Kathrin Sonnenholzner
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Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! In einer Reihe seltsamer Anträge der FREIEN WÄHLER in Sachen Gesundheitspolitik erleben wir an dieser Stelle tatsächlich einen Tiefpunkt, inhaltlich, formal und auch aus anderen Gründen.
Das ist umso bedauerlicher, als es bei diesem Thema, wie schon richtig gesagt wurde, tatsächlich nicht um Polemik, sondern um eine ernsthafte Befassung geht.
Herr Kollege Dr. Bertermann, Sie haben gerade gesagt: Keine Parteipolitik! Im August 2012 haben Sie aber auf eine Anfrage der SPD-Fraktion zur Aufklärung des Transplantationsskandals in Regensburg und auf eine entsprechende Pressemitteilung hierzu gesagt:
Die SPD macht billige Politik auf Kosten menschlicher Schicksale. Für Wolfgang Heubisch stand die sachliche und gründliche Aufklärung im Vordergrund und gerade nicht die mediale Aufmerksamkeit.
An dieser Stelle müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, Herr Kollege Dr. Bertermann, dass es Ihnen um nichts, aber auch wirklich um gar nichts anderes als Ihre persönliche mediale Aufmerksamkeit geht, und dies in einer Phase, in der Sie in einer anderen Partei Angst um Ihren Wiedereinzug in den Bayerischen Landtag haben.
Ihre Partei, Ihre jetzige Partei, die FREIEN WÄHLER, hat bisher keine einzige Aktivität erkennen lassen. Sämtliche Anträge kamen entweder von der SPD oder von den GRÜNEN. Sämtliche Anfragen kamen entweder von der SPD oder von den GRÜNEN. Deshalb stimmt es auch, Herr Kollege Dr. Heubisch, dass Sie nie unaufgefordert berichtet haben. Sie haben das immer nur auf Anfragen der SPD oder der GRÜNEN getan. Das ist tatsächlich auch nicht die richtige Art
des Umgangs mit diesem Thema, bei dem es vor allen anderen Dingen um Transparenz geht. Aber auf Ihren Plakaten, die rund um das Maximilianeum stehen, steht "mutig". – Mutig war Ihr Umgang mit diesen Vorgängen aber wirklich nicht!
Zwar sind in der Tat Fragen offen, aber es ist keine der Fragen offen, die Sie gestellt haben, Herr Dr. Bertermann. Keine der vier Fragen bewegt etwas in diesem Zusammenhang. Herr Kollege Dr. Zimmermann hat schon zu Recht darauf hingewiesen, dass diese vier Fragen von Herrn Minister Dr. Heubisch beantwortet sind. Damit ist der Antrag auch in meinen Augen erledigt. An dieser Stelle sage ich auch gleich: Wir werden ihn ablehnen; denn der Antrag ist an dieser Stelle ebenso unbehelflich wie unsinnig.
Die Frage, warum die Ärztekammer diesen Bericht jetzt nicht veröffentlicht, stellt sich nicht. Weder der Wissenschafts- noch der Gesundheitsminister haben nämlich irgendein Zugriffsrecht auf die Bundesärztekammer. Außerdem geht an dieser Stelle Sorgfalt vor Schnelligkeit. Wenn Sie allerdings das Protokoll des Umweltausschusses und der Anhörung gelesen hätten, dann würde sich Ihnen an dieser Stelle die Frage aufdrängen, ob die Ärztekammer ihren Bericht unter Umständen deshalb bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht veröffentlichen kann, weil das Gegenlesen durch das Klinikum rechts der Isar, wie das Herr Ministerialdirigent Hörlein vom Wissenschaftsministerium gesagt hat, noch nicht abgeschlossen ist. Deshalb habe ich hier weitere Fragen, und zwar nicht nur an den Wissenschaftsminister, sondern auch an den Gesundheitsminister. Kann es sein, dass nach der Lektüre dieses Berichtes durch den ärztlichen Direktor noch keine Freigabe erfolgt ist? Und wenn nicht, was tun Sie, um dafür zu sorgen, dass dieser Bericht nach dem Gegenlesen in München an die Bundesärztekammer zurückgehen kann?
Herr Heubisch, Sie haben gesagt, Sie wollten keinen Einfluss auf den Bericht nehmen. Deswegen an dieser Stelle meine Frage: Haben das Klinikum rechts der Isar oder Ihr Haus versucht, an dem als vertraulich eingestuften Bericht Änderungen anzubringen?
Die Frage, die zu stellen ist, lautet doch nach wie vor: Wer wusste was und wann? Meine Frage geht sowohl an den Wissenschafts- als auch an den Gesundheitsminister: Wann sind Sie über diese Vorgänge informiert worden? Wir wissen inzwischen, dass diese Manipulationen im Januar 2010 festgestellt wurden. Nach offizieller Lesart sind diese Aktivitäten erst im August des Jahres nach außen gedrungen. Ich kann mir nach wie vor nicht vorstellen, dass in den beiden
Häusern, insbesondere nicht in Ihrem Haus, Herr Heubisch, eineinhalb Jahre nichts über diese unglaublichen Vorgänge bekannt war. Auch durch den Bericht der Ärztekammer ist mittlerweile hinreichend bekannt, dass es sich nicht um ein Versehen gehandelt hat oder um Dinge, die einmal passieren können. Es waren vielmehr gezielte Manipulationen krimineller Art.
Wann haben Sie davon erfahren? Wann ist zum ersten Mal im Aufsichtsrat des Uniklinikums darüber geredet worden? Diese Fragen sind immer noch nicht beantwortet. Deswegen haben Sie, Herr Minister Heubisch, die Chance vertan, für Transparenz und Offenheit zu sorgen und damit die Spendebereitschaft wieder zu steigern.
Ich erinnere an Folgendes: An dem Tag, nach dem diese Organtransplantation stattgefunden hat, hat das interne Frühwarnsystem im Klinikum rechts der Isar funktioniert. Ärzte haben darauf hingewiesen, dass es Unregelmäßigkeiten gegeben habe, denen man nachgehen müsse. Aber das, was dann passiert ist, ist der Skandal. Ich kann nach wie vor nicht glauben, dass eineinhalb Jahre weder der ärztliche Direktor noch der Klinikchef mit dem zuständigen Minister geredet und das zur Sprache gebracht haben.
Ich werfe Ihnen auch vor, dass Sie das MühlbacherGutachten als willkommene Gelegenheit genutzt haben, sich zu entlasten, indem Sie die Reduzierung um zwei Transplantationszentren auf nunmehr drei verfügt und die Zentren am Klinikum Erlangen und am Klinikum rechts der Isar geschlossen haben. Das Gutachten von Mühlbacher wäre eine Grundlage und Anlass, sich ernsthaft damit zu befassen, welche Zentren sinnvollerweise geschlossen werden sollten. Dazu müsste man aber nicht nur die Stellungnahme aus Erlangen, sondern auch die des Klinikums rechts der Isar hinzuziehen, die ich leider trotz Anfrage nicht bekommen habe. Auch die Stellungnahmen der anderen Universitätskliniken, an denen Lebertransplantationen stattfinden, müssten einbezogen werden.
Ich habe schon gesagt, dass der Antrag erledigt ist, weil die Fragen, die im Übrigen unsinnig waren, schon beantwortet worden sind. Sie, Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄHLER, und namentlich Sie, Herr Kollege Dr. Bertermann, haben Ihrem Anliegen, die Spendebereitschaft zu steigern, tatsächlich einen Bärendienst erwiesen. Sie fordern keine lückenlose Aufklärung und keine klaren Konsequenzen. Sie versuchen auch sonst nichts, um die Spendebereitschaft, die übrigens bedauerlicherweise nicht nur um die von
Ihnen genannten 40 %, sondern um knapp 60 % zurückgegangen ist, zu steigern. Ich hoffe nur, dass wir eine Steigerung auf anderem Weg erreichen können.
Es ist in der Tat so, dass sich die Menschen in Bayern, die dringend auf ein Spenderorgan warten, ob es eine Leber oder ein anderes Organ ist, inzwischen darauf verlassen können, dass die Strukturen geändert worden sind und dass die Organe im Rahmen der jetzigen gesetzlichen Möglichkeiten diejenigen bekommen, die sie tatsächlich benötigen. Es wird auf Bundesebene eine Diskussion über die Änderung des Transplantationsgesetzes geben müssen, um an der einen oder anderen Stelle noch genauere Regelungen einzuführen. Das ist in der Tat ein schwieriges Thema. Dazu bedarf es eines parteiübergreifenden Konsenses. Ich denke, dass wir diesen Konsens hinbekommen. Mein Appell von hier aus lautet, sich Organspendeausweise zuzulegen, um den Menschen, die betroffen sind, zu helfen.
Aus dieser Bemerkung kann ich nur schließen, dass Sie, Herr Kollege Dr. Bertermann, den Bericht nicht gelesen haben. Ich schon.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Richtig ist, dass fast die Hälfte der bayerischen Krankenhäuser in einer finanziellen Schieflage ist. Richtig ist, dass daran zum einen die zu geringen Zuweisungen der Krankenkassen und zum anderen auch die zu geringen Investitionsmittel des Landes
schuld sind. Wenn die Kollegen von den FREIEN WÄHLERN dieses Thema aufgreifen, sollten Sie sich auf die Zuständigkeiten dieses Hauses konzentrieren. Was ist bei der Krankenhausfinanzierung bereits geschehen? Der Kollege Dr. Zimmermann hat es schon gesagt. Die Bayerische Staatsregierung hat dieses Sofortprogramm beantragt. Es ist auch so beschlossen worden. Das ist auch gut so. Herr Kollege Professor Dr. Bauer, ich kann Ihnen einen Vorwurf nicht ersparen, weil Sie auf der einen Seite richtigerweise sagen, die Krankenhäuser sind in Schieflage, und auf der anderen Seite dann, wenn eine Milliarde Euro verteilt werden soll, behaupten, es handelte sich um eine Mogelpackung. Man muss sich irgendwann entscheiden, was man will. Es mag sein, dass in der konkreten Verteilung das Gießkannenprinzip, das jetzt angedacht ist, nicht das ist, was man sich wirklich vorstellt. Aber dass es sich um eine Mogelpackung handelt, kann man von diesem Sofortprogramm nicht sagen.
Im Bundesrat gibt es einen zweiten bereits erledigten Tagesordnungspunkt. Dabei handelt es sich um eine Entschließung auf Initiative der SPD-Länder. Herr Kollege Dr. Zimmermann, ganz so einig waren wir uns im Ausschuss nicht hinsichtlich der Auffassung, dass nur die Bayerische Staatsregierung so segensreich zur Lösung dieses Problems beiträgt. Tatsächlich kommt diese vor Kurzem beschlossene Entschließung aus dem Bundesrat, von den SPD-geführten Ländern. Sie bezieht sich vernünftigerweise auf die Regelung der Krankenhausfinanzierung nach der Bundestagswahl. Herr Kollege Professor Dr. Bauer, wenn dieser Antrag eine Doktorarbeit gewesen wäre, hätte man Ihnen den Doktortitel sofort wieder entzogen.
Er ist nämlich eins zu eins aus genau dieser Entschließung der SPD-Länder im Bundesrat abgeschrieben. Erstaunlicherweise haben Sie genau die zwei Punkte, die im Freistaat Bayern essenziell sind, nicht übernommen. Dabei handelt es sich zum einen um die Sicherstellungszuschläge, über die richtigerweise im Bundestag ein Beschluss gefasst wurde.
Zum anderen sind in der Fläche, in den ländlichen Gebieten Bayerns, die Anreize für sektorenübergreifende Versorgung ganz wichtig, um die Versorgung aufrechtzuerhalten. Warum Sie genau diese bei uns entscheidenden Punkte weggelassen haben, das müssen Sie beantworten. Darüber möchte ich jetzt keine Spekulationen anstellen.
Sie gehen auch nicht auf die Frage ein, wie eine nachhaltige, dauerhafte, vernünftige Finanzierung der Krankenhäuser bezahlt werden soll. Dazu brauchen
wir in der Tat auch eine Änderung der Finanzierungsgrundlage auf Berliner Ebene. Ich rede gar nicht von der "sozialen Gesundheitsversicherung" der FREIEN WÄHLER, weil sie es sicher nicht sein wird. Aber die Aussagen der Bertelsmann-Stiftung von vorgestern, dass die Trennung von privater Krankenversicherung und gesetzlicher Krankenversicherung nicht sinnvoll ist, haben dieser Diskussion mindestens eine neue Dynamik gegeben.
Angesichts der Tatsache, dass wir nicht nur hier in Bayern, sondern auch in Berlin vier Wochen vor dem Ende der Legislaturperiode stehen, kann ich nur sagen: Der Antrag, den Sie hier stellen, hat bestenfalls Schaufenstercharakter. Denn eine Realisierung der Überschrift "Unbürokratische Finanzhilfe für Krankenhäuser" wird wohl nicht gehen. Wir sind uns doch darüber einig, dass ich, wenn ich die Krankenhäuser dauerhaft vernünftig finanzieren und jetzt vorhandene Fehlanreize beseitigen will, das Sozialgesetzbuch V ändern muss, und das geht nicht mit einem Handstreich durch einen Antrag der FREIEN WÄHLER im Bayerischen Landtag. Das geht auch sicher nicht mehr in dieser Legislaturperiode in Berlin.
Trotzdem tun wir uns natürlich schwer, diesen Antrag abzulehnen, weil er eins zu eins von uns abgeschrieben ist. Das heißt, wir werden ihm zustimmen müssen, wenngleich er deswegen obsolet ist, weil all das, was Sie hier fordern, bereits Beschlusslage des Bundesrates ist. Aber wir deuten ihn als gutes Zeichen Ihrerseits, dass Sie die SPD-Positionen in der Gesundheitspolitik auch über den Wahltag 15. September hinaus unterstützen. Ich habe dem Kollegen Dr. Vetter im Ausschuss schon gesagt: Wenn Sie das Gesundheitsministerium der SPD überlassen, dann wird in Bayern alles gut.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! "Marcels Märchenstunde" − Herr Staatsminister, Sie erlauben mir diese Alliteration − müsste eigentlich die Überschrift dieser Regierungserklärung heißen, die Sie uns gerade vorgetragen
haben. Aber, Herr Staatsminister, die Beschwörung weiß-blauer Idyllen ersetzt keine Sachpolitik. Es müsste Sie auch schon ein bisschen stutzig machen, dass sich der Himmel zunehmend eintrübt, seit Sie hier zu sprechen begonnen haben.
- Ich kann nichts dafür, Herr Kollege, es ist so.
Bayern ist schön. Da haben Sie recht. Die Gesundheitsversorgung ist gut. Da haben Sie in wesentlichen Teilen auch recht. Das ist aber nicht das Thema Ihrer Regierungserklärung gewesen. Sie hätten hier vielmehr den Handlungsbedarf aufzeigen sollen, den Sie im Bereich Gesundheit noch haben.
- Vielleicht hören Sie mir zu. − Was Sie uns hier zugemutet haben, war eine allgemeine Wahlkampfbroschüre der CSU, keine Regierungserklärung. Es wird auch weder dem Thema Umwelt noch dem Thema Gesundheit gerecht, das in einer einzigen Regierungserklärung innerhalb von 20 Minuten abhandeln zu wollen. Das zeigt sich auch darin, dass Sie mehr oder weniger die Zeit für zwei Regierungserklärungen gebraucht haben. Dann aber wäre es vernünftiger gewesen, beide Bereiche gleich zu teilen und sich vertieft mit dem einen und dem anderen Thema zu beschäftigen.
Sie haben mehrfach allen Beteiligten für Ihre guten Leistungen in diesem Gesundheitssystem gedankt. Auch das ist richtig. Ich schließe mich dem selbstverständlich an. Das gilt natürlich insbesondere für Franz Beckenbauer,
der die Steuern im Ausland zahlt, wie Kollegin Aures an dieser Stelle zu Recht sagt. Aber dieser Dank ersetzt auch nicht Ihre Aufgabe, hier Ihre eigene Politik darzustellen und zu sagen, was Sie schon getan haben, was Sie tun oder was Sie insbesondere auch noch nicht geschafft haben.
Sie haben an keiner Stelle im Bereich Gesundheit konkrete Aussagen zu den drängenden Problemen gemacht, die in Ihrer Verantwortung liegen. Dass Sie uns in einer Regierungserklärung auf eine Broschüre des Ministeriums verweisen, empfinde ich, Herr Staatsminister, ehrlich gesagt, als Hohn. Wenn man
die Broschüre anschaut, stellt man fest, dass die Aussagen darin leider nicht konkreter sind.
Ein wesentliches Thema, das die Menschen überall in Bayern bewegt, ist zum Beispiel die Frage: Wie sichern wir in der Zukunft die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern, und im ambulanten Bereich? Wir unterstützen selbstverständlich Ihre Bundesratsinitiative zur Finanzierung der Krankenhäuser. Herr Staatsminister, Sie sagen selbst, dass Sie im Bundesrat eine breite Mehrheit gefunden haben. Das bedeutet doch schon, dass Sie sich in der Mehrheit auf die SPD stützen müssen; denn Ihre Koalition in Berlin hilft Ihnen da bisher nicht, und es wird in dieser Legislaturperiode auch künftig mit diesem FDP-geführten Ministerium nicht zu machen sein.
Dass Sie in dieser Regierungserklärung darauf hinweisen, dass Sie zusätzlich 70 Millionen Euro Investitionsmittel in den Haushalt gestellt haben, ist schön. Allerdings kann ich auch da nur die Vermutung äußern, dass das in diesem Doppelhaushalt ein Wahlkampfgeschenk sein soll. Das ist keine langfristige Garantie für die Krankenhäuser; denn in den letzten acht Jahren haben die Krankenhäuser mit dramatisch gekürzten Ansätzen zurechtkommen müssen, was im Übrigen einer der Gründe für die gegenwärtige finanzielle Schieflage ist.
Sie haben mit keinem Wort die Krankenhausplanung erwähnt. Dafür sind Sie in Bayern originär zuständig. Wir sind überzeugt davon, dass nur eine ehrliche Analyse des fehlenden Bedarfs, aber auch der Überversorgung langfristig dazu führen wird, dass die Versorgung flächendeckend und so, wie sie gebraucht wird, aufrecht erhalten werden kann.
Sie haben auf steigende Fallzahlen hingewiesen und die Zahlen der Krankenhausgesellschaft übernommen. Als verantwortlicher Minister könnte man auch einmal auf die Idee kommen, zu schauen, welche Steuerungsinstrumente es gibt, wenn man sich zum Beispiel den Bertelsmann-Atlas anschaut und dabei feststellt, dass es in Bayern so viele Knietotalendoprothesen gibt wie nirgends sonst in der Bundesrepublik Deutschland. Auch da könnte man vielleicht die Zahl der Krankenhausfälle ein bisschen senken, ohne dass die medizinische Qualität leidet.
Sie haben mit keinem Wort auf Ihre drängende Aufgabe in der ambulanten Versorgung hingewiesen, die Bedarfsplanungs-Richtlinie umzusetzen. Sie haben noch kein gemeinsames Landesgremium nach § 90 des SGB V eingerichtet. Das Land Rheinland-Pfalz hat dies schon im September letzten Jahres getan. Sie müssen bis zum 30. Juni Vorschläge zur Umset
zung dieser Richtlinie vorlegen. Das sind die Weichenstellungen, die die Menschen in diesem Land brauchen. Sie dagegen dienen uns eine Bundesratsinitiative zum Praxismanagement an. Wie Sie in das Management der einzelnen Praxis eingreifen wollen, möchte ich gerne wissen. Darauf sind wir sehr gespannt.
Selbstverständlich stehen wir als SPD auch zur hausarztzentrierten Versorgung. Aber auch da gibt es landesspezifische Hausaufgaben, die Sie nicht angehen. Wer die Lotsenfunktion des Hausarztes möchte, muss auch im eigenen Zuständigkeitsbereich für die bestmögliche Ausbildung sorgen. Da sind wir nach wie vor der Meinung, dass die Weiterbildungsverbünde besser gefördert werden müssen und dass wir Lehrstühle für Allgemeinmedizin an jeder Universität brauchen.
Zu den weiteren drängenden Themen, die Sie nicht einmal namentlich benannt haben, gehört die psychiatrische Versorgung. Sie haben den Burn-out-Beauftragten Ihres Vorgängers verschwinden lassen. Das finde ich gut so. Aber leider ist das Thema insgesamt bei Ihnen in Vergessenheit geraten. Ich sage nur, dass Ihr selbstgestecktes Ziel, die Demenz im Alter anzugehen, bisher nicht in Angriff genommen worden ist, und jenseits der Landeshauptstadt gibt es auch keine Krisenintervention.
Das Thema Reha-Geriatrie mussten wir im Ausschuss als SPD-Fraktion auf die Tagesordnung bringen. Sie haben davon gesprochen, dass 47 % der Akutkrankenhäuser rote Zahlen schreiben. Bei den Reha-Geriatrien sind es 85 %. Aber geschehen ist von Ihrer Seite nichts. Das Gleiche gilt für die Methadon-Substitution. Hierzu gibt es einen Antrag der SPD-Fraktion. Sie haben inzwischen wenigstens einen runden Tisch mit der Justiz eingerichtet. Das sehen wir als kleinen Erfolg unserer Bemühungen. Das reicht aber nicht. In der letzten Woche ist wieder einem Arzt in Schwaben die Approbation entzogen worden. Wenn wir da nicht endlich weiterkommen, wird es diese Versorgungsform für die Patientinnen und Patienten in Bayern nicht geben, weil sich die Ärztinnen und Ärzte zu Recht weigern, bei dieser Rechtsunsicherheit weiter zu behandeln.
Gute Arbeit in der Pflege, das wollen auch wir, Herr Staatsminister. Aber auch da hilft der Dank nicht, sondern es hilft nur eine konkrete Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Sie unter anderem mit dem Einsatz für eine Personalbemessungsverordnung in Ihrem Krankenhausgesetz ein bisschen weiterbringen könnten. Natürlich müssen Sie sich auch auf Bundesebene für eine auskömmliche Finanzierung einsetzen, damit das bezahlbar ist.
Zum Thema Pflegekammer haben Sie dankenswerterweise eine Umfrage angekündigt. Ich frage mich, warum Sie den gleichlautenden Antrag der SPD-Fraktion vom 9. Juni 2012 in diesem Hause abgelehnt haben. Denn genau das wollten wir: eine repräsentative Umfrage unter allen Pflegekräften, ob ambulant oder stationär, weil selbstverständlich auch wir, wenn dies ein großer Teil der Pflegekräfte wirklich will, dem nicht im Wege stehen würden. Sie könnten bei der Anerkennung ausländischer Pflegekräfte gerade angesichts des Pflegenotstandes im Großraum München sehr wohl das geforderte Level für Deutschkenntnisse von B 2 auf B 1 senken, wie das andere Bundesländer tun. Dann wären nämlich sehr viel mehr Pflegekräfte aus europäischen Ländern zu akquirieren und in den Krankenhäusern zu beschäftigen.
Zum Zentrum für Prävention haben Sie nichts gesagt. Das verstehe ich. Ich kann Ihnen allerdings den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie dieses Prestigeobjekt Ihres Amtsvorgängers Herrn Söder, das keine Strukturpolitik für Mittelfranken darstellt, sondern dem Ansehen des jetzigen Finanzministers hat dienen sollen, in Ihrem Zuständigkeitsbereich hätten verhindern können.
Zur Geschlechterdifferenzierung in der Medizin haben Sie keine Aktivitäten vorzuweisen. Da wird auch eine Konferenz vor der Sommerpause nicht reichen. Andere Länder haben Kompetenzzentren für Frauen und Gesundheit. Zum Beispiel werden in Nordrhein-Westfalen die Ergebnisse bayerischer Forschungsbemühungen umgesetzt. Bei uns passiert nichts. Ebenso gibt es keinen Lehrstuhl für Geschlechterdifferenzierung.
Alles aufzuzeigen, was Herr Dr. Söder bei der letzten Regierungserklärung zum Thema Gesundheit versprochen und nicht gehalten hat, würde bei Weitem auch den erweiterten Zeitrahmen, den ich habe, sprengen. Darum nenne ich exemplarisch nur drei Schlagworte.
Es gibt keine Aktivitäten für migrationsspezifische Gesundheitsangebote. Sie wollten Hospitations- und Mentoringprogramme für den Wiedereinstieg von Ärztinnen und Ärzten auflegen, und Ihr Vorgänger wollte Gesundheitstage der örtlichen Gesundheitsämter forcieren, wobei ich mich frage, wie das bei der personellen Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes je hätte passieren können.
Insgesamt verlagern Sie mehr und mehr Aufgaben auf das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Ich betone, dass dort sehr gute Arbeit geleistet wird. Aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ihr Gestaltungswille zumindest im Be
reich Gesundheit ein bisschen zu wünschen übrig lässt.
Zum Schluss, Herr Staatsminister, kommt das Thema Lebensmittelsicherheit. Bayerns Lebensmittel sind sicher, haben Sie als ersten Satz gesagt. Da können Sie hoffen, so wie Norbert Blüm mit seiner Aussage zur Rente in die Annalen der Geschichte einzugehen. Ich glaube das aber nicht; denn Sie sind in bester Gesellschaft. Ihr ehemaliger Kollege Gert Lindemann − er war der letzte für Verbraucherschutz zuständige Minister in Niedersachsen − hat am 3. August 2012 in Niedersachsen bei der Vorstellung des Verbraucherschutzberichtes gesagt, ich zitiere wörtlich:
Verbraucherinnen und Verbraucher können sich darauf verlassen, dass die Lebensmittel, die sie in Niedersachsen erwerben, intensiv und effektiv überwacht werden.
Der neue Verbraucherschutzminister in Niedersachsen hat eine Woche nach seiner Amtsübernahme zwei große Lebensmittelskandale aufgedeckt, von denen man weiß, dass sie in den Behörden zumindest schon lange bekannt waren. Das heißt, es stimmt wohl, dass sich die Verbraucher darauf verlassen können, dass die Lebensmittel kontrolliert werden. Sie konnten sich aber nicht darauf verlassen, dass ihnen das Ergebnis dieser Kontrollen auch mitgeteilt wird. Zwei große Lebensmittelskandale in einer Woche! Bei beiden weiß man, dass sie im Ministerium schon lange bekannt waren. Wir sind sehr gespannt, was der nächste Verbraucherschutzminister in Bayern nach der nächsten Landtagswahl alles herausfinden wird, was sich bei Ihren sicheren Lebensmitteln noch so alles finden lässt.
Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass es sich dabei um kriminelle Machenschaften handelt. Wenn wir diese Skandale effektiv eindämmen wollen − dazu haben Sie keinen Satz gesagt -, sind natürlich mehr Kontrolleurinnen und Kontrolleure notwendig. Ich mag es schon gar nicht mehr sagen, weil wir das - ich weiß nicht mehr, seit wie vielen Jahren - in den Haushaltsberatungen immer fordern. Natürlich müssen endlich die Geldstrafen so gestaltet werden, dass die Strafe weh tut, dass nicht von vornherein klar ist: Wenn ich erwischt werde, ist die Strafe so niedrig, dass es sich für mich finanziell rentiert hat, diese Dinge zu tun. In schweren Fällen muss es endlich die Möglichkeit geben, Haftstrafen zu verhängen, damit eben das Drohpotenzial für solche Delikte größer wird. Eigenkontrollen, Herr Staatsminister, sind ja wohl ein Hohn: Sie haben selber richtig gesagt, dass es sich um kriminelle Machenschaften handelt. Wollen Sie die Kri
minellen ernsthaft selbst kontrollieren lassen, ob sie Lebensmittel manipuliert haben oder nicht? Das kann doch nicht der Weg sein.
Der Weg kann nur sein, die industriellen Betriebe an den Kosten der Kontrollen zu beteiligen, aber nicht, die Kontrollen in ihre Zuständigkeit zu geben. Ich sage ganz explizit im Hinblick darauf, was Sie zu Recht angesprochen haben, dass regionale Vermarktungsketten und regionale Produkte gestärkt werden müssen. Diese Kosten dürfen nicht zulasten der kleinen Betriebe und der kleinen Direktvermarkter gehen. Das ist ein entscheidendes Kriterium.
Für den Bereich Gesundheit bleibt festzustellen, dass Sie versuchen, sich nach Ihrem "Ankündigungsvorgänger" Söder als Wohlfühlminister darzustellen, aber leider überall im Ungefähren geblieben sind. Das wird den Bedürfnissen der Menschen an den Stellen, wo es in der Gesundheitsversorgung in Bayern Defizite gibt, nicht gerecht, und zwar weder das Verhalten Ihres Vorgängers noch Ihr Umgang damit. Als Bilanz dessen, was Sie uns hier erzählt haben, würde man an den Stammtischen draußen sagen: G’redt hat er vui, der Huber, aber g’sagt hat er nix.
Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Gesund ist das nicht, was wir tun. Seit annähernd 12 Stunden beraten wir hier.
- Genau. Als Ärztin würde ich meinen Patienten streng verbieten, so lange herumzusitzen, ohne sich zu bewegen. Es hilft aber nichts. Ich sage trotzdem etwas zum Gesundheitshaushalt.
Wer jetzt erwartet, dass ich wie die Kollegin alle Haushaltsposten einzeln vorlese, den muss ich herb enttäuschen.
- Da müssen Sie jetzt alle leider durch. − Ich beschränke mich auf wenige Schwerpunkte der SPD −Fraktion.
Der erste Schwerpunkt − da wird es dann schon weniger humoristisch − betrifft die Mittel, die wir für die Öffentlichkeitsarbeit und für Aufklärungsmaßnahmen zur Organtransplantation gefordert haben. Diese Mittel sind jetzt deswegen besonders wichtig, weil, wie Sie alle wissen, die ohnehin schon sehr geringe Organspendebereitschaft der Bevölkerung durch die aktuelle Situation noch weiter gesunken ist und weil wir wirklich alles tun müssen, um das Vertrauen in die Organspende zurückzugewinnen. Dafür sind die Mittel, die wir beantragt haben, nun wirklich nicht zu viel.
Der zweite Schwerpunkt sind die Gelder für Maßnahmen und Einrichtungen zur Bekämpfung der Immunschwächekrankheit Aids. Herr Staatsminister, wir waren vorletzten Freitag gemeinsam bei der 25-Jahrfeier der Aidsberatungen. Dort ist gesagt worden, dass Bayern viel tut; aber es gibt auch noch viel zu tun. Die Zahl der Neuinfektionen ist in diesem Jahr wieder um 20 auf 410 gestiegen. Insbesondere bei der Aufklärung von Frauen und bei der Aufklärung in Bezug auf die Diagnostik bei Frauen, die nämlich häufig viel zu spät erst erfolgt, weil die Ärzte beim Thema Aids die Frauen nicht im Kopf haben, gäbe es noch viel zu tun. Auch da sind die 400.000 Euro, die wir fordern, wirklich nicht zu viel verlangt.
Ein ganz, ganz drängendes Thema, das wir neulich im Ausschuss im Zusammenhang mit der Methadonsubstitution gestreift haben, sind die Zuschüsse für die Mittel zur Suchtbekämpfung und Drogentherapie in den bayerischen Justizvollzugsanstalten. Wenn Sie es uns nicht glauben, glauben Sie es Ihrem Kollegen Dr. Zimmermann, der im Ausschuss tatsächlich gesagt hat, in den JVAs finde Therapie an dieser Stelle nicht statt. Regen Sie sich nicht auf, Frau Goderbauer. Das schadet Ihren Herzkranzgefäßen. Ich darf Ihnen versichern, dass die Mittel, die Sie im Haushalt haben, natürlich nicht genügen. Das sind nämlich ungefähr die gleichen wie bisher. Damit werden Sie dieses Problems nicht Herr. Davon verstehe ich tatsächlich etwas, das habe ich nämlich einmal gelernt.
Da brauchen Sie sich wirklich nicht aufzuregen. Lassen Sie sich einfach überzeugen.
Ähnliches gilt für die Suchtbekämpfung, die Drogentherapie und Präventionsvorhaben, hier insbesondere das Projekt HaLT. Wir haben heute ganz aktuell der Presse entnommen, dass im vergangenen Jahr 5.494 Jugendliche im Koma in Krankenhäuser eingeliefert wurden, weil sie zu viel getrunken hatten. Das waren nochmals 163 mehr als im Vorjahr. Da besteht dringender Handlungsbedarf.
Dringender Handlungsbedarf, Kollegen und Kolleginnen, besteht auch im Bereich der neuen oder Modedrogen wie Crystal Meth, wo man gut daran täte, entsprechende Kampagnen im Internet, wo sich die Zielgruppe bewegt, in die Wege zu leiten. Da gibt es nämlich bisher noch gar nichts. Auch diese Mittel braucht der Freistaat ganz, ganz dringend.
Zum Thema Förderung des Präventionsprogramms "0,0 Promille in der Schwangerschaft", das auf Antrag der SPD-Fraktion beschlossen wurde, aber leider nicht mit zusätzlichen Mitteln versehen wurde, sage ich ganz deutlich: Diese Kampagne ist gut, das sind wunderschöne Bilder. Sie ging bisher nur nicht weit genug. Die Gelder, die bisher dafür verwendet wurden − übrigens genau diese 200.000, wie wir dem Pressegespräch, Herr Huber oder Frau Huml, entnehmen konnten, die wir fordern -, stehen in Konkurrenz zu anderen wichtigen Präventionsmitteln. Deswegen glauben wir, dass das Geld an dieser Stelle zusätzlich eingesetzt werden muss und dass tatsächlich noch sehr viel mehr passieren muss als diese Plakatkampagne, damit in der Breite der Gesellschaft bekannt wird, dass Alkohol in der Schwangerschaft, in welcher Dosis auch immer, schadet.
Wir haben damit unsere wichtigen gesundheitspolitischen Forderungen in einem finanzpolitisch sehr verantwortungsvollen und sehr bescheidenen Rahmen, nämlich 2,3 Millionen, als Anträge in dieses Haus eingebracht. Wir bedauern sehr, dass Sie sich an keiner Stelle dazu haben durchringen können, diesen nahezutreten. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf. Spätestens im nächsten September wird es besser.
Ein Satz noch vorab zu dem, was Sie sagen werden, jedenfalls gehe ich davon aus. Wir würden uns sehr wünschen, dass Ihr Landärzteprogramm Erfolg hat, weil das tatsächlich für die Menschen wichtig wäre. Wir haben aber starke Bedenken, ob die Maßnahmen, die Sie ergriffen haben, tatsächlich in der Breite helfen. Weiterbildungsverbünde wären unserer Meinung nach ein wichtiger Baustein gewesen, der aber zu kurz gekommen ist. Wie gesagt, wenn es hilft, dann soll es uns recht sein. - Danke fürs Zuhören.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Frau Kollegin Goderbauer, Sie müssen sich schon gedulden, bis mir die Präsidentin das Wort erteilt. Von Ihnen nehme ich es nicht.
Nun haben Sie gerade Behauptungen über das Urlaubsverhalten der Kollegen und Kolleginnen in den Raum gestellt. Ich kann für mich definitiv sagen, dass ich in den allermeisten Jahren nicht in den Urlaub geflogen bin. Im vergangenen Jahr war ich mit dem Zug in der Bretagne. Dorthin hätte ich auch fliegen können. Ich bin aus ökologischen Gründen mit der Bahn gefahren und weil es im Grunde viel angenehmer ist.
Zum Thema dritte Startbahn darf ich Ihnen sagen, dass ich im Gegensatz zur Kollegin Noichl schon in der letzten Legislaturperiode hier im Hohen Hause war. Vielleicht ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass sich neben mir weitere Kolleginnen und Kollegen der SPD vehement gegen die dritte Startbahn ausgesprochen haben. Ich bin sehr froh, dass der Bürgerentscheid der Münchner das Ergebnis erbracht hat, das ich mir erhofft habe und das sich im Übrigen auch die Bürgerinnen und Bürger der vom Fluglärm mehr als München betroffenen Landkreise gewünscht haben. Hätte dieser Bürgerentscheid ein anderes Ergebnis gehabt, hätte ich mich zwar schwer getan, es zu akzeptieren. Ich hätte es aber zähneknirschend akzeptieren müssen und auch akzeptiert, weil ich die Demokratie achte. Auch ein solches Ergebnis hätte für mich eine Bindungswirkung gehabt. Ihrem Wortbeitrag kann ich nur entnehmen, dass es der CSU ausschließlich darum geht, die Bindungswirkung des Bürgerentscheides abzuwarten − das ist genau ein Jahr -, die Planungen aber jetzt schon voranzutreiben, damit das Projekt dann weiter realisiert werden kann. Das wird für die Wählerinnen und Wähler zumindest in der betroffenen Region ein Entscheidungskriterium für die Landtagswahl sein. Wir haben jetzt von Ihnen klare Aussagen dazu bekommen, wie es sich innerhalb der CSU verhält.
Herr Staatsminister, wenn meine Informationen stimmen, kostet ein Volksentscheid summa summarum 13 Millionen Euro aus dem bayerischen Staatshaushalt. So viel muss uns Demokratie wert sein, wenn es einen Volksentscheid braucht. Nachdem es ihn nicht bräuchte -
- Da sind Sie demokratisch besonders schlecht informiert, Herr Kollege Gumppenberg, wenn Sie meinen, dass das die FREIEN WÄHLER zahlen müssen.
Da sind wir selbstverständlich gerne bereit zu investieren, wenn das notwendig ist. Wir könnten aber diese 13 Millionen heute hier sparen, indem Sie zustimmen.
Sind Sie nicht der Meinung, dass das Geld schon mal ein guter Grundstock wäre, um die den Hochschulen entgangenen Studiengebühren zu kompensieren? Denn danach werden sie das Geld so und so brauchen.
Herr Kollege Dr. Bertermann, mir ist jetzt ganz schwindelig, denn Sie haben sich zweimal selbst und einmal dem Kollegen Dr. Zimmermann widersprochen. An dieser Stelle haben Sie allerdings recht. Ich versuche trotzdem einmal, es irgendwie hinzubekommen.
Einig sind wir uns in diesem Haus - jedenfalls verbal darin, dass etwas getan werden muss - dies haben auch die Ausführungen des Herrn Dr. Zimmermann eindrucksvoll belegt -, um die Akzeptanz der Allgemeinmedizin und die hausärztliche Versorgung in diesem Land flächendeckend zu steigern.
Nun liegen hier Anträge der FREIEN WÄHLER und der SPD-Fraktion vor, die sich bemühen, eine Facette herauszugreifen und mit wenigen Mitteln etwas zu tun. Und was tun Sie? - Sie schwadronieren - Entschuldigung, das kann ich Ihnen nicht ersparen - über mehr Studienplätze, die hier keiner gefordert hat. Wir haben nämlich mitnichten gesagt, dass wir mehr Medizinstudenten brauchen, sondern wir brauchen mehr Ärzte, die dann in die Allgemeinmedizin gehen. Herr Dr. Zimmermann sagte, dass es ureigenste Aufgabe der Lehrstühle sei, die Weiterbildungsverbünde zu organisieren. Dies ist überhaupt nicht Aufgabe des Lehrstuhls, das sagten Sie, Herr Dr. Bertermann.
Nur führt Herr Professor Schneider mit seinem Team oder allein dankenswerterweise diese Weiterbildungsverbünde durch. Das kann er aber weder personell noch finanziell à la longue tun. Das heißt, diese Weiterbildungsverbünde würden wegbrechen. Das kann doch nicht in unserem Interesse sein. Die 200.000 Euro, die dazu benötigt werden, sind gut angelegt; denn in Zeiten, in denen wir durch verschiedenste Faktoren - unter anderem auch viele Teilzeit arbeitende Ärztinnen und Ärzte - eine Konkurrenz
haben, ist es sinnvoll, solche Stellenanzeigen im "Deutschen Ärzteblatt" zu veröffentlichen. Man muss schauen, dass man die Menschen dorthin bringt, wo man sie haben will. Das zu regeln, ist wiederum, Herr Kollege Bertermann, ureigenste Aufgabe der Politik.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Organe der Selbstverwaltung an irgendeiner Stelle etwas dagegen hätten, wenn der Herr Professor Schneider 200.000 Euro zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Weiterbildungsverbünde bekäme. Wenn Sie jemanden kennen, der da etwas dagegen hat, dann sagen Sie es mir, da würde ich gern ein Gespräch führen, weil man das sicher regeln kann.
Wenn Sie hier sagen, Würzburg will keinen Lehrstuhl, antworte ich darauf: Wir als SPD-Fraktion haben bei aller Autonomie der Hochschulen immer noch die Forderung, dass jede medizinische Fakultät in Bayern einen Lehrstuhl Allgemeinmedizin braucht; denn sonst werden wir das Ziel, das wir alle zusammen haben, nicht erreichen.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Ein halbwegs leeres Haus sehe ich aufseiten der CSU. Sie müssen noch etwas nacharbeiten, sonst brauchen wir bei der Abstimmung wieder einen Hammelsprung. Herr Kollege Vetter, damit Sie die Zwischenrufe der Kollegen und Kolleginnen verstehen: Wir stimmen nicht über die Begründung ab, in der die Finanzierungsmodelle aufgeführt sind, sondern nur über den Antrag. Vielleicht gelingt es mir, Sie bis zum Ende der Debatte von den komplexen Zusammenhängen zu überzeugen.
Kolleginnen und Kollegen, die Praxisgebühr ist wie alle Pauschalen oder wie jede Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, die nicht prozentual auf das Einkommen bezogen ist, sozial ungerecht. Das war sie immer, und das hat die SPD auch immer gesagt. Leider hat man für das GKV-Modernisierungsgesetz 2004 für die Zustimmung der Union im Bundesrat die Kröte, den Kompromiss schlucken müssen, der immer erforderlich ist. Deswegen freue ich mich, dass jetzt auch vereinzelt aufseiten der CDU sowie auch von der FDP Kritik kommt, die ja ansonsten keine so großen Probleme damit hat, wenn die Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ungleich zulasten der sozial Schwächeren verteilt sind.
Zur Steuerungsfunktion hat Kollege Vetter schon vieles gesagt. Er hat völlig recht. Selbstverständlich führt das dazu, dass der Patient sagt: Wenn ich schon einmal 10 Euro bezahlt habe, dann kann ich das auch ausnützen. Ich möchte zu den genannten Beispielen noch eines hinzufügen. Das ist so ähnlich wie das, was Versandhäuser jetzt mit dem Porto praktizieren. Sie sagen: Ihr zahlt einmal Porto und könnt innerhalb eines bestimmten Zeitraums so oft bestellen, wie ihr wollt. So ist es auch. Wir waren immer dagegen. Deswegen werden wir, Herr Kollege Vetter, diesem Antrag auch zustimmen. Richtig seriös und bis in die letzte Konsequenz durchdacht ist er natürlich nicht, da er nur einen Teilbereich herausgreift.
Die Abschaffung der Praxisgebühr führt dazu, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung 2 Milliarden Euro fehlen werden. Sie bleiben die Antwort darauf schuldig, woher das Geld dann kommen soll. Sie haben von den knapp 20 Milliarden Euro Rücklagen gesprochen. Das ist schon deswegen unseriös, weil das nicht die Rücklagen der Krankenversicherung sind. Nur knapp die Hälfte davon sind Rücklagen der Krankenversicherung, der Rest besteht aus Überschüssen im Fonds.
Sie wissen doch ganz genau, dass Sie diese Maßnahme nicht nur für ein Quartal einführen können, in dem das Geld da ist. Sie müssen sie dauerhaft einführen. Wenn Sie diese Maßnahme jedoch nicht mit einem Finanzierungskonzept verknüpfen, riskieren Sie, dass das Geld entweder auf andere Weise beschafft werden muss oder dass es zu Leistungseinschränkungen kommt. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Solidarische Bürgerversicherung - das wiederhole ich an dieser Stelle - die einzige Möglichkeit ist, die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig zu stabilisieren. Mit dieser Auffassung stehen wir nicht allein. Auch die gesetzlichen Krankenkassen sind dieser Meinung. Da es hier um Bundespolitik geht, würde ich empfehlen, das Konzept der Sozialen Gesundheitsversicherung der FREIEN WÄHLER Herrn Henkel vorzulegen. Ich bin sehr gespannt, was er dazu zu sagen hat.
Wir sind für die Abschaffung der Praxisgebühr. Im Sinne einer seriösen Behandlung des Themas Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung erheben wir in unserem Dringlichkeitsantrag noch zwei weitere Forderungen: Wir wollen, dass eine Senkung des Beitragssatzes unterbleibt. Die Diskussion, die sich im Moment auf Bundesebene abspielt, ist an Skurrilität wirklich kaum zu überbieten. Man hat immer das Gefühl, dass der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung auf die Boshaftigkeit der Politik und der Vorstände der Krankenkassen zurückzuführen sei. Dem ist aber mitnichten so. Die Gelder gewährleisten die Finanzierung der Leistungen für die Patientinnen und Patienten. An dieser Stelle darf ich darauf hinweisen, dass wir viele unterfinanzierte Aufgaben zu erfüllen haben. Ich nenne die spezialisierte ambulante Palliativversorgung und die ambulante Geriatrie. Ich spreche gar nicht von dem Bereich der Heilmittel, der so knapp bemessen ist, dass es im Moment zu solchen Absurditäten kommt, dass zum Beispiel Patienten nach Operationen drei physiotherapeutische Sitzungen verschrieben werden, weil sich die Ärzte nicht trauen, mehr zu verschreiben.
Ich wiederhole: In Berlin gibt es derzeit an der einen oder anderen Stelle richtig schräge Debatten. Ich erlaube mir auch den Hinweis, dass sich die derzeitigen Überschüsse bei den gesetzlichen Krankenversicherungen genau in dem Korridor des Sozialgesetzbuchs V bewegen. Nach diesem Gesetz sind die Krankenkassen verpflichtet, Reserven zu bilden. Wenn Sie sich die Ausgaben der Monate Januar und Februar ansehen, werden Sie feststellen, dass mit einer Steigerung von 5,5 % bei den Arzneimitteln voraussehbar mehr Geld gebraucht werden wird. Beitragssatzsenkungen sind also billiger Populismus.
Genauso kontraproduktiv ist es - ich komme damit zum dritten Spiegelstrich -, dass der Finanzminister in seiner Sparorgie meint, auf den Steuerzuschuss zurückgreifen zu sollen, von dem er sich zwei Milliarden Euro holen will. Ich darf an dieser Stelle erwähnen, dass die Ausgaben für die versicherungsfremden Leistungen, für die dieser Steuerzuschuss geplant war, 34,4 Milliarden Euro im Jahr betragen. Wenn wir die 14 Milliarden Euro, die im Fonds drin waren, nehmen und zwei Milliarden Euro, die zusätzlich draufgeschossen worden sind, dazurechnen, deckt die Summe nur knapp 50 % der versicherungsfremden Leistungen.
Ursprünglich war geplant, dass dieser Anteil bis auf 25 Milliarden Euro aufwachsen sollte. Der Griff von Herrn Dr. Schäuble in den Gesundheitsfonds beweist nur, was wir immer wieder gesagt haben, nämlich dass die Steuerfinanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ein Irrweg ist, weil er in Konkurrenz zu politischen Begehrlichkeiten der anderen Ressorts steht. Außerdem trägt er den konjunkturellen Unwägbarkeiten, mit denen wir es in Zeiten der Finanzkrise zu tun haben, an keiner Stelle Rechnung. In der Folge wird es zwangsläufig zu Zusatzbeiträgen kommen, die vor allem die schwächsten Beitragszahler überproportional belasten.
Wir fordern deswegen nicht nur, dass diese zwei Milliarden Euro nicht entnommen werden, sondern dass es bei dem bleibt, was ursprünglich beschlossen worden ist: Der Anteil der Steuerfinanzierung soll auf 25 Milliarden Euro steigen - in Klammern gesagt -, solange nicht eine andere Mehrheit in Berlin ein anderes Finanzierungssystem ab September oder Oktober 2013 auf den Weg bringt.
Wir bitten Sie um Zustimmung zu diesem Antrag. Herr Dr. Bertermann, Ihre Fraktion in Berlin ist ebenfalls dafür, die Praxisgebühr fallen zu lassen. Geben Sie Ihrem Herzen also einen Stoß. Machen Sie es einmal so wie Herr Rösler in Sachen Gauck. Ein bisschen Gauck ist überall. Sie sollten sich ebenfalls diese Freiheit nehmen und würden damit ein gesundheitspolitisches Zeichen setzen.
- Aber "gegauckt".
Herr Kollege Dr. Bertermann, Sie haben in wohlgesetzter Rede meine Ausführungen
zur Ungerechtigkeit der Praxisgebühr wiederholt. Das höre ich gern, und man kann es auch gar nicht oft genug sagen; denn das ist so, und das war schon immer so. Allerdings scheint mir, das ist nicht die reine Lehre der FDP. An dieser Stelle frage ich Sie deshalb: Wenn Sie die Praxisgebühr ungerecht finden, wie stehen Sie dann zu der Möglichkeit, nach oben ungedeckelte Zusatzbeiträge von genau denselben Versicherten zu verlangen, wie das in dem Gesetz steht, das Ihr Parteifreund und damaliger Bundesgesundheitsminister Rösler zu verantworten hat? Ich frage: Was haben Sie dagegen getan, oder was haben Sie dafür getan, dass die Zusatzbeiträge verhindert worden sind? Was werden Sie in Zukunft tun?
Noch einmal zu der Frage nach der Finanznot. Wenn Sie feststellen, dass Finanznot gegeben ist, dann frage ich Sie: Wo soll das Geld denn herkommen, wenn nicht aus Beiträgen? Wenn Sie sagen, wir hätten eine Finanznot, dann frage ich Sie: Warum wollen Sie ausgerechnet in diesen Zeiten eine kapitalgedeckte Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, die weder hier noch an einer anderen Stelle funktioniert hat?
Warum fordern Sie in Berlin jetzt auch zum Beispiel eine Beitragssatzsenkung, welche die Situation der gesetzlichen Krankenversicherung gewiss nicht verbessern wird? Für mich bleibt als Schluss nur, dass bei 2 % alles versucht werden muss, um die Leute mit populistischen Aussagen noch auf die eigene Seite zu ziehen. Eine seriöse Gesundheitspolitik scheint mir das aber nicht zu sein.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte nur einige wenige Dinge ergänzen zu dem, was Frau Dittmar für die SPD-Fraktion gesagt hat.
Aber Herr Kollege Bertermann, Ihr Wortbeitrag hat doch den einen oder anderen Unwillen provoziert. Sie haben von einem Propädeutikseminar gesprochen, das Sie hier halten wollen. Was die Angriffe auf die SPD oder auf Rot-Grün angeht, war es mehr Klassen
kampf als Propädeutik. Den FREIEN WÄHLERN jetzt vorzuwerfen, dass sie Dinge nicht berücksichtigt haben, die zum 01.01.2011 in Kraft getreten sind wenn Sie freundlicherweise schauen wollen, welches Datum diese Interpellation trägt, so ist es Mai 2010. Das ist den FREIEN WÄHLERN bei dieser Interpellation wahrlich nicht anzulasten.
Außerdem haben Sie vollmundig von Solidarität geredet. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, wo Sie hier als Tiger gestartet sind und vollmundig erklärt haben, dass Sie den Gesundheitsfonds abschaffen wollen. Von all dem ist überhaupt nichts mehr zu hören. Sie sind bestenfalls als Bettvorleger gelandet. Zu meinem allergrößten Erstaunen, Herr Kollege Bertermann, haben Sie jetzt gerade die gute Arbeit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gelobt. Ich kann mich an viele Diskussionen erinnern, wo ich gemeinsam mit Herrn Dr. Munte die Kassenärztliche Vereinigung verteidigt habe und Sie im weiten Rund derjenige waren, der als Erster gesagt hat, die KVen müssen weg.
Irgendwann muss man sich schon entscheiden, was man wirklich meint. Denn so schnell können wir uns nicht drehen, wie Sie Ihre Meinung ändern.
Dass die Beantwortung dieser Interpellation lange, sogar viel zu lange gedauert hat, ist richtig. Nichtsdestotrotz möchte ich mich an der Stelle dem Dank von Herrn Dr. Zimmermann an das Ministerium anschließen, weil in dieser Interpellation annähernd keine Frage enthalten ist, die sich um spezifisch bayerische Belange dreht. Von daher war die Beantwortung sicherlich schwieriger, als wenn es um bayerische Gesundheitspolitik gegangen wäre.
Ich kann Ihnen, Kollegen und Kolleginnen von den FREIEN WÄHLERN, den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie mit dieser Interpellation mit dem Titel "Medizinische Versorgung in Bayern", in der Sie eigentlich nur die ärztliche Versorgung und ein bisschen die Krankenhausversorgung abgefragt haben, eine Riesenchance vertan haben, tatsächlich umfänglich Fragen zur medizinischen Versorgung in Bayern zu stellen. So sind die Psychotherapeuten mit keinem einzigen Wort erwähnt. Mit keinem einzigen Wort erwähnen Sie die pflegerische Versorgung. Auch die Frage des Pflegenotstands und alles das, was wir hier in Bayern nicht nur tun können, sondern auch tun müssen, bzw. das, was diejenigen tun müssen, die derzeit hier noch regieren, gehört mit dazu, wenn man eine gute medizinische Versorgung in diesem Land in
der Fläche aufrechterhalten oder an der einen oder anderen Stelle verbessern möchte.
Herr Kollege Bertermann hat schon die Physiotherapeuten erwähnt. Da gebe ich Ihnen explizit recht. Weiterhin haben Sie nicht die Frage der Übertragung ärztlicher Aufgaben erwähnt. Auch das wäre an dieser Stelle ein Thema gewesen, gerade weil es im Moment die Emotionen der ärztlichen Kolleginnen und Kollegen hochkochen lässt.
Sie machen sich große sozialdemokratische Gedanken, würde ich fast sagen, um die Solidarität im Gesundheitswesen. Das ist gut so.
Ihre Analysen sind sehr richtig. Die Schlussfolgerungen in Form Ihrer "Sozialen Gesundheitsversicherung" - das kann ich Ihnen auch heute nicht ersparen, Herr Kollege Dr. Vetter - sind falsch, weil Sie mit diesem Konzept die Solidarität aufgeben. Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist keine Frage, die wir in diesem Parlament je werden lösen können. Deswegen würde ich vorschlagen: Vertrauen Sie an dieser Stelle der SPD und den GRÜNEN.
Wir werden das in Berlin ab 2013 schon im Sinne der solidarischen Bürgerversicherung regeln.
- Liebe Frau Kollegin Sandt, das liegt daran, dass Sie erst so kurz und nicht mehr lange in diesem Hause Mitglied sind.
Ich habe gemeinsam mit dem Kollegen Wahnschaffe und der gesamten SPD-Fraktion von diesem Pult aus Frau Stewens und Herrn Dr. Stoiber vor dem Gesundheitsfonds gewarnt.
- Aber Sie regieren doch jetzt. Sie regieren im Moment auch in Berlin. Sie könnten ihn doch abschaffen, anstatt immer nur davon zu reden.
Aber Sie brauchen sich gar nicht zu ereifern, weil Ihre Zeit, wie gesagt, nur noch bis 2013 geht. Dann brauchen Sie sich in den Parlamenten keine Gedanken mehr darüberzumachen.
Kollegen und Kolleginnen von den FREIEN WÄHLERN, vertrauen Sie auf die SPD und die GRÜNEN. Wir werden in Berlin die solidarische Bürgerversicherung einführen. Ein bisschen hat mich gewundert, Kollegin Schopper, dass Sie gefragt haben, wen wir da mit hineinnehmen. Selbstverständlich nehmen wir alle mit hinein. Die Frage ist nur, was wir noch mit hineinnehmen. Dazu sage ich: Selbstverständlich müssen wir auch die Pflegeversicherung mit hineinnehmen, damit auch dieser Bereich solidarisch abgedeckt ist und mehr Geld in den Bereich der Pflege kommt.
Ein letzter Satz noch zu Ihnen, Herr Dr. Söder. Sie haben letzte Woche sehr eindrucksvoll über Ihre neuen Bestrebungen in der bayerischen Gesundheitspolitik berichtet. An ganz wenigen Stellen wird in dieser Interpellation nach der Prävention gefragt. Die Antwort Ihres Hauses stammt vom 5. Oktober. Darin ist aber noch nichts von der Männergesundheit zu hören gewesen. Auch vom Burn-out-Beauftragten ist noch nichts zu lesen gewesen. Das heißt, Sie haben jetzt bei diesen Dingen sehr schnell aus der Hüfte geschossen. Es wäre zu hoffen, dass die Präventionsbemühungen, die Sie uns letzte Woche präsentiert haben, wenigstens ernsthaft gemeint sind und mit den entsprechenden finanziellen Mitteln unterfüttert werden, damit nicht auch das wieder Eintagsfliegen bleiben, die nur für eine schnelle Schlagzeile gut waren. Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Bertermann, an beiden Stellen muss ich Sie nicht verstehen. Sie haben gerade gesagt, Herr Rinderspacher habe ungläubig geschaut. Ich schätze, mir geht es jetzt ähnlich; denn richtig nachvollziehen kann von uns niemand, dass Sie sagen: Die KV macht zwar eine gute Arbeit, aber wir wollen doch lieber etwas anderes, weil uns das ideologisch näher ist.
Die Bürgerversicherung ist selbstverständlich keine Steuererhöhung. Die Bürgerversicherung ist ein prozentualer Beitrag zur Krankenversicherung, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in gleichem Maße zahlen. Das ist eine gleichmäßige prozentuale Belastung aller Menschen nach ihrem Einkommen. Das heißt im Klartext, Herr Kollege Bertermann, dass Sie, der Sie ein Abgeordnetenmandat, ein Stadtratsmandat und noch Einkünfte aus Ihrer Praxis haben, auf alle diese Einkünfte einen prozentualen Anteil zahlen, ebenso wie das auch die Reinigungskraft hier im Maximilianeum tut. Das ist gerecht und solidarisch,
weil Sie nämlich mehr leisten können und das deswegen auch leisten müssen. So stellt sich die SPD die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich in dieser solidarischen Form seit fast 140 Jahren bewährt hat, in der Zukunft vor.
Sie sehen mich auch an dieser Stelle erstaunt, Frau Kollegin Stewens, weil ich Ihnen zwar gesagt habe, dass Sie den Gesundheitsfonds unterschrieben haben, was de facto so ist. Dafür haben Ulla Schmidt als damalige Gesundheitsministerin und die SPD im Bund Verantwortung. Aber wir in Bayern hätten das gemeinsam mit den BadenWürttembergern, mit denen der Herr Gesundheitsminister auch jetzt gemeinsame Sache macht, unter Umständen verhindern können, wenn diese Unterschrift nicht unter dem Gesundheitsfonds stünde.
Ich habe mit keinem Wort gesagt, dass die CSU die Kassenärztlichen Vereinigungen abschaffen will. Ich habe dem Kollegen Bertermann gesagt - er hat dies bestätigt -, dass es auch in der SPD Bestrebungen gegeben hat, die Kassenärztlichen Vereinigungen abzuschaffen; das ist unstrittig. Aber von mir haben Sie das bisher noch nie gehört. Das ist auch nicht Stand der Diskussion der bayerischen SPD in dieser Landtagsfraktion, weder in der letzten Legislaturperiode noch in dieser.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, Herr Staatsminister Dr. Söder! Noch mehr Glück hat, wer gesund in Bayern leben darf.
Sie haben neue Ideen und Strategien angekündigt. Sie haben 15 gezählt. Zwar haben wir viele neue Beauftragte entdecken können, jedoch nicht sehr viele neue Ideen - und Strategien schon gar keine. Nach Ihrer Rede würde man in Oberbayern sagen: Gred’t hat er vui, gsagt hat er nix.
Dafür hätten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht bis in die späten Abendstunden Überstunden machen lassen müssen. Im Hinblick auf Burn-out ist das auch ganz schwierig. Das sollten Sie sich als Verantwortlicher für viele Mitarbeiter an dieser Stelle deutlich machen. Ich behaupte: Gelohnt hat es sich nicht wirklich. Was wir hier gehört haben, geht allenfalls als "Markus’ Märchenstunde" durch. Vielleicht bekommen Sie beim Bayerischen Rundfunk ein entsprechendes Format. Zukunftsweisende Gesundheitspolitik in Bayern ist das jedoch nicht.
Von unserer Seite stimmen wir explizit der Aussage zu, dass unser Gesundheitssystem gut ist. Viele Beteiligte täten jedoch gut daran, sich über Verbesserungen des Systems Gedanken zu machen und es nicht unaufhörlich von innen heraus schlechtzureden. Das erleben wir an der einen oder anderen Stelle bei der Vertretung von Lobbyinteressen. Tatsächlich sind die Menschen froh, wenn sie im Krankheitsfall unser hervorragendes Gesundheitssystem nutzen können.
Sie haben ein massives gesundheitspolitisches Engagement angekündigt, auch zum Versorgungsstrukturgesetz, zu welchem Frau Dittmar noch sprechen wird. Rausgekommen ist wenig. Verbal sind Sie als Alligator gestartet und als Blindschleiche gelandet. Sie haben zusammen mit der neuen Gesundheitsministerin in Baden-Württemberg angekündigt, die Auswirkungen des Gesundheitsfonds zu evaluieren. Wäre es nach uns gegangen, hätten wir dem Gesundheitsfonds nicht zugestimmt. Dann hätten wir dieses Problem gar nicht. Das hat uns Ihre Vorgängerin eingebrockt.
Meine Aufgabe ist es, die Landesgesundheitspolitik zu kommentieren. Herr Staatsminister, die gesundheitspolitischen Notwendigkeiten orientieren sich nicht an witzigen Aktionen, schönen Bildern und T-Shirts. Subjektiv scheint uns dies aber das entscheidende Kriterium für Ihre Aktivitäten zu sein. Nur so können wir uns erklären, dass Sie in den Fokus Ihrer Bemühungen die Männergesundheit stellen. Wir würden uns über Ihre Gedanken zu diesem Thema freuen, wenn Sie der Geschlechterdifferenzierung in der Medizin in der Vergangenheit den gleichen Wert beigemessen hätten. Wir haben nämlich - das müssten auch Sie wissen - massive Defizite bei der Durchführung von Studien zur medikamentösen Therapie von Frauen, da medizinische Studien immer nur auf Männer ausgerichtet werden. Ebenfalls haben wir keinen Lehrstuhl für Geschlechterdifferenzierung in der Medizin, wie es ihn beispielsweise in der Charité in Berlin
gibt. Auch die 60-prozentige Teilnahme der Frauen an Vorsorgeuntersuchungen deutet auf einen verstärkten politischen Handlungsbedarf hin, da sich 40 % der Frauen keinen regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen unterziehen. Die Vorsorgemaßnahmen versehen Sie nicht mit der nötigen Vorsorgeforschung. Im Haushaltsausschuss haben wir dazu Anträge gestellt. Das wäre nicht viel Geld gewesen. Sie waren jedoch noch nicht einmal bereit, 400.000 Euro für die begleitende Vorsorgeforschung zum Darmkrebs-Screening in Ihren Haushalt einzustellen.
Mit keinem Wort gehen Sie auf die Problematik der immer noch ungenügenden Impfraten in diesem Lande ein. Sie können nicht damit zufrieden sein, dass das Land Sambia eine höhere Impfrate bei Masern hat als der Freistaat Bayern.
Die Maßnahmen, die Sie uns zur Prävention von riskantem Alkoholkonsum vorgestellt haben, sind nicht genug. Der Fokus sollte sicherlich auf die Jugendlichen gelegt werden. Einen Monat nach dem Oktoberfest mit all seinen negativen Auswirkungen sage ich jedoch: Sie müssen sich um den riskanten Alkoholkonsum in allen Altersgruppen kümmern. Ich darf daran erinnern, dass wir jährlich in Bayern mehr als 1.000 Frühverrentungen haben, die auf Alkoholerkrankungen zurückgehen. Der flächendeckende Ausbau von "HaLT" geht uns viel zu langsam voran. Dafür haben wir auch zusätzliche Haushaltsmittel beantragt, die wir von Ihnen nicht bekommen haben. Herr Staatsminister, wir hätten uns bezüglich der Kampagne für 0,0 Promille in der Schwangerschaft darüber gefreut, wenn Sie wenigstens erwähnt hätten, dass dies eine Initiative der SPD-Landtagsfraktion war, für die wir einen doppelten Anlauf benötigt haben, da Sie die Notwendigkeit im ersten Durchgang nicht gesehen haben.
Im Rahmen der Kampagne bringen Sie alle Beteiligten einmal zu einem runden Tisch zusammen. Das wird so auch nicht funktionieren. Wenn wir tatsächlich zukünftig die Fälle von fetalem Alkoholsyndrom in Bayern verhindern könnten, wäre dies für die betroffenen Familien segensreich.
Nach unserer Kenntnis macht Baden-Württemberg mit dem Alkoholverkaufsverbot an Tankstellen gute Erfahrungen. Freiwilligkeit ist doch ein Witz. Wie soll das funktionieren? Sicherlich bringt es überhaupt nichts, wenn sich die Tankstellen ein Zertifikat des bayerischen Gesundheitsministers in den Verkaufsraum hängen dürfen. Dieses Zertifikat sagt aus, dass diese Tankstellen im Gegensatz zu den Tankstellen von nebenan keinen Alkohol verkaufen. Zum Dank werden
die Kunden dort nicht noch einmal tanken, weil sie woanders besser einkaufen können. So wird es nicht funktionieren. Sie haben eine Verantwortung, der Sie gerecht werden müssen.
Jenseits der heutigen Ausführungen, die sehr blumig waren, kann man den Stellenwert der psychischen Erkrankungen in Ihrem Haus daran erkennen, dass es keinen Psychiatrieplan und im Gegensatz zu anderen Bundesländern kein Psychisch-Kranken-Gesetz gibt. Wir bekommen - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - einen einzigen Burn-out-Beauftragten und -Berater für ganz Bayern. Jedes Mal, wenn Sie öffentlich etwas verlauten, muss man Angst haben, dass Sie wieder einen neuen Berater oder Beauftragten kreieren, weil dies eine gute Schlagzeile bringt.
Irgendwann werden wir 12,5 Millionen Beauftragte in Bayern haben - jeder für seine eigenen Belange.
Psychische Erkrankungen waren bereits im Jahre 2006 die neunthäufigste Diagnose. Im Jahre 2008 gab es insgesamt über 7.000 vorzeitige Verrentungen aufgrund psychischer Erkrankungen. Die Zahl der depressiven Erkrankungen - das haben Sie gesagt - steigt ständig. Die Psychosen dürfen aber auch nicht in den Hintergrund geraten. Das Land Niedersachsen hat eine landesweite Initiative "Schizophrenie" auf den Weg gebracht. Sicher handelt es sich um ein schwieriges Thema. Ich weiß nicht, ob diese Initiative der Weisheit letzter Schluss ist. Jedenfalls gibt es Bundesländer, die sich mit diesem schwierigen Thema beschäftigen und versuchen, die Dinge auf den richtigen Weg zu bringen.
Sie loben zu Recht die Erfolge der Dezentralisierung der Psychiatrie in Bayern, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle noch holpert und zu langsam vorangeht. Das sehe ich in meinem eigenen Landkreis Fürstenfeldbruck. Wie sieht es zum Beispiel in der Fläche mit Kriseninterventionsdiensten aus? So viel ich weiß, gibt es außer in München und Nürnberg keinen Kriseninterventionsdienst für psychisch Erkrankte. Dabei würde das die Lebensqualität der Betroffenen deutlich steigern, Krankenhauseinweisungen verhindern und auch an der einen oder anderen Stelle vermeiden, dass die Menschen aus dem Arbeitsprozess, sofern sie noch drin sind, herausgerissen werden.
Sie haben den demografischen Wandel und die pflegerischen Herausforderungen erwähnt. Das ist doch alles nichts Neues; das wissen wir längst. Was aber tun Sie ganz konkret, um die Attraktivität der betroffenen Berufe zu steigern, die Bezahlung und die Kinderbetreuung zu verbessern, weil in diesen Berufen auch Schichtarbeit geleistet werden muss? Wie müssen sich nach Ihrer Auffassung die Ausbildungen in der Alten- und Krankenpflege auch vor dem Hintergrund zunehmender Demenzerkrankungen ändern? Zu all dem haben wir überhaupt nichts gehört.
Sie haben stolz die 450 Millionen Euro für die Krankenhäuser erwähnt. Das stimmt schon; Sie haben da wieder aufgestockt, nachdem Sie in der Vergangenheit die Investitionsmittel massiv gekürzt haben. Sie wissen aber genau - das wurde nicht von uns, sondern von Rürup im Gutachten festgestellt -, dass der Investitionsstau riesig ist und dass Sie, wie Sie selbst an anderer Stelle sagen, für die energetische Sanierung deutlich mehr Geld brauchen als diese 450 Millionen.
Sie sagen auch kein Wort zum Pflegenotstand im Krankenhaus und zur berechtigten Unzufriedenheit der ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit den Arbeitsbedingungen. Anstatt Ihre Zeit mit fruchtlosen Diskussionen über die Pflegekammer zu vertun, sollten Sie in Ihrem Haus an konkreten Verbesserungen für das Pflegepersonal arbeiten lassen, zum Beispiel an der Aufnahme einer Personalbemessungsverordnung in das Bayerische Krankenhausgesetz.
Sie haben zu Recht die Riesenchancen und die vielen guten Projekte in der Telemedizin und im Telemonitoring angesprochen, die es auch in Bayern gibt. Wir haben das letzte Woche auch auf dem Europäischen Gesundheitskongress diskutiert. Fakt ist, dass sich bisher kein einziges dieser Projekte in der Regelförderung befindet, dass aber das GKV-Versorgungsstrukturgesetz diese Möglichkeiten für die Zukunft bietet. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie zum Beispiel eines der Programme zur Herzinsuffizienz über den Bundesrat in den Leistungskatalog aufnehmen lassen würden; denn es kann doch nicht sein, dass diese guten Programme immer nur Einzelnen, aber nicht der Breite der Versicherten bzw. in diesem Fall der chronisch Erkrankten zur Verfügung stehen.
Sie haben auch erwähnt - das klingt fast so wie ein Programm der Opposition -, Ihr Ziel sei es, an jeder bayerischen Hochschule einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin zu etablieren. Das ist 1 : 1 aus unseren Anträgen abgeschrieben, die wir seit Jahren gebetsmühlenartig stellen. Zur Erinnerung: Es gibt bisher
einen Stiftungslehrstuhl. Weiter zur Erinnerung: Sie regieren noch in diesem Lande.
- Das Wort "noch" war in diesem Satz gewissermaßen unterstrichen. Sie regieren in diesem Land, Sie müssen das tun. Es ist wirklich ein Treppenwitz, das jetzt in dieser Regierungserklärung anzukündigen. Dadurch passiert überhaupt nichts. Natürlich ist da auch der Wissenschaftsminister gefragt, Herr Heubisch, er ist jetzt nicht mehr da. Es genügt nicht, das in Grußworten bei Ärztetagen und ähnlichen Veranstaltungen zu versprechen, sondern das muss man irgendwann auch umsetzen. Die Versprechungen sind schon wirklich uralt.
Herr Staatsminister, Sie haben mit keinem Wort die Verwerfungen durch schichtenspezifische Ungleichheit im Zusammenhang mit Krankheit und Tod auch in Bayern erwähnt. Das ist kein typisch bayerisches Phänomen, dieses Problem ist auch nicht von Ihnen verursacht, aber es gibt nun einmal einen ganz engen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Lebenslage. Problematische Lebenslagen führen zu gesundheitlichen Problemen, und Menschen mit gesundheitlichen Problemen haben ein größeres Risiko abzusteigen. Das ist ein Teufelskreis, und um ihn zu durchbrechen, bedarf es geeigneter Präventionsstrategien. Die Landeszentrale für Gesundheit hat mit dem "regionalen Knoten" einen Anfang gemacht. Darauf müssen wir in Zukunft unser Augenmerk sehr viel stärker schon deswegen legen, weil sonst Ihre Theorie nicht mehr stimmt, dass die Neugeborenen eine immer höhere Lebenserwartung haben. Ich kenne übrigens auch Studien, die das zunehmende Risiko durch das metabolische Syndrom und durch andere Erkrankungen einbeziehen und aussagen, dass diese Generation kürzer leben wird als ihre Eltern. Auch vor dem Hintergrund der sozialen Ungleichheit muss man sich damit schnell, ernsthaft und konkret beschäftigen.
Sie wollen jetzt natürlich auch ein neues Zentrum, in dem Fall für Prävention, einrichten. Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn es um Prävention geht. Wir gehören auch nicht, wie so manche Gesundheitsökonomen, zu denen, die sagen, Prävention bringe nichts. Solche Theorien gibt es auch. Wir halten Prävention für sehr wichtig. Wir wüssten aber schon gerne, wie Sie das alles finanzieren wollen. Sie wollen dieses Zentrum am Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ansiedeln und die Mitarbeiter des öffentlichen Gesundheitsdienstes bei Präventionstagen sehr in die Pflicht nehmen. Deren Nachhaltigkeit möchte ich in
aller Form bezweifeln. Außerdem: Wer soll das denn leisten, nachdem die Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst massiv heruntergefahren worden sind? Wenn Sie mehr Prävention wollen und wenn Sie den Gesundheitsämtern an den Landratsämtern und an den Regierungen mehr Aufgaben in diesem Bereich zuweisen, müssen Sie das mit der entsprechenden Ausstattung verbinden;
sonst wird es dabei bleiben, dass Sie in einer Regierungserklärung etwas ankündigen, was dann nicht passiert. Woher also sollen die Mittel für dieses neue Zentrum für Prävention kommen? Im bayerischen Haushalt stehen sie bisher nicht. Was passiert mit der Landeszentrale? Wird da eine Doppelstruktur geschaffen? Ich sage hier und heute: Die Landeszentrale ist eine seit 1972 bewährte und wichtige Institution, die es in 16 Bundesländern gibt und die wertvolle Arbeit geleistet hat und leistet. Doppelstrukturen sollte man in jedem Fall vermeiden.
Sie haben zu Recht von der Notwendigkeit der Präventionsangebote für Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen. Wie soll das denn passieren, und wie wird das finanziert? Wir brauchen für diesen Personenkreis nicht nur Präventionsangebote, sondern mindestens in den Ballungszentren auch deutlich mehr Therapieangebote. Gilt zum Beispiel Ihre Aussage zu den Sonderbedarfszulassungen auch für muttersprachliche Ärzte in München und Nürnberg? Zumindest in der sprechenden Medizin, zum Beispiel in der Psychiatrie, entsteht ein Riesenproblem, wenn es keine muttersprachlichen Ärzte gibt, weil diese Menschen dann von der Versorgung völlig abgehängt sind.
Sie haben zu Recht auf das Kostenbewusstsein der bayerischen Ärzte in Bezug auf Arzneimittelausgaben hingewiesen. Weil die politische Welt und das Gesundheitssystem insgesamt undankbar und kurzlebig sind, darf ich an dieser Stelle schon noch sagen, dass das das Verdienst der Kassenärztlichen Vereinigung, und ganz besonders ihres damaligen Vorsitzenden Dr. Munte war, der gegen große Widerstände eine herstellerunabhängige Praxissoftware durchgesetzt hat. Daraus resultieren Kostensenkungen der deutschen Ärzte bei den Arzneimitteln. Wir könnten die Kosten noch stärker senken, wenn Ihre Partei in Berlin nicht seit Jahrzehnten eine Positivliste verhindern würde.
Was auch völlig fehlt - jetzt ist leider der Landwirtschaftsminister Brunner nicht mehr da, vielleicht richten Sie es ihm aus -, ist interdisziplinäres Arbeiten an Themen, zum Beispiel im Falle Ernährung. Da macht das Landwirtschaftsministerium in der Tat gute Dinge. Auch da muss man sich aber fragen, ob man damit tatsächlich die Leute erreicht, die man erreichen will. Häufig stehen diese Angebote stärker der interessierten Schicht der Bildungsbürger zur Verfügung und werden von jenen angenommen, die nicht die Zielgruppe sind. Sie müssten hinsichtlich Krankheiten, die durch Ernährung und Bewegungsmangel bedingt sind, mit anderen Ministerien viel stärker kooperieren, wenn Ihnen tatsächlich daran gelegen wäre, die gesundheitliche Versorgung in Bayern noch zu verbessern und zu optimieren. Es geht nämlich tatsächlich auch das haben Sie ganz richtig gesagt - um die Gesundheit der Menschen in Bayern und nicht, wie es manchmal unser Eindruck ist, um den Wettbewerb "The sexiest health minister alive".
In diesem Sinne bitten wir Sie, die konkreten Maßnahmen tatsächlich durchzuführen und nicht nur mit prosaischen Auftritten hier in diesem Hause die Lage an der einen oder anderen Stelle schönzureden.
Geschätzte Frau Kollegin Meyer! Ich hätte Sie gerne gefragt, wann Ihnen die Erkenntnis gekommen ist, die Sie uns jetzt so vollmundig geschildert haben, nämlich dass die Forderung, die auf Ihr Betreiben in Ihren Koalitionsvertrag geschrieben worden ist, unsinnig und unseriös ist. Das hätte mich wirklich interessiert. Ich stelle also fest: Sie behaupten, dass das, was in Ihrem Koalitionsvertrag steht, unseriös und unsinnig sei.
Ich stelle weiter fest, dass Sie diese Art der Politik nicht nur in diesem Hause, sondern auch an anderer
Stelle machen. Es bleibt für uns zu hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler das nicht nur merken, sondern daraus auch angemessene Rückschlüsse ziehen werden. Das ist wohl der Stil des Hauses, dass Sie vorher Dinge versprechen, die einzuhalten Sie nachher nicht bereit sind. Das werden sich die Menschen und die Eltern in Bayern merken. Das hoffen wir alle.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Eisenreich, wir würden Ihnen darin explizit zustimmen, dass wir Geld brauchen. Aber über die Höhe können wir uns ad hoc nicht einig werden; denn ich behaupte, wir werden viel Geld brauchen.
Frau Kollegin Meyer, ich beginne jetzt mit dem Positiven: Wir haben vorhin über die Hürden für Arbeitgeber bei der Einstellung von Menschen mit Behinderungen gesprochen. Frau Steiger und ich haben gemeinsam eine schwerbehinderte Mitarbeiterin eingestellt. Wir haben - im Gegensatz zu dem, was mir Arbeitgeber gelegentlich erzählen - die Erfahrung gemacht, dass das völlig unbürokratisch, mit ganz wenig Aufwand und sehr guter Betreuung durch das Integrationsamt der Landeshauptstadt München geschah. Ihren Bericht kann ich aus eigener Erfahrung auf keinen Fall bestätigen.
Aber mein Thema ist eigentlich ein völlig anderes: Ich möchte Ihr Augenmerk auf einen Teil der von Inklusion betroffenen Menschen lenken, der sehr wenig im Fokus steht. Das macht sich auch dadurch bemerkbar, dass im Rahmen dieser Debatte noch niemand von ihnen gesprochen hat, nämlich von den Menschen mit psychischen Behinderungen.
Frau Kollegin Ackermann, psychisch oder seelisch, aber nicht psychisch und seelisch, weil es das Gleiche bedeutet, aber in unterschiedlichen Sprachen ausgedrückt ist. Die psychische Behinderung zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht sichtbar und damit auch für das Umfeld erst mal nicht wahrnehmbar ist. Es ist für nicht behinderte Menschen schwieriger, mit psychisch Behinderten umzugehen. Das macht diese Behinderung zu einem sehr sensiblen Bereich. Dennoch ist es ein wichtiger Punkt, wenn wir Inklusion umsetzen wollen. Da reicht es nicht, in der Interpellation auf die Grundsätze der Staatsregierung zu verweisen. Ich sage nicht einmal, dass die Grundsätze im
Vergleich zum früheren Plan auf dem Gebiet der Psychiatrie ein Rückschritt sind. Es geht eben nicht um Grundsätze, sondern um Inklusion in allen Lebensbereichen.
Ein Expertenkreis, den Sie einrichten wollen, ist sicherlich schön, aber blanker Hohn, wenn er im Ministerium für Umwelt und Gesundheit angesiedelt werden muss, wo bei der Umressortierung der Psychiatrie definitiv keine einzige Stelle aus dem Sozialministerium mitgegangen ist. Das zeigt ein bisschen den Stellenwert, den die Psychiatrie bei der Bayerischen Staatsregierung hat; denn diejenigen, die das Ganze zusätzlich schultern, können das zeitlich sicher nicht mehr bewältigen. Herr Dr. Söder, hören Sie mir zu? Gerade Sie können sich dafür einsetzen.
Wir haben eine zunehmende Diskrepanz zwischen einer zunehmenden Zahl von Menschen mit psychischen Erkrankungen und einer stagnierenden, wenn nicht abnehmenden Beschäftigung der Gesellschaft, ausgenommen so punktuelle Hypes in dramatischen Fällen wie bei Robert Enke, Sebastian Deisler, Ralf Rangnick oder anderen psychisch Erkrankten aus dem Sportbereich. Mit den Schlagzeilen verschwinden auch die Themen wieder.
Es gibt immer noch Anwohnerproteste, wenn psychiatrische Kliniken errichtet werden sollen, etwa aktuell in meinem Landkreis. Wir haben fehlendes Wissen bei der Bevölkerung.
Eines der massiven Probleme betrifft die Frage: Wie integriere oder reintegriere ich Menschen mit psychischer Behinderung in den Arbeitsmarkt? Holland steht auf diesem Gebiet wesentlich besser da als wir und die gesamte Bundesrepublik. Die Aufzählung der sicherlich guten Projekte in der Interpellation ist zwar korrekt. De facto werden aber in all diesen Bereichen sowohl von den Bezirken als auch unter tätiger Mithilfe oder unter Federführung der FDP im Bund die Gelder reduziert. Wir haben einerseits eine steigende Anzahl von Menschen, die das Angebot brauchen, andererseits sinkende finanzielle Mittel. Das passt nicht zusammen.
Mit keinem Wort erwähnt ist in der Interpellation die Frage: Was tut die Staatsregierung im eigenen Zuständigkeitsbereich? Sie haben im letzten Jahr immerhin den Ehrenpreis für "JobErfolg 2010" einer Firma verliehen, die Menschen mit psychischen Behinderungen einstellt. Das tun Sie in Ihren Ministerien nicht. Fangen Sie selbst an, präventiv und im Sinne der Reintegration Menschen mit psychischer Behinderung zu beschäftigen! Dann ändert sich auch in Ihren
eigenen Köpfen etwas und sind Sie ein Vorbild dafür, dass sich auch in den Köpfen der anderen etwas tut.
Gleiches gilt für die spezifischen Barrieren, die Menschen mit Behinderungen in Ämtern und Behörden haben. Das ist ein Riesenthema. Denn der Zugang zu Ämtern und Behörden für Menschen mit Psychosen ist unüberwindbar. Ich gebe zu, dass es sehr schwierig ist, Lösungen zu finden, weil zum Beispiel Fristüberschreitungen oder Fristignorierungen nicht generell nicht geahndet werden können. Trotzdem ist dies ein Problem, das Menschen mit psychischen Behinderungen haben und für das man Lösungen finden muss. Das ist ein langer Weg, der übrigens kein Geld kostet.
Herr Eisenreich, man muss sich darüber Gedanken machen und mit Experten und vor allen Dingen mit den Betroffenen Lösungsansätze finden. Damit muss man irgendwann anfangen. Da sehen wir massive Defizite.
Wir sind gerne bereit, auch ich persönlich, uns an einem solchen Prozess zu beteiligen. Ich hoffe, dass diese Interpellation und die Beschäftigung mit dem Thema Inklusion dazu führt, dass sich in den Köpfen und im Handeln der Staatsregierung Positives bewegt.
Herr Kollege Pohl, ich darf Ihren Beitrag an einer Stelle verbessern und an einer anderen Stelle ergänzen. Mitnichten ist es so, dass die Bahnhöfe im Ballungsraum München
barrierefrei sind. Es gibt Dutzende von S-Bahnhöfen, wo das überhaupt nicht der Fall ist. Ganz aktuell liegen zwei Petitionen vom Behindertenbeirat für die Stationen Buchenau und Puchheim der S 4 vor, die mit Tausenden von Unterschriften im dichtest besiedelten Landkreis Bayerns Barrierefreiheit fordern. Selbst wenn der Zugang barrierefrei ist, hilft das nichts. Am Bahnhof Isartor ist die Rolltreppe auf der einen Seite seit nunmehr dreieinhalb Monaten nicht in Betrieb, und das an einer der Stellen, wo die Bahnhöfe kurz vor dem Isardurchstich am tiefsten liegen. Eine Zeit lang war auch noch die hintere Rolltreppe defekt. Am Bahnhof Fürstenfeldbruck ist die Rolltreppe seit fünf Wochen außer Betrieb.
Ein Rollstuhlfahrer, der versucht hat, sich dort fortzubewegen, hat bei der einschlägigen Servicenummer die Auskunft bekommen, er möge doch bis zum Bahnhof Buchenau fahren. Der ist aber auch nicht barrierefrei. Nach meinen Ermittlungen ist die Unterabteilung "Station und Service" dafür verantwortlich. Es ist ein Riesenskandal, dass Barrierefreiheit selbst da, wo sie theoretisch bestehen müsste, praktisch nicht existiert. Man kann von einem Menschen mit Behinderung auch nicht erwarten, dass er sich jedes Mal, bevor er in die S-Bahn steigt, per Telefon erkundigt, ob die Rolltreppe oder der Aufzug funktioniert. Wir sind auch im Großraum München noch Lichtjahre von einer echten Barrierefreiheit bei öffentlichen Verkehrsmitteln entfernt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit einigen Wochen beschäftigt das Thema "Ehec" die Menschen in diesem Land. Es gibt viele Erkrankte und sogar Tote. Der zuständige Minister, der sonst keine Gelegenheit auslässt, seinen Kopf vor eine Kamera zu halten, ist auf Tauchstation. Herr Dr. Söder, wo waren Sie? - Keine einzige Pressemeldung zu dem Thema, auch nicht von Ihrer Staatssekretärin. Von ihr wird mitgeteilt, dass sie Saurierfußspuren entdeckt hat. Sie lassen sich mit der OtterBroschüre im Nationalpark fotografieren. Ich gebe zu, das Thema "Diarrhö" oder "Durchfall" eignet sich natürlich nicht für schöne Bilder. Ihre Fraktion hat aber
offensichtlich erkannt, dass das Thema wert ist, hier in diesem Haus besprochen zu werden. So schätze ich auch diesen Dringlichkeitsantrag ein.
Herr Kollege Dr. Hünnerkopf, Ihren Dank an die zuständigen Behörden teilen wir ganz ausdrücklich. Sehr geehrter Herr Dr. Zapf, herzlichen Dank.
Ich bitte Sie, diesen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterzugeben.
Dem Minister zu danken, dafür gibt es überhaupt keinen Anlass. Herr Kollege Dr. Hünnerkopf, Sie haben ein Problem damit, Kompetenzen an den Bund abzugeben; Ihr Minister hat das nicht. Er hat nämlich gestern, jedenfalls wenn ich die "Welt" richtig gelesen habe, genau das in der Ministerrunde angeboten. Wir werden dem CSU/FDP-Dringlichkeitsantrag zustimmen.
- Ich habe leider nicht verstanden, was Sie gesagt haben, sonst würde ich gerne darauf antworten.
- Da sehen Sie einmal: An der Stelle hätte ich Sie gar nicht gerügt. Aber wenn es der Präsident tut, kann ich nichts dagegen machen.
Dem Dringlichkeitsantrag der CSU und der FDP werden wir selbstverständlich zustimmen, auch wenn uns die Frage nach den Krankenhauskapazitäten hoffnungslos unsinnig erscheint. Im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf werden zurzeit 82 HUS-Patientinnen und -Patienten behandelt. Das ist genau die Zahl von Menschen, die in Bayern an Ehec erkrankt sind. Die Krankenhauskapazitäten können Sie auf den Homepages des Ministeriums, der BKG und des LGL nachlesen. Das interessiert uns hier nicht. Selbstverständlich sind aber auch wir dafür, dass die bayerischen Landwirte entschädigt werden. Ich hätte mir sowohl vom Landwirtschaftsminister als auch vom Gesundheitsminister gewünscht, dass Sie sich vor unsere Landwirtschaft stellen; denn es war von Anfang an klar, dass das Risiko, dass dieser Keim aus bayerischen Betrieben kommt, gegen null geht. Bei einem vernünftigen Umgang hätte man bayerisches Gemüse
essen können, auch Salat, Gurken und Tomaten. Der Landwirtschaftsminister hätte die Möglichkeit gehabt, die regionale und Direktvermarktung zu stärken, wie wir es in unseren Stimmkreisen alle getan haben.
Aber wie gesagt: Wir werden Ihrem Dringlichkeitsantrag trotzdem zustimmen.
Sie haben gesagt, Sie stimmen unserem Dringlichkeitsantrag nicht zu, weil die Landwirtschaft nicht genannt wird. Lieber Kollege Dr. Hünnerkopf, ich formuliere unseren Dringlichkeitsantrag dahingehend um, dass uns im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit und im Landwirtschaftsausschuss über die von uns gewünschten Punkte berichtet wird ergänzt um die Auswirkungen auf die bayerischen Gemüseerzeuger und, bitte schön, auch um den Punkt, ob die Entscheidungsstrukturen ausreichend und effizient genug sind.
Ich sage Ihnen: Es ist ein Armutszeugnis, wenn Sie heute einem Berichtsantrag dazu nicht zustimmen; denn wir müssen Konsequenzen aus dem ziehen, was hier passiert ist.
Wir müssen uns auch darüber unterhalten, ob die personelle Ausstattung des LGL und der anderen bayerischen Behörden ausreicht. Wir hatten den DioxinSkandal, jetzt haben wir Ehec. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Das wird nicht das letzte Geschehen sein. Das wird nicht immer mit dem bestehenden Personal zu schaffen sein. Deswegen möchten wir uns im Ausschuss darüber unterhalten.
Wir wollen uns auch über die Notwendigkeit einer zentralen Meldestelle unterhalten. Im Moment sieht die Situation so aus: Es gibt eine Meldung an das lokale Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt nimmt die Meldung entgegen. Wenn es zufällig gleichzeitig viele Meldungen in einem Bereich gibt, dann wird das schnell weitergegeben. Wenn es aber in benachbarten Gesundheitsämtern ebensolche Meldungen gibt, ist der Meldeweg länger. Deswegen stellen wir uns die Frage, ob unter Umständen für Ehec oder andere Geschehen eine zentrale anonyme Meldung notwendig ist, die man bayernweit oder deutschlandweit auf die Karte übertragen kann. Daran könnte man sehr viel schneller erkennen, dass etwas passiert. Das würde unter Umständen auch die Spurensuche deutlich erleichtern. Wir haben uns da nicht festgelegt und haben diese Frage noch nicht entschieden. All diese Themen würden wir in nächster Zeit gerne im Ausschuss mit Herrn Dr. Zapf und den zuständigen Experten diskutieren. Ich bitte Sie ganz herzlich um Ihre
Zustimmung. Ihrem Wunsch, das Thema Landwirtschaft einzubeziehen, kommen wir sehr gerne nach.
Beim Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN sehen wir im ersten Absatz ein Problem. Die Forderung nach besserer Koordination und klarerer Kompetenzaufteilung ist für uns zu vage. Wir wollen erst den Bericht hören und dann sehen, wo Defizite sind, um zielgenaue Forderungen davon abzuleiten. Dass wir die Forderung nach mehr Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleuren unterstützen, ist systemimmanent. Diesen Antrag stellen wir bei allen Haushalts- und Nachtragshaushaltsberatungen. Dem würden wir natürlich auch an dieser Stelle zustimmen. Aufgrund des ersten Antragsteils werden wir uns beim Antrag der GRÜNEN enthalten.
Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie wirklich dringend, dieses Geschehen in aller Ruhe und mit der gebotenen wissenschaftlichen Ernsthaftigkeit im Ausschuss aufzuarbeiten. Ich bitte Sie, diesen Berichtsantrag nicht abzulehnen.
Herr Staatsminister, uns, der SPDFraktion, zu unterstellen, wir würden dieses Thema für politische Debatten ausschlachten, ist schlicht und ergreifend eine Frechheit. Diesen Vorwurf weise ich in aller Entschiedenheit zurück.
Dieses Thema hat heute die CSU-Fraktion - Ihre Fraktion! - auf die Tagesordnung gesetzt, und das mit einem Antrag, der in beiden Teilen inhaltlich dünn ist. Wir stimmen ihm dennoch zu. So viel zu diesem Thema.
Unseren Antrag hatten wir bereits im Vorrangverfahren, um genau das zu tun, was Sie auch fordern, nämlich ernsthaft Fragen zu stellen und im Ausschuss zu debattieren. Ich habe an keiner Stelle - außer in Bezug auf Ihre Nicht-Außenwirkung - einen Vorwurf gemacht. Im Gegenteil, ich habe die Mitarbeiter des LGL bereits gelobt. Ich dehne das Lob explizit auf Ihre Mitarbeiter im Ministerium - Herrn Dr. Hierl und andere - aus. Es ist nicht nur unser Recht, sondern es ist unsere Pflicht als Parlamentarier, genau diese Fragen zu stellen.
Wenn das Geschehen abgeklungen ist - vorher ist im Ausschuss ohnehin keine Gelegenheit -, müssen wir uns alle, wie Sie richtig gesagt haben, all den aufgeworfenen Fragen zu stellen und uns dann überlegen, ob und wenn ja, welche politischen Konsequenzen zu ziehen sind.
Noch einmal: Ich habe bisher an keiner Stelle irgendjemandem einen Vorwurf in der Sache gemacht, weder in Bayern noch in Berlin. Tatsache ist aber,