Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe jetzt am Anfang kein Zitat, sondern eine Anmerkung zum Kollegen Arnold. Wir können hier schon noch zehn- bis fünfzehnmal über Zuständigkeitsfragen diskutieren, ich weiß nur nicht, ob das die Antworten sind, die die Bürgerinnen und Bürger hören wollen. Die wollen von uns klare Ansagen in inhaltlicher Hinsicht haben.
- Die Bürger wollen, dass wir uns darum kümmern. Und das tun wir, indem wir ihnen klare gesetzliche Vorgaben geben, wo die Grenzen für die Wirtschaft sind und wo die Rechte für die Verbraucher sind. Diese Balance müssen wir herstellen. Darum müssen wir uns kümmern und nicht laufend über einzelne Zuständigkeiten diskutieren.
Meine Damen und Herren, die Datenschutzskandale der vergangenen Monate haben gezeigt, dass die Verbraucher besser vor einem Missbrauch ihrer persönlichen Daten geschützt werden müssen. Die Bundesverbraucherzentrale hat es geschafft, in nur 44 Stunden und für nur 800 Euro 600 Millionen Datensätze zu erwerben, davon 4 Millionen Datensätze mit Kontodaten.
Die Bespitzelungsskandale der Telekom sind uns bekannt, aber auch die Kopien von 17 Millionen Kundendaten von T-Mobile, die bereits vor zwei Jahren unbefugt in die Hände Dritter gelangt sind.
Daher und aus verschiedenen anderen Gründen ist die Werbung in Misskredit geraten, teilweise auch die Markt- und Meinungsforschung. Das liegt im Wesentlichen daran, dass unseriöse Werbung per E-Mail oder per Telefon, die wir alle kennen, nach wie vor durchgeführt wird, obwohl es rechtlich schon seit Längerem nicht mehr erlaubt ist. Werbung per Telefon oder E-Mail ist heute nur dann zulässig, wenn der Konsument eingewilligt hat. Wir haben allerdings das Problem, dass die Werbung aus dem Ausland von unserer Seite her schwer einzugrenzen ist und wir uns nur mit technischen Maßnahmen behelfen können, bis ein internationaler Rechtstandard geschaffen ist. Das wird aber sicherlich noch dauern.
Handlungsbedarf gibt es bei uns auf dem Gebiet des Datenschutzes insbesondere im Zusammenhang mit dem Handel von Adressen. Das Problem besteht darin, dass die Skandale, die wir kennen, den Tropfen bilden, der das Fass zum Überlaufen bringt. Damit wird uns der Handlungsbedarf eindringlich vor Augen geführt. Allerdings müssen wir bei der Lösung dieses Problems Augenmaß bewahren und dürfen das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.
Es liegt jetzt ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vor. Dessen Ziel ist es, den illegalen Datenhandel zu bekämpfen und zu unterbinden. Das ist absolut richtig. Wir müssen vor allen Dingen die Vollzugsdefizite des geltenden Rechts unterbinden und müssen den Strafrahmen voll ausschöpfen. Illegaler Datenhandel ist kein Kavaliersdelikt.
Wichtig ist dabei das geplante Datenschutzaudit, das hinsichtlich der Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit bei den Unternehmen eine wichtige Rolle spielt, da es ein marktwirtschaftliches Instrument ist und einen wichtigen Anreiz für eine verbesserte Datenschutzpraxis darstellt.
Ein Problem besteht auch im Bereich des sogenannten Listenprivilegs. Diese Ausnahmeregelung gibt es seit 1977. Danach ist keine individuelle Zustimmung erforderlich, sondern es dürfen bestimmte Daten listenweise verwendet werden. Diese Bestimmung soll nun abgeschafft werden. Ich bitte dabei allerdings um Augenmaß; denn es gibt große Bereiche der Wirtschaft, die von diesen Listen wirtschaftlich abhängig sind und die auf diese Weise Marketing betreiben müssen.
Wir können nicht auf der einen Seite in der Krise von großen Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft
Wir müssen also berücksichtigen, dass eine gezielte Werbung sinnvoll ist und auch dem Verbraucher nützt; denn er wird dann vor überflüssiger Werbeflut bewahrt. Es gibt gerade bei uns in Bayern viele Mittelständler und Existenzgründer, wie auch Kleingewerbetreibende oder hochspezialisierte Unternehmen, die sich die teuren Werbespots und die teuren Werbemaßnahmen der Massenmedien nicht leisten können. Zeitungsverlage beispielsweise bekommen 50 % der neuen Abonnenten über ein direktes Briefmarketing. Aus diesem Grund sollte man über die Abschaffung des Listenprivilegs noch einmal nachdenken, gleichzeitig aber das strenge Datenschutzaudit einführen, um einen vernünftigen Ausgleich mit einem strengen Datenschutzsiegel zwischen den vollkommen berechtigten Interessen der Verbraucher einerseits und den Belangen unserer mittelständischen Wirtschaft andererseits zu finden.
Im Zentrum des Ganzen sollte auch für mich - das ist mein letzter Punkt - die Medienerziehung stehen. Meine Damen und Herren, die Welt ist wesentlich komplexer als noch vor einigen Jahren. Gerade auch der Umgang mit den neuen Medien ist schwieriger geworden. Deshalb muss die Datenkompetenz gefördert werden. Dafür sollten wir uns einsetzen, denn was für den minderjährigen Verbraucher vielleicht ein kleiner Mausklick ist, kann für den kriminellen Datengräber möglicherweise der große Schritt zur Komplettierung seiner Daten sein. Wir brauchen hier Maßnahmen gegen diejenigen, die die Naivität der Menschen ausnützen. Darüber hinaus muss der mündige Bürger im Informationszeitalter mehr können, als nur den Computer ein- und ausschalten.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Diskussion entbehrt irgendwie nicht einer gewissen Skurrilität.
Also: Wenn man etwas tut, tut man ganz offensichtlich zu viel. Also: Weniger Vorschriften wären viel besser. Das habe ich jetzt mal so grob schachbrettmäßig mitbekommen. Wenn man einen Lotsen einrichtet, findet man in dieser Suppe auch noch ein Haar, das man offensichtlich selbst mitgebracht hat.
Dann wird dargelegt, wie verwirrend alles sei. Herr Kollege Arnold, ich kann mich gut erinnern, dass Sie in der Zeitung gefordert haben, endlich dem Elternverband
über die Zuständigkeit Bescheid zu geben, als dieser schon vom zuständigen Ministerium angerufen wurde. Es ging da um Ernährung, und die wussten, dass der Helmut Brunner kommt, was ich im Rahmen eines Schriftverkehrs schon vorher geklärt hatte. So weit, so gut, und vielleicht ist dieses Thema damit auch irgendwie einmal abgestellt.
Und, lieber Herr Kollege Dr. Herrmann, vielleicht liegt es auch daran, dass sich die Opposition an Formalien festklammert, weil sie offensichtlich am materiellen Weg nichts auszusetzen hat, da sie offensichtlich von diesem Zehn-Punkte-Programm überzeugt ist.
Das wäre der positivste Ansatz, der in diesem Zusammenhang auf den Weg gebracht werden kann. Langsam bin ich an diesem Punkt.
Kollege Dechant hat formuliert: Wir brauchen gleichwertige Marktpartner. Dazu ist festzuhalten, dass wir der Gesetzgeber sind. In dem Augenblick, in dem wir ungleiche Verhältnisse haben, muss ich als Gesetzgeber sozusagen zum Schutz der schwächeren Seite tätig werden. Das ist unsere Aufgabe als Gesetzgeber. Jeder, der hier im Landtag sitzt, weiß, dass er Gesetzgeber ist. Ich muss hier als Gesetzgeber über die Rahmenbedingungen nachdenken und versuchen, diese Rahmenbedingungen zu verwirklichen, um im Bereich des E-Commerce, im Bereich des Telekommunikationsmarktes und vieler anderer Punkte die Gleichwertigkeit der Marktverhältnisse wiederherzustellen.
Wir sind im Übrigen auch der Ansicht, dass alle Marktteilnehmer schützenswert sind. Es taucht da immer das BaFin-Thema auf. Es geht darum, dass der eingeschlagene Weg als völlig unpraktikabel gilt; denn ich muss alle personenbezogenen Daten und auch die firmenbezogenen Daten schwärzen, ansonsten bin ich als Aufsichtsbehörde möglicherweise in der Haftung.
Für uns gilt also der Datenschutz für alle, nicht nur für die eine Seite, und die andere Seite bekommt ein bisschen Datenschutz und die nächste überhaupt keinen. Das kann keine Basis sein. Wenn wir Datenschutz auf einem vernünftigen Niveau betreiben wollen - das wollen wir; das unterstelle ich allen hier im Hohen Hause -, dann muss die Gleichwertigkeit der Marktverhältnisse für alle gelten. Im Übrigen wird hier immer der wirtschaftliche und rechtliche Verbraucherschutz problematisiert. Manche sagen zum Beispiel, der Gesundheitsschutz sei wichtig und Ähnliches. Ich bin froh, dass wir diese Lokalisierung mit einem Schwerpunkt nach wie vor noch im Umweltbereich haben; denn es ist eine Querschnittsaufgabe. Das wird in den Ausschüssen und auch hier im Plenum immer wieder betont. Aber wenn es darum geht, querschnittsmäßig mit Schnitt
stellen zu wirken, dann wird alles plötzlich so ganz ins Negative getaucht. Also auch hier kann ich immer nur sagen: Irgendwo entbehrt das Ganze einer gewissen Skurrilität nicht.
Also: Wenn man etwas macht, macht man entweder zu viel, oder man macht es falsch, und wenn man nichts macht, dann ist nichts getan worden. Gäbe es in diesem Bereich kein Zehn-Punkte-Programm der Ministerin, dann würde man von Skandal sprechen. Man thematisiert den Verbraucherschutz im Ausschuss, und was kommt heraus? - Große Öde, nichts, weil nichts passiert.
Langsam frage ich mich schon, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, was Sie nun konkret wollen.
Ich frage mich das jetzt nur rein rhetorisch, weil wir im Endeffekt alle so aufgestellt sind, etwas tun zu müssen. Wir werden die Thematik im Bereich des Telekommunikationsmarktes vorantreiben, wir werden sie vorantreiben im Bereich des E-Commerce sowie in allen anderen wichtigen Punkten, die heute angesprochen worden sind.
Ich hoffe, mit meinen Ausführungen die Skepsis des Kollegen Runge etwas besänftigt zu haben, und freue mich auf das, was die GRÜNEN in diesem Zusammenhang einbringen werden. In diesem Sinne möchte ich es gern dabei bewenden belassen.
Gratulation an die Ministerin, die gehandelt und einen klaren Weg eingeschlagen hat, auf dem wir sie gern unterstützen und begleiten werden.
Herr Präsident, Hohes Haus! Es ist schön, dass der Verbraucherschutz in dieser Heftigkeit diskutiert wird. Herr Runge, Sie haben mir eine ganze Menge alter Fälle vorgeworfen. Die können Sie mir natürlich als Mitglied der CSU vorwerfen, aber sicherlich nicht als Person.
Ich möchte zur Zuständigkeitsfrage antworten. Der Ministerpräsident wird sich schon seinen Teil gedacht haben, als er den Verbraucherschutz bei mir im Justizministerium ansiedelte. Wir werden uns in zwei Jahren
Zu diesem Thema habe ich sehr deutlich gesagt: Das Zehn-Punkte-Programm ist auf eine zweijährige Dauer ausgerichtet. Es muss natürlich erst initiiert werden. Das ist nicht ganz so einfach, wenn man eine neue Abteilung in einem neuen Ressort völlig neu aufbaut. Aber mir ist es ein wichtiges Anliegen, hinterher eine Evaluation zu haben. Auch die Dinge, die wir auf den Weg gebracht haben, müssen sinnvoll sein und sollen den Bürger so erreichen, wie wir es uns vorstellen.
Es wurde gesagt, wir sprächen vom mündigen Bürger. Das tue ich sehr wohl, angesichts der Tatsache, dass 94 % der Bürgerinnen und Bürger Hilfe für den Verbraucherschutz wünschen. Ich denke, das ist sehr wichtig, auch angesichts der Tatsache, dass ein Drittel der Bevölkerung unsicher ist. Von einem mündigen Bürger kann ich nur dann reden, wenn ich ihm umfassende Hinweise gebe, welche Gefahren auf ihn lauern. Deswegen bin ich nicht der Meinung, dass wir die Bürger überfrachten, wenn wir sie auf Themen hinweisen, die problematisch sind.
Dass wir in Richtung Verbraucherbildung eine Menge tun, ist in diesem Zusammenhang selbstverständlich. Natürlich ist auch selbstverständlich, dass wir gemeinsam mit dem Kollegen Ludwig Spaenle die Themen Medien-, Finanz- und Datenkompetenz bereits in den Schulen ansiedeln und diese Themen im Unterricht immerwährend behandelt werden, damit die Jungen und Mädchen von Anfang an damit konfrontiert werden. Diese Themen sind ganz wesentlich.
Der Datenschutz ist für mich ein Topthema. Ich kämpfe für Verbesserungen zum Nutzen der Verbraucher. Ich meine nicht, dass es richtig wäre, sich hier, was Rechtspolitik angeht, zurückzuhalten. Ich meine sehr wohl, dass wir da etwas tun müssen. Die Staatsregierung hat die Auffassung unterstützt, dass die Bürger mit der Weitergabe ihrer Daten nur dann rechnen müssen, wenn sie zuvor dazu eingewilligt haben.
Ich bin auch nicht der Meinung, dass wir uns beim Listenprivileg zurückhalten sollten. Wir wissen ganz genau: Wenn die Daten erst einmal herumvagabundieren, dann müssen wir auch damit rechnen, dass sie auf den Cayman Islands ankommen und wir sie nicht mehr zurückholen können, weil sie dann ja unterwegs sind.
Ich bin weiter nicht der Meinung, dass wir jetzt reflexhaft sagen müssten: Wir müssen die Wirtschaft in den Vordergrund stellen. Wenn es um Verhältnismäßigkeit geht, muss man sich vielmehr immer fragen: Wer hat den größeren Schutz verdient? Das ist in aller Regel der einfache Verbraucher; denn mit dem Widerruf kann er ein bereits auf dem Weg befindliches Datenpaket nicht
mehr zurückholen. Deswegen ist es wichtig, dass wir hier die Möglichkeiten verwirklichen, die der Entwurf des Datenschutzgesetzes vorsieht.
Als weiterer wichtiger Punkt ist der Anlegerschutz angesprochen worden. In dem Zusammenhang kann man auch auf das Informationsfreiheitsgesetz eingehen. Herr Dechant, ich weiß sehr wohl, warum Sie sich hier etwas zurückhaltend geäußert haben; denn derjenige, der hier einen Vorstoß gemacht hat, ist der Wirtschaftsminister. Er hat klar gesagt, dass er andere Regelungen haben möchte.