Protokoll der Sitzung vom 18.07.2013

Schließlich – das ist auch wichtig – wird die Arbeitserlaubnis für Asylbewerber schneller erteilt. Anstatt bisher nach zwölf Monaten wird sie nunmehr nach neun Monaten erteilt. Und – das ist jetzt besonders wichtig – die Staatsregierung wird den zweiten Halbsatz des § 7 Absatz 5 Satz 3 der Asyldurchführungsverordnung streichen.

Frau Ackermann, es ist schwach, dass Sie diese Ankündigung der Staatsregierung auch noch schlechtgeredet haben.

(Beifall bei der CSU)

Sie hätten hierzu auch einmal ein Lob aussprechen können, dass es so ist.

(Lachen der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE) – Zurufe von der SPD)

Aber nein, auch das müssen Sie noch schlechtreden. Nur zu Ihrer Kenntnis: Das ist eine Verordnung der Staatsregierung, die nur von der Staatsregierung geändert werden kann. Durch den Landtag ist das nicht zu machen. Deswegen hat Ihre moralinsaure Rede leider auch die Kompetenzen verkannt.

Das Bedauerliche an Ihrem Antrag ist, dass nach Ihrer Meinung unsere Asylsozialpolitik so gestaltet ist, dass wir Leuten, die zu uns kommen, den Aufenthalt bei uns möglichst verleiden und so unangenehm wie möglich gestalten wollen. Durch die Maßnahmen, die wir in den letzten fünf Jahren ergriffen haben, wird das völlig widerlegt. Es wird deutlich, dass all das, was ich gerade angeführt habe, genau dem gegenteiligen Ziel dient. Wir begrüßen es deshalb, dass dieser Halbsatz gestrichen wird.

Warum wir mit dem Antrag der SPD Probleme haben, liegt nicht an dem Text selber, sondern an der Begründung des Antrags.

(Zurufe von der SPD)

- Sie müssten die Begründung streichen. Aber sie ist schon gedruckt.

(Anhaltendes bei der SPD)

- Lassen Sie mich bitte ausreden!

(Fortgesetztes Lachen bei der SPD)

- Ich bitte jetzt wirklich um Aufmerksamkeit, weil es ein wichtiger Punkt ist.

Der zweite Halbsatz wird gestrichen. Das ist gut so. Aber es gibt zwei Punkte in Ihrer Begründung, die uns die Zustimmung nicht möglich machen. Das eine ist, dass Sie – Frau Zacharias hat es gerade dargestellt – bezüglich des Ziels der Asylpolitik nicht anerkennen, was in den letzten fünf Jahren passiert ist.

(Unruhe bei der SPD)

- Herr Präsident, mir müsste doch zugehört werden.

(Glocke des Präsidenten)

Auch ich habe Ihnen zugehört. Frau Zacharias, was hier geschieht, ist undemokratisch. Wenn Sie sich in dem Bereich schon nicht engagiert haben, dann sollten Sie, wenn Sie hier auftreten, wenigstens zuhören.

Das eine ist also der falsche Umgang mit dem betreffenden Satz bzw. die Verdrehung der Tatsachen, also die unlautere Darstellung. Das andere ist, dass Sie einen Zusammenhang mit dem Hunger-und-DurstStreik auf dem Rindermarkt herstellen. Das ist völlig verkehrt; denn wir dürfen keinesfalls den Anschein erwecken, wir ergriffen Maßnahmen aufgrund dieses Hunger-und-Durst-Streiks.

Erstens darf sich der Staat nicht erpressen lassen.

(Beifall bei der CSU)

Wenn wir uns erpressen ließen, würden wir dadurch weitere Menschenleben in Nachahmung des Hungerstreiks gefährden, wenn der erste tatsächlich erfolgreich gewesen wäre.

Zweitens ging es den Hunger-und-Durst-Streikenden überhaupt nicht um Asylsozialpolitik. Frau Zacharias, auch das haben Sie falsch dargestellt. Die Leute wollten sich ihr Bleiberecht erstreiken und dafür demonstrieren, nicht mehr und nicht weniger.

Drittens war dies bei Licht besehen überhaupt kein Hunger-und-Durst-Streik, sondern eine Geiselnahme seitens des Anführers Chorasani, der den Tod der Streikenden ganz offensichtlich billigend in Kauf genommen hätte,

(Zurufe von der SPD)

um so seinen Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen.

Deswegen dürfen wir uns durch diesen Hunger-undDurst-Streik nicht erpressen lassen. Ihre Begründung legt das aber nahe. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Das ist auch der Grund, warum wir dem Antrag der GRÜNEN so, wie er ist, nicht zustimmen können. Die Forderungen darin bauen genau auf diesen Hungerund-Durst-Streik auf. Die drei Argumente habe ich gerade genannt.

Wenn Sie nun diesen einen Satz, den ich jetzt noch einmal vorlese

Die Staatsregierung wird aufgefordert,

1. den § 7 Abs. 5 Satz 3 der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) … ersatzlos zu streichen -,

isoliert zur namentlichen Abstimmung stellen, und zwar ohne den ersten Satz, der auf den Hunger-undDurst-Streik Bezug nimmt, und ohne alles andere, dann könnten wir zustimmen, weil es sowieso gemacht wird. Sophistisch argumentiert bräuchten wir die Staatsregierung nicht aufzufordern; denn sie macht es, ohnehin. Aber wenn der Satz isoliert, ohne den ersten Satz mit Bezug auf den Hunger-und-DurstStreik und ohne die anderen Punkte abgestimmt wird, gelten soll, würden wir ihm zustimmen.

In unserem Dringlichkeitsantrag haben wir weitere sechs Punkte aufgeführt, die ein Vermächtnis zur Bewältigung des aktuellen Zustroms sind: die Verkürzung der Asylverfahren, die Verkürzung der Verweildauer in Gemeinschaftsunterkünften, den weiteren Ausbau der Asylsozialberatung, eine flexiblere Handhabe des Sachleistungsprinzips. Dies gilt aber nur für die, die schon ausziehen dürfen; denn wir wollen in den Gemeinschaftsunterkünften weiterhin Menschen unterbringen, die sich in Deutschland akklimatisieren und sich bei uns eingewöhnen sollen. Das ist ganz entscheidend. Auch das Modellprojekt zur Erkennung psychischer Störungen wird in unserem Dringlichkeitsantrag beschrieben.

Ich schließe mit einem Dank an die Beamtinnen und Beamten, die in dieser wirklich herausfordernden Situ

ation auf allen Ebenen im Sinne der Menschlichkeit für die Asylbewerber gehandelt haben. Sie werden die Leistungen auch weiterhin umzusetzen haben. Ich sage noch einmal: Wir dürfen auf keinen Fall den Anschein erwecken, auch nur eine der von uns ergriffenen Maßnahmen sei durch eine Geiselnahme provoziert worden. Deswegen werden wir den Antrag der SPD ablehnen, den der GRÜNEN ebenfalls. Aber dem Antrag der GRÜNEN wollen wir bezüglich des isolierten Satzes zustimmen. Ansonsten werden wir natürlich unserem Antrag zustimmen, der ein Vermächtnis unserer Asylsozialpolitik und eine Bilanz nach den letzten fünf Jahren darstellt.

(Beifall bei der CSU)

Zwei Kollegen haben sich zu Zwischenbemerkungen zu Wort gemeldet. Als Erster hat Kollege Pfaffmann das Wort.

Herr Seidenath, gestatten Sie mir, auf Ihre Aussage zu erwidern, Sie hätten ein Vermächtnis für die bayerische Flüchtlingspolitik vorgelegt. Mir ist es ein Bedürfnis, hier festzustellen: Es ist ein erbärmliches Vermächtnis, das Sie hier vorgelegt haben.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen würde ich dieses Wort nicht in den Mund nehmen.

Die Botschaft Bayerns über die Grenzen hinaus ist nicht: Wir wollen euch helfen und gute Rahmenbedingungen schaffen. Die Botschaft ist: Wir wollen euch nicht haben. Diese Botschaft haben Sie in den letzten zehn Jahren ausgesendet, und zwar ohne Beachtung aller Grundlagen der Menschenwürde. Nicht ohne guten Grund hat Kardinal Marx bis vor Kurzem die bayerische Flüchtlingspolitik heftig kritisiert und gebeten, sie zu überprüfen. Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben.

Wenn Sie der Meinung sind, Sie täten sich im Hinblick auf Zustimmung mit einem Antrag von uns leichter, wenn die Begründung nicht gilt, dann stelle ich hier fest: Die SPD-Fraktion zieht die Begründung des Dringlichkeitsantrags komplett zurück. Wir stellen den Antrag ohne Begründung zur Abstimmung. Sie haben angekündigt, dass Sie dann zustimmen werden. Ich bin jetzt sehr gespannt auf die Antwort hinsichtlich der Frage, die Förderung der Rückkehrbereitschaft aus der Verordnung zu streichen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Seidenath, Sie haben das Wort.

Herr Pfaffmann, wir haben eine hervorragende Bilanz, auch wenn Sie sie noch so schlechtreden. Es hat sich unheimlich viel getan. Sie haben es gerade kritisiert. Aber ich darf Sie darauf hinweisen, was alles passiert ist. Lesen Sie die sieben Spiegelstriche in Ruhe. Dann werden Sie sehen, dass viel passiert ist.

Wenn Sie auf die Begründung verzichten und sich auch von ihr distanzieren in dem Sinne, dass es keine Berührung mit dem Hungerstreik gibt -

(Lachen bei und Zurufe von der SPD)

- Wenn Sie die Begründung streichen, distanzieren Sie sich von ihr. Ich stelle somit fest, dass Sie sich von der Begründung distanzieren. Dann können wir diesem Satz zustimmen; das ist keine Frage. Wenn Sie sich davon nicht distanzieren und hier zu Protokoll geben, dass Sie den Satz ohne Distanzierung gestrichen haben wollen, geht das alles natürlich nicht.

Also: Wenn Sie die Begründung streichen und damit zum Ausdruck bringen, dass Sie sich von ihr distanzieren, werden wir Ihrem Antrag zustimmen.

(Zurufe von der SPD)