immer mehr an Bedeutung gewinnt, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Besuchten im Schuljahr 2010/2011 noch 2.756 Schülerinnen und Schüler eine FOS-13-Klasse, so sind es im aktuellen Schuljahr bereits 3.380 Schülerinnen und Schüler. Dies entspricht einer Steigerung um 22,6 % und belegt, dass die FOS 13 ein Erfolgsmodell ist. Auch die BOS hat einen Zuwachs zu verzeichnen; hier sind es 6,4 % mehr Schülerinnen und Schüler. Anders gesagt: Immer mehr junge Menschen kommen über die FOS 13 oder die BOS an unsere bayerischen Universitäten. Das ist ein Erfolg, wenn man sich überlegt, dass jeder Jugendliche, der über die Schiene FOS 13/BOS kommt, wiederum ein Multiplikator für diesen Weg sein kann.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, sich für diesen Bildungsweg zu entscheiden, ist, dass eine duale Ausbildung nicht nur in der heimischen Wirtschaft, sondern weltweit - zu Recht - hohes Ansehen genießt. "Made
Hinter vielen Produkten und Dienstleistungen stehen die Leistungen gut ausgebildeter Menschen, von denen viele aus dem dualen System der Berufsausbildung kommen.
Wir sorgen dafür, dass die Berufsausbildung keine Sackgasse ist. Inzwischen haben in Bayern die Meister eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung. Zudem gibt es viele Möglichkeiten, berufsbegleitend Zusatzqualifikationen zu erwerben.