Ihr zweites Kernziel war Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Wir sagen dazu: Nicht einmal im Ansatz.
Die dritte Forderung: Mehr Freiräume für die Bürger, aber starker Staat zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge und zum Schutz der Bürger. Herr Ministerpräsident, wenn damit Repression und das Ausspionieren gemeint sind - die Fälle sind jüngst bekannt geworden -, dann ist dies eine Politik, die wir nicht mittragen wollen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an das Versammlungsgesetz.
Der vierte Punkt ist besonders schön. Herr Ministerpräsident, Sie haben ausgeführt, Sie wollten den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft stärken. Ich erinnere hier an den Ausstieg vom Ausstieg. Damit haben Sie den Zusammenhalt in der Gesellschaft wirklich gestärkt.
Ich komme damit auf die Punkte in Ihrer Rede, die besonders wichtig waren, nämlich zum Finanzmarktdebakel und der Wirtschaftskrise. Was waren hier die Handlungsnotwendigkeiten, und was ist geschehen? Kaum schien es so, dass die Folgen der Wirtschaftskrise ausgestanden bzw. partiell ausgestanden sind, da kamen schon die nächsten Krisen. Die Verschuldenskrise, die sogenannte Eurokrise, alles das stand ins Haus. Wir hatten es aber vor dem Finanzmarktdesaster schon mit jeder Menge Krisen- und Alarmzeichen zu tun. Ich zähle ein paar auf: Es waren die
spürbare Verknappung von Rohstoffen und fossilen Energieträgern, der Klimawandel mit seinen drohenden katastrophalen Auswirkungen, die Welternährungskrise und die immer größer werdenden Disparitäten vor allem zwischen Nord und Süd. All diese Alarmzeichen, die immer stärker auf uns zugekommen sind, haben nur eines signalisiert: Wir haben es mit einer Systemkrise zu tun, wir haben es mit einem Systemversagen zu tun. Wir haben bisher immer wieder betont, dass Wirtschaften das haushälterische Umgehen mit knappen Ressourcen bedeutet. Tatsächlich passiert aber genau das Gegenteil. Unsere Wirtschaftsweise und unser Lebensstil basieren auf Ausbeutung und Verschwendung, vor allem auf Ausbeutung von Umwelt, Natur und Menschen in anderen Erdteilen. Für uns GRÜNE heißt das: So kann und so darf es nicht weitergehen. Eigentlich waren wir in den Debatten in diesem Haus schon einmal weiter gewesen.
Wir haben gesagt, dass ein radikales Umsteuern in der Finanzpolitik, in der Steuerpolitik und in der Wirtschaftspolitik notwendig ist. Selbstverständlich ist auch die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte wichtig. Wir müssen uns schleunigst um mehr Umwelt- und Klimaschutz, um Eine-Welt-Gerechtigkeit, aber auch um Verteilungsgerechtigkeit bei uns kümmern. Wir haben jede Menge wichtiger Aufgaben. Was ist aber passiert? Erst einmal waren alle sehr erschrocken. Dann wurde signalisiert, dass sich etwas ändern muss. Es wurde Betroffenheit gezeigt, oder es wurde Betroffenheit nur vorgetäuscht. Tatsächlich geschehen ist nichts oder fast nichts. Bei der Finanzmarktregulierung stellen wir weitgehend Fehlanzeige fest. Die Politik insgesamt und nicht nur die Wirtschaftspolitik ist auf Wachstum ausgerichtet. Es muss wieder ein großes Wachstum kommen, nur so kämen wir weiter.
In unseren Augen, Kolleginnen und Kollegen, ist eine solche Politik blind. Sie ist schlicht und ergreifend nicht zielführend.
Wir setzen uns dafür ein - dafür stehen auch unsere gut 150 Änderungsanträge, die wir zu diesem Haushalt eingebracht haben -, dass die ökologische Modernisierung vorangebracht wird, dass Innovationen angeschoben und unterstützt werden, dass die kommunale Daseinsvorsorge garantiert wird und dass eine gut funktionierende ökologische und sozial verträgliche Infrastruktur geschaffen und erhalten wird. Wir stehen für eine Politik, die auf der einen Seite das gesellschaftliche und auch individuelle Wohlergehen
fördern soll, die auf der anderen Seite auch der Begrenzung der Ressourcen Rechnung trägt. Wir wollen mithelfen, dass möglichst alle an der Wertschöpfung teilhaben können.
Der von mir vorhin schon angesprochene Kollege Schmid hat an dieser Stelle schon mehrmals aufgemerkt. Wir haben immer wieder gesagt, dass Bayern ein starker Wirtschaftsstandort ist. Wir wollen und sollen aber alle gemeinsam dafür sorgen, dass dies so bleibt. Wir müssen den Schwachpunkten und Defiziten entgegenwirken, damit Bayern weiterhin ein wirtschaftsstarkes Land bleiben kann. So rosig, wie Sie vorhin die Lage gemalt haben, Herr Ministerpräsident, schaut es nicht aus. Wir müssen beispielsweise nur das Ranking bei der Wirtschaftsdynamik betrachten. Bayern steht hier nicht an der Spitze, sondern eher im Mittelfeld. Sie haben die Disparitäten zwischen den einzelnen Regierungsbezirken oder den Arbeitsamtsbezirken angesprochen. Die sind weiterhin sehr groß. Deshalb muss man ganz klar konstatieren - einige der Vorredner hatten es schon angesprochen -, dass aus den gravierenden Versäumnissen der Staatsregierung Belastungen für Bayern drohen. Ich nenne als Beispiel die Bildungspolitik. Wir haben sehr wenige Abiturienten, dafür sehr viele Schulabbrecher. Wir haben sehr viele Abbrecher bei den Lehrstellen, dafür aber einen Mangel an Facharbeitern, ebenso einen Mangel an Ingenieuren. Hier ist einiges schiefgelaufen. Von Bildungsgerechtigkeit kann überhaupt keine Rede sein.
Statt sich um die Versorgung des ländlichen Raums mit Breitbandanschlüssen zu kümmern, haben Sie viel zu lange und intensiv dafür gesorgt, dass unsere Landschaft vor allem mit Straßen zubetoniert wird.
Herr Ministerpräsident, wir wollen keine Förderung überkommener Strukturen. Sie haben es diesmal sogar selber so formuliert. Wir wollen aber auch keine Förderung sündteurer Prestigeprojekte. Wir wollen keine Staats- und Spezlwirtschaft. Wir kämpfen für eine andere Finanzpolitik, eine andere Wirtschaftspolitik und eine andere Umweltpolitik. Wir haben in den letzten Jahren schon immer gesagt: Wir wollen eine Politik, welche die Energiewende unterstützt, den öffentlichen Verkehr voranbringt, damit Umwelt und Menschen gleichermaßen gut tut und dabei auch noch Arbeitsplätze schafft.
Herr Ministerpräsident, zu Ihren diesbezüglichen Ausführungen vor wenigen Minuten: Wir haben gar nichts gegen Feuerwehreinsätze zur Rettung angeschlagener Unternehmen, wenn sie angesagt und zielführend
sind. Mitnichten konnten Sie aber bei diesen Einsätzen nur glänzen. Es gab durchaus Fehlschläge und Missgriffe. Der Spruch vom letzten Mal "nicht wie Holzmann auf dem Holzweg" hat Sie doch relativ schnell eingeholt.
Herr Ministerpräsident, Sie scheinen wirklich Handeln und Wirkung in der Wirtschaftspolitik völlig falsch einzuschätzen. Bei der Wirtschaftspolitik geht es schon um mittelfristige oder längerfristige Auswirkungen. Dass Deutschland und Bayern gut dastehen, was sicher auch Ihrer Fakultät zuzuschreiben ist, ist auch einer Politik zu verdanken, die sich dafür eingesetzt hat, dass es weiterhin einen Industriebesatz gibt und dass wir keine so einseitigen Wirtschaftsstrukturen wie andere Länder haben. Dazu, dass Deutschland erst einmal relativ gut aus der Krise gekommen ist, hat mit Sicherheit auch die Agenda 2010 beigetragen. Das muss man ganz klar festhalten. Sie können sich nicht so sehr auf die Schulter klopfen, wie Sie es getan haben. Das ist in unseren Augen doch etwas verfehlt. Das können Sie vielleicht einmal in fünf oder zehn Jahren machen. Dann sei es Ihnen gerne gegönnt.
Bei einigen der Vorredner ist es ganz kurz angeklungen, wir halten es aber für ein eminent wichtiges Thema. Gestatten Sie mir ein paar Bemerkungen zur Eurokrise und zu den Paketen zur vermeintlichen Eurorettung. Dabei muss man ganz klar sagen, dass nicht der Euro, sondern eine einigermaßen zinsgünstige Finanzierung hoch verschuldeter Länder in Gefahr ist. Nicht Griechenland soll gerettet werden, sondern deutsche und französische Banken bzw. deren Gelder und Anleger, die in diese Krise involviert sind. Herr Ministerpräsident, Sie haben Briefe geschrieben. Wir haben den Europäischen Finanzstabilisierungsfonds EFSF und als Nachfolger den dauerhaften Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Frau Müller kennt sich damit aus. Deutschland soll an dem Nachfolgemechanismus ESM mit fast 200 Milliarden Euro beteiligt sein. Es sollen direkte Anleihen aus Krisenländern gekauft werden dürfen. Dabei muss man unheimlich wachsam sein.
Herr Ministerpräsident, Sie haben einen starken Partner. Wir haben heute mit Erstaunen vernommen, für wie stark und kräftig Sie ihn einschätzen. Vielleicht lohnt es sich, zwei oder drei Sätze dazu zu sagen. Sie haben mit Ihrem starken und kongenialen Partner Zeil Briefe geschrieben. Was ist damit passiert? Weder Frau Merkel noch Herr Schäuble scheren sich auch nur einen Deut um das, was in Ihren Briefen steht.
Alles sieht so aus, als ob schlechtes Geld gutem hinterhergeschmissen wird, obwohl wir alle wissen, dass kein Weg an einer schnellen Entschuldung der hoch verschuldeten Euromitgliedsstaaten vorbeiführt.
Die Zinslast für das Hilfspaket für Irland macht beispielsweise knapp 6 % aus. Wie sollen die das zahlen? Die Schuldenlast Griechenlands lag Ende dieses Jahres bei ungefähr 160 % des Bruttosozialprodukts. Wie sollen die hier noch mithalten? Das heißt, sie bräuchten einen gigantischen Anstieg der Wirtschaftsleistung. Sie bräuchten immense Etatüberschüsse, um das nur einigermaßen im Lot zu halten. Das ist nicht zu machen. So kann es schlicht und ergreifend nicht funktionieren.
Daneben gibt es eine ganz wesentliche Kritik daran, dass die Parlamente ausgeblendet wurden. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. Sie meckern, aber bewegen werden Sie mit Ihrer Meckerei und Ihren Vorstößen bedauerlicherweise nichts, obwohl Sie auch in Berlin die Regierung stellen. Wir ermahnen Sie, dass Sie sich mehr durchsetzen und vielleicht noch etwas heftiger werden sollten. Sie wissen es, partiell haben Sie dabei immer wieder unsere Unterstützung.
Herr Ministerpräsident, jetzt zu dem von Ihnen angekündigten Feld der Energiewende. Sie haben sich dann aber, wie es Kollege Aiwanger richtigerweise ausgeführt hat, doch sehr kurz gefasst. Es war im Grunde genommen nichts anderes als das, was wir vorhin schon in einigen Interviews zur Energiewende nachlesen konnten. Wie das geht, haben wir Ihnen in Hunderten von Anträgen gezeigt. Leider darf ich hier nichts hochhalten, aber wir haben in der Hoffnung, dass Sie unsere Vorschläge befolgen, ein Konzept erarbeitet. Die meisten Vorschläge haben Sie nicht befolgt. Nachdem Sie das mit den drei E so wunderbar gelernt haben, befolgen Sie sie vielleicht jetzt.
Gerade in Bayern gibt es einen riesengroßen Handlungsbedarf. Warum? - Seit 30 Jahren kleben wir unverändert im Hinblick auf die Stromversorgung und die Stromgewinnung am Atomstrom. Knapp 60 % des Stroms beziehen wir aus der Atomenergie. Darauf hat man sich ausgeruht. Die Untätigkeit und Einfallslosigkeit der bayerischen Energiepolitik konnte man damit kaschieren. Wir waren fleißig und haben ein Konzept entworfen, das wir Ihnen ans Herz legen. Hören Sie gut zu. - Jetzt hören Sie zu, weil Sie nicht mehr durch Damen abgelenkt werden. Ich bin froh, dass hinter Ihnen ein Herr sitzt.
- Dann wird er nicht so schnell abgelenkt. Frau Stewens, Sie haben das auch dokumentiert. Immerhin haben Sie sich auf Ihren Platz zurückbegeben.
Erstens: Atomausstieg rasch umsetzen. Sie haben selber eindrucksvoll ausgeführt, weshalb Sie der Meinung seien, dass Ihre Fraktion umdenken müsse. Die Stromgewinnung aus Atomenergie ist eine unverantwortliche Technologie. Ein Unglück kann nie ausgeschlossen werden. Welche gravierenden und dramatischen Folgen diese Unglücke haben können, wissen wir alle. Es geht nicht nur um den Betrieb und die Unglücke. Schon der Uranabbau ist mit unheimlichen Opfern auch an Menschen verbunden. Wie sieht es mit der völlig ungelösten Endlagerfrage aus? Das ist ein ungelöstes Problem, das den zukünftigen Generationen überlassen wird. Das halten wir schlicht und ergreifend nicht für hinnehmbar.
Es gibt jede Menge anderer Argumente, die für einen schnellen Ausstieg sprechen. Das sind Argumente technischer und wirtschaftlicher Art. Sie haben alle mitbekommen, wie die Verlängerung der Laufzeiten die Entwicklung und die Durchsetzung der erneuerbaren Energien gehemmt haben. Da gilt es schleunigst die Reißleine zu ziehen und diese Entwicklung wieder umzukehren. Auf Isar 1 hätten wir schon längst verzichten können und müssen. Isar 1 darf schlicht und ergreifend nicht mehr ans Netz.
Die anderen bayerischen Reaktoren, Grafenrheinfeld, Gundremmingen und Isar 2, müssen schnell folgen. Herr Ministerpräsident, ich führe nur einige Punkte an. Die vielen Seiten, die unser detailliertes Konzept umfasst, lassen wir Ihnen gerne zukommen. Konkret heißt es: Erstens, Widerruf der Genehmigung für Isar 1 nach § 17 des Atomgesetzes. Ihr Umwelt- und Gesundheitsminister wird sich sicherlich schon darum kümmern.
Zweitens: Überprüfung aller Reaktoren durch unabhängige Gutachter und die schnellstmögliche Nachrüstung auf den Stand von Wissenschaft und Technik.
Nächster Punkt nach dem Ausstieg aus der Atomenergie: Energie muss effizient eingesetzt werden. Das gilt sowohl für die Anbieter, die Kraftwerkparks, als auch für die Abnehmer, die Verbraucher. Der Wirkungsgrad der Kraftwerkparks muss dringend gestei
gert werden. Die Verbraucher müssen die Stromschleudern durch effiziente Geräte ersetzen. Über intelligente Netze soll der Stromverbrauch gesteuert werden. Aktuell haben wir eine Reihe von Forderungen zusammengestellt. Ein Beispiel: Wir fordern ein Programm zur Umrüstung von Nachtspeicherheizungen. Wir sprechen uns für die Förderung von KraftWärme-Kopplungsanlagen insbesondere für MiniBlockheizkraftwerke aus. Wir beantragen immer wieder die Unterstützung für den Ausbau von Smart Grids und Smart Metering - intelligente Messgeräte. Das steht schon seit vielen Jahren auf unserer Agenda. Jetzt ist es an der Zeit, diese Forderung gemeinsam umzusetzen.
Drittens: Erneuerbare Energien. Kollege Aiwanger hat diesen Punkt auch schon vorgetragen, woraufhin der frisch gebackene Staatsminister an Ihrer Seite fragend geschaut hat. Tatsächlich ist Bayern beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf Platz sieben zurückgefallen. Obwohl Bayern einen hohen Anteil an Wasserkraft vorweisen kann, befinden wir uns nur noch auf Platz sieben. Bayern hat jedoch ein riesengroßes Potenzial. Allerdings müssen administrative Hemmnisse überwunden werden.
Wir brauchen eine Kehrtwende bei der Nutzung von Windenergie. Herr König und Herr Schmid, wenn Sie sich einmal die Regionalpläne ansehen, finden Sie massive Hemmnisse für die Windenergie. Im Osten der Oberpfalz ist der größte Teil der windhöffigen Gebiete von der Nutzung durch Windenergie ausgeschlossen. Das muss man angehen. Ebenso sollte das informelle Moratorium bei den Staatsforsten aufgehoben werden. Wir brauchen einen Ausbau und die Ökologisierung der Biomassenutzung. Die optimierte Nutzung über die Kraft-Wärme-Kopplung und die Reststoffverwertung von Gülle und Landschaftspflegematerial haben Vorrang vor der Förderung irgendwelcher Monokulturen.
Viertens: Stromnetze und Stromspeicherung. Herr Ministerpräsident, das ist der nächste Punkt, den Sie schnell umsetzen sollten. Herr Kollege Schmid, selbstverständlich sind wir uns dessen bewusst, dass ein Umbau zugunsten dezentraler Kraftwerke auf der Basis erneuerbarer Energien eine Anpassung der Infrastruktur verlangt. Das ist überhaupt keine Frage. Auch wenn wir weiträumige Stromtransporte haben
wollen, müssen wir für einen Umbau der Übertragungsnetze sorgen. Wir haben in unseren konkreten Forderungen, einen bayerischen Netzausbauplan zu erarbeiten - selbstverständlich unter Mitwirkung der Betreiber. Ein anderes Beispiel ist das hier schon viel diskutierte Kataster für Pumpspeicherkraftwerke. Wir müssen die Leute mitnehmen.
Wir müssen die Leute davon überzeugen, dass der vorgesehene Standort der beste ist. Das haben Sie verweigert und abgelehnt.