Der Umweltminister hat heute eine Regierungserklärung abgegeben, die dem Ernst der Lage und den Notwendigkeiten voll gerecht geworden ist.
In Berlin hat heute die Kanzlerin ebenfalls eine Regierungserklärung abgegeben. Was sie gesagt hat, möchte ich hier ausdrücklich unterstreichen. Sie hat nämlich die Notwendigkeit ausgesprochen, europäische Standards für die Sicherheit zu formulieren.
Nun könnte ich der Opposition sagen: Sie waren lange genug in der Regierung. Die Kernkraftanlagen, die vor 1980 in Betrieb gegangen sind, sind nach Vorschriften der seinerzeitigen sozialliberalen Koalition genehmigt worden.
Was die heute laufenden Kernkraftwerke betrifft, ist gesagt worden, Isar 1 sei zu unsicher und müsse sofort vom Netz genommen und stillgelegt werden. Dazu muss ich sagen: Die Regeln, nach denen Isar 1 läuft, sind die Regeln der rot-grünen Koalition. Die hat diese Regeln aufgestellt. Und da hat die Opposition hier die Frechheit, zu sagen, diese Regeln genügten den Ansprüchen nicht. Wenn irgendwo die Glaubwürdigkeit völlig fehlt, dann ist das bei der Energiepolitik der GRÜNEN der Fall. Wer gegen alles ist, wer gegen Kernkraft ist, wer gegen Kohlekraftwerke ist, wer gegen Stromleitungen ist, wer gegen Speicheranlagen ist, sollte woandershin gehen; denn er passt nicht in die politische Verantwortung.
Die Kanzlerin hat heute angekündigt, sie werde schon beim nächsten Europäischen Rat dieses Thema ansprechen. Dann wird es auf die Tagesordnung kommen. Es kommt auch beim Treffen der G 20 auf die Tagesordnung.
Warum ist dies wichtig? Weil der Anschein, durch Ausstieg und Abschaltung von Kernkraftwerken in Deutschland würde den Menschen mehr Sicherheit zuteil werden, eigentlich eine Täuschung der Menschen, eine Illusion ist. In meiner niederbayerischen Heimat sind die Sorge und die Angst der Menschen vor Kernenergie im Ausland wahrscheinlich größer als die vor Isar 1 und 2. Deshalb kann man nicht sagen: Wir steigen isoliert aus, und dann ist alles gut; dann haben wir die Menschen beruhigt.
Man sagt den Menschen vielleicht: Ihr braucht keine Angst zu haben. Aber das ist grob unehrlich. Denn wenn es in Europa 150 Kernkraftwerke gibt - da muss man sich einmal die Karte anschauen, angefangen in Deutschland über die Niederlande, Belgien und Frankreich bis Tschechien und Polen -, dann müssen wir sagen: Wir sind von Kernkraftwerken umzingelt. Mehr Sicherheit gibt es nur dann, wenn diese Kernkraftwerke insgesamt auf einen höheren Sicherheitsstandard gebracht werden.
Deshalb nutzt ein isolierter Ausstieg in Deutschland überhaupt nichts, wenn es uns nicht gelingt, die Sicherheit auf europäischer Ebene zu verbessern.
Weiter ist gesagt worden - ich weiß nicht, von wem -: Wenn wir aussteigen und auf regenerative Energien setzen, wird sich alles an Deutschland orientieren. Daraus spricht eine Art Ökoimperialismus, der da unterstellt wird.
Das gleiche Argument habe ich aber schon im Jahr 2000 gehört, als Rot-Grün den Deal mit der Begrenzung gemacht hat. Seinerzeit ist gesagt worden: Wenn Deutschland aussteigt, werden sich ganz Europa und die Welt nach Deutschland richten.
Da können wir doch jetzt nach zehn oder elf Jahren den Test machen. Wer richtet sich denn bisher nach Deutschland? Niemand! Schweden ist neu eingestiegen. In Finnland wird gebaut. In Frankreich geht es weiter. Auch in Großbritannien geht es weiter. Von den USA gar nicht zu reden, auch von China nicht zu reden. Trotz aller Schwierigkeiten und Sorgen, die wir haben, ist weltweit eine Renaissance der Kernkraft eingetreten und niemand hat sich nach dem rot-grünen Ausstiegsszenario in Deutschland gerichtet.
Deshalb kommen wir so nicht weiter. Es macht keinen Sinn, zu sagen, wir müssten von heute auf morgen aussteigen. Das können wir bei 60 % Kernenergie in Bayern und fast 30 % in Deutschland gar nicht realisieren. Das ginge nur dann, wenn wir stärker auf Stromimporte setzten. Aber es ist in unseren Augen unverantwortlich, die sicheren Kernkraftwerke in Deutschland stillzulegen und aus unsicheren Meilern in Ost und West Strom zu beziehen.
Wir sind uns doch einig, dass man die Problematik von allen Seiten beleuchten muss. Es wird sicherlich keine Neubauten geben, und die Kernkraft ist endlich. Sie wird auslaufen. Das ist eine Frage der Zeit. Die
Frage bleibt allerdings, wann. Zugegebenermaßen ist es notwendig, eine sichere Energieversorgung anderweitig aufzubauen, und da sagen wir: Je schneller das gehen soll, umso stärker müssen zunächst Kohle und Gas eingesetzt werden. Da kann man nicht einerseits an die Gletscher denken, an die Pole und an das Klima und fordern, unbedingt etwas zu tun, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren, und andererseits feststellen, die Regierung tue zu wenig für den Klimaschutz, wenn wir einen Tag später wieder die Energiepolitik diskutieren. Da ist man für den Ausstieg aus der Kernenergie und nimmt in Kauf, dass neue CO2Schleudern errichtet werden. Wer so handelt, handelt politisch schizophren.
Das muss auf einen Nenner gebracht werden. Deshalb müssen wir dazu kommen, parallel und sehr schnell, möglicherweise schneller als geplant, regenerative Quellen zu erschließen.
Und in diesem Zusammenhang eine Anmerkung an die linke Seite des Hohen Hauses: Abstrakt und theoretisch sind Sie möglicherweise für alles, aber wenn es dann konkret werden soll, sind Sie dagegen. Ich denke nur an die Umgehungsstraßen, neue Stromleitungen oder die Speicherkapazitäten.
So kann man das nicht machen, meine Damen und Herren. Sie sagen nun, Sie seien bereit, mehr für die Wasserkraft zu tun. Ich biete Ihnen hier einen Pakt für mehr Wasserkraft an.
Ihre Parteifreunde vor Ort, die Naturschützer und dergleichen, sind aber im Grunde schon gegen jedes kleinste Wasserkraftwerk. Das gilt auch für das Bauen von Fischtreppen und ähnliches.
Ich bin auch dafür, im Bereich der Photovoltaik wie auch bei der Windenergie mehr zu tun. Jeder, der im Wirtschaftsausschuss ist, weiß das doch, Herr Kollege Muthmann. Aber wir erhalten seit Jahren ständig nur Eingaben gegen die Windkraftanlagen. Niemand ist dafür, alle sind dagegen. Und hinzu kommt noch, dass Sie den Einwendern vor Ort dann immer recht geben und sagen, die böse CSU sei schuld. Nein, meine Damen und Herren, so kann sich ein Einzelner verhalten, aber nicht eine Partei, die voll in der politischen Verantwortung steht.
Bayern hat nicht deshalb 60 % Kernenergie, weil wir Kernenergie-Fetischisten oder verrückt nach dieser Technologie wären. Der Wirtschaftsminister hat vielmehr zu Recht gesagt, dass wir eine sichere Energieversorgung brauchen. Und da kann man keine Vergleiche ziehen, wie es Herr Wörner getan hat, hier habe man soundso viele Arbeitsplätze und dort soundso viel. Eine sichere und preiswerte Stromversorgung ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft insgesamt.
Wir haben hohe Löhne, wir haben wenige Rohstoffe, wir sind ein hochtechnisiertes Land. Ohne eine sichere und preisgünstige Stromversorgung sind viele Arbeitsplätze in Deutschland nicht zu halten. Diese wandern ab in Länder mit Billigenergie aus Kernkraftwerken mit geringerer Sicherheit. Das kann kein Mensch wollen.
Mir geht es deshalb darum zu sagen: Wir müssen den Mut haben, den Menschen im Lande einen realistischen und gangbaren Weg aufzuzeigen. Es ist viel einfacher, den Menschen vorzumachen, wenn wir morgen alle Kernkraftwerke schlössen, hätten wir Sicherheit und gleichwohl könnte es so weitergehen wie bisher. Dieser Eindruck wird doch von Ihnen erweckt. Leider aber seien die Fetischisten dazu nicht in der Lage. Nein, meine Damen und Herren, so geht das nicht. Wir müssen den Menschen doch sagen, welche Konsequenzen das für die Sicherheit, für die Preise, den Ausbau der Infrastruktur und für regenerative Energien wie Windanlagen, Stromleitungen und ähnliches hat. Ich meine, die Verantwortung liegt leider nicht bei denen, die im Zweifel gegen alles sind. Wir sind bereit, Verantwortung für das Land zu tragen, für eine sichere, vernünftige und umweltfreundliche Strom- und Energieversorgung.
Herr Kollege Huber, Ihre reguläre Redezeit ist abgelaufen; ich kann Ihnen aber in Aussicht stellen, dass Sie noch ein paar Zugaben bekommen. Wir haben zwei Zwischenbemerkungen vorliegen.
Dann möchte ich abschließend nur noch sagen, dass ich mich für die Zustimmung von CSU und FDP bedanke. Ich glaube, ich kann sagen: Wir haben gemeinsam den Mut und die Kraft, eine vernünftige Energiepolitik für die Zukunft dieses Landes zu gestalten.
Vielen Dank, Herr Kollege. Mir liegen im Moment zwei Meldungen für Zwischenbemerkungen vor. Zur ersten Zwischenbemerkung darf ich Kollegin Christine Kamm das Wort erteilen.
Eine kleine Vorbemerkung, Herr Huber. Wir sind nicht beim politischen Aschermittwoch. Wir brauchen eine sachliche Debatte.
Zu Ihren Ausführungen zur Sicherheit Folgendes: Wir hatten neulich in Buttenwiesen, in der Nähe von Gundremmingen eine Debatte mit Vertretern des Bundesamtes für Strahlenschutz zum Thema Sicherheitsphilosophie. Dort wurde sehr deutlich dargelegt, dass die Sicherheitsphilosophien der verschiedenen Länder in durchaus unterschiedliche Sicherheitsmaßnahmen und Regeln münden: Wenn ein japanisches AKW nach deutschen Regeln nicht möglich sei, beweise das überhaupt nicht, dass ein deutsches AKW nach den Regeln anderer Länder möglich wäre. Abgesehen davon ist es so, dass die momentan in Deutschland vorhandenen AKWs nach den neuen deutschen Regeln gar nicht möglich sind. Insofern sollten Sie mit Ihren Ausführungen zur Sicherheit der deutschen AKWs mal halblang machen.
Nächster Punkt: Können Sie verstehen, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande die Sorge habe, verhohnepipelt zu werden, wenn sie jetzt hören, Frau Merkel habe mit irgendwelchen Ministerpräsidenten irgendwelche Vereinbarungen getroffen und ein Moratorium beschlossen, obwohl überhaupt nicht ersichtlich ist, dass durch solche Gremien, die im Grunde dazu gar nicht legitimiert sind, irgendwelche Ausstiegsmöglichkeiten tatsächlich umgesetzt werden können und Versprechungen gemacht werden, die sich rechtlich nicht halten und durchsetzen lassen?
Die Regeln, nach denen die Kernkraftwerke in Deutschland heute betrieben werden, sind im Wesentlichen etwas verbessert und werden weiterentwickelt. Bei den Regeln, die von RotGrün in Deutschland verfügt worden sind, waren Sie dabei. Jetzt heute hier zu sagen, alles sei mehr oder weniger Makulatur und bringe nichts für die Sicherheit, ist nicht nur widersprüchlich, sondern spiegelt auch nicht den Stand der Information wider.
Es sind dies die Regeln, die Sie gesetzt haben. Ein Ausstieg würde bedeuten, dass die Kernkraftwerke nach dem jetzigen Stand zwölf Jahre weiterlaufen können, und zwar nach den gleichen Regeln. Sie können hier doch nicht sagen, das Ganze sei unsicher und unverantwortlich, man dürfe das nicht machen, wenn Sie seinerzeit im Jahre 2000 den Betreibern der Kernkraftwerke zugesichert haben, sie könnten damit rechnen, dass diese Regeln für die Restlaufzeiten nicht verschärft würden.
Seinerzeit hat Rot-Grün Laufzeiten festgelegt, ohne die Sicherheitsvorschriften zu verändern. Es gab sogar die Garantie, dass sie in den nächsten 20 Jahren nicht verschärft werden. Das halte ich für unverantwortlich.