Protocol of the Session on June 11, 2013

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(Beifall bei der SPD)

Nun im Ernst zur Thematik. Es ist in der Tat bedauerlich, dass die Debatte über dieses Thema nicht mehr Resonanz findet. Kollege Reichhart, ich bin durchaus bei Ihnen, dass wir diesen Vorstoß gemeinsam tragen können. Wir haben deshalb keinen nachgezogenen oder gleichzeitig eingereichten Antrag vorgelegt; denn wir stehen inhaltlich hinter dem vorliegenden Antrag.

Warum werden diese Initiativen aus der EU gefahren? Das ist nicht die Ausgeburt eines durchgeknallten EUBürokraten, sondern das kommt von den Konservativen und Liberalen in Europa, die das gegen unsere Interessen durchsetzen wollen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Die gleiche Linie fahren die Genannten von FDP und CSU in Bayern bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern: Prekariat hier wie dort, Entwertung der Arbeit hier wie dort. Daran ist nicht zu rütteln.

(Beifall bei der SPD)

Da heute im Laufe der Debatten schon sehr viel Dank für die vielfältigen Hilfen bei der Hochwasserkatastrophe abgestattet wurde, möchte ich nur hinzufügen: Natürlich darf man die Handwerker nicht auslassen, die ihre Fahrzeuge zur Verfügung gestellt haben, die die Beschäftigten freigestellt haben und die weit über das menschliche Maß hinaus Unterstützung geleistet haben. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD)

Aus all diesen Gründen wird die SPD-Fraktion dem Antrag der FREIEN WÄHLER zustimmen.

Nun zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag von FDP und CSU: Entgegen sonstiger Übung war Ihr Redebeitrag sehr kurz, Kollege von Gumppenberg. Gleichwohl will ich auf Folgendes verweisen: Wer das hohe Lied auf die Qualität des Handwerks, der dortigen Ausbildung und der ehernen Grundsätze des ehrbaren Kaufmanns im Handwerk sowie dessen Fähigkeiten und Verlässlichkeit gerade in Sachen Verbraucherschutz singt, muss auch noch andere Dinge anfügen. Warum wohl? Die SPD und die Gewerkschaften – diese schließe ich hier mit ein – sind die Geburtshelfer der Parität in den Handwerkskammern gewesen. Was bedeutet denn die Rolle der Vizepräsidenten auf der Arbeitnehmerseite in den Handwerkskammern? Es ist die Qualität der Ausbildung zu gewährleisten. Die Verlässlichkeit in der Qualität der Arbeit gegenüber dem Kunden und natürlich der gute Umgang mit der Arbeitnehmerschaft sind zu gewährleisten. Ich bedaure, dass gerade im Handwerk die Betriebsräte häufig mit der Lupe zu suchen sind. Das liegt nicht nur daran, dass die Betriebe üblicherweise nicht so groß sind.

Ich weise darauf hin, dass der europäische Qualifikationsrahmen sowie der deutsche Qualifikationsrahmen geeignete Instrumente sind, um die Meister gegenüber anderen Berufsgruppen hervorzuheben, indem wir ihnen die Studierfähigkeit zubilligen. Auf all diese Dinge haben ja Sie bereits verwiesen.

Ein letzter Punkt, wenn es schon um die Defizite geht, ist die Ausbildungsvergütung. Ich kann nur an das Handwerk insgesamt appellieren und auch an die Berufsbilder, die derzeit noch nicht von der Aufweichung des Standards für den großen Befähigungsnachweis betroffen sind: Zahlen sie Ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mehr. Zahlen Sie den Auszubildenden mehr. Dann wird das Klagelied über mangelnde Bewerberinnen und Bewerber enden.

Mein Fazit im Großen und Ganzen: Wir stimmen auch dem Antrag von FDP und CSU zu.

(Beifall bei der SPD)

Kollege Roos, bleiben Sie noch einen Moment am Mikrofon. Der Abgeordnete Dr. Fahn hat eine Zwischenfrage.

Herr Kollege Roos, Sie haben sich darüber beklagt, dass keine Presse anwesend ist. Sie sollten wissen, dass es viele Pressevertreter gibt, die zu Hause sitzen und den Bayerischen Landtag online empfangen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wirklich?)

Und wenn sie dann gute Berichte schreiben, sind Sie möglicherweise morgen oder übermorgen in den Medien zu finden.

Vielen Dank, Kollege Fahn für diese Information. Sie verschafft mir Gelegenheit, einiges über die Zustände bei den Journalisten auszuführen.

(Beifall bei der SPD)

Befristete Arbeitsverhältnisse, Freelancer, Aufträge von mal zu mal, Beschäftigung von der Hand in den Mund. Das ist bei den Medien üblich. Nicht alle, die vom Landtag aus berichten, wissen, ob sie am Ersten des nächsten Monats hier noch arbeiten oder wovon sie leben können.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt hat noch die Kollegin Tolle das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich grüße alle Journalisten, die mir jetzt online zusehen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN - Alexander König (CSU): Die Hoffnung stirbt zuletzt!)

Ich möchte eingangs feststellen, dass auch die GRÜNEN stolz auf das Handwerk als einen Stützpfeiler

der Wirtschaft sind. Ich möchte nicht wiederholen, was meine Vorredner bereits dargelegt haben, schließe mich aber den Ausführungen an. Ich finde es gut, dass wir das duale System haben und möchte betonen, dass gerade bei der Energiewende das Handwerk eine wichtige Rolle spielt. Das Bessere ist aber immer der Feind des Guten und damit komme ich zum Antrag der FREIEN WÄHLER. Herr Kollege Fahn, ich stimme nicht in Ihre unterschwellige Botschaft ein, die Ihr Antrag aussendet, was sich die EU da wieder ausgedacht habe. Da machen Sie es sich zu einfach.

(Beifall des Abgeordneten Eberhard Sinner (CSU))

Hintergrund ist Folgender: Die EU beurteilt jährlich die Reformbemühungen der Mitgliedstaaten. Das ist ein ganz normaler Vorgang. Daraus leitet sie Empfehlungen ab. Im Übrigen war das Gesamturteil für Schwarz-Gelb verheerend. Das sei an dieser Stelle auch einmal gesagt. Ich singe nicht mit im Chor der EU-Skeptiker. Denn dieses Papier sagt nichts anderes aus, als in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Jahre 2005 zu finden ist. Da dessen Inhalt hier vermutlich nicht so geläufig ist, möchte ich daraus zitieren. Die Kritik, die Sie heute vorgebracht haben, könnten Sie dann nämlich auch dem Bundesverfassungsgericht entgegenhalten. Der erste Satz aus dem Urteil aus dem Jahre 2005, bei dem einer geklagt hatte, den die Handwerkskammer nicht zugelassen hatte, lautet:

Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1961 verdeutlicht, dass von der Möglichkeit, Ausnahmen zuzulassen, großzügig Gebrauch gemacht werden soll.

Es heißt dann weiter:

Es besteht zudem Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des früher geltenden Rechts. Wegen der veränderten rechtlichen und wirtschaftlichen Situation ist zweifelhaft, ob die Regelung der alten Handwerksordnung in dem hier maßgeblichen Zeitraum noch verhältnismäßig war. Die wachsende Konkurrenz aus dem EU-Ausland lässt daran zweifeln, ob der große Befähigungsnachweis zur Sicherung der Qualität der in Deutschland angebotenen Handwerkerleistungen noch geeignet sein konnte.

Immer noch O-Ton Bundesverfassungsgericht:

Es stellt sich die Frage, ob der hohe zeitliche und finanzielle Aufwand, den die Meisterprüfung erfordert, zumutbar ist, wenn Handwerker aus dem EU-Ausland für ein selbstständiges Tätigwerden

in Deutschland lediglich eine mehrjährige Berufserfahrung mit herausgehobener beruflicher Verantwortung benötigen, nicht dagegen eine dem Meistertitel entsprechende Qualifikation. Auch soweit der Gesetzgeber das Ziel der Ausbildungssicherung verfolgt, bestehen Zweifel an der Erforderlichkeit des Meisterzwangs.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen -

Nein!

(Heiterkeit)

Danke schön für die liebevolle Antwort.

Es ist Usus hier im Haus, dass man keine Zwischenfragen mehr zulässt. Deswegen können Sie am Ende etwas sagen.

Zwischenfragen sind aus der Geschäftsordnung noch nicht verschwunden.

Ich weiß.

Okay.

Sehen Sie es mir nach, Frau Präsidentin.

(Heiterkeit)

Die Handwerksordnung benachteiligt im Grunde Inländer ohne Meistertitel.

Auch ich habe mich im Jahr 2003 intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ein Beispiel: Ein Zimmerer, Mitarbeiter in einem großen Betrieb, hat mir damals gesagt, dass er den Betrieb gern übernehmen würde, aber keine Zeit habe, die Meisterprüfung zu machen. Er kam zu dem Schluss: Es ist gut, was RotGrün auf den Weg gebracht hat. - Ein weiteres Beispiel: Ein Maler, dessen Vater verstarb, hatte keine Zeit für die Meisterprüfung und musste einen Meister anstellen. - Es gibt ziemlich viele Fälle, die dazu Anlass geben, darüber nachzudenken, ob das, was die rot-grüne Bundesregierung auf den Weg gebracht hat, nicht vielleicht sogar gut war.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Natürlich war es gut!)

Die Welt brach nicht zusammen, nachdem man Reglementierungen entfernt hatte. Zumindest bei uns sind Handwerker immer noch gut beschäftigt. Wir haben es ausgerechnet: Wenn wir die Energiewende in un

serem Landkreis durchführen wollen, brauchen wir viel mehr Handwerksbetriebe.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer das will, was Sie gerade gefordert haben, Herr Kollege, benachteiligt Inländer ohne Meistertitel, und wer etwas anderes will, stellt die Freizügigkeit in der Europäischen Union infrage. Das müssen wir hier klar festhalten.