Der erste Vorwurf ging in Richtung des Herrn Ministerpräsidenten. Ich kann Ihnen dazu ganz klar sagen: Da ist nichts zurückzunehmen. Der Ministerpräsident hat sich, was dieses Thema angeht, klar geäußert. Er hat gesagt: Ich bin für den Ankauf dieser CDs, aber Voraussetzung ist, dass das fiskalisch ergiebig und rechtlich zulässig ist. Diese Position galt damals und gilt auch heute.
Den zweiten Vorwurf sehe ich genauso wie Herr Kollege König. Er betrifft die bayerische Finanzverwaltung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hören Sie doch auf, nur nach Köpfen zu zählen. Die bayerische Finanzverwaltung gilt mit als die effizienteste Finanzverwaltung, die wir in der Bundesrepublik haben. Wenn es um Steuern und Finanzen geht, dann blickt man aus Berliner Sicht, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht in andere Bundesländer, sondern man blickt nach Bayern.
Drittens haben Sie einen Vorwurf gegen unseren Finanzminister Fahrenschon geäußert. Er befindet sich übrigens in Berlin und kann deshalb heute hier nicht selber Stellung nehmen, was er sonst sicherlich gern getan hätte. Der Vorwurf war, Staatsminister Fahrenschon trage durch die Aussage, mit dem Rechtsinstitut der Selbstanzeige werde eine goldene Brücke zur Straffreiheit gebaut, dazu bei, dass die Strafaufklärung nicht mehr vollzogen werde.
Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück. Kollege König und andere haben schon ausgeführt: Es handelt sich um ein seit vielen Jahrzehnten, seit knapp hundert Jahren bewährtes Rechtsinstitut, übrigens nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch in den anderen führenden OECD-Staaten, in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Italien, Frankreich usw. Diese anderen Länder werden sich ebenfalls etwas dabei gedacht haben.
Warum dies ein gutes Instrument ist, liegt darin: Wir kriegen die Steuern, und zwar zuzüglich der Hinterziehungs- und Nachzahlungszinsen.
Weiter muss festgestellt werden, meine Damen und Herren Juristen in diesem Raum - ich bin dies nicht; manchmal ist das von Vorteil -: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Ich erspare mir mit der Selbstanzeige langjährige Ermittlungsverfahren mit oft ungewissem Ausgang. Es ist nicht so, dass am Schluss jedes Ermittlungsverfahrens eine rechtskräftige Verurteilung steht. Manches endet mit einem Strafbefehl, mit einer Einstellung, einem Freispruch oder sonst etwas. Das heißt: Die Selbstanzeige ist ein bewährtes Rechtsinstitut, an dem wir festhalten wollen.
Jetzt konkret zum Antrag der SPD. Herr Kollege Halbleib, ich war wirklich entsetzt, dass die SPD im ersten Absatz allen Ernstes schreibt, vorliegende Angebote sollten unverzüglich angenommen werden. Ja, wo sind wir denn, Leute? Unbesehen sollen wir Daten ankaufen, CDs ankaufen, mit einem schwarzen Koffer voll Geld durch die Landschaft laufen, in der Manier eines Dealers Dinge machen, ohne vorher eine Überprüfung angestellt zu haben.
Liebe Kollegen, wir leben in einem Rechtsstaat. Es ist keine Bananenrepublik, über die wir hier sprechen. Deshalb lassen wir uns bei diesem Thema, bei der Prüfung dieser Datenangebote von niemandem unter Druck setzen. Das gilt in zweifacher Hinsicht. Das gilt für Sie als Opposition, und das gilt auch für die Informanten. Ich sage Ihnen auch, dass wir auf Trittbrettfahrer oder Ähnliche nicht hereinfallen werden. Deshalb ist hier Vorsicht angebracht, meine Damen und Herren.
Die Entscheidung über einen Ankauf stellt sich nach derzeitigen Prüfungs- und Verfahrensständen in keinem Angebotsfall, der dem Freistaat Bayern vorliegt. Das liegt bei zwei Angeboten daran, dass nicht eine einzige Stichprobe übergeben worden ist. In einem Fall wurde eine Stichprobe übergeben, die derzeit ausgewertet wird. Wir haben Ihnen immer schon gesagt, dass sinnvoll und stichhaltig geprüft wird, ob ein Ankauf fiskalisch ergiebig und rechtlich zulässig ist.
Jetzt zum Zeitraum: Diese Datensätze wurden dem Freistaat Bayern, der bayerischen Steuerverwaltung vor zwei Monaten angeboten. Der Kollege König hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg erst nach weit über einem Jahr nach der ersten Kontaktaufnahme mit dem Informanten entschieden haben, dies anzukaufen bzw. eine Entscheidung zu fällen. Deshalb
sage ich Ihnen ganz deutlich: Ich verbitte mir jeden Vorwurf bezüglich einer Hinhaltetaktik der Bayerischen Staatsregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die bayerischen Steuerbeamten prüfen das Ganze mit Hochdruck, aber wir werden uns Zeit lassen. Hier geht Sorgfalt vor Eile, meine Damen und Herren.
Ich will aber auf einen Punkt kommen, den Sie von der Opposition gar nicht angesprochen haben und bei dem die eigentliche Problematik liegt. Wir kurieren hier ja nur die Symptome. Die eigentliche Problematik liegt in der unzureichenden Bereitschaft einiger Länder zu zwischenstaatlicher Zusammenarbeit.
Ich bin heute froh, dass wir in einigen Ländern vorangekommen sind. Ich darf daran erinnern, dass wir mit Liechtenstein inzwischen ein Abkommen geschlossen haben, das vom Auswärtigen Amt und vom Bundesfinanzministerium ausgearbeitet worden ist und noch ratifiziert werden muss und in dem eine sogenannte große Auskunftsklausel enthalten ist. Die gleichen Verhandlungen laufen mit der Schweiz. Ich sage Ihnen, das ist der richtige Weg. Wir brauchen bei den grenzüberschreitenden Ermittlungen mehr Möglichkeiten für den deutschen Fiskus, hier zuzugreifen. Die hat der deutsche Fiskus bisher nicht. Wir haben nach deutschem Recht Ermittlungspflichten, aber wir werden durch ausländische Staaten daran gehindert, diese Ermittlungspflichten wahrzunehmen. Deshalb sind Doppelbesteuerungsabkommen wichtig, und es ist auch wichtig, dass wir bei den Themen Auskunftsklausel und Aufhebung des Bankgeheimnisses vorankommen.
Wir werden jeden Einzelfall prüfen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und zwar auch auf die rechtliche Zulässigkeit. In diesem Zusammenhang sage ich noch einmal: Der derzeitige Ermittlungsstand lässt noch keine abschließende Beurteilung zu.
Ich komme aber noch auf einen anderen Punkt zu sprechen, weil heute die Frage gestellt wurde, wer denn nun ankauft. Hierzu genügt ein einfacher Blick in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Da gibt es eine klar definierte föderale Ordnung, die auch ein Trennsystem bei Verwaltungszuständigkeiten vorsieht. Dazu genügt es, sich den Artikel 108 des Grundgesetzes anzuschauen. Dort sind die Dinge ganz klar geregelt. Es gibt keine Bundessteuerverwaltung in Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es gibt Ländersteuerverwaltungen, und es gibt eine Steuerfahndung der Länder und Veranlagungsstellen der Länder. Die Kompetenz liegt hier bei den Bundesländern. Deshalb kauft nicht der Bund an, sondern wenn, dann kauft ein Bundesland an, meine Damen und Herren. Das bitte ich endlich zur Kenntnis zu nehmen, und dazu
Eine Abgabe der bayerischen Angebote an den Bund löst deshalb das Problem nicht. Meine Damen und Herren, wir werden hier sorgfältig prüfen. Ich sage noch einmal: Es sind gerade zwei Monate vergangen, seit die ersten Angebote gekommen sind.
Ich will auch noch einmal Folgendes deutlich machen: Wenn Sie sehen, was angeboten wird, dann sehen Sie auch, dass die Gefahr, Trittbrettfahrern auf den Leim zu gehen, durchaus gegeben ist. Deshalb sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Et respice finem, und bedenke das Ende. Es ist eine hoch komplexe Angelegenheit. Ich sage, der Staat hat das Recht und muss alle Schritte unternehmen, um zu den Steuern zu kommen, die ihm zustehen. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Aber ich bitte auch zu beachten, dass es andere Rechtssysteme und andere Rechtsgüter gibt.
Herr Kollege Halbleib, ich stimme Ihnen in einem zu: Der Vergleich mit der Folter ist in der Tat sehr schwierig und vielleicht manchmal auch unzulässig. Aber ich will es Ihnen nur an einem Beispiel deutlich machen: Als Leib und Leben des Bankierssohnes Metzler in Frankfurt bedroht waren, hat das Verbot der Folter schwerer gewogen als die Chance, diesen jungen Menschen zu retten. Wir mussten das in Kauf nehmen. Deshalb darf ich hier auch nicht leichtfertig rechtsstaatliche Grundsätze aufgeben. Sie dürfen versichert sein: Wir prüfen mit Nachdruck, wir lassen uns Zeit - nicht weil wir Sie von der Opposition ärgern wollen, sondern weil wir am Schluss klare und belastbare Ergebnisse haben wollen. Ihr Antrag ist abzulehnen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich darf Sie bitten, am Mikrofon zu bleiben. Ich erteile jetzt dem Kollegen Halbleib das Wort zu einer Zwischenbemerkung.
Wenn es eines besseren Belegs für die Notwendigkeit dieses Dringlichkeitsantrags bedurft hätte, dann wäre diese Debatte dieser Beleg gewesen. Wir müssen feststellen, dass die schwarz-gelbe Staatsregierung in diesem Punkt absolut uneinig ist und dass da keine Klarheit gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern besteht, was die Staatsregierung in diesem Fall will und was sie tut.
Der zweite Punkt: Manchmal ist es von Nachteil, wenn man kein Jurist ist. Es ist aber nicht immer von Vorteil, Jurist zu sein. Da haben Sie recht. Aber "unverzüglich"
heißt - das weiß jeder Jurist und jeder, der sich damit befasst - "ohne schuldhaftes Zögern". Wir wollen, dass die Ankaufsangebote ohne schuldhaftes Zögern geprüft werden. Das ist eine völlig korrekte und zutreffende Bemerkung. Auch alle Bürgerinnen und Bürger haben die Erwartung, dass hier ohne schuldhaftes Zögern entschieden wird.
Drittens frage ich - und diese Frage muss erlaubt sein -: Wie erklären Sie sich angesichts dessen, was Sie zur Steuerprüfung und zur Steuerfahndung gesagt haben, den Sachverhalt, dass in keinem Bundesland innerhalb kürzester Zeit so viele Selbstanzeigen, nämlich 1.700, getätigt wurden wie in Bayern? Wie erklären Sie sich das? Man kann es mit dem erklären, was in der personellen Ausstattung stattgefunden hat, und man kann es sich auch erklären - das kann ich Ihnen auch nicht ersparen - mit der Aussage eines früheren Wirtschaftsministers der Staatsregierung, der gesagt hat: Diese Art von Steuerpolitik ist auch Standortpolitik. - Das Ergebnis sehen wir jetzt. Die Steuerhinterziehung, die es gegeben hat, hat ihre Gründe auch im früheren Verhalten der Staatsregierung bei der Ausstattung der Steuerfahndung und der Steuerprüfer.
Das Letzte, Herr Kollege Halbleib, weise ich ganz entschieden zurück. Von den bayerischen Finanzbehörden wird sauber, solide und zügig gearbeitet. Wenn Sie die Vergleichszahlen nehmen, was Ergebnisse von Betriebsprüfungen und ähnlichen Dingen angeht, stellt sich der Freistaat Bayern nicht schlechter als andere Bundesländer.
Zum Zweiten, was das Thema Selbstanzeige angeht. Ich will Ihnen eines sagen: Als Sie bei Rot-Grün an der Regierung waren, hat Ihr Bundesfinanzminister Eichel, SPD, gesagt: Hier muss etwas passieren. - Damals hat man eine Amnestie gemacht. Die Amnestie war nicht sehr ergiebig und hat nicht das Ergebnis gebracht, das man sich gewünscht hat. Die Selbstanzeige ist auch deshalb nach wie vor wie in vielen OECD-Staaten ein bewährtes Rechtsinstrument.
Zum letzten Punkt. Herr Kollege Halbleib, ich muss Sie noch einmal fragen: Wenn Sie "ohne schuldhaftes Verzögern" sagen, dann können Sie doch, entschuldigen Sie, nicht den Herrn Fahrenschon und seinen Staatssekretär meinen. Da können Sie nur die bayerischen Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten meinen.
Nein, Entschuldigung, frei von jeglichem politischem Einfluss sind die Datenangebote sofort an das Landesamt für Steuern übergeben worden, und dort werden sie so solide wie möglich abgearbeitet. Darum weise ich diesen Vorwurf ganz entschieden zurück.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. - Weitere Zwischenbemerkungen oder Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit kommen wir zum Ende der Debatte und zur Abstimmung.
Ich rufe die Nummer 1 auf. Hier geht es um den Ankauf der Steuerdaten. Wer diesem Teil des Antrags zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion der SPD, die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion Freie Wähler. Ich bitte die Gegenstimmen anzuzeigen. - CSU- und FDPFraktion. Damit ist dieser Teil des Antrags abgelehnt.
In Nummer 2 geht es um § 371 der Abgabenordnung. Wer diesem Teil des Antrags der SPD-Fraktion zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - CSU-Fraktion, FDP-Fraktion und Fraktion Freie Wähler. Enthaltungen? - Keine. Damit ist auch dieser Teil des Antrags abgelehnt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Joachim Hanisch u. a. und Fraktion (FW) Gemeindefinanzkommission: keine weitere Aushöhlung der Gewerbesteuer; Anhörungsrecht für Kommunen (Drs. 16/4103)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Helga Schmitt-Bussinger, Volkmar Halbleib u. a. und Fraktion (SPD) Hände weg von der Gewerbesteuer Konnexitätsprinzip auf Bundesebene verankern (Drs. 16/4121)
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Der erste Redner ist der Kollege Hanisch für die Fraktion Freie Wähler. Bitte schön.
(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns gerade eine halbe Stunde lang über Steuerhinterziehungen unterhalten. Jetzt
geht es um für die kommunale Ebene etwas ganz Entscheidendes, nämlich um die Gewerbesteuerstruktur. Die Gewerbesteuer hat sich als Einnahmequelle der Kommunen seit Jahrzehnten bewährt, steht jetzt aber auf der Kippe. Sie wird diskutiert; es wird ganz unverhohlen von der Abschaffung der Gewerbesteuer gesprochen. Das ist etwas, wozu wir Freien Wähler ganz entschieden Nein sagen. Hände weg von der Gewerbesteuer! Es kann nicht der richtige Weg sein, sie abzuschaffen. Wir können die Kommunen nicht im Stich lassen.
Es ist schlimm zu sehen, dass im Koalitionsvertrag in Berlin die Gewerbesteuer zur Disposition steht. Der Koalitionsvertrag sagt wörtlich, dass die Gewerbesteuer abgeschafft werden soll. Da klingeln bei mir ebenso wie bei den kommunalen Spitzenverbänden, Gemeindetag und Landkreistag sowie bei den Bezirken alle Alarmsignale. Und das zu Recht, meine Damen und Herren. Die Einsetzung einer Gemeindefinanzkommission in Berlin hat zum Ziel, über diese Gewerbesteuer nachzudenken.