Im internationalen Vergleich erleben wir es, wo die Familienpolitik besonders erfolgreich ist. Sie ist dort besonders erfolgreich, wo die Geburtenzahl auch bei Akademikerfamilien besonders hoch ist. Die Familienpolitik ist immer dann besonders gut, wenn die Qualität stimmt, wenn die Angebote flexibel sind und wenn es die Möglichkeit gibt, die Angebote für alle zu nutzen. Die Ergebnisse des Familien-Monitoring bestätigen das eindrucksvoll, wenn die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland befragt werden.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Zeit bringt euch schon über die Runden! Redet doch über die Wies’n!)
Das Familien-Monitoring hat es genauso bestätigt wie die vielen Gespräche, die wir mit jungen Vätern, mit jungen Müttern, mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch mit Arbeitgebern führen. Die Arbeitgeber reagieren sehr wohl auf die veränderte Gesellschaft. Sie öffnen sich und bieten flexible Möglichkeiten. Alles das bestätigt uns. Sie alle wissen - das brauche ich Ihnen nicht als Neuigkeit zu verkaufen -, dass die FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag wie auch im Bundestag in der Abwägung der knappen Mittel die Investition in die Einrichtungen mehr bevorzugt als direkte Finanztransferleistungen. Wir wollen in die Einrichtungen investieren, die Qualität verbessern, die Angebote flexibler gestalten und Möglichkeiten offenbaren.
Für uns ist es aber auch eine Frage der Verlässlichkeit, Koalitionsverträge einzuhalten. Sie sind in dem letzten Jahrzehnt in Bayern nicht in die Verlegenheit gekommen, zu verhandeln. Sie sind doch gar nicht in der Lage, Koalitionsverhandlungen zu führen. Die Bürgerinnen und Bürger in Bayern werden Ihnen 2013 die Möglichkeit dazu auch gar nicht eröffnen.
Deswegen - das wird keine Überraschung für Sie sein, Frau Bause - wird die FDP-Fraktion dem Antrag der GRÜNEN nicht zustimmen. Das Leid, dass Sie vorhin wieder zur Schau getragen haben, werden Sie noch etwas weiter ertragen müssen. Wir werden dem Antrag nicht zustimmen, auch wenn wir in der Abwägung, wie wir die frühkindliche Bildung verbessern können, eine eindeutige Position haben.
Ich darf nun als letztem Redner für die Bayerische Staatsregierung Herrn Ministerpräsident Horst Seehofer das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu den schmerzlichen Erfahrungen meiner politischen Karriere gehören mehrere Bundesverfassungsgerichtsurteile, mit denen die Familienförderung in der Bundesrepublik Deutschland für verfassungswidrig erklärt wurde. Ich habe den Vorsatz gefasst, dass, jedenfalls solange ich politisch tätig bin, nie mehr der Umstand einkehrt, dass sich Familien ihr Recht, sei es in der Höhe der Familienförderung oder in der Struktur der Familienförderung, beim Bundesverfassungsgericht erstreiten müssen. Deswegen bitte ich darum, dass wir uns gegenseitig den guten Willen und die politische Absicht zubilligen, auf die realen Familienverhältnisse in der Praxis heute auch Antworten zu geben und nicht die unterschiedlichen realen Verhältnisse in den Familien gegeneinander auszuspielen. Wir haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, dies zu tun.
Gott sei Dank ist mittlerweile das Argument mit der Herdprämie, das eine Unwahrheit war, zusammengebrochen. Es steht fest - das ist nie anders gesagt worden, das ist auch nicht korrigiert worden, die Präsidentin hat es bestätigt -, dass die Inanspruchnahme des Betreuungsgeldes nicht einmal die Einschränkung der Berufstätigkeit voraussetzt.
- Nein, ich verhandle darüber schon seit sechs Jahren und weiß, worüber ich verhandelt habe. Wenn man wollte - ich habe dies aber nie getan -, könnte man das Elterngeld eher in die Nähe einer "Herdprämie" rücken, weil das Elterngeld die Aufgabe oder wesentliche Einschränkung der Berufstätigkeit voraussetzt. Dennoch habe ich im Interesse der Geschlossenheit der Gesellschaft und unter Berücksichtigung dessen, dass man als verantwortlicher Politiker Menschen bzw. Familien nicht auseinandertreiben darf, beim Elterngeld nie von "Herdprämie" gesprochen, obwohl hier die Berufstätigkeit im Wesentlichen aufgegeben werden muss. Ich möchte, dass der Begriff "Herdprämie" endlich weg ist, weil damit ein unwahrer Eindruck gegenüber der Bevölkerung erzeugt wurde.
Ich muss jetzt vielleicht eine Minute überziehen, auch um den Preis, dass wir eine Verlängerung der Debatte bekommen. - Das zweite Argument: Die einen haben das Gesellschaftsbild, die Mutter solle zu Hause sein, und die anderen haben das Gesellschaftsbild, die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Kindererziehung sei das Maß aller Dinge.
Da wir - die gesamte Koalition, die gesamte Bayerische Staatsregierung - Interesse daran haben, eine moderne, auf die Familien und die realen Lebensverhältnisse zugeschnittene Familienpolitik in Bayern zu betreiben, sage ich Ihnen jetzt einmal, wie heute die Realität in Bayern aussieht.
Als diese Regierungskoalition vor vier Jahren ihre Arbeit aufnahm, lag die Bedarfsdeckung bei Kinderkrippenplätzen für Kinder bis zu drei Jahren bei 13 %. Wir werden in unserer Regierungszeit annähernd 40 % Bedarfsdeckung erreicht haben!
Frau Gottstein, Sie haben den Eindruck erweckt, wer berufstätig sei, könne dem Modell des Betreuungsgeldes nicht entsprechen und stehe dann hilflos in der Gegend. Wir sagen doch nicht, dass Ihnen kein Krippenplatz zur Verfügung stehen soll, wenn Sie das Betreuungsgeld nicht in Anspruch nehmen.
Ich wiederhole: Wir haben mit einer Bedarfsdeckung von 13 % bei den Kinderkrippenplätzen begonnen. Zum Ende unserer Legislatur werden wir fast 40 % erreicht haben.
Wichtig ist auch die Feststellung: Es gibt eine Finanzierungsgarantie für die Kommunen. Jeder Kinderkrippenplatz, der beantragt wird, wird von der Bayerischen Staatsregierung gefördert. Jeder!
Ganz gleich, ob die Mittel im Haushalt stehen oder nicht - wenn wir überplanmäßige Ausgaben brauchen, dann wird der Platz gefördert. Kein Bürgermeister muss warten, bis der nächste Haushalt verabschiedet wird. Ich erwähne das, damit auch die unwahre Behauptung beseitigt wird, wir seien gegen Kinderkrippen. Es gab in den letzten vier Jahren in ganz Deutschland keine andere Regierung, die mit dieser Dynamik Kinderkrippenplätze ausgebaut hat.
(Beifall bei der CSU, der FDP und der Staatsre- gierung - Isabell Zacharias (SPD): Letzter Platz im Bundesvergleich!)
Man muss doch ertragen, dass man sich mit Argumenten auseinandersetzt. Wollen Sie wirklich nur noch wie in Wahlkämpfen Politik machen? Das können wir auch.
Sie können doch nicht bestreiten, dass das erste Argument stimmt: Das Betreuungsgeld setzt nicht die Aufgabe der Berufstätigkeit voraus.
Das zweite Argument stimmt ebenfalls; es hat in der gesamten heutigen Landtagsdebatte eine Rolle gespielt: Die Bedarfsdeckungsquote bei den Krippenplätzen haben wir von 13 % auf annähernd 40 % erhöht. Wir geben eine Garantie für die Förderung jedes Kinderkrippenplatzes in Bayern, ohne Rücksicht darauf, ob die Mittel im Haushalt tatsächlich so veranschlagt sind. Das kann man doch im Ernst nicht bestreiten.
Drittens. Wir müssen auch etwas weiter, das heißt ganzheitlich denken und die Grundschule berücksichtigen. Die Kindergärten für die Drei- bis Sechsjährigen sind in Bayern zu fast 100 % belegt. Obwohl in Baden-Württemberg gerade das Landeserziehungsgeld abgeschafft wird, stellen wir das dritte Kindergartenjahr im Wesentlichen gebührenfrei. Welche andere Regierung in Deutschland ist derzeit in der Lage, eine solche neue soziale Unterstützung für Familien ins Leben zu rufen? Angesichts von 100 % Kindergartenbelegung könnte man vielleicht sagen: Die sind doch alle im Kindergarten. Es ist doch alles an Versorgung gegeben. Dennoch befreien wir die Familien von dieser Gebühr, weil das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung auch ein Bildungsjahr ist.
Nein. - Wir haben vor vier Jahren in der Koalition sehr genau überlegt: Erhalten wir das Landeserziehungsgeld für Bedürftige, das heißt für Menschen mit geringem Einkommen? Ich stelle fest: Wir erhalten es. Wir werden es auch beibehalten, nachdem das Betreuungsgeld in Kraft getreten ist. Auch dann wird es in Bayern ein Landeserziehungsgeld für Menschen mit geringem
Einkommen geben. Wir reden nicht nur von den kleinen Leuten, sondern wir tun etwas für die kleinen Leute. Das ist echte Familienpolitik.
Immer wieder werden ideologische Vorurteile geschürt. Es wird behauptet, die CSU wolle - die FDP nehme ich jetzt gar nicht in Anspruch -, dass die Frau zu Hause am Herd sei. Fakt ist: In keinem anderen westdeutschen Bundesland gibt es eine höhere Frauenerwerbsquote als in Bayern.
Nun kann man behaupten, dass liege am guten Wachstum und an den Arbeitsplätzen. Ja, natürlich liegt es auch daran. Aber das Argument, wir hätten eine Mentalität, wonach sich die Frau rechtfertigen müsse, wenn sie berufstätig sei, ist Quatsch. Ich wiederhole: Bayern hat die höchste Frauenerwerbsquote unter den westlichen Bundesländern. Ich sage bewusst: unter den westlichen Bundesländern; in den östlichen Ländern gibt es eine andere Tradition.
Ich habe die reale Lage in Bayern geschildert. Familien in Bayern erfahren Unterstützung durch zusätzliche Kinderkrippenplätze, durch Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit, durch das Landeserziehungsgeld, durch die Befreiung von der Kindergartengebühr. Damit hat gerade diese Regierung in den letzten vier Jahren in ganz Deutschland Maßstäbe gesetzt hat. Das war uns gemeinsam wichtig, der CSU wie der FDP.