Lassen Sie mich auch die Förderung von Projekten aus dem Kulturfonds erwähnen, Kollegin Zacharias, einem bewährten Instrument, wie Sie selber sagen, mit dem wir jährlich circa 180 regionale Einzelprojekte kofinanzieren.
Nennen möchte ich auch die Mittel der Landesstiftung, die seit ihrer Gründung 7.000 Projekte im sozialkulturellen Bereich mit einem Volumen von einer halben Milliarde Euro fördert.
Neben der Unterstützung der kommunalen und freien Kulturträger haben wir aber auch die in der Tat hohe Verantwortung, die im Eigentum des Freistaates stehenden Objekte zukünftig zu erhalten und sie vor allem mit Leben zu erfüllen − allein 45 Schlösser und Burgen, 20 staatliche Museen und elf naturwissenschaftliche Sammlungen.
Ich denke, Kolleginnen und Kollegen, auch an die 40 staatlichen Zweigmuseen; einige davon gilt es dringend zukunftsfit zu machen. Ich denke vor allem an das Römermuseum in Weißenburg, das Schulmu
seum in Ichenhausen, das Völkerkundemuseum im Residenzschloss Oettingen, an das Archäologische Museum in Bad Königshofen. Umso mehr freue ich mich, dass der Bayerische Landtag hier in den kommenden beiden Jahren voraussichtlich 3 Millionen Euro mehr zur Verfügung stellen wird.
Diese wie auch andere Kultureinrichtungen fit zu machen, ist eine der größten Herausforderungen, denen wir uns in der Tat in den kommenden Jahren gemeinsam stellen müssen.
Sicher, es geht, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, nicht alles von heute auf morgen, auch wenn wir uns das wünschen würden. Aber umso mehr freue ich mich in der Tat, dass die Koalitionsfraktionen mit dem zu beschließenden Doppelhaushalt in beiden Jahren einen Schwerpunkt auf die Kulturförderung setzen: Wir geben zusätzliche 50 Millionen Euro für gezielte Projekte mit großer Ausstrahlungskraft in jedem Regierungsbezirk und weitere 26 Millionen Euro für die Unterstützung vielfältigster Kultureinrichtungen und Initiativen der Kulturschaffenden landauf, landab in ganz Bayern.
Und, Frau Kollegin Zacharias, bis 2018 sind das über eine Viertelmilliarde Euro. Erlauben Sie mir auch den Hinweis, dass ich es geradezu frech finde, sich über diese Beträge hier im Hohen Hause lustig zu machen.
Im Ernst: Für diejenigen Kolleginnen und Kollegen, die in herausgehobener Weise auch Verantwortung dafür tragen, dass das Gesamtwerk Doppelhaushalt ausgewogen ist, sage ich, dass Kultur nicht nur kostet, sondern auch wirtschaftlich einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert hat.
Dass unser Land jährlich eine wachsende Zahl von Touristen aus Deutschland und aus aller Welt anzieht, hängt selbstverständlich auch mit der großartigen kulturellen Ausstrahlungskraft Bayerns zusammen. 1983 waren es noch 15 Millionen Besucher, und letztes Jahr waren es doppelt so viele, die nach Bayern gekommen sind.
Nicht zu vergessen ist der gesamte Bereich der Kreativwirtschaft bis hinein in den Film- und Medienbereich. Kultur ist offensichtlich nicht nur etwas für die Identität Bayerns, sondern ebenso ein Wirtschaftsfaktor.
Kolleginnen und Kollegen, damit das auch morgen noch so ist, nun das Allerwichtigste: Es muss uns ge
lingen − und deswegen lassen Sie uns all das, was wir erreicht haben, auch nicht schlechtreden −, junge Menschen, Kinder und Jugendliche noch stärker für unsere Kultureinrichtungen zu begeistern. Wir brauchen museale Konzepte, die weit mehr als bisher moderne Medien- und Kommunikationsformen integrieren. Wir brauchen museums- und kulturpädagogische Ansätze, die junge Menschen einbeziehen, sie abholen in ihrem Stadtteil, in ihrem Dorf, mit ihrer Erfahrung, die Schüler mit einer Flüchtlingserfahrung genauso wie die, die in Bayern das Licht der Welt erblicken.
Wir müssen sie mitgestalten lassen in Theatern, Museen, in Tanzwerkstätten, und − um es auf den Punkt zu bringen, wie ich es mir vorstelle − wir brauchen kulturelle Erlebniswelten für junge Menschen.
Hier gibt es vielerorts spannende, interessante Ansätze. Diese haben wir im Blick, wenn wir für die museumspädagogische Arbeit in den kommenden beiden Jahren 300.000 Euro mehr zur Verfügung stellen und wenn − Herr Staatsminister, Sie haben es erwähnt − ein digitales Kulturportal errichtet wird, das vor allem junge Menschen neugierig machen soll auf die kulturelle Vielfalt, die Bayern prägt.
Ich sage Ihnen eines abschließend: Nur wenn es uns heute gelingt, die Generation von morgen für unsere Kulturschätze in Bayern zu begeistern, wird sie diese Schätze übermorgen schätzen.
Vielen Dank, Herr Kollege Jörg. Der nächste Redner auf der Liste ist Herr Professor Piazolo. Bitte schön.
Verehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Staatsminister! Es war mir eine Freude, Sie hier zu sehen und zu hören, weil man nie weiß, wer hier zur Kulturpolitik spricht. Bei der Kulturpolitik ist es wie mit einem Wetterhäuschen im April: Es kommt immer jemand anders heraus. Das letzte Mal sprach Herr Staatsminister Kreuzer im Hochschulausschuss. Da ging es auch um Kulturpolitik. Manchmal spricht der Ministerpräsident, wie das schon gesagt worden ist.
Beim letzten Haushaltsansatz war es besonders schön: Da wurde parallel gesprochen. Während der Sitzung des Haushaltsausschusses, in der der zu
ständige Staatsminister anwesend war, haben die Fraktionen der CSU und der FDP eine Pressekonferenz gegeben. Das muss man sich einmal vorstellen: Da tagt der Haushaltsausschuss, um die Gelder zu bewilligen. Der zuständige Minister ist da. Parallel dazu gibt der Vorsitzende des Hochschulausschusses, in dessen Ausschuss das Thema noch gar nicht gelaufen ist, eine Pressekonferenz. Unglaublich, aber wahr.
Das ist nicht einmal ein Wetterhäuschen; hier kommen sie gleichzeitig raus. Als ich das im Hochschulausschuss monierte, sagte Herr Kollege Dr. Goppel: So geht Regierungsarbeit. Da hat jemand seinen Machiavelli gut gelesen. Ich muss Ihnen ganz ernsthaft sagen: Ich finde es erschreckend, wie der Landtag und die Regierung nebeneinanderher arbeiten. Die eine Hand weiß nicht, was die andere tut. Der eine Mund sagt dies, der andere das.
An die FDP gerichtet: Ich habe bei diesem Wetterhäuschen den Eindruck, dass man Ihnen am Ende des Koalitionsvertrags den Regenschirm in die Hand gedrückt hat. Immer, wenn es etwas Schlimmes zu verkünden gibt, muss die FDP ran. Nehmen Sie als Beispiel nur das angesprochene Museum der Bayerischen Geschichte. Der Ministerpräsident war zu Besuch in Regensburg und hat, wenn ich es richtig weiß, nicht gesagt, dass Regensburg dieses Museum bekommt.
- Regensburg. Der Regenschirm ist das, was die FDP trägt. Regensburg ist die Stadt in der Oberpfalz, um das klarzustellen. Ich glaube, der Satz des Ministerpräsidenten lautete: Regensburg liegt ganz gut im Rennen. Sie werden sich besser daran erinnern als ich.
Damit war kurz vor der Ausschreibung klar, wo das Museum hingehen wird. Die Entscheidung war damit getroffen, sie war aber noch nicht in der Öffentlichkeit. Herr Minister, ich würde mir dies nicht nehmen lassen. Sie waren so höflich und haben gesagt: Ich dementiere es nicht, und ich bestätige es nicht. Wir können uns darüber streiten. So habe ich es in Erinnerung. Jedenfalls kommt es häufig vor, dass etwas verkündet wird.
Positiv daran ist, dass wir wieder einmal eine Debatte über den Kulturstaat Bayern und die Aufgaben der
Politik führen. Ich sage ganz deutlich: Es kann nicht reichen, dass Geld in die Hand genommen wird. Ich schätze es, dass Sie Geld in die Hand nehmen. Ich will das auch nicht kleinreden. Zweimal 13 Millionen Euro zusätzlich sind etwas. Trotzdem darf das im Konzept des Kulturstaats Bayern nicht bedeuten, dass dieses Geld mit der Gießkanne über das Land verteilt wird. Herr Minister, wenn ich das Programm anschaue, habe ich manchmal das Gefühl, dass Sie mehr Herz für die Bauindustrie als für die Künstler haben. Im Wesentlichen handelt es sich um ein Bauprogramm. Insofern sollten einige Punkte noch einmal überdacht bzw. zusätzlich gestaltet werden.
Gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen zum Kulturstaat. Der steht in Artikel 3 der Bayerischen Verfassung an hervorragender Stelle, nämlich ganz am Anfang der Verfassung. Er steht dort neben dem Rechtsstaat und dem Sozialstaat.
- Sehr gut, das sage ich auch. Dieser Dreiklang Rechtsstaat, Sozialstaat und Kulturstaat macht die fundamentale Bedeutung dieses Wortes und seiner Bestimmung aus. Das ist übrigens eine Staatszielbestimmung und kein Programmsatz. Das ist eine Pflicht des Staates. Ich möchte aus verfassungsrechtlicher Sicht deutlich machen, welche Bedeutung die bayerischen Verfassungsväter und −mütter diesem Begriff Kulturstaat beigemessen haben. Es gibt außerdem eine ganze Reihe von Ausformungen in der Bayerischen Verfassung, auf die ich gar nicht eingehen will. Sie reichen von der Kunstfreiheit und der Kunstförderung über die Förderung der Künstler und den Denkmalschutz bis zur Förderung des kulturellen Lebens. Aus meiner Sicht gibt es kaum eine Verfassung, besonders keine, die schon so alt ist, die sich so intensiv mit Kultur auseinandersetzt und uns Abgeordneten auf den Weg gibt, die Kultur zu fördern. Insofern ist es dringend notwendig, am Ende der Legislaturperiode eine Regierungserklärung dazu abzugeben.
Ich sage ganz deutlich: Für uns FREIE WÄHLER − das haben Sie in Ihrer Regierungserklärung zumindest beinahe einfließen lassen − steht in dieser lebendigen und erfolgreichen Kulturpolitik der Bürger im Mittelpunkt. Sie haben gesagt: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Das ist das Motto, das Sie bei uns im Gang auf jedem Flyer finden: Mensch vor Beton in der Kulturpolitik.
Ich möchte ein paar Gedanken aufblättern, wie wir uns Kultur und Kulturförderung vorstellen. Das ist kein Plan. Über Pläne kann man sich streiten, gerade wenn man wie Sie die Planwirtschaft als abschre
ckendes Beispiel im Kopf hat. Ich halte es für dringend notwendig, in der Kulturpolitik ein Konzept, eine Idee oder eine Philosophie zu haben; ich rede gar nicht von Visionen.
Sie schreiben "totes Papier". Ob das Papier tot ist oder lebendig wird, hängt davon ab, was man draufschreibt. Ich fand Ihre Aussage fragwürdig, dass Sie nicht lauter Interessensgruppierungen zusammenholen und mit ihnen reden wollten. Genau das will ich. Ich will, dass Menschen aus unterschiedlichen Parteien, Verbänden und Interessengruppen zusammenkommen und sich über die Kultur in Bayern Gedanken machen. Genau das will ich. Wenn dabei ein Papier herauskommt, ist das nicht tot, sondern hoffentlich lebendig und tragend.
Ein paar Ideen dazu: Wenn man Menschen für Bildung begeistern will, ist es das Wichtigste, dass man Interesse weckt. Das bedeutet zunächst eine Stärkung von Kunst und Kultur im Kindergarten und im Schulunterricht. Wir müssen uns möglichst früh Gedanken über die Stundentafel machen und darüber, wie Kunst und Kultur in der gebundenen Ganztagsschule eingebunden werden können. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, Vereine einzubinden.
Ich wollte die FDP fragen, wo das Programm "Jedem Kind sein Instrument" bleibt. Ich finde die Idee gut. Ich glaube, dass diese Idee sogar auf die FDP zurückgeht. Man muss sie nur verwirklichen. Ich halte dieses Heranführen für sehr wichtig. Das reicht bis in die Hochschulen und in die Studiengänge hinein. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder gehört: MINT, MINT, MINT. Ich habe nie gehört: Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, Kulturwissenschaften. Auch die sollte man nicht vernachlässigen.
In diesem Zusammenhang will ich Ihre Idee vom Semester generale ansprechen. Ich sehe diese Idee kritisch. Ein Studium generale halte ich jedoch für sehr vernünftig, und zwar für alle, die das wollen. Wir sollten das Studium öffnen und nicht immer nur einengen. Wir sollten das Studium genereller gestalten und es für die Kultur öffnen.
Dazu gehört auch das lebenslange Lernen. Ich möchte Ihnen hier das Thema Seniorenstudium auf den Weg geben. In Ihrer Zeit als Minister ist es passiert, dass in München, praktisch in Ihrem Stimmkreis durch die entsprechende Politik der LMU mehr als 50 % der Senioren-Studierenden durch Gebühren aus der Uni getrieben wurden. Das hat wenig mit lebenslangem Lernen und wenig mit dem Kulturstaat zu tun. Diese Senioren, diese Gaststudenten möchten hauptsächlich in den Bereichen Kunst, Kultur, Geschichte und
Geisteswissenschaften studieren. Ich bitte Sie eindringlich, hier nachzubessern. Ich weiß, dass Ihr Ministerium an dieser Sache dran ist. Tun Sie bitte etwas, und zwar schnell.
- Das ist das Thema. Wir reden über den Kulturstaat und darüber, das Interesse für die Bildung und die Kunst zu wecken.
Das zweite Stichwort ist der Zugang zur Kunst, die Teilhabe. Andere Länder − ich weise nur in Richtung Großbritannien − sind beispielsweise beim Eintritt in Museen wesentlich fortschrittlicher. Ich glaube, wir müssen aufpassen, dass unsere Museen nicht zu Einrichtungen der Elite werden. Wir müssen versuchen, die Bevölkerung in ihrer ganzen Breite an Kultur teilhaben zu lassen.