Protokoll der Sitzung vom 04.12.2012

Das zweite Stichwort ist der Zugang zur Kunst, die Teilhabe. Andere Länder − ich weise nur in Richtung Großbritannien − sind beispielsweise beim Eintritt in Museen wesentlich fortschrittlicher. Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass unsere Museen nicht zu Einrichtungen der Elite werden. Wir müssen versuchen, die Bevölkerung in ihrer ganzen Breite an Kultur teilhaben zu lassen.

(Eberhard Sinner (CSU): Man kann doch nicht behaupten, dass nur die Elite in die Museen geht!)

Ich sage das bewusst auch in Richtung derjenigen, denen es finanziell nicht so gut geht. Das sind nicht nur Hartz-IV-Empfänger, sondern auch viele ältere Menschen. Sie würden gerne am Kulturleben teilnehmen, und man sollte sich in Bayern überlegen, wie man hier etwas tun kann. Vielleicht könnte man über mindestens einen Tag mit freiem Eintritt in die Museen oder auch über vergünstigte Eintritte nachdenken.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

In diesem Zusammenhang habe ich in Ihrer Rede einen Hinweis auf die Migranten vermisst. Wir haben viele Migranten in Bayern, die meines Erachtens zum großen Teil gut integriert sind, die wir aber auch an unseren Kulturstaat heranführen und an unserer Kultur teilhaben lassen − nicht nur sollten, sondern: müssen. Das ist eine Voraussetzung für Integration. Dort kann man sicherlich noch einiges bewegen. Ich denke dabei auch in Richtung der Muslime, die bei uns die größte Minderheit stellen. Zu diesem Bereich habe ich eine Aussage vermisst; vielleicht können Sie das in Ihre Erwiderung noch mit einflechten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

Die regionale Diversifizierung und der ländliche Raum sind für uns FREIE WÄHLER natürlich ganz entscheidend. Ich habe das schon häufiger gesagt: Im ländlichen Raum liegt ein unglaublicher Kulturschatz, nicht nur an Denkmälern und Einrichtungen, sondern auch

an Menschen. Ich möchte hier nur einmal den niederbayerischen Raum erwähnen. Denken Sie daran, wie viele Kabarettisten aus diesem Bereich kommen!

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das liegt an der Region!)

Ich glaube, es gibt in ganz Deutschland keine andere Region, die eine so hohe Kabarettistendichte hat. Man kann sich überlegen, woran das liegt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nur so kann man sich wehren!)

Vielleicht liegt das an der CSU-Mehrheit von 60 oder 70 % in Niederbayern über Jahrzehnte hinweg; keine Ahnung. Ich möchte nicht spekulieren. Es gibt in Bayern so viele Künstler, die es zu fördern gilt.

(Zuruf des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

- Herr Sinner, Herr Aiwanger ist natürlich ein Künstler, selbstverständlich!

Wir haben das letztes Mal bei der Diskussion über die Lage der Künstler gesprochen: Wenn es so ist, dass der Großteil der Künstler in Oberbayern ansässig ist, also im Großraum München − Ich finde als Münchner natürlich gut, dass es bei uns so viele Künstler gibt -, kann es nicht sein, dass die in Niederbayern und anderwärts geförderten Künstler so wenige sind.

(Josef Miller (CSU): Dagegen wehren wir uns!)

Wir müssen schauen, wie man das fördern kann.

In diesem Zusammenhang darf ich als Nichtfranke auch ganz deutlich auf Franken hinweisen. In den letzten Jahren ist mir im Hochschulausschuss aufgefallen, dass es gerade im fränkischen Bereich doch einige Verletzungen gibt. Ich möchte nicht nur an die Debatte über Dürers "Selbstbildnis im Pelzrock" erinnern, sondern auch an die Debatte über das Herzogschwert und vieles andere. Ich möchte einfach die Sensibilität deutlich machen. Kultur bedeutet Identität. Wir sind uns sicherlich alle darin einig, dass es in Bayern nicht nur eine altbayerische Identität gibt, sondern auch eine schwäbische,

(Josef Miller (CSU): Danke!)

eine unterfränkische, eine oberfränkische, eine mittelfränkische. Auch in Franken ist man sich nicht immer einig.

(Zuruf des Abgeordneten Karl Freller (CSU))

- Das ist mir schon klar. Herr Freller, ich möchte noch einmal ganz deutlich sagen: In den letzten Jahren sind ein paar Verletzungen geblieben, die nicht sein müssten. Darüber sollten wir uns noch einmal intensiv unterhalten. Denn Bayern ist so reich an Regionen, so reich an unterschiedlicher Kultur, dass wir diese Schätze gemeinsam heben und bewahren sollten. Da ist Franken ein ganz wichtiger Faktor. Das hier zu sagen, ist mir auch ganz wichtig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zur Situation der Künstler sind schon ein paar Bemerkungen gefallen; deshalb will ich mich da kurz fassen. Wir haben in einer langen Aussprache darüber debattiert, dass es hier doch sehr viele gibt, denen es finanziell schlecht geht. Da haben Sie die Förderprogramme, Preise, Stipendien, Wettbewerbe erwähnt. Ich glaube, da gibt es einiges, was positiv ist, aber man kann noch mehr machen.

Ein Punkt ist mir in der heutigen Debatte aber besonders wichtig: die auswärtige Kulturpolitik. Auch Bayerns Bild im Ausland gehört zur Kulturpolitik, und die Kulturpolitik darf sich nicht darauf beschränken − das tut sie auch nicht -, sowohl in Brüssel als auch in Berlin ein kleines Oktoberfest aufzuführen und zu eröffnen.

(Zuruf des Abgeordneten Josef Miller (CSU))

Bayern darf im Ausland doch nicht auf die Wiesn reduziert werden! Das kann es nicht sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der Ab- geordneten Christine Stahl (GRÜNE))

Hier müssen wir aufpassen, welchen Begriff, welchen Eindruck von Bayern wir nach außen vermitteln. Auch das gehört zur Kulturpolitik.

An dieser Stelle kann ich mir, so leid es mir tut, den Hinweis auf das Amerika-Haus nicht verkneifen, Herr Ministerpräsident. Auch das gehört zur Kulturpolitik. Heute habe ich gelesen, dass die Acatech nun doch nicht ins Amerika-Haus am Karolinenplatz kommen soll, sondern in das Gebäude der Lotterieverwaltung. Ich habe die Bitte: Was Sie auch entscheiden, entscheiden Sie schnell! Sichern Sie den Standort Amerika-Haus! Die Debatte hierüber ist unser unwürdig, sie ist auch schädlich für Bayerns Bild im Ausland, auch in den USA. Ich glaube, Sie hatten gerade ein Gespräch mit dem amerikanischen Botschafter oder Generalkonsul. Jetzt ist es, glaube ich, an der Zeit, eine Entscheidung für das Amerika-Haus zu fällen. Es sollte dort bleiben. Denn wenn Sie mit einem Umzug beginnen -

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Lesen Sie den Bericht des ORH dazu!)

- Gerne, tue ich, mache ich. Wir können uns gerne darüber austauschen. Aber mir geht es darum, dass hinter all diesen Institutionen Menschen stehen. Diese Menschen bangen und fürchten seit zwei Jahren. Das Amerika-Haus ist eine anerkannte Institution in München an diesem Ort; es ist vom Architekten genau für den Zweck, den es jetzt hat, gebaut worden. Wenn man es umbaut, sollte man wissen, wofür man umbaut. Deshalb bitte ich Sie, die gesamte Regierung, dieses Haus, im Rahmen dieser Debatte zur Kulturpolitik, klare Fakten zu schaffen und das Amerika-Haus am Karolinenplatz zu lassen, wo es hingehört. Dort wollen wir es haben. Bitte entscheiden Sie in diesem Sinn, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der Ab- geordneten Isabell Zacharias (SPD))

Meine zwei letzten Punkte: Avantgarde-Kunst und Kreativwirtschaft. Dazu haben Sie bereits einiges gesagt. Es war deutlich, dass hier auch das Wirtschaftsministerium unterstützen kann. Sie sind bei der gleichen Partei, habe ich gehört, Herr Zeil und Herr Heubisch. Hier empfiehlt sich einfach enge Zusammenarbeit. Hier lässt sich, glaube ich, noch viel machen.

In diesem Bereich wollte ich ein Thema ansprechen, gerade wenn es um Kreativwirtschaft, um Kreativkunst geht, nämlich die neuen Gema-Gebühren. Für viele, die im kreativen Bereich tätig sind, ist das ein ganz großes Problem. Hier appelliere ich an die Staatsregierung, aufzupassen, dass nicht vieles an Kunst- und Kulturveranstaltungen aus dem ländlichen Raum verschwindet, weil die Gema-Gebühren nicht bezahlt werden können.

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Was sollen wir denn machen? Was soll gemacht werden? In welcher Form?)

Mein Anliegen ist es: Wenn wir über Kulturpolitik und den ländlichen Raum reden, sollten wir versuchen, politisch einzuwirken. Auch das ist eine Möglichkeit.

(Julika Sandt (FDP): In welcher Form? Sagen Sie es uns!)

Ich komme abschließend zur Gestaltung von Kulturpolitik. Herr Staatsminister, ich habe von Ihnen häufiger gehört, Sie wollten keinen Plan machen, Sie wollten es beim Konzept in der Kulturpolitik belassen. Ich habe schon deutlich gesagt: Wir alle sind sicher keine Freunde von Planwirtschaft. Daran ist auch in der Kultur nicht gedacht. Aber Ideen, wie man Kultur in Bay

ern voranbringen will, wie man sie gestalten kann, sollte es schon geben. In Ihrer Rede ist mir aufgefallen, dass Sie immer gesagt haben: Man muss, man muss, man muss. − Sie sind Minister! Als Minister sollten Sie können, nicht nur müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich erinnere mich noch daran, dass meine Großtante immer gesagt hat: Ich muss, ich will, ich kann. Das war ihr Wahlspruch. Einen solchen Wahlspruch würde ich Ihnen im Grunde genommen ans Herz legen. Wenn Sie sagen, wir müssen das oder jenes tun, sollten Sie sich sagen: Ich will es tun, und dann können Sie es auch, auch in dieser Regierung, auch in Ihrer Koalition.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich komme zum Schluss. Ich habe mir diese Nachschubliste angesehen, diese zweimal 13 Millionen. Ich finde das gut. Mir ist aufgefallen, wohin das Geld fließt − das gilt nicht nur, wenn man sich die Machbarkeitsstudie zum Konzertsaal anschaut. Ich persönlich − das habe ich auch schon häufiger gesagt − habe nichts gegen einen weiteren Konzertsaal in München, aber nur dann, wenn man es abspricht. Ich verstehe nicht, warum die Stadt ihren Konzertsaal im Gasteig hat und die Staatsregierung oder der Bayerische Rundfunk einen eigenen haben soll. Sie sollten miteinander reden. Dann wird man sehen, ob Bedarf besteht. Wo ist Platz? Mich stört es schon ein bisschen, dass der einzige Ort, der geprüft wird, im Stimmkreis des Ministers liegt. Ein Schelm, der Böses denkt.

(Julika Sandt (FDP): Die ganze Innenstadt ist sein Stimmkreis!)

- Das ist Schwabing.

Ich habe auch nichts dagegen, wenn man das in Nürnberg untersucht. Die nächste Machbarkeitsstudie für einen Konzertsaal wird jedoch bereits vom Finanzminister vorbereitet. Man muss sich einmal ansehen, wo die 13 Millionen Euro hinfließen. Ich gönne es den Kollegen aus dem Hochschulbereich. Diejenigen in der CSU-Fraktion, die sich auch im Hochschulausschuss befinden, sind für diesen Stimmkreis zuständig.

(Eberhard Sinner (CSU): Ich kann nichts dafür, wenn ihr so wenige seid!)

- In meinem Stimmkreis, lieber Herr Sinner, wird gar nichts gefördert, was Kultur angeht. Ich wäre gerne bereit dazu. Ich kann Ihnen einiges nennen. In meiner Nähe liegt der Zoo. Es ist fraglich, ob dieser unter Kultur fällt. Auffällig ist es jedoch schon, wenn die zustän

digen Abgeordneten zumindest zum Teil genau aus den Stimmkreisen kommen, in die das Geld fließt.

(Julika Sandt (FDP): Ich habe als kulturpolitische Sprecherin den gleichen Stimmkreis wie Sie!)