Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

und

Haushaltsplan 2009/2010; Einzelplan 13 - Allgemeine Finanzverwaltung

hierzu:

Änderungsanträge der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Drsn. 16/726 mit 16/734 und 16/843)

und

Änderungsanträge von Abgeordneten der SPD-Fraktion (Drsn. 16/797 mit 16/814)

und

Änderungsanträge der Fraktion Freie Wähler (Drsn. 16/828 mit 16/839)

und

Gesetzentwurf der Staatsregierung über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 2009 und 2010 (Haushaltsgesetz - HG - 2009/2010) (Drs. 16/210) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Drs. 16/743)

und

Änderungsantrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion (Drs. 16/818)

und

Änderungsantrag von Abgeordneten der CSU und der FDP-Fraktion (Drs. 16/911)

Im Ältestenrat wurde für die gemeinsame Aussprache eine Gesamtredezeit von drei Stunden vereinbart.

Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 45 Minuten, auf die SPD-Fraktion 27 Minuten, auf die Fraktion der Freien Wähler 22 Minuten, auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 21 Minuten und auf die FDPFraktion 20 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Sie kann deshalb bis zu 45 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.

Bevor wir in die Aussprache eintreten, mache ich darauf aufmerksam, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN beantragt hat, die Schlussabstimmung über das Haushaltsgesetz 2009/2010 in namentlicher Form durchzuführen.

Nun eröffne ich die gemeinsame Aussprache. Als erster Redner hat das Wort Herr Kollege Winter. - Bitte schön.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie alle recht herzlich begrüßen. Wenn ich gewusst hätte, dass jetzt so schönes Wetter ist und dass Sie alle lieber draußen sitzen würden, hätte ich gar keine Rede vorbereiten müssen. Aber schade, wir haben die Wetterprognosen nicht in den Sitzungsplan eingetaktet.

(Ludwig Wörner (SPD): Ich habe gemeint, die CSU ist für das Wetter zuständig!)

- Kaum scheint die Sonne, wollen alle raus.

(Zuruf von Staatminister Fahrenschon)

- Danke, Herr Staatsminister, es ist wichtig, wenn man Unterstützung hat. So ist es, das schöne Wetter steht auch für unseren Haushalt. Wir haben gesagt, er ist ein Leuchtturmprojekt - und schon scheint die Sonne. Damit ist das, was der Kollege Wengert gestern vorgetragen hat, schon widerlegt.

Zunächst möchte ich an dieser Stelle aber aufrichtig für die Unterstützung Danke sagen. Meine Damen und Herren, wir haben in fünf Wochen in 13 Sitzungen beraten und beschlossen; wir haben 5.000 Seiten, 20 Nachschublisten und über 300 Änderungsanträge bearbeitet. Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Es war wirklich beeindruckend, mit welch hoher Präsenz die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen an den Beratungen des Haushaltsausschusses teilgenommen haben. Trotz unterschiedlicher Auffassung in der Sache sind wir sehr fair und tolerant miteinander umgegangen; bei den Beratungen hat ein gutes Klima geherrscht.

Ganz konkret möchte ich noch Ihnen, Frau Kollegin Rupp, neben den anderen Kolleginnen und Kollegen im

Haushaltsausschuss als meiner Stellvertreterin danken, natürlich auch den Damen und Herren Mitarbeitern im Landtagsamt. Da ist der Sitzungsdienst gefordert, aber auch ganz besonders das Ausschussbüro des Landtagsamts unter der Leitung von Frau Fecke und ihren Mitarbeiterinnen.

(Allgemeiner Beifall)

- Darüber freuen sich die Damen sicherlich.

Danken möchte ich auch Ihnen, Herr Finanzminister und Ihrem Haus, den Mitarbeitern und Mitstreitern, die alle viel zu tun hatten, sowie den Referenten in den anderen Häusern und Fraktionen, die ebenfalls stark gefordert waren.

(Allgemeiner Beifall)

Die Nachrichten, die uns dieser Tage erreichen, betreffen selbst Firmen wie Mercedes. Als kleiner Bub habe ich immer davon geträumt, dass mein Vater so ein Auto kauft. Damals war der 190er Diesel so beliebt, man musste ein Jahr darauf warten. Aber heute ist alles anders geworden. Die aktuellen Entwicklungen und Erfordernisse übertreffen in vieler Hinsicht unsere Vorstellungskraft. Im internationalen Zusammenhang reden wir nicht mehr von Millionenbeträgen, sondern von Milliarden, sowohl im Hinblick auf die Verluste auf den internationalen Finanzmärkten als auch im Hinblick auf die Größenordnung staatlicher Programme zur Stützung der Konjunktur. Die Auswirkungen der Rezession schlagen sich in einem Tempo und mit einer Wucht nieder, wie wir dies bisher noch nicht erlebt haben.

Die Bundesregierung musste Anfang des Jahres ihre Wirtschaftsprognose, in der sie von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 0,2 % ausgegangen war, auf ein Minus von 2,25 % korrigieren. Inzwischen wird sogar von 4 % Rückgang bei der Wirtschaftskraft ausgegangen. Im nächsten Jahr wird sich die Erholung der Wirtschaft wahrscheinlich nicht so schnell einstellen, wie sich das viele am Jahresanfang erhofft hatten.

Ich bezweifle, dass wir zur Bekämpfung dieser großen Konjunkturkrise und Wirtschaftsabschwächung die Erfahrungen aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts heranziehen sollten. Bei dieser Rezession liegt die Schwierigkeit darin, dass die Welt inzwischen ein vernetztes Dorf geworden ist und sich damit diese Ausschläge potenzieren.

Unsere Wirtschaftswissenschaftler, die sonst so gerne Negativprognosen abgeben, sollten einmal darüber nachdenken und uns sagen, wie wir auf diese neue Entwicklung reagieren sollten. Sie sollten uns sagen, was wir von der Psychologie her tun sollten, um eine

Steigerung dieser Ausschläge zu vermeiden. Ich hätte den Wunsch, dass sich der ganze Brain-Trust über diese Frage Gedanken macht. Wir leben nicht in den Jahren 1920 oder 1930. Wir stehen vor einer Herausforderung anderer Art. Deshalb brauchen wir auch andere Instrumente. Dazu habe ich bisher von niemandem etwas gehört.

Die Rezession schlägt sich natürlich auch in den Arbeitsmarktzahlen nieder. Wir alle wissen: Wenn die Spirale einmal nach unten geht, wird es schwierig. Dann wird weniger gekauft und in der Folge sinkt auch die Nachfrage bei den anderen Unternehmen. Die Krise wird dann auch bei Branchen ankommen, die bislang nicht davon betroffen waren. Erfreulicherweise sind unsere Bürger optimistisch und beleben die Konjunktur. Sie lassen sich nicht schrecken.

Bereits bei der Debatte über den Etat des Wirtschaftsministers wurde die Frage aufgeworfen, was von unserer Marktwirtschaft bleiben wird und welche Ordnung in Zukunft gilt. Wir hielten im Jahre 1990 die Frage nach dem Wirtschaftssystem für geklärt. Diese Frage muss erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Was wird aus der Sozialen Marktwirtschaft? - Ist sie nach wie vor in der Lage, die Basis für Frieden, Wohlstand und Beschäftigung zu bieten? - Wie stellen wir uns eine nachhaltige Finanzpolitik vor? - Schaffen wir es wirklich, in Krisenzeiten mehr auszugeben, aber umgekehrt in Zeiten, wo es uns besser geht, weniger Schulden zu machen? - Zu dieser Frage gibt es den Vorschlag, das Grundgesetz entsprechend zu ändern. Das wäre ein positives und wichtiges Zeichen für Bayern, weil wir beim Zahlen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs in ganz besonderer Weise betroffen sind.

Neben diesen grundsätzlichen Fragen müssen wir auch die Entwicklung in unserem Lande im Auge behalten. Wir müssen versuchen, auf der europäischen Ebene Fortschritte zu erreichen. Erfreulich ist, dass gerade gestern und heute bei der aktuellen Tagung der G 20 die Themen Stabilitätspakt, Finanzmarktverfassung sowie die Forderung der Bundesregierung, internationale Regeln zur Kontrolle der Finanzmärkte aufzustellen, auf der Tagesordnung waren. Ich denke, alle Länder haben den guten Willen, bei diesen Themen Verbesserungen zu erreichen und aus dieser Krise von den negativen Erfahrungen zu lernen.

Meine Damen und Herren, ich möchte das Thema Landesbank und die entsprechenden Auswirkungen auf den Staatshaushalt nicht weglassen. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass die Neuverschuldung zur Finanzierung der Kapitalerhöhung bei der Bayerischen Landesbank in der Schuldenlast des Freistaates Bayern ganz erheblich zu Buche schlägt. Dazu möchte ich folgende Anmerkungen machen:

Erstens. Herr Ministerpräsident Seehofer hat in seiner ersten Regierungserklärung dazu umfassend Stellung genommen und zur Vergangenheit Klartext gesprochen.

Zweitens. Herr Kollege Erwin Huber hat gestern in seinem Beitrag zu diesem Thema ebenfalls klare Worte gefunden und nichts beschönigt.

Drittens. Wir begrüßen es, dass der Rechnungshof und die Staatsanwaltschaft in dieser Angelegenheit prüfen. Das liegt in unserem Interesse. Sie dürfen versichert sein, dass der neue Ministerpräsident, der neue Finanzminister, der neue Finanzstaatssekretär, unser neuer Partner in der Regierungskoalition und natürlich auch der neue Vorsitzende des Haushaltsausschusses sowie die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss größtes Interesse an der Aufklärung haben. Wir müssen prüfen, was auf die Finanzkrise zurückzuführen ist und ob es andere Auffälligkeiten gegeben hat, für die die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Daran haben wir das allergrößte Interesse.

Viertens. Mit dem Haushaltsplan zum Thema Landesbank soll Transparenz erreicht werden. Alle sollen mitverfolgen können, welche Belastungen über die Jahre hinweg entstehen. Im Jahre 2013 soll jeder auf Knopfdruck sehen können, was tatsächlich geschehen ist. Unser Anliegen ist die Offenheit.

Fünftens. Zur Kapitalaufnahme, also zur Risikoabschirmung durch den Freistaat Bayern, gab es keine wirtschaftlich vernünftige Alternative. Dieser Auffassung haben sich die Medien angeschlossen. Wenn jemand eine bessere Alternative einfällt, wäre ich dankbar, wenn er sie mir mitteilen würde.

Sechstens. Die Einrichtung der Landesbank-Kommission war eine notwendige und richtige Entscheidung. Sie kontrolliert und arbeitet aktiv an der Neuausrichtung der Bank und dem künftigen Geschäftsmodell mit.

Siebtens. Wir achten darauf, dass bei anderen staatlichen Unternehmungen keine unverantwortbaren Risiken eingegangen werden. Man könnte die Auffassung vertreten, dass beim Flughafen und bei der Messe nichts passieren könnte, weil dies solide Projekte seien. Ich gehe auch davon aus. Wir leben aber in einer paradoxen Zeit: Überall, wo Not herrscht, wird nach dem Staat gerufen. Wenn jedoch bei Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist, Risiken oder Defizite auftreten, neigen wir schnell dazu zu sagen: Davon lassen wir die Finger. Wir müssen darauf achten, dass bei allen Unternehmen, an denen wir beteiligt sind, die Geschäfte verantwortungsbewusst abgewickelt werden.

Achtens. Unter Berücksichtigung der Schulden zur Stabilisierung der BayernLB hat Bayern unter den westlichen Flächenländern immer noch die geringste ProKopf-Verschuldung, und zwar mit Abstand. Sie liegt in Bayern bei 2.600 Euro pro Kopf, in Baden-Württemberg als dem nächsten westlichen Bundesland bei 3.800 Euro. Wir wissen, dass die neuen Länder weniger Schulden haben. Wir konnten bereits seit 1946 Schulden aufnehmen, die neuen Länder erst seit 1990. Außerdem haben wir versucht, im Rahmen der deutschen Einheit die neuen Länder kräftig zu unterstützen. Wenn die Haushaltspläne so, wie sie aufgestellt sind, umgesetzt werden, wird Bayern am Jahresende insgesamt im deutschen Vergleich an der Spitze stehen.

Der Bund hat mit dem Rettungspaket zur Stabilisierung des Finanzmarktes und den beiden Konjunkturpaketen bereits Handlungsfähigkeit bewiesen. Vor allem das zweite Konjunkturpaket setzt über Steuerentlastungen und Investitionen gezielte Impulse zur Stützung der Gesamtwirtschaft. Diese Impulse kommen schnell und direkt beim Bürger, bei den Steuerzahlern und insbesondere bei den Kommunen an.