Das ist mir ein Herzensanliegen gewesen. Ich freue mich, dass diese Forderung in unserem Antrag steht. Das wird so passieren. Nehmen Sie von der Opposition das doch einfach zur Kenntnis! Sagen auch Sie einmal etwas Positives zu unserer Politik!
Wichtig ist auch die in unserem Antrag enthaltene Forderung, dass die "im Rahmen eines Pilotprojektes in den Erstaufnahmeeinrichtungen eingerichteten Gutachterstellen zur Erkennung psychischer Störungen bei Asylbewerbern … nahtlos fortentwickelt werden …". Nach ersten Analysen in den Einrichtungen können entsprechende Hilfsangebote entwickelt werden.
Das Wichtigste ist: Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Menschen, insbesondere Familien, so schnell wie möglich aus den Erstaufnahmeeinrichtungen herauskommen. Deshalb lautet unsere zentrale Forderung an das Bundesamt, mehr Personal einzusetzen, damit das schneller geht. Die Dauer von Asylverfahren soll künftig nicht mehr als sechs Monate betragen. Es bedarf jetzt einer gemeinsamen Aktion von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Bürgern vor Ort, um den betroffenen Menschen Wohnungen anbieten zu können. Insoweit sind wir alle gefordert. Auch deswegen ist für mich die gemeinsame Zustimmung zur Streichung dieses Halbsatzes ein Signal, für das ich sehr dankbar bin.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In unserer Diskussion ziehen wir auch Bilanz über die Asylpolitik in den letzten fünf Jahren. Man muss sagen, dass sich in den vergangenen Jahren schon etwas zum Positiven verändert hat, dass es aber zu langsam geschehen ist. Schauen wir einmal, ob wir auf einem guten Weg sind.
15 % aller Asylbewerber in Bayern leben fünf Jahre und länger in einer Gemeinschaftsunterkunft. In Aschaffenburg sind es zum Beispiel 20 %. Knapp 5 % leben sogar zehn Jahre in einer Gemeinschaftsunterkunft. Wenn man so lange in Deutschland lebt, muss man auch ein Mindestmaß an Sprachkenntnissen besitzen, um sich zumindest einigermaßen zurechtzufinden; ansonsten sind – das merkt man immer wieder – soziale Konflikte vorprogrammiert. In Deutschland benötigt man eben die deutsche Sprache. Wir freuen uns, dass der Landtag vor einigen Monaten einem entsprechenden Antrag der FREIEN WÄHLER nahezu einstimmig zugestimmt hat.
Unter diesen Gesichtspunkten ist der bisherige Grundsatz der bayerischen Asylpolitik, nämlich die Förderung der Rückkehrbereitschaft, sehr kritisch zu sehen. Das sagen wir FREIEN WÄHLER auch. Dieser Satz muss dringend gestrichen werden. Ich freue mich, dass dies heute zumindest in einer gemeinsamen Initiative aller Fraktionen zum Ausdruck kommt, meine Damen und Herren. Dieser Grundsatz ist nämlich nicht mehr zeitgemäß; er ist falsch. Wir unterstützen daher ganz klar den Antrag der SPD. Nach dem Hungerstreik der Asylbewerber gab auch die Sozialministerin zu, dass sie sich schon vor einigen Jahren für die Abschaffung dieses Satzes eingesetzt habe. Das können wir bestätigen; ich habe den Zeitungsartikel damals extra aufgehoben. Damals wurde sie aber von Innenminister Herrmann gebremst. Jetzt, nachdem der Ministerpräsident Erleichterungen für die Asylbewerber angemahnt hat, musste der Innenminister schweigen.
- Oder sich fügen. Jetzt erst merkt Herr Horst Seehofer, dass man mittlerweile zu der Überzeugung gekommen ist, dass man mit einem solchen Satz der bayerischen Asylpolitik die einseitig auf Abschreckung setzt ein völlig falsches Gesicht gibt. Daher zunächst die klare Aussage: Wir stimmen dem Antrag der SPD zu. Die Begründung zählt ja formal nicht zum Antrag. Das ist richtig.
Der zweite Antrag kommt von den GRÜNEN. Die einzelnen Maßnahmen – ich gehe darauf noch ein – sind zum Großteil richtig und gut. Wir haben aber ein kleines Problem mit dem Vorspann. Dort steht, dass der Landtag feststellt, dass der Hungerstreik von Menschen in einer Situation der Verzweiflung entstand und daher Maßnahmen zur Verbesserung notwendig sind. Der Streik war nicht neu. Es gab schon verschiedene Streiks, zum Beispiel auch im letzten Jahr in Würzburg. Dort nähten sich einige der Streikenden sogar die Münder zu was sie viele Sympathien seitens der Bevölkerung kostete – das muss ich klar hinzufügen. So schlimm die Situation der Menschen auch gewesen ist, ganz klar, ist aber unsere Position: Hungerstreik darf kein Instrument sein, meine Damen und Herren, um bestehendes Recht zu beugen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Wir leben in Deutschland in einem Rechtsstaat, und der Staat darf sich nicht erpressen lassen, sonst kann es passieren, dass alle Asylbewerber einen solchen Weg wählen, und dann wäre der Staat handlungsunfähig, meine Damen und Herren.
Deshalb kann der Vorspann im Antrag der GRÜNEN nicht isoliert stehen bleiben; denn damit wird der Eindruck erweckt, man könne nur etwas erreichen, wenn man einen Hungerstreik durchführt. Das ist ein Problem, meine Damen und Herren; das ist auch eine fahrlässige Vorgehensweise, wenn man bedenkt, dass es sich in München um einen sogenannten trockenen Hungerstreik handelte.
Auf der anderen Seite wissen wir – das wurde auch klar gesagt –, dass die Behandlung von Asylbewerbern in fast allen Fällen sehr grenzwertig war und man schon verstehen kann, dass viele die Einhaltung des Artikels 1 des Grundgesetzes einfordern: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dies gilt auch und insbesondere für Asylbewerber. Auch Asylbewerber sind Menschen, meine Damen und Herren.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und einige Punkte nennen, die die FREIEN WÄHLER in den letzten fünf Jahren zum Thema Asylpolitik ausgearbeitet haben und die sich zum großen Teil auch in dem Antrag der GRÜNEN wiederfinden. Erster Punkt. Wir sagen, die Gemeinschaftsunterkünfte – dort leben derzeit 10.878 Menschen – sind die Ursache für soziale Spannungen. Daher sollen Asylbewerber die Möglichkeit erhalten, Gemeinschaftsunterkünfte bereits nach einem Jahr zu verlassen. Dazu haben wir bereits im Juli 2009 einen Gesetzentwurf eingebracht.
Suche nach dezentralen Unterkünften informiert werden. Wir bevorzugen dezentrale Unterkünfte und die Verteilung nach dem sogenannten Coburger Modell. Darüber haben wir in der Vergangenheit schon öfter diskutiert. Dieses Coburger Modell – leider ist es in dieser Form noch nicht umgesetzt – sieht eine prozentuale Verteilung nach der Einwohnerzahl in den einzelnen Gemeinden vor. Das ist eine sinnvolle Sache, damit man vorweg schon planen kann und nicht immer wieder ein Problem hat, wenn viele Asylbewerber kommen und schnell eine Lösung gefunden werden muss. Deswegen sollten wir das Coburger Modell auch in den nächsten fünf Jahren intensiv besprechen.
Dritter Punkt. Wir brauchen Sonderregelungen für unbegleitete traumatisierte Jugendliche. Sie müssen wie in anderen Bundesländern – das haben wir bisher noch nicht geschafft – in eigenständigen Einrichtungen untergebracht werden. Sie müssen vom Jugendamt betreut werden.
Vierter Punkt. Die unwürdigen Zustände – das wurde schon von verschiedenen Rednern gesagt – in der Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf wegen Überfüllung und Wartestau müssen durch die Schaffung einer weiteren Einrichtung beendet werden. Wir haben das schon mehrmals gefordert; das ist aber immer wieder abgelehnt worden. Hat sich die Situation in Zirndorf entspannt, haben Sie gesagt: Problem gelöst. Jetzt haben wir aber wieder die Probleme. Warum suchen wir keine mittel- und langfristige Lösung im Interesse aller, meine Damen und Herren? Das wäre eine Aufgabe für die nächste Legislaturperiode. Im Antrag der CSU steht dies leider nicht.
Fünfter Punkt. Die Asylverfahrensdauer muss verkürzt werden. Dazu – das haben wir in Anträgen auch schon gefordert – muss das benötigte Personal aufgestockt werden. Warum machen wir das nicht möglichst bald? Dann würden sich viele Probleme lösen.
Sechster Punkt. Das Arbeitsverbot für Asylbewerber muss deutlich verkürzt werden, zum Beispiel auf sechs Monate – man kann auch darüber diskutieren, es auf drei Monate zu verkürzen. Im Moment sind es neun Monate. Es ist nicht nachvollziehbar, dass junge arbeitswillige Asylbewerber keine Ausbildung machen dürfen und somit keine Zukunftsperspektive haben. CSU und FDP warnen bei jeder Gelegenheit vor einer Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem. Warum ist dann aber Asylbewerbern, die oft jahrelang auf den Abschluss ihres Verfahrens warten, die Aufnahme einer Arbeit verboten, mit der sie in unser Sozialsystem einzahlen könnten?
Siebter Punkt. Die FREIEN WÄHLER empfehlen je nach Situation vor Ort Alternativen zu den Essenspaketen. Zumindest sollten Essensgutscheine ausgegeben werden. Die Asylbewerber könnten somit entscheiden – das ist ganz wichtig –, was sie essen wollen und was nicht. Sie sind keine Menschen zweiter Klasse, meine Damen und Herren. Immerhin wird die Sozialministerin inzwischen so zitiert, dass sie nicht möchte, dass Bayern das letzte gallische Dorf sei, das noch am Sachleistungsprinzip festhalte. – Dann setzen Sie das um, Frau Sozialministerin!
Achter Punkt. Der Freistaat wird aufgefordert, seinen Verpflichtungen aus dem Asylsozialberatungsgesetz und der Richtlinie nachzukommen. Laut Abschnitt Nummer 1 gibt es nämlich eine soziale Betreuung, die auch in dezentralen Einrichtungen finanziert werden muss. Das darf man nicht allein den Wohlfahrtsverbänden überlassen.
Die Caritas betreibt dezentrale Einrichtungen und fragt – das bekommt man immer wieder mit –: Warum springt der Staat nicht zusätzlich ein? Es gibt auch ein vorgeschriebenes Betreuungsverhältnis, und zwar eine Vollzeitkraft pro 150 Asylbewerber. Dieses Verhältnis wird in Bayern in keiner Weise eingehalten. Hier ist zusätzlicher Bedarf vorhanden.
Neunter Punkt. Der Abschaffung der Residenzpflicht stehen wir offen gegenüber. Frau Sozialministerin, Sie haben inzwischen gemerkt, dass Bayern unter allen Bundesländern an vorletzter oder letzter Stelle liegt. Sonst wollen wir in Bayern doch immer an der Spitze, ganz oben sein. Bei der Asylpolitik waren wir eigentlich immer im unteren Teil und versuchen jetzt, uns langsam nach oben zu arbeiten. Dies müsste aber noch viel schneller geschehen.
Einen Großteil der Forderungen der GRÜNEN können wir auf jeden Fall unterstützen. Entscheidend ist der Vorspann des Antrages. Dazu habe ich noch einen Vorschlag an die Fraktion der GRÜNEN. Damit dies unzweifelhaft ist und nicht falsch interpretiert werden kann, müsste noch ein Satz hinzugefügt werden, der lautet: Ein Hungerstreik ist kein Mittel, bestehendes Recht zu beugen. Wenn dieser Satz noch dazu käme oder wenn Sie, wie gesagt, den gesamten Vorspann weglassen, könnten wir zustimmen. Das sind die beiden Alternativen.
Beim Antrag von FDP und CSU stört uns die Überschrift – das muss ich ganz klar sagen – "Erfolgreiche Asylsozialpolitik fortsetzen!", weil das nicht richtig ist.
Ihre Asylpolitik war in den letzten Jahren nicht erfolgreich. Wenn Sie etwas geändert haben, geschah dies auf Druck der Opposition.
In München war es der Druck der Straße. Das ist klar. Dieser Hungerstreik in München, den wir zwar ablehnen, hat in der CSU aber gewisse Umdenkprozesse ausgelöst. Die Punkte, die Sie angesprochen haben, sind richtig. Einige Punkte fehlen, zum Beispiel die dritte Erstaufnahmeeinrichtung. Warum haben Sie diesen Punkt nicht drin? Dennoch kann man zum Abschluss dieser fünf Jahre sagen: Es sind viele Punkte drin, die nicht falsch sind. Insgesamt sind es aber zu wenige. Trotzdem werden wir dem Antrag von CSU und FDP zustimmen.
Frau Staatsministerin Haderthauer hat noch ums Wort gebeten. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In diesen Zeiten gibt es eine Abstimmung mit den Füßen. Flüchtlinge und Asylbewerber stimmen mit den Füßen für Deutschland ab; denn in keinem anderen Land in Europa geht es Asylsuchenden so gut wie bei uns. Sonst wären wir nicht Zuzugsland Nummer 1 für Flüchtlinge und Asylsuchende.
Dieser Zuzug hat sich noch verstärkt, insbesondere seit das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass die Leistungen für Asylsuchende in Deutschland anzuheben sind. Aktuell sind es 100.000 Asylsuchende pro Jahr, die nach Deutschland kommen. Das ist eine Verfünffachung der Zahlen seit 2007. Zwei Drittel dieser Menschen haben bei uns keine Bleibeperspektive.
Meine Damen und Herren, Frau Ackermann hat die Zustände, die sie geschildert hat, alle in der Vergangenheitsform geschildert. Also hat auch die Opposition dankenswerterweise zur Kenntnis genommen, dass diese Zustände heute nicht mehr so bestehen. Das gehört auch zu diesem Thema. Wir haben in dieser Legislaturperiode gemeinsam eine moderne und zeitgemäße Asylsozialpolitik entwickelt, die drei Ziele hat: erstens die Aufenthaltsdauer in Gemeinschaftsunterkünften zu verkürzen, zweitens den Vorrang des Sachleistungsprinzips immer weiter zu flexibilisieren und drittens die Asylsozialberatung auszubauen.
All dies ist von den Vorrednern, Herrn Kollegen Seidenath und Frau Kollegin Meyer, zutreffend geschildert worden. Ich möchte das noch um einige Zahlen ergänzen. Hier wird immer der Eindruck erweckt, durch den Hungerstreik, auf den ich nachher noch eingehen werde, hätten wir unsere Politik geändert. Glauben Sie tatsächlich, dass von den 29.000 Asylbewerbern und abgelehnten Asylbewerbern, die derzeit in Bayern leben, in der Woche, als der Hungerstreik war, plötzlich 18.000 aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen durften? Das ist doch völliger Blödsinn. Wir haben in den letzten Jahren die Weichen dafür gestellt, dass überhaupt nur noch knapp 40 % der Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, nämlich 11.000. 18.000 Asylbewerber wohnen schon lange, nicht erst seit den letzten Wochen, in Privatwohnungen und dezentralen Wohngelegenheiten, die die Kommunen zur Verfügung stellen. Natürlich erhalten die Kommunen dafür einen Kostenersatz. Was Sie hier fordern, passiert in Bayern schon längst.
Ich sage Ihnen aber auch: Es ist und war wichtig, dass wir viel Geld in die Verbesserung der Ausstattung der Gemeinschaftsunterkünfte investiert haben; denn wir können auf die Gemeinschaftsunterkünfte nicht verzichten. Wir haben schon jetzt die Situation, dass mehrere tausend Asylbewerber ohne Anerkennung im Erstverfahren in den Gemeinschaftsunterkünften wohnen, obwohl sie dort gar nicht mehr wohnen müssten, weil sie entweder keine Wohnung finden oder Wohnungen, die ihnen angeboten werden, nicht annehmen, weil sie nicht in dem Ort liegen, an dem sie gern wohnen würden.
Wir brauchen tatsächlich die Hilfe aller. Was wir nicht brauchen, ist das Schlechtreden der Verhältnisse in Bayern und der Steuermittel, die wir eingesetzt haben, um die Gemeinschaftsunterkünfte zu verbessern und für Wohnungen und Wohngelegenheiten für die über 1.000 Menschen zu sorgen, die schon lange nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften leben sollten.
Ich möchte einmal ein Wort zu den angeblichen Essenspaketen sagen. Das sind Bestelllisten, die nach ernährungswissenschaftlichen Gesichtspunkten und kultursensibel zusammengestellt sind, eine individuelle Auswahl erlauben und damit individuelle Lieferungen gewährleisten.
Das muss hier auch einmal gesagt werden. Diese Essenspakete sind individuell. Diese Essenspakete werden für knapp 40 % der Menschen zusammengestellt. Alle anderen bekommen in den meisten Fällen ohnehin Bargeld.
Ich möchte auf einen anderen Punkt eingehen, bei dem vielfach falsche Schilderungen im Umlauf sind, nämlich die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. 95 % der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge leben in Bayern in Jugendhilfeeinrichtungen. Sie gehen in die Schule und können eine Berufsausbildung machen. Es ist einfach unseriös, hier immer so zu tun, als ob die paar, die in der Bayernkaserne sind, weil noch nicht geklärt ist, wo sie hinkommen sollen, für alle diese Flüchtlinge stünden. 95 % der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge leben in Bayern in Jugendhilfeeinrichtungen. Sie werden genauso versorgt, wie Sie das fordern.