Protokoll der Sitzung vom 04.12.2012

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein Zentimeter auf einem 20-cm-Lineal.

Es ist erbärmlich, was Sie hier abliefern. Ein Kulturkonzept entsteht nicht nur durch das Ausschütten von Mitteln. Meine Damen und Herren, haben Sie noch nie gehört, dass zu einem Konzept auch so etwas wie eine Idee, eine Vision gehört? Ein Konzept bedeutet nicht nur, Geld in die Hand zu nehmen.

Trotzdem möchte ich inhaltlich etwas zum Konzept sagen. Keine Aussage finde ich zum Sanierungsstau! 860 Millionen hat der Herr Fachminister identifiziert. 860 Millionen! Ich sage Ihnen: Es sind grob geschätzt eine Milliarde Euro. Nicht einen Cent investieren Sie, um diesen Sanierungsstau, jene schleichende Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen. Schämen sollten Sie sich!

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir schon bei diesem großen Kulturkonzept sind, hoffe ich, dass Sie noch ein inhaltliches Papier nachliefern; denn − ich wiederhole − Konzept bedeutet nicht nur, Geld auszuschütten, insbesondere dahin, wo Abgeordnete am meisten gerasselt haben.

Ich komme nun zu einzelnen Projekten, die Sie so nonchalant vernachlässigen. Als Erstes möchte ich die nichtstaatlichen Museen nennen. Wir haben 1.356. Wow! Das ist eine großartige Zahl. Darauf können wir stolz sein. Für Ihr Kulturkonzept haben Sie im kommenden Haushalt 1,45 Millionen Euro bereitgestellt. Ich sage Ihnen gern, wie viel das pro Museum ausmacht: Es sind 1.069 Euro jährlich. Ich habe kurz überlegt, wie viele Klopapierrollen man davon kaufen könnte. Das reicht bestimmt nicht für ein nachhaltiges Kulturkonzept. Damit wird auch keine nachhaltige Museumspädagogik gewährleistet.

(Thomas Hacker (FDP): Daran sind Sie gescheitert, weil Sie das nicht ausrechnen konnten!)

Es ist einfach niederträchtig, dass Sie hier mit so hohen Zahlen angeben, für die einzelnen Museen aber gerade einmal einen Tausender übrig haben. Das ist wirklich schade.

Für das NS-Doku-Zentrum München oder auch das NS-Doku-Zentrum Obersalzberg geben Sie zwar etwas Geld hin, aber ohne jede inhaltliche Konzeptsetzung und ohne inhaltliche Linie. Sie sind einfach blank. Das muss man so feststellen.

Eines freut mich; Herr Ministerpräsident, diesen Dank möchte ich an Ihnen weitergeben.

(Thomas Hacker (FDP): "An Sie" weitergeben!)

- Herzlichen Dank! Natürlich "an Sie" weitergeben. Es ist schön, dass Sie hier vorne so mitmachen.

(Thomas Hacker (FDP): Wir passen auf! Das sollten Sie doch wissen, Frau Zacharias!)

- Das ist wunderbar. Die FDP hat ja nicht mehr viel Zeit, aufzupassen.

Also, Herr Ministerpräsident Seehofer, ich danke Ihnen, dass das Amerika-Haus an der jetzigen Stelle bleiben darf. Das haben wir gemeinsam gut erkämpft. Es war die richtige Entscheidung. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nun ein Wort zur Lage der Künstlerinnen und Künstler. Herr Minister Heubisch, Sie haben sie angesprochen. Aber es gab keine Aussage dazu, wie Sie die prekären Arbeitsverhältnisse jener Männer und Frauen durch irgendwelche Maßnahmen in irgendeiner Art

und Weise bessern wollen. Auch da sind Sie blank. Sie haben keine Aussage dazu gemacht, wie man durch öffentliche Ausschreibung und gezielte Rahmenbedingungen, ohne planwirtschaftlich vorgehen zu wollen, einen Akzent setzen könnte. Auch da sind Sie komplett blank. Sie blenden Ihre soziale Verantwortung gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern komplett aus. Dass Sie da nicht grün und rot im Gesicht werden, ist mir unbegreiflich.

(Renate Will (FDP): Grün und Rot? Oh Gott! - Zurufe von der CSU − Allgemeine Heiterkeit)

Sie wissen doch selbst, dass die Lage der Künstlerinnen und Künstler höchst dramatisch ist. Wir müssen hier viel mehr tun, um den Männern und Frauen in diesem Bereich aus ihren prekären Arbeitsverhältnissen herauszuhelfen. Es kann nicht angehen, dass der Ehepartner jeweils der Mäzen des Künstlers oder der Künstlerin ist, damit dieser von seiner Kunst leben kann.

Wir könnten hier durchaus einen Akzent bei der kulturellen Bildung an den Schulen setzen. Es könnte eine Rahmenrichtlinie geschaffen werden, nach der Künstlerinnen und Künstler bei guter Bezahlung in die Schulen gehen dürfen. Da hätten wir dann sogar einen "Doppelwhopper". Auf der einen Seite würden wir die Künstlerinnen und Künstler damit unterstützen, und auf der anderen Seite würden wir den Schülerinnen und Schülern die richtigen Expertinnen und Experten an die Seite stellen. Das wäre eine gute Maßnahme.

(Beifall bei der SPD)

Nun komme ich zur Kultur- und Kreativwirtschaft. Ja, Kultur schafft Arbeit, das haben Sie schön erkannt. 284.000 Männer und Frauen allein in Bayern leben von der Kultur- und Kreativwirtschaft. Richtig ist auch, dass 13,6 Milliarden Euro nur durch die Kultur- und Kreativwirtschaft im Freistaat Bayern eingenommen werden. Gleichzeitig haben Sie aber verschwiegen, Herr Minister, dass das nicht Ihr Erfolg ist; denn das arrangieren die Künstlerinnen und Künstler selber, wobei keinerlei Landesmittel in die Beratungs- und Unterstützungsstruktur fließen. Außerdem wäre es am Wirtschaftsminister, ein entsprechendes Fanal für den Ausbau der Kultur- und Kreativwirtschaft zu setzen. Das tut er aber nicht. Es fließen Bundesmittel und ein Bundesagenturmitarbeiter arbeitet in der Kultur- und Kreativwirtschaft in Bayern. Wir haben das erst kürzlich bei der Aussprache über die Interpellation diskutiert. Herr Enninger ist ein Bundesmitarbeiter, der viel Arbeit vor sich herschiebt. Angesichts der vielen Anfragen, die von den Künstlerinnen und Künstlern ein

gehen, entstehen Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Sie, Herr Heubisch, machen nichts.

Nun ist Herr Zeil leider nicht da. Ich hätte ihm gern einige Fragen gestellt. Vor zwei Wochen wurde der Münchner Kultur- und Kreativbericht vorgestellt. München und das Münchner Oberland stehen dabei wunderbar da, wie übrigens Bayern generell. Ein Mitarbeiter aus dem Wirtschaftsministerium hat allerdings bei der Präsentation verlauten lassen, dass es den gesamten Bericht zur Kultur- und Kreativwirtschaft schon gibt. Wir warten seit Jahren auf diesen Bericht. Also der Mitarbeiter aus dem Wirtschaftsministerium lässt verlauten, dass es diesen Bericht, den wir im Hochschulausschuss beantragt hatten, schon gibt. Uns liegt dieser Bericht aber bis heute nicht vor. Es ist unglaublich, dass das bei einer Präsentation so verlautbart wird.

(Beifall bei der SPD)

Verehrter Herr Seehofer, Sie entscheiden, was kulturpolitisch hier in Bayern vorangeht. Sie haben entschieden, wo das Museum der Bayerischen Geschichte entstehen soll, Sie haben über das Wohl und Wehe des Amerika-Hauses entschieden, und auch das Kulturkonzept haben Sie gemeinsam mit Ihrem Staatsminister aus der Staatskanzlei vorgestellt. Das war nicht der Kunstminister.

Fest steht für mich am Ende des Tages: Wenn der Kunstminister überhaupt eine kulturpolitische Spur hinterlässt, kann das nur ein neues Heft aus dem Egmont Ehapa Comic-Verlag sein. Sie wissen, dass Herr Goscinny wunderbare, großartige Asterix- und Obelix-Romane schreibt. Da wird sicherlich einer kommen: "Heubelix auf großer Irrfahrt".

(Allgemeine Heiterkeit)

Das bleibt am Ende des Tages kulturpolitisch von Ihnen als Spur in Bayern übrig. Sie haben keine Akzente gesetzt, obwohl Sie es heute hätten tun können. Ich bin echt enttäuscht.

(Beifall bei der SPD - Renate Will (FDP): Inhalte! Wo bleiben die Inhalte?)

Danke schön, Frau Kollegin Zacharias. Als nächste Wortmeldung haben wir den Beitrag von Herrn Kollegen Jörg.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Kollegin Zacharias, wann wie wer in welcher Funktion hier Reden hält, bestimmt zuallererst der Wähler in Bayern.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich könnte auch sagen: Sie werden noch lange als Abgeordnete der Opposition hier Ihre Reden halten.

(Beifall bei der CSU − Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Geschätzter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern ist reich an Kunst und Kultur und vor allem an Menschen, die Kunst gestalten und Kultur schaffen und unserem Freistaat ein unverwechselbares kulturelles Gesicht geben, oder, um es mit den Worten Paul Klees zu sagen: an Menschen, die Kunst sichtbar machen. Deshalb erlauben Sie mir, die kulturelle Vielfalt und Lebendigkeit Bayerns heute mit ihnen sichtbar zu machen.

Was wäre Bayern ohne unsere Trachtenvereine, ohne die 300.000 Musikerinnen und Musiker in unseren Musikvereinen, Bands, Spielmannszügen und Orchestern, ohne die unzähligen Chormitglieder, die Woche für Woche proben und uns mit ihren Auftritten verwöhnen! Was wäre Bayern ohne seine fränkische Karnevalstradition, ohne Bibliotheken, Archive, Sammlungen und ohne die 1.350 bayerischen Museen mit ihren großartigen Machern sowie den unersetzlichen ehrenamtlichen Freundeskreisen, Förderern und Mäzenen, die sie unterstützen! Das gilt nicht minder für unsere staatlichen und nichtstaatlichen Orchester und Theater, angefangen vom Kammerorchester Bad Brückenau über das schwäbische Jugendsinfonieorchester bis zum Philharmonischen Orchester Bad Reichenhall.

Denken Sie an die vielen Festivals landauf, landab, die Europäischen Wochen in Passau, die Bachwoche in Ansbach oder das Afrikafestival in Würzburg. Wir alle lieben die weltbekannten Bayreuther Festspiele.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ach was!)

Wir lieben die Bamberger Sinfoniker, das Bayerische Staatsorchester und auch das Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Und nicht nur wir Bayern schwärmen von unseren Kulturperlen, unseren Tausenden historischen Dorfkernen. Ebenso stolz sind wir natürlich auch auf unsere Weltkulturerbestätten: Regensburg.

Schauen Sie sich die frisch renovierte Hofkirche in Würzburg an − ein herausragendes Beispiel für die unzähligen Kirchen, Klöster, Residenzen, Schlösser und Burgen und deren Künstler, die darin wirkten: die Brüder Asam, Dürer, Riemenschneider.

Kolleginnen und Kollegen − und heute? Unser kulturelles Bayern lebt mit unseren zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern und allen Kreativen, den von Ihnen, Herr Staatsminister, Aufgezählten mit den ganz

großen Namen ebenso wie den nicht oder noch nicht Weltbekannten, ihren Ausstellungen, ihren Projekte und vor allem ihren Atelierpforten, die Wochenende für Wochenende und während der Wochen für uns geöffnet sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist unser Kulturland Bayern.

Wenn wir hier über Kunst und Kultur sprechen, dann tun wir das mit großem Respekt vor dem, was uns vorangegangene Generationen aus Jahrhunderten hinterlassen haben, dann tun wir das aber auch mit hohem Respekt vor dem, was Millionen Menschen in Bayern mit ihrem Engagement kulturell bewegen und voranbringen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Den vielen Kulturbegeisterten auf und hinter den kulturellen Bühnen sagt auch die CSU-Landtagsfraktion von Herzen Danke für ihren Einsatz.

(Beifall bei der CSU)

Kolleginnen und Kollegen, wir im Bayerischen Landtag tragen Verantwortung dafür, dass wir den Einrichtungen und Netzwerken, die Hilfe brauchen, mit unseren Möglichkeiten als Partner zur Seite stehen, sei es durch die etablierte institutionelle Förderung und Unterstützung, wie etwa die Bezuschussung unserer nichtstaatlichen Theater, Museen und Orchester. Deren Zuschüsse erhöhen wir in dem zu beschließenden Doppelhaushalt um über 6 Millionen Euro jährlich.

Lassen Sie mich auch die Förderung von Projekten aus dem Kulturfonds erwähnen, Kollegin Zacharias, einem bewährten Instrument, wie Sie selber sagen, mit dem wir jährlich circa 180 regionale Einzelprojekte kofinanzieren.