Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit den Zahlen ist es nicht immer so ganz einfach. Sie drücken Verschiedenes aus. Ich hatte zwar nicht sehr viel Zeit, habe mir aber die Nachschubliste genauer angeschaut, ebenfalls das Konjunkturpaket. Dann habe ich mir gedacht: Da fehlt doch irgendetwas; da fehlen die 25 % des Freistaates Bayern.
Da sagt man sich als Jurist: Wer weiß, ob man so richtig rechnet. Die Kollegin Rupp - ich lasse das "hochehrwürdig" oder "ehrwürdig" einfach weg - rechnet genauso. Insofern gehe ich davon aus, dass die Rechnung stimmt.
Das heißt: Diese 25 % - wenn ich es richtig rechne, sind es mehr als 50 Millionen Euro - fehlen. Eigentlich sollte der Freistaat diese Mittel drauflegen. Das ist im BundLänder-Verhältnis so abgesprochen worden.
Man kann diese Dinge unterschiedlich benennen. Man kann sagen: Okay, der Haushalt ist noch nicht verabschiedet; dann ist das rechtlich möglich. Das ist aber, bayerisch gesprochen, hinterfotzig. Es ist gegenüber den anderen Ländern unsolidarisch.
Vielleicht geht es auch um die Lesart. "Mehr Netto vom Brutto", so hieß es immer im Wahlkampf, aber keiner wusste, was das ist. Aber jetzt wissen wir es vielleicht.
Wir haben viele Zahlen gehört, aber nicht ganz so viele Ideen. Worum es mir besonders ging, ist die Frage: Welche Hochschulen möchten wir in den nächsten Jahren denn haben? Wie soll das denn ablaufen? Hier vermute ich manchmal eine etwas unsägliche Verbindung zwischen CSU- und FDP-Programmatik. Da geht es um sehr viel Sicherheit und Kontrolle in unseren BAStudiengängen und um Wissensakkumulierung. Das ist vielleicht die Handschrift der CSU. Aber ich sage ganz ausdrücklich: Hochschulen sind keine Legebatterien.
Da sitzen Menschen, Studierende. Die muss man individuell behandeln. Man muss ihnen wesentlich mehr Autonomie geben. Aber darauf komme ich später noch.
Die FDP spricht sehr viel von der Freiheit der Eliten. Damit ist sicherlich auch die Autonomie der Hochschulen gemeint. Aber Hochschulen sind keine Aktiengesellschaften. Auch da sollten wir uns darüber klar sein, was wir in der Politik wollen.
Für mich ist eines ganz wichtig: Wenn wir Hochschulpolitik machen - das ist nun einmal der drittgrößte Haushalt -, dann darf die Hochschulpolitik kein Anhängsel einer übergestülpten Ordnungspolitik sein. Das haben wir hier jahrelang erlebt. Das haben wir unter Ministerpräsident Stoiber erlebt, der den Sparzwang und den ausgeglichenen Haushalt zum Ordnungsprinzip Nummer eins erhoben hat. Was war die Konsequenz? Viele Gebäude wurden kaputtgespart. Was damals angerichtet wurde, muss man heute ausbaden, und deshalb stehen wir hier.
Frau Merkel macht heute Hochschulpolitik als Konjunkturpolitik. Auch das halte ich für falsch. Es ist schön das betone ich -, dass inzwischen Geld in die Gebäude fließt, aber das ist nicht alles. Das kann nicht Hochschulpolitik sein. Was Ministerpräsident Seehofer macht, weiß man nicht so recht. Das ist ein bisschen Rumpelstilzchenpolitik nach dem Motto "Ach wie gut, dass niemand weiß...", und niemand weiß so recht, wie die Politik ist. Dann gibt es immer ein wenig Aufstampfen in Berlin, aber man weiß ja, wie das Ganze geendet hat.
Ich will einige Punkte nennen, die für uns sehr wichtig sind. Wir wollen nicht nur eine Autonomie der Hochschulen, sondern auch eine Autonomie der Studierenden. Selbstbestimmung der Studierenden - was heißt das? Eine größere Selbstbestimmung bedeutet für uns nicht, dass Studierende in Bachelor-Studiengängen zum Teil 26 Stunden pro Woche in den Hörsälen sitzen. Das ist kein Studium in Selbstverantwortung. Deshalb haben wir als Freie Wähler auch den Ausbau der virtuellen Hochschule gefordert mit der Begründung, es ist besser, wenn die Studierenden ihre Zeit frei gestalten können, dass sie zu Hause mal in den Rechner hineinschauen und dort einige Inhalte mitbekommen, anstatt immer nur im Hörsaal zu sitzen.
Als Weiteres wollen wir größere finanzielle Spielräume. Auch das bedeutet Autonomie der Studierenden. Deshalb sind wir wie die anderen Parteien der Opposition für die Abschaffung der Studiengebühren.
Wir sind übrigens auch für eine größere Internationalität. Das - ich möchte beinahe sagen - Perverse ist ja, dass mit Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge weniger Studierende ins Ausland gehen als vorher. Man hat also nicht erreicht, was man eigentlich erreichen wollte. Deshalb fordern wir ein neues Projekt, nämlich eine binationale Universität, nicht nur ein Forschungsinstitut. Das soll nur der Anfang sein. Wir Freien Wähler möchten eine binationale Universität. Es würde sich angesichts der tschechischen Ratspräsidentschaft anbieten, diese als Universität von Tschechien und Bayern zu starten. Gerade mit dem großen Anteil an Sudetendeutschen in Bayern ließe sich hier sicher etwas ganz Interessantes auf den Weg bringen, aber leider wurde das abgelehnt.
Wir fordern weiter eine größere Interdisziplinarität: mehr Lehrpersonal, ein häufigeres Schauen über den eigenen Tellerrand, nicht nur ein Kochen im Saft des eigenen Studiums. Wenn Studenten pro Woche teilweise 30 Stunden nur in ihrem eigenen Studiengang verharren, dann können sie sich keine anderen interessanten und spannenden Studien anschauen. Wie haben wir das früher gemacht? - Viele von uns Juristen waren häufig bei den Kunsthistorikern, nicht nur deswegen, weil es dort den besseren Cappuccino gab und nette, hübsche Frauen, sondern auch deswegen, weil man die Inhalte interessant fand und sich dort weiterbilden konnte.
Ich sage es ganz deutlich: Wir sind gegen eine Amerikanisierung der deutschen Hochschule und für ein größeres Selbstbewusstsein aufgrund der Abschlüsse, die wir in Deutschland haben.
Ich wundere mich, dass die Bayerische Staatsregierung in den vergangenen Jahren die bewährten deutschen und bayerischen Studienabschlüsse so leichtfertig über Bord geworfen hat. Wir haben DiplomStudiengänge - nicht nur den Diplom-Ingenieur -, die weltweit anerkannt sind. Wir haben Staatsexamina mit hohem Qualitätsanspruch. Stattdessen haben wir nun Master- und Bachelor-Abschlüsse, die gewiss nicht die gleiche Qualität bieten. Die Ziele sind nicht erreicht worden. Wir sind bei den Studienabschlüssen nicht schneller, nicht internationaler und nicht besser geworden. Wir sind auf das Label "Made in Germany" stolz. Wir sollten auch auf das Label "Studied in Bavaria" stolz sein und es vorwärts bringen. Wir sollten überlegen, wie weit wir
die bisherigen Studienabschlüsse erhalten können. Ich sage auch ganz deutlich: Ein bayerisches Abitur ist nicht mit einem amerikanischen Highschool-Abschluss gleichzusetzen. Das ist ein großer Fehler, der in der Debatte immer wieder gemacht wird.
- Ich sage auch gerne "ein deutsches Abitur". Der deutsche Bachelor-Abschluss wird von den Amerikanern teilweise nicht anerkannt, weil er nur drei Jahre dauert, während er bei ihnen vier Jahre umfasst. Das sagt man, nicht wissend, dass man hier mit ganz anderen Voraussetzungen in die Universitäten geht.
Das ist uns sehr, sehr wichtig. In der Hochschulpolitik darf man nicht nur arbeitsplatzorientiert agieren, darf nicht nur für den Arbeitsmarkt ausbilden. Von der Wirtschaft kommt sehr häufig und sehr stark die Forderung, dass die Studierenden früh für den Einsatz am Arbeitsplatz fertig sein sollen. Uns geht es darum, Menschen zu befähigen, die Probleme, die das Leben und die Welt bieten, zu erkennen, Problemstellungen einzuordnen und diese Probleme zu lösen. Das ist ein Ansatz, der aus der Tradition der Gebrüder Humboldt stammt, der aus der Tradition von Bentham stammt und den wir nicht einfach über Bord werfen wollen.
Die Bundesrepublik ist kein Land der großen Bodenschätze. Unser Schatz sind die Menschen; unser Schatz sind die Köpfe, in die wir intelligent investieren müssen. Der Haushalt, den wir gerade verabschieden, bietet hier einige Ansätze. Wir begrüßen durchaus das, was für den Ausbau der Hochschulen vorgesehen ist. Wir wollen aber nicht nur in die Form investieren, sondern noch viel mehr in die Inhalte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, auch in finanziellen Krisenzeiten gilt Artikel 108 der Bayerischen Verfassung: "Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei." Besser noch: Gerade in Krisenzeiten gilt es, sich auf diesen wichtigen Verfassungsgrundsatz zu besinnen; denn genau hier liegen die Chancen für Wege aus der Krise. Kultur hält die Gesellschaft zusammen, schafft Identität und bietet Heimat, wenn die Verhältnisse unsicher werden. Kunst öffnet den Blick, regt den
Herr Minister, ich habe gedacht, Sie finden den Zugang zu Ihrem neuen Ressort. Kunst ist aber mehr als ein Standortfaktor. Sie ist nicht nur ein Kostenfaktor - das haben Sie gesagt -, sie ist auch mehr als ein Standortfaktor, und das haben Sie nicht gesagt.
Kreativität ist gefragt; denn es gilt, neue Wege zu gehen und Zukunft zu gestalten. Herr Minister Heubisch, die Vokabel "Humankapital" müsste Ihnen als Wirtschaftsliberaler doch eigentlich gefallen. Mir gefällt sie zwar nicht so gut, aber Humankapital ist in der Tat unsere stärkste Ressource in Bayern, und das bleibt es auch in der Krise, ist sozusagen krisenfest. Deshalb müssen wir unsere jungen Menschen gut ausbilden. Wir brauchen an unseren Hochschulen gute Lehre. Ich glaube, wir wollen doch alle, dass mehr Menschen in Bayern besser ausgebildet werden.
Wissenschaft und Forschung liefern das Handwerkszeug, das diese Gesellschaft am Laufen hält und wieder zum Laufen bringen kann. Uns GRÜNEN sind die Naturwissenschaften, die Ingenieurwissenschaften, die Biowissenschaften und die Umweltwissenschaften genauso lieb und teuer und wichtig wie die Kulturwissenschaften, die Geisteswissenschaften, die Wirtschaftswissenschaften und die Sozialwissenschaften; denn wir durchleben nicht nur eine Wirtschafts- oder eine Finanzkrise, sondern wir stecken mitten in einer Systemkrise, die weit in die Verfasstheit unserer Gesellschaft hineinreicht. Das ist auch eine soziale Krise. Kolleginnen und Kollegen, denken Sie an die Debatte über den Sozialbericht, die wir in der letzten Woche hier geführt haben. Wir erwarten von Wissenschaft und Forschung, dass sie uns Antworten auf die Herausforderungen liefern, vor denen wir stehen, oder dass sie wenigstens die richtigen Fragen stellen. Deshalb muss der vorliegende Entwurf des Doppelhaushalts 2009/2010, Einzelplan 15, an nichts weniger gemessen werden als an diesem Verfassungsgrundsatz, der Freiheit von Kunst, Wissenschaft und Lehre garantiert.
Die Voraussetzungen von Freiheit sind unter anderem Autonomie, Demokratie und Gerechtigkeit. Sichert nun der von Ihnen vorgelegte Einzelplan die Autonomie der Hochschulen? - Wir denken: Nein. Lassen wir uns nicht von großen Zahlen täuschen. Herr Minister Heubisch, erwarten Sie von uns bitte keinen Mitleidsbonus dafür, dass Sie ein desolates Feld übernehmen mussten, eine über viele Jahre hinweg chronisch unterfinanzierte Hochschul- und Wissenschaftslandschaft. Sie hätten die Chance gehabt, das Ruder endlich herumzureißen. Sie tun es nicht oder allenfalls halbherzig; denn der Aufwuchs im Einzelplan 15 kann uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gesamtanteil der Ausgaben für
den Hochschulbereich am Staatshaushalt immer noch bei circa 12 % liegt. Da liegt er seit einigen Jahren. Die Mittelstraß-Kommission hat bereits 2005 darauf hingewiesen und dies deutlich kritisiert. Sie sind mit Ihrem Haushalt nicht über das Niveau von 2005 hinausgekommen. Das ist die Wahrheit hinter den vermeintlich hohen Zuwachsraten im Einzelplan 15. Man muss eben immer alles im Zusammenhang sehen.
Herr Minister, Ihr Vorgänger im Amt, Ex-Minister Dr. Goppel, hat bei der Vorstellung des Ausbauprogramms für die Hochschulen, das schon mehrfach abgefeiert wurde, im Juni 2007 die klare Linie ausgegeben: Ziel sei, das Niveau von 2005 zu halten. Das war das Jahr nach der katastrophalen Sparorgie 2004. Dieses Niveau zu halten war das Ziel. Das scheint auch das Ziel der jetzigen Staatsregierung zu sein. Herzlichen Glückwunsch Herr Minister Heubisch, das haben Sie geschafft! Das Niveau haben Sie gehalten - nicht mehr.
Das heißt im Klartext: Sie führen die Mangelverwaltung an den Hochschulen fort. Der Aufwuchs wird vollständig durch die wachsenden Studierendenzahlen aufgebraucht. Eine Verbesserung der Situation an den Hochschulen wird es auch mit Ihnen nicht geben. Herr Minister, das ist eine magere Bilanz.
Sie haben nichts erreicht. Was wir jetzt bekommen, wurde uns bereits 2007 angekündigt. Das hätten wir auch ohne Sie gekriegt.
Autonomie, selbstbestimmtes Handeln und Gestalten der Hochschulen ist auf diesem Niveau nicht möglich. Auch bei den Kriterien Demokratie und Gerechtigkeit scheitern Sie auf ganzer Linie. Das gilt sowohl für Kultur und Kunst als auch für den Hochschul- und Wissenschaftsbereich.
Die nichtstaatlichen Theater müssen weiter auf angemessene Förderung warten. Ich habe das im Protokoll nachgelesen. Es war erbärmlich, wie Sie diskutiert haben. Wir alle wissen, was die Anhörung und der ORH-Bericht ergeben haben. Lächerliche 500.000 Euro mehr geben Sie den nichtstaatlichen Theatern. Wir alle wissen, dass denen fünf Millionen wirklich genutzt hätten. Nicht einmal dazu sind Sie in der Lage.
Kulturell wird weiterhin von oben herab und nicht demokratisch bestimmt, was förderwürdig ist. Man schaut nicht, was sich in der Bürgerkultur entwickelt. Von oben herab wird bestimmt, was förderwürdig ist. Die Popularmusik gehört nicht dazu. Die Kultur in der Fläche, Museen - nicht die Leuchttürme - oder öffentliche Bi
An den Hochschulen führen Sie die neoliberale Hochschulpolitik der CSU weiter, wie wir das von Ihnen nicht anders erwartert haben. Sie setzen im Haushalt keinerlei Impulse, um den Hochschulen Gestaltungsfreiräume, hin zu liberalen demokratischen Institutionen, zu eröffnen. Was von unten als Selbstorganisation in den letzten Jahren gegen viele Widerstände gewachsen ist, zum Beispiel die Bayerische Forschungsallianz - BayFoR -, eine Organisation, die Forschungsgelder in Europa akquiriert und den Wissenstransfer mit der Wirtschaft gut bewältigt hat, wird durch die feindliche Übernahme der Bayern Fit GmbH plattgemacht. Die Bayern Fit GmbH ist nichts anderes als ein zentralistisches Bürokratiemonster. Hier hätten Sie Geld sparen können. Sie hätten 100 Millionen Euro sparen können.