Protokoll der Sitzung vom 27.01.2010

(Beifall eines Abgeordneten der CSU)

Das muss man hier ganz offen zugeben und ansprechen. Das ist unser Anliegen, und das sind wir auch den Bürgerinnen und Bürgern schuldig.

Lassen Sie mich nun meine Rede zum Haushalt fortsetzen. Es kam bereits zum Ausdruck, was uns hier in Bayern auszeichnet: Das ist die hohe Investitionsquote von 13,8 %. Prozentrechnen ist immer so eine Sache. Wir haben gelernt, Prozent hängt immer von Hundert ab. Es gab noch eine Steigerung zum Wahljahr 2008. Zum Jahr 2009 kommen wir jetzt mit einer dritten Steigerung auf 5,8 Milliarden Euro, die allein dieser Haushalt an Investitionen bringt. Er kurbelt zum Beispiel die Bereiche Städtebau und Dorferneuerung an. Hier können wir den Multiplikator dazurechnen, denn wir wissen, dass ein Euro, den wir reinstecken, oft das Fünf-, Sechs- oder Siebenfache bewirkt. Insofern ist das ein wichtiger, notwendiger Riesenimpuls, ein Wachstumsgarant für unseren Mittelstand.

Gelegentlich wird vom "Kaputtsparen" geredet. Aber wenn man sieht, was wir investieren, kann man davon nicht reden, ganz im Gegenteil: Wir sind hier wirklich

mutig unterwegs, wie es der Kollege Klein gesagt hat. Selbst auf Ereignisse wie die Pleite bei Quelle in Nürnberg können wir mit einem Strukturprogramm antworten; dazu haben wir die Kraft und die Fähigkeit. Das war im Interesse der betroffenen Menschen notwendig und ist auch gut angekommen.

Letztes Jahr hatten wir eine große Debatte anlässlich des Zukunftsprogramms "Konjunkturpaket II". Es wurde darüber diskutiert, ob das schnell genug geht, ob wir es anders machen müssen, Riesenbedenken und Riesenzweifel wurden damals vorgetragen, zwar nicht von Ihnen, Herr Kollege Halbleib, sondern von Ihrer Kollegin. Aber heute können wir erfreulicherweise feststellen, dass schon zum Stand November 2009 1,5 Milliarden Euro der Mittel aus dem Konjunkturpaket II bewilligt sind; insgesamt umfasste das Paket 2 Milliarden. Das heißt: 75 % des Konjunkturpakets II sind bei uns auf dem Weg und sind bereits in der Investition. Denn die Bewilligung der Mittel kommt nach der Baufreigabe. Die Dinge sind voll im Laufen; die Umsetzung klappt. Die Bedenken der Opposition haben sich in Luft aufgelöst.

Kommen wir zur Bildung. Kollege Eisenreich ist da. Ich habe dazu nur einen einzigen Satz notiert, nicht weil das Thema nicht wichtig wäre, sondern weil ich an dieser Stelle dem Kultusminister einen Glückwunsch aussprechen möchte. Sein Etat hat die Rekordmarke von 9,47 Milliarden Euro im bayerischen Haushalt erreicht. Er hat eine Steigerung von knapp 4 %. Das ist ein großartiger Beleg dafür, was uns Bildung wert ist.

(Beifall bei der CSU - Volkmar Halbleib (SPD): Gegenüber dem Stammhaushalt ist das eine Kürzung, Herr Kollege! Das müssen Sie schon auch sagen!)

- Nein. Ich habe die Zahlen 2009 angeschaut und mit der Tabelle Nachtrag 2010 verglichen.

(Georg Schmid (CSU): Das kann der Haushaltsausschussvorsitzende schon!)

9,47 sind mehr als 8,9. Und darum sage ich, dass das mehr ist. Wir haben noch Gelegenheit, darüber zu sprechen.

(Zurufe von der SPD)

Wir machen da schon die richtigen Vergleiche. Die Debatte, Herr Kollege Halbleib, können wir gerne fortsetzen.

Lassen Sie mich zu einem ganz wichtigen Punkt neben der Bildung kommen: Kinder sind unsere Zukunft. Hier können wir wirklich Großartiges vorweisen. Das kann man sich, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch gut einprägen. Wir haben hier die höchsten Zuwachsraten im

Haushalt; Frau Staatsministerin ist anwesend. Beim Vollzug des neuen Gesetzes haben wir im vergangenen Jahr zusätzlich 140 Millionen Euro drauflegen müssen, um der Nachfrage gerecht zu werden, sodass wir jetzt im Haushalt 2010 820 Millionen Euro für die Kinderbetreuung eingestellt haben. Das ist auch für Oliver Jörg wichtig, weil er ein junger Familienvater ist. Interessant ist, was herauskommt: Die Betriebskostenförderung im Kinderbereich beträgt 820 Millionen, die Investitionen in die Krippen umfassen 82 Millionen, das Landeserziehungsgeld 100 Millionen - das macht zusammen eine Milliarde Euro; das lässt sich leicht addieren. Wir geben in Bayern allein eine Milliarde Euro für die Betreuung von Kindern aus.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wichtig ist auch das Angebot für die Kinder unter drei Jahren. Da war die Frage, ob Bayern Schlusslicht ist und was Bayern hier tut. Es gab kritische Anmerkungen vom Herrn Oberbürgermeister und anderen Vertretern der Landeshauptstadt München. Erfreulicherweise lässt sich feststellen, dass wir da wirklich super vorankommen. Der Fördersatz beträgt zwischen 60 und 80 %. Hier haben wir gemeinsam mit dem Bund ein Programm in der Größenordnung von 440 Millionen Euro aufgelegt. Zielmarke war, dass wir bis 2010 175 Millionen Euro ausgeben. Tatsächlich sind wir bereits bei 250 Millionen Euro angekommen. Die Umsetzung klappt also toll. Damit haben wir auch einen Spitzenwert vor Nordrhein-Westfalen und vor BadenWürttemberg erreicht, die mit 230 und 94 Millionen nach uns rangieren. Die Umsetzung läuft gerade in dem wichtigen Aufgabenbereich der Betreuung der Kinder unter drei Jahren hervorragend und klappt.

Die nächste Frage war, wie es mit der Konsolidierung aussieht. Auch dieser Frage wollen wir uns stellen. Da ist es gut, wenn man sich damit befasst, wie es bisher gelaufen ist. Denn früher gab es auch Jahre, in denen nicht so viel an Steuern eingenommen worden ist, wie wir an Ausgaben aufgeschrieben haben bzw. an Bedarf vorhanden war. Die Statistik weist hier ganz andere Zahlen aus. Denn häufig ist von den Kommunen die Rede, Herr Kollege Pointner, und davon, wie schlecht es ihnen geht. Herr Pointner, Sie als ehemaliger Bürgermeister und Landrat haben das angesprochen; wir Kommunalpolitiker können das nachverfolgen und nachvollziehen. Interessant ist, dass sich bei den Kommunen per Saldo der Einnahmen und Ausgaben im Schnitt von zehn Jahren in Bayern ein Plus von 360 Millionen pro Jahr ergibt; in zehn Jahren sind das 3,6 Milliarden. Die Kommunen haben über die letzten Jahre hinweg mehr Einnahmen als Ausgaben gehabt. Von daher haben sie also eine solide Grundlage. Das lässt sich auch in der Schuldenstatistik auf der kommunalen Ebene nachvollziehen.

Wie sieht es beim Freistaat Bayern aus? - Das interessiert uns heute ganz besonders beim Haushalt 2010. Interessant ist, dass wir hier große Abweichungen hatten. Im Jahr 2003 hatten wir bei den Steuern zwischen den Einnahmen und Ausgaben ein strukturelles Defizit und einen Konsolidierungsbedarf von 2,7 Milliarden. Trotzdem ist es gelungen, auch solche Schwierigkeiten zu meistern. Diese Aufgabe war ähnlich der, die uns jetzt bevorsteht. Das ist uns gelungen, ohne die Verschuldung übermäßig zu erhöhen. Wir haben es im Schnitt über die Jahre gesehen geschafft, solche Schwankungen auszugleichen. 430 Millionen weniger pro Jahr sind eine Größenordnung, die man bei einem Haushalt von 42 Milliarden Euro schaffen kann; man kann das Gesamtproblem zwar nicht in einem einzigen Jahr schaffen, sondern man muss den Zeitraum etwas länger betrachten. In den zehn Jahren ist dies gelungen. Wir haben in den vergangenen Haushaltsjahren von 1999 bis 2008 ganze vier Milliarden neue Schulden gemacht.

Die Sorge mit dem Kaputtsparen brauchen wir uns nicht zu machen. Wer hier im Plenarsaal ein Land nennen kann, das beim Kaputtsparen erwischt worden ist, möge sich melden. Mir ist keines eingefallen. Ich weiß nicht, ob irgendein Kollege ein Beispiel kennt von jemandem, der sich beim Kaputtsparen den Tod geholt hat. Ich glaube, es gibt andere Beispiele, aber in diese Richtung ist mir noch keines unter die Augen gekommen. Vielleicht kann uns jemand einen Hinweis geben zu diesem neuen Schlagwort. Meine Damen und Herren, wichtig waren die Rücklagen. Sie belegen die solide Politik. Herr Kollege Halbleib hat gesagt, wir betrieben keine solide Haushaltspolitik. Wenn man keine neuen Schulden macht und Rücklagen hat, wird geklagt, dass die Rücklagen irgendwann zu Ende sind.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Da kann man doch nur sagen: Wer Rücklagen hat, hat solide gewirtschaftet.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich habe Ihnen hier eine Liste mitgebracht; der Ausschuss-Vize bekommt diese Liste und kann das anschauen, wie die Zahlen rauf- und runtergehen. Die Vergangenheit war einmal genauso wie die Zukunft, die vor uns liegt. Hier ist ein wichtiges, interessantes Blatt, das ich hier vorzeige, Herr Kollege Beyer. Das ist mal eine interessante Lektüre.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Gerne!)

Dieses Blatt befasst sich mit dem Länderfinanzausgleich und mit dem Umsatzsteuerausgleich.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Meinen Sie den mit Kärnten? Die 3,7 Milliarden? Ja, darüber müssen wir reden!)

- Nein. Schauen Sie, jetzt habe ich Ihnen das Blatt gezeigt, und trotzdem wissen Sie nicht, was draufsteht. Bayern hat als Geberland im Jahr 2009 3,4 Milliarden geleistet. Das muss man sich einmal vor Augen halten. Das Nehmerland war Berlin unter Wowereit, unter einer rot-roten Regierung; die brauchen 2,9 Milliarden von uns, um überleben zu können, allein beim Länderfinanzausgleich.

Jetzt machen wir die Gesamtrechnung auf: Bayern hat in der gesamten Nachkriegszeit bis zum heutigen Tage 9,4 Milliarden erhalten. Wir haben mittlerweile 34 Milliarden einbezahlt. Das heißt: Wir haben zwischenzeitlich 25 Milliarden Euro mehr abgeliefert, als wir einst bekommen haben.

(Georg Schmid (CSU): Hört, hört! - Peter Winter (CSU): Das soll uns erst mal jemand nachmachen!)

Meine Damen und Herren, mit diesen 25 Milliarden hätten wir alle Schulden, die Bayern in den letzten sechzig Jahren von 1947 bis 2007 gemacht hat, locker tilgen können.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Das ist eine Milchmädchenrechnung! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Jetzt wird es unangenehm für Sie; ich habe es schon gemerkt. Herr Kollege Halbleib, Sie kennen doch die vertraglichen Regelungen, mit denen wir den Länderfinanzausgleich so gestaltet haben, dass wir da rauskommen. Es ist doch klar, dass diejenigen, die davon profitieren, uns nur entlassen werden, wenn es unbedingt sein muss.

Bleiben wir beim Thema und kommen zum Umsatzsteuerausgleich. Es wird gelegentlich vergessen, dass aufgrund eines Urteils die Länder, die unterdurchschnittliche Steuereinnahmen haben, profitieren müssen. Das ist nicht anders als beim Länderfinanzausgleich. Für den Umsatzsteuerausgleich haben wir im vergangenen Jahr zwei Milliarden Euro durch Umschichtung abgegeben. Wir haben also nicht nur für den Finanzausgleich 3,4 Milliarden Euro aufgewendet, sondern auch zwei Milliarden Euro für den Umsatzsteuerausgleich. Der Gesamtblick ist interessant. Neben den 25 Milliarden Euro Länderfinanzausgleich wurden seit 1995 zusätzlich 21 Milliarden Euro zu unseren Lasten beim Umsatzsteuerausgleich umgeschichtet. Zusammen sind das 46 Milliarden Euro von Bayern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier können wir Träume anmelden. Mit den 46 Milliarden Euro hätten wir alle Schulden zahlen können und all das, was wir für die Stützung der BayernLB aufbringen mussten und aufbringen werden, übernehmen können. Wir hätten den Konsolidierungsbedarf für die nächsten drei Jahre zahlen können, und es wäre sogar noch etwas für den "FBI" übriggeblieben. Dies alles könnten wir mit den 46 Milliarden Euro, die wir beim Länderfinanzausgleich und Umsatzsteuerausgleich in Netto abgeliefert haben, leisten.

Damit wird deutlich, was Bayern ist: ein leistungsfähiges, ein starkes Land mit guter solider Haushaltspolitik, leistungsfähiger Wirtschaft und mit Weitblick.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss und bitte den Präsidenten, dass ich das zu Ende bringen darf.

Die Zukunftsfähigkeit, die Generationengerechtigkeit und die Perspektiven für die Jugend sind uns eine wichtige Leitlinie bei der Umsetzung und Gestaltung der künftigen Haushaltspolitik. Das zeichnet Bayern aus und darum beneiden uns andere. Die schöne Landschaft habe ich nicht aufgeschrieben,

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Die habt ihr auch gemacht!)

aber zehn weitere Punkte: sehr hohe Investitionsquote, niedrige Zinslast, geringste Pro-Kopf-Verschuldung der Flächenländer West, eine Milliarde Euro für Kinder, großes Engagement für die Bildung - 9,5 Milliarden Euro -, zwei der drei Eliteuniversitäten befinden sich in Bayern, Spitzenwerte bei der inneren Sicherheit, Spitzenstellung bei erneuerbaren Energien in Deutschland, große Nachfrage und hochwertiges Angebot in der Gesundheitswirtschaft, hoher Exportanteil und Hightechprojekte.

(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP)

Uns freut es immer, wenn man schon eine Minute vor Ende der Redezeit gefragt wird und nicht erst danach. Als letzter Rednerin in dieser Debatte darf ich Frau Kollegin Kamm für die Fraktion der GRÜNEN das Wort erteilen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach den Milliarden-Visionen des Kollegen Winter möchte ich auf den Tagesordnungspunkt 2 a der heutigen Tagesordnung zurückkommen. Dieser Gesetzentwurf der Staatsregierung markiert meiner Meinung nach eine

Wende im bayerischen Finanzausgleich. Von dieser Wende haben weder Herr Finanzminister Fahrenschon noch Herr Winter oder Frau Görlitz gesprochen. Vielmehr wurde so getan, als ginge es beim Finanzausgleich nach wie vor nur um die Frage, wie welche Investitionszuschüsse geregelt werden sollen. Ich meine, dieser Gesetzentwurf ist ein Markierungspunkt, weil durch ihn der Finanzausgleich gekürzt werden soll. Begründet wird dies damit, dass dem Freistaat das Geld fehle, der Freistaat Haushaltsprobleme habe und die Landesbank-Probleme ihn drückten.

Neu ist, dass die Kommunen in Bayern nicht mehr für die steigenden Ausgaben, die sie wegen der steigenden Aufgaben in der Jugendhilfe, der Sozialpolitik, wegen der Eingliederungshilfe der Behinderten und der Zunahme der Pflichtaufgaben haben, entschädigt werden. Nebenbei bemerkt: Der Städtetag hat darauf verwiesen, dass sich die Pflichtaufgaben der Kommunen seit 1991 mehr als verdoppelt hätten. Weder bei der Einrichtung von Ganztagsklassen noch beim Ausbau von Kinderkrippenplätzen, die 2013 nach gesetzlicher Vorgabe auf 35 % aufgestockt werden müssen, können die vorgegebenen Ziele erreicht werden. Dafür muss noch sehr viel getan werden. Trotzdem erhalten die Kommunen keinen zusätzlichen Ausgleich, sondern der Finanzausgleich soll gekürzt werden, weil dem Land Geld fehlt und das Land Probleme mit der Landesbank hat.

Sie behaupten beschönigend, um die Kürzung des Finanzausgleichs rechtfertigen zu können, dass es den Kommunen in Bayern besser ginge als dem Land, und sie führen als Beleg ein paar recht fragwürdige Charts aus dem Hause des bayerischen Finanzministeriums an. Fragwürdig an den Charts ist nicht nur der Vergleich zwischen den Kommunen und dem Freistaat bezüglich des Zeitraums. Das Jahr 2008 war wirklich ein Ausnahmejahr, das man nicht heranziehen sollte. Sie hinterfragen nicht die Berechnung der freien Spitze. Sie fragen nicht, ob das der richtige Maßstab ist.

Das größte Problem ist die Ausblendung der unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten in den bayerischen Kommunen. Sie vergleichen große mit kleinen Kommunen, gewichten nicht strukturschwache und strukturstarke Regionen, sondern Sie werfen alles in einen Topf. Sie differenzieren nicht nach der örtlichen Situation.

(Zuruf von der CSU: Das stimmt nicht!)

- Aber ja.