Protokoll der Sitzung vom 24.02.2010

(Beifall bei der CSU - Ludwig Wörner (SPD): Wenn Sie etwas zu korrigieren haben, war das Gesetz doch nicht in Ordnung!)

- Es handelt sich um eine Verfeinerung und Konkreti sierung, die uns in einigen Fällen als notwendig erschi en. Wir kennen alle das Sprichwort: Das Bessere ist der Feind des Guten. Ich denke, es ist angebracht, das in diesem Zusammenhang festzustellen.

(Beifall des Abgeordneten Georg Schmid (CSU) Ludwig Wörner (SPD): Betrachten Sie unsere Än derungsanträge doch auch so!)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen. Ich for dere auch Sie auf, dem Gesetzentwurf in der vorliegen den Form zuzustimmen.

(Christa Naaß (SPD): Und wir fordern Sie auf, un seren Anträgen zuzustimmen!)

- Wir werden Ihre Anträge auf jeden Fall - ich möchte nicht sagen mit Genuss - anhören und im Geiste natür lich mitdiskutieren, wir werden den Anträgen aber nicht zustimmen können. Denn unser Gesetzentwurf ist so

ausgereift, dass es nicht notwendig ist, ihn durch Ihre Vorschläge zu ergänzen.

(Zuruf von der CSU: Sehr gut! - Beifall bei der CSU - Anhaltende Zurufe von der SPD und den GRÜ NEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Als nächstem Redner darf ich für die SPDFraktion dem Kollegen Rinderspacher das Wort ertei len.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Artikel 141 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung heißt es:

… Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öf fentlichen Rechts, Boden, Wasser und Luft als na türliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetre tene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen und auf möglichst sparsamen Um gang mit Energie zu achten, …

Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die komm enden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut.

"Bayern ist mit seinen Flüssen und Seen eine der was serreichsten Regionen der Welt. Diesen natürlichen Reichtum gilt es nachhaltig und verantwortlich zu nut zen, sowohl für uns als auch für die kommenden Ge nerationen.", heißt es auf der Homepage des Landes amts für Umweltschutz.

Leider müssen wir heute feststellen, dass der bayeri sche Umweltminister gewillt ist, ein Gesetz mit allen Mitteln und gegen den Willen von Experten und vielen Verbänden durchzupeitschen, ein Gesetz, dessen langfristige Folge die Gefährdung der Wassergüte un seres Trinkwassers ist.

(Beifall bei der SPD - Dr. Otto Hünnerkopf (CSU): So ein Schmarrn!)

- Vielen Dank für den Zwischenruf, denn das, meine Damen und Herren, sind nicht meine Worte, sondern es sind die Worte von Uwe Brandl, CSU-Politiker, Ge meindetagspräsident. Er spricht im Namen von 2.000 bayerischen Gemeinden. Er spricht von der Gefähr dung der Wassergüte unseres Trinkwassers.

(Beifall bei der SPD)

Uwe Brandl, meine Damen und Herren, Ihr CSU-Kolle ge, ist mit seiner Kritik nicht allein. Es ist ebenso unge

wöhnlich wie respektlos, dass Herr Söder seinen Gesetzentwurf durch die Ausschüsse treibt, noch bevor eine von der Opposition beantragte Expertenanhörung stattfindet.

(Beifall bei der SPD)

Ich frage Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wieso laden wir eigentlich Fachleute in unser Parlament ein, um ihre Meinung und Sachkenntnis zu erfragen, wenn CSU und FDP bereits im Vorfeld ihre Meinungsfindung über das Gesetz abgeschlossen haben?

(Christa Naaß (SPD): Das ist die Arroganz der Macht!)

Wie ernst nimmt es die Regierungsmehrheit eigentlich mit der Expertise von Spezialisten und Sachverständi gen, wenn deren Sachkompetenz für die eigentlichen Regierungsziele eher abträglich erscheint, wenn Sach verständige gar verfassungsrechtliche Bedenken vor bringen?

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, was schlimmer ist: die bewusste Missachtung des Parla ments oder die Respektlosigkeit gegenüber den Exper ten.

(Beifall bei der SPD - Dr. Otto Hünnerkopf (CSU): Das war doch schon alles bekannt!)

- Insofern, lieber Herr Kollege Dr. Hünnerkopf, ist Pfarr kirchens Bürgermeister Georg Riedl, CSU, vom Vor stand des Bayerischen Städtetages ausdrücklich recht zu geben, wenn er sagt, man habe den Eindruck, das Gesetz solle durchgepeitscht werden, koste es, was es wolle.

Diese Ignoranz hat zur Folge, dass wir heute im Plenum des Bayerischen Landtages das nachholen und aufar beiten müssen, was normalerweise vorrangig in den Ausschüssen stattfindet, nämlich eine gründliche Be ratung und intensive Debatte Punkt für Punkt, Detail für Detail, Artikel für Artikel, Absatz für Absatz.

Ich halte es für bemerkenswert, Herr Dr. Hünnerkopf, wenn Sie sagen, Sie wollten sich an dieser Zweiten Le sung quasi nicht beteiligen und darf an dieser Stelle auch Ihr parlamentarisches Selbstverständnis infrage stellen.

Ich gehöre diesem Plenum noch nicht so lange an wie Sie. Aber als ich in den Bayerischen Landtag gekom men bin - ich denke, das ist auch das Verständnis vieler Menschen draußen im Lande -, dachte ich: Hier wird diskutiert.

(Beifall des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Ich dachte, das gilt auch für die Zweite Lesung. Auch da wird beraten und man verweigert sich nicht einer notwendigen und sinnvollen Diskussion.

Wir werden heute unter anderem folgende zentrale Frage zu beraten haben: Als einziges Bundesland will der Freistaat Bayern verhindern, was sinnvollerweise im Bundeswassergesetz, das am 1. März in Kraft treten soll, verankert ist, nämlich einen gesetzlich verankerten Schutzstreifen zwischen Äckern und Gewässern. Auf Bundesebene gibt es wie in allen übrigen Bundeslän dern eine schärfere Regelung als in Bayern. Auch in ternational ist Bayern einsam auf weiter Flur. Sebastian Schönauer von der Interessengemeinschaft Kommu nale Trinkwasserversorgung geißelt in unmissver ständlichen Worten, in Bayern gebe es ein Hinterher hinken hinter den international aufgestellten Normen; denn wenn man keine gesetzlich vorgeschriebenen Schutzzonen am Rande der Gewässer einrichtet, kön nen in Zukunft mehr Gülle, Dünger und andere Schad stoffe das Wasser verschmutzen.

Herr Staatsminister Söder, die Klientelpolitik der Bun desregierung im Kontrast zum Allgemeinwohl hat uns in den vergangenen Wochen immer wieder beschäftigt und die öffentliche Diskussion dominiert. Heute liefern Sie ihr Meisterstück für die Agrarklientel. Sie knicken hier als Umweltminister genauso ein wie in der Ener giefrage vor der Atomlobby; denn klar ist: Würde der Schutzstreifen gesetzlich vorgeschrieben, dann fielen auch die Entschädigungszahlungen für die Anrainer weg. Sie vertreten ganz offensichtlich Einzelinteressen und haben nicht das Allgemeinwohl im Sinn.

(Beifall bei der SPD)

Gewässerrandstreifen dienen dazu, die ökologischen Funktionen oberirdischer Gewässer zu erhalten und zu verbessern. Sie dienen der Wasserspeicherung, der Sicherung des Wasserabflusses sowie der Verminde rung von Stoffeinträgen. Es ist der Verband Kommuna ler Unternehmen - VKU -, der gemeinsam mit uns fordert, dass zehn Meter Abstandsfläche gewährleistet sein müssen.

(Beifall bei der SPD)

Gunnar Braun, Geschäftsführer der VKU in Bayern, hat eindringlich davor gewarnt, dass andernfalls die Quali tät des Trinkwassers leiden könnte. So bleibt festzu halten: Der Verschmutzungsgrad bayerischer Gewäs ser wird zukünftig in der Maßeinheit "Söder" gemessen.

Kommen wir auf die Kritik vom CSU-Politiker Uwe Brandl zurück. Er stellt wie wir kritisch fest, dass die Ausweisung von Wasserschutzgebieten zukünftig

schwieriger sein wird. Wenn jemand beispielsweise in einem Wasserschutzgebiet eine Güllegrube bauen will, muss er die zusätzlichen Schutzmaßnahmen eigentlich plausiblerweise aus der eigenen Tasche bezahlen. Nach dem Gesetzentwurf der Staatsregierung sollen dafür künftig jedoch die Wasserversorger geradeste hen. Wir warnen: Gerade kleine Versorger können die Mehrkosten nicht schultern und müssen in der Folge die Wasserpreise erhöhen. Am Schluss bleibt das Ganze finanziell am Endverbraucher hängen.

(Dr. Otto Hünnerkopf (CSU): Das ist Kaffeesatzle serei!)

In Bayern sind nicht mal 5 % der Landesfläche Was serschutzgebiet. Damit ist Bayern Schlusslicht aller Bundesländer.

(Georg Schmid (CSU): Bayern hat das beste Was ser! - Weitere Zurufe von der SPD)

Der Bundesdurchschnitt liegt viermal höher. Hessen und Baden-Württemberg haben 37 % bzw. 21 % der Landesfläche ausgewiesen.

Richard Mergner vom Bund Naturschutz in Bayern spricht mit Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf von Herrn Söder von einem schlimmen Rückschritt im Wasserschutz,

(Christa Naaß (SPD): So ist es!)

der ein Affront gegen all jene ist, die seit Jahren und Jahrzehnten versuchen, in Bayern den Wasserschatz zu schützen, in den entsprechend investiert wurde. Auch die Proteste der bayerischen Mineralbrunnenwirt schaft bleiben in der Staatsregierung ungehört. So be klagen, angefangen von Frankenbrunnen über das Allgäuer Alpenwasser über das Kondrauer bis zum Höl lensprudel und anderen, heimische Mineralbrunnenun ternehmen, dass sich das neue Gesetz offensichtlich von der Schutzwürdigkeit von Mineralwasservorkom men auf der Grundlage des derzeitigen Artikels 36 BayWG abwendet, von einer Schutzwürdigkeit, die im Übrigen der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in sei nem Urteil vom 21. Februar 1995 ausdrücklich bestätigt hat.

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt ist, dass Sie die Wasserprüfung privatisieren wollen. Wir fordern, die Prüfung von Abwasser soll weiter durch die Wasser wirtschaftsämter durchgeführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir sagen: Wehret den Anfängen. Wasser ist ein hohes Gut, ein öffentliches Gut, das in besonderer Art und Weise durch die Bayerische Verfassung geschützt

wird. Wasser gehört zur Daseinsvorsorge der bayeri schen Bürgerinnen und Bürger und ist von den Verein ten Nationen als ein wirtschaftliches, soziales und kulturelles Menschenrecht festgeschrieben. Deshalb Hände weg von dieser Lebensgrundlage! Wir sind gegen jede Privatisierung des Wassers.