Protokoll der Sitzung vom 15.07.2010

Zum Abschluss ihrer Rede breitet die Grüne ein schwarzes Filztuch über das Rednerpult und zählt Streibls Aufsichtsmandate auf. Ihr Fazit: Eigentlich müsste immer ein schwarzer Filz auf dem Rednerpult liegen, um augenfällig zu machen, wenn die CSU spricht, wenn Regierungsvertreter und -vertreterinnen sprechen, wessen Interessen hier vertreten werden.

(Harald Güller (SPD): Das war eine gute Aktion, ja!)

Die Frage, die sich stellt, ist: Sollen wir die Farbe tauschen?

(Beifall bei der FDP und der CSU - Zuruf des Ab- geordneten Adi Sprinkart (GRÜNE))

Ich bitte Sie, dem Antrag auf einen Bericht zuzustimmen, und hoffe, dass Sie das Begehren unterstützen werden.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Für die CSUFraktion darf ich nun dem Kollegen Dr. Thomas Zimmermann das Wort erteilen.

(Dr. Thomas Zimmermann (CSU): Jetzt schon?)

- Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin von Geburt an gewohnt, immer der Letzte zu sein. Das hat sich in vielen parlamentarischen Debatten für mich als sehr positiv erwiesen, weil ich dann am Schluss das ein bisserl aufräumen kann, was mit Argumenten alles angedeutet worden ist.

(Tobias Thalhammer (FDP): Das liegt vor allem auch an Ihrer Person!)

Lassen Sie mich zu dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag ein paar Anmerkungen machen: Wir haben uns im Gesundheitsausschuss gerade in der letzten Zeit mehrmals mit dem Thema "Hygiene in den bayerischen Krankenhäusern" unter dem Aspekt nosokomiale Infekte unterhalten. Wir haben hier im Landtag am 11. März dieses Jahres einen einstimmigen Beschluss verabschiedet, der der Staatsregierung aufgibt, uns einen Bericht über die Situation der hygienischen Zustände und des hygienischen Managements zur Versorgung unserer Krankenhäuser in Bayern zu geben. Dieser Bericht ist den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses inzwischen im Juni zugegangen. Wir können feststellen, dass all die Maßnahmen, die dort zusammengetragen sind, einen generell guten und positiven Status der hygienischen Versorgung in unseren bayerischen Krankenhäusern erkennen lassen; ferner, dass auch viele Maßnahmen vonseiten des öffentlichen Gesundheitsdienstes zur Begleitung der Hygiene in den Krankenhäusern innerhalb des Freistaates und auch in den Universitätskliniken einen Zustand erkennen lassen, der den hygienischen Notwendigkeiten entspricht.

Uns alle - mich besonders - hat diese Meldung über die hygienischen Zustände, speziell am Münchner Krankenhaus Bogenhausen, sehr betroffen gemacht.

Herr Kollege Pfaffmann, Ihnen ging es wahrscheinlich genauso. Sie kennen das Krankenhaus ebenso gut wie ich. Sie haben, wenn ich das bei dieser Gelegenheit einmal sagen darf, als von Ihnen in Ihrer damaligen Tätigkeit im Pflegebereich die Abteilung für schwer Brandverletzte mit ausgebaut wurde, einen Beitrag dazu geleistet, dass dieses Krankenhaus nicht nur innerhalb der städtischen Krankenhäuser, sondern weit darüber hinaus einen hervorragenden Ruf genießt.

Die Konfiguration der einzelnen Fachgebiete des Krankenhauses Bogenhausen hat auch international einen so hervorragenden Ruf, dass es immer wieder in allen Fachgebieten auch von ausländischen Patienten aufgesucht wird. Es hat uns alle sehr betroffen gemacht, dass es letztendlich - davon muss man wohl ausgehen - aufgrund der Erkenntnisse, die bisher vorliegen, gerade Organisationsmängel und Organisationsversagen von Verantwortlichen waren, die aufgrund welcher Situation auch immer in diese Position gekommen sind. Ich komme noch darauf zu sprechen.

(Eberhard Sinner (CSU): Bei welcher Organisation denn?)

- Ich habe es leider akustisch nicht verstanden. - Ich glaube, dass es aufgrund einer mangelnden Organisation und einer mangelnden Zertifizierung eines Sterilisationsapparates - um das ganz einfach herunterzubrechen - geschah mit den Folgen, die wir jetzt täglich in den Zeitungen lesen müssen. Es ist ein Unding, ein Krankenhaus von der Güte des Klinikums Bogenhausen in der Öffentlichkeit durch den Kakao zu ziehen. Mir tut das weh. Jeder, der die Münchner Krankenhausszene kennt, weiß, dass auch von den Beschäftigten in den Krankenhäusern, auf welcher Ebene auch immer, alles getan wird, um diese Leistungen ordnungsgemäß für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt und weit darüber hinaus in einem hervorragenden Zustand anzubieten.

Ich begleite das Geschick der Münchner Krankenhäuser seit geraumer Zeit und war immer schon verwundert, Herr Kollege Pfaffmann, dass man innerhalb der Stadtspitze nicht bereit war, den ärztlichen Sachverstand in die Geschäftsführung des Krankenhauses aufzunehmen. Wenn ich heute Äußerungen lese, die man dem Bürgermeister Monatzeder zuschreibt - er soll damals geantwortet haben: Die Ärzte hängen uns zum Hals raus bzw. sind uns zu teuer, wir wollen keinen ärztlichen Sachverstand in der Geschäftsführung haben -, kann ich nur sagen, das ist sehr verwerflich, meine Damen und Herren, und aus heutiger Sicht ein grober Managementfehler gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Meine Damen und Herren, ich kenne kein Krankenhaus in der Bundesrepublik Deutschland, ob Maximalversorgungsstufe oder Grundversorgung, wo nicht auf der Leitungs- und Führungsebene ärztlicher Sachverstand angesiedelt ist. Herr Kollege Pfaffmann, was hätten Sie zu Recht gesagt, wenn man zum Beispiel keine Pflegedirektoren in städtischen Krankenhäusern untergebracht hätte?

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Katastrophe!)

- Katastrophe, ich gebe Ihnen recht. Aus der gleichen Überlegung heraus, meine Damen und Herren, stellen wir jetzt fest, dass diese Entscheidung der Stadt ein gravierender Fehler war.

Jetzt streitet man darum, welche Situationen vor fünf Jahren bestanden haben, dass dies zustande gekommen ist. Meine Fraktion - das darf ich bei dieser Gelegenheit einmal loswerden - hat in einem Änderungsantrag zu dem damaligen Beschluss der Geschäftsführung einen Arztkollegen vorgeschlagen, der in der damaligen hochnäsigen Art von Rot-Grün einfach abgelehnt wurde; die FDP hat übrigens auch dagegen gestimmt.

Meine Damen und Herren, das war eine Situation, die eine gewisse Hybris bei der damaligen Stadtverwaltung ausgelöst hat. Bei der Neugründung der Städtischen Kliniken GmbH hat man gesagt: Jetzt kommen unsere eigenen Leute, wir haben lauter fitte Leute, der eine mehr, der andere weniger. Die wurden in die Geschäftsführung hineingepackt, ob sie etwas konnten oder nicht. Dieser rot-grüne Anstrich, Herr Kollege Pfaffmann, Frau Sonnenholzner, Frau Kollegin

(Theresa Schopper (GRÜNE): Schopper wäre der Name!)

- sorry, Schopper selbstverständlich, ich war schon beim nächsten Satz - hat den städtischen Häusern, wie wir jetzt sehen müssen, leider Gottes nicht gut getan, sondern im Gegenteil: Diese rot-grüne Soße hat die Situation erzeugt, die wir jetzt beklagen müssen: Schlamperei, Inkompetenz und Spezlwirtschaft in den städtischen Krankenhäusern haben zu dieser Misere geführt.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir haben nur das Glück - Kollege Bertermann hat es bereits angesprochen -, dass aufgrund dieser hygienischen Missstände Gott sei Dank keine Patienten, wie man bis heute weiß, zu Schaden gekommen sind.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das wissen Sie doch noch gar nicht!)

Dies ist den instrumentierten OP-Schwestern zu verdanken bzw. den Chirurgen und Operateuren, weil sie entweder verkotetes oder blutig tingiertes Operationsbesteck gar nicht in die Hand genommen haben und alles getan haben, dass es nicht beim Patienten zum Einsatz kam.

Meine Damen und Herren, wir müssen versuchen, dass unsere Münchner Bürger und die Bürger des Landes wieder Vertrauen in unsere städtischen Krankenhäuser in München gewinnen. Vertrauen verloren haben sie in die Stadtspitze, wie man heute lesen kann, weil nachweislich sowohl der Bürgermeister als auch der Oberbürgermeister seit Längerem Bescheid wussten. Die "SZ" berichtet heute, es lägen Briefe vor, aus denen erkennbar wird, dass der Oberbürgermeister seit geraumer Zeit über diesen Missstand informiert ist.

(Alexander König (CSU): Hört, hört!)

Danach war der Oberbürgermeister aber nicht in der Lage, zur Sicherheit der ihm anempfohlenen Bürgerinnen und Bürger diesen Sachverhalt abzustellen. Danach hat er zugelassen, dass eventuell eine Infektion von Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt stattfindet.

(Alexander König (CSU): Wahnsinn!)

Meine Damen und Herren, der Oberbürgermeister muss sich überlegen, ob er nicht doch langsam die Verantwortung für diese Situation übernimmt und die notwendigen Konsequenzen zieht.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU - Alexander König (CSU): Ob er zurücktritt! - Widerspruch von der SPD)

- Ich freue mich, dass es ein bisschen bunter wird. Darum hätte ich gerne als Letzter gesprochen, aber es geht so auch. Meine Damen und Herren, ich meine, wir müssen alles tun, dass dieser Sachverhalt mit der Stadtspitze in München besprochen wird, aufgeklärt wird und damit alles unternommen wird, dass die Bürgerinnen und Bürger wieder Vertrauen in ihre städtischen Krankenhäuser gewinnen.

(Beifall bei der CSU)

Ist das eine Zwischenbemerkung oder eine Wortmeldung? - Das nehmen wir so zur Kenntnis. Frau Sonnenholzner für die SPD-Fraktion darf nun die Rede weiterführen.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Unmissverständlich sage ich am Anfang dieser Rede, dass das, was sich im Klinikum Bogenhausen und in Neuperlach abgespielt hat, nur mit dem Begriff "Riesensauerei" annähernd umfassend beschrieben ist. Das gilt sowohl für den Ursprungstatbestand des nicht sachgemäßen Sterilisierens als auch für die Aufarbeitung, durch wen auch immer, in der Folge. Deswegen ist es gut und richtig, dass der Oberbürgermeister zu dem Zeitpunkt, als er Kenntnis erlangte, sinnvollerweise zunächst einmal die Staatsanwaltschaft eingeschaltet und dann auch die nötigen ersten personellen Konsequenzen gezogen hat.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Otmar Bernhard (CSU))

- Herr Kollege Bernhard, bevor er es wusste, kann es nicht möglich gewesen sein.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Haben Sie die "Süddeutsche Zeitung" nicht gelesen?)

- Ich habe die "Süddeutsche Zeitung" ebenso wie Sie gelesen. Aber ebenso wie Sie alle glaube ich auch nicht alles, was in der Zeitung steht.

Unabhängig davon, ob Menschen tatsächlich zu Schaden gekommen sind oder nicht, ist das - ich wiederhole es - eine Riesensauerei. Herr Kollege Dr. Zimmermann, ich kann noch nicht so klar sagen, dass niemand zu Schaden gekommen ist. Das werden die Untersuchungen ergeben, und Sie dürfen mir glauben, dass mir ganz persönlich ebenso wie Ihnen und uns allen in diesem Raum daran gelegen ist, den Ruf dieser Häuser wiederherzustellen, den sie medizinisch verdienen.

Die Frage für uns hier ist: Was lernen wir daraus? Das ist zunächst einmal, dass es Dinge gibt, die nicht richtig laufen, und dass man das dann entsprechend kontrollieren muss. In den Krankenhäusern kontrolliert zum Beispiel die Ihnen unterstehende Gewerbeaufsicht, die, weil sie nur schwerpunktmäßig kontrollieren kann personell schlecht ausgestattet ist, bei der letzten Kontrolle nur die Notfallkästen auf den Stationen kontrollieren konnte. Das hat etwas mit Personalausstattung zu tun, und im Gegensatz zu vielem, was die Landeshauptstadt München angeht, sind dafür wir in diesem Hause zuständig. Daran sollten wir bei den nächsten Haushaltsberatungen wieder denken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Nun gibt es aber, Herr Kollege Dr. Zimmermann, noch eine andere Zuständigkeit, die wir haben. Das ist die Zuständigkeit des Staatsministeriums für eine Kran

kenhaushygieneverordnung. Es gibt ein Schreiben des Gesundheitsreferenten vom letzten November. Da ging es nicht um diesen Tatbestand, sondern um die MRSA-Problematik, die dringend auch in Bayern eine Krankenhaushygieneverordnung anmahnt. Dazu gibt es aus Ihrem Haus, Herr Dr. Söder, eine Antwort vom Dezember 2009, in der gesagt wird, dass das intensiv geprüft wird. Mindestens Berlin, NordrheinWestfalen und Bremen haben das nicht nur schon geprüft, sondern bereits auf den Weg gebracht. Ich hoffe, dass die Prüfung bei Ihnen nicht daran scheitert, dass auch in Ihrem Haus, wie an der einen oder anderen Stelle sonst, das Personal dafür fehlt. Das wäre nämlich tatsächlich wichtig.

Ich sage es noch einmal: Solche Dinge dürfen natürlich nicht passieren. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie passieren, steigt, wenn die finanziellen Zwänge so groß sind, wie sie in den Krankenhäusern in Deutschland sind. Dafür, geschätzter Herr Kollege Bertermann, trägt in Berlin gerade die FDP die Verantwortung. Da frage ich Sie: Wie soll mit dem, was Sie den Krankenhäusern in Berlin als Korsett geben, eine vernünftige Ausstattung mit qualifiziertem Personal, das auch noch vernünftig bezahlt wird, gewährleistet sein?

(Beifall bei der SPD)