Protokoll der Sitzung vom 06.04.2011

Zum Thema Infrastruktur und Breitband muss man noch einmal deutlich machen, dass dieses moderne Kommunikationsmittel auch eine große Chance zur Dezentralisierung für ganz Bayern darstellt. Welches Ziel ist in Bayern im Förderprogramm festgelegt? Ein Mbit/s. Dieser Tage ist auf einer Konferenz in Berlin ein Mbit/s nur noch als Pseudo-Internet bezeichnet worden, und stattdessen wurde gefordert, dass in einer gemeinschaftlichen Aktion zwischen Bund und Ländern das Ziel von 50 Mbit/s ins Auge gefasst werden muss. Nach wie vor wird diese Aufgabe in Bayern den Kommunen allein zugewiesen.

(Zuruf des Abgeordneten Karl Freller (CSU))

Aber mittlerweile hat es jedenfalls die CSU in Niederbayern schon verstanden und gefordert, dass der Staat und die Kommunen dies gemeinsam machen sollen. Das entspricht auch unseren langjährigen Forderungen und stellt an dieser Stelle endlich ein hoffnungsvolles Signal dar. Das sollte man dann aber nicht bloß plakativ in Zeitungen verbreiten, sondern man sollte es auch hier durchsetzen, dass dies eine Aufgabenzuweisung an den Staat selbst ist.

Sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, Sie sagen, Bayern sei in diesem Bereich Spitze. Das mag, wenn

es um ein Mbit/s geht, vielleicht richtig sein; aber über dieses Ziel ist die Zeit hinweggegangen. Bezüglich 50 Mbit/s besteht in Bayern aktuell ein Versorgungsgrad von 24,3 % der Haushalte; in Baden-Württemberg liegt er bei 75 %. - So viel zu dem Hinweis auf die Spitzenleistung des Freistaats an dieser Stelle. Hier ist viel versäumt worden und noch viel aufzuholen. Darauf warten wir.

Der andere Punkt, die regionale Wirtschaftsförderung, ist ebenfalls ganz wichtig. Das bestätigen Sie auch ununterbrochen. Das ist auch die Erfahrung der letzten Jahre, wenn wir gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Bayern erreichen wollen, insbesondere auch in Oberfranken und in den Gebieten, die der Zukunftsrat eher für wenig chancenreich hält. Dann muss da mehr passieren, als wir bisher erleben. Dieser Ansatz ist völlig unterfinanziert, und Sie werden die bestmögliche Förderung, die Sie immer ankündigen und auch für erforderlich halten, nicht annähernd mit dem Haushaltsansatz erreichen, den wir im Doppelhaushalt 2011/2012 vorgelegt bekommen haben.

Deswegen fordern wir auch, da mehr zu machen, um allen Regionen Bayerns die entsprechenden Chancen zu geben. Solange Sie da nicht auch den Haushalt entsprechend ausstatten, werden die Äußerungen und Zielsetzungen in Richtung gleichwertiger Lebensbedingungen in ganz Bayern nur ein Lippenbekenntnis bleiben.

In diesem Sinne: Wir brauchen mehr Engagement, mehr Geld und auch mehr eigene Aufgabenerfüllung im Bereich Infrastruktur und Breitband. Dann können Sie auch auf unsere Zustimmung hoffen. Aber bislang ist das noch nicht der Fall.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Mütze das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Minister! Für jemanden, der dem Wirtschaftsausschuss noch nicht so lange angehört und aus der Haushaltspolitik kommt, ist es kein Vergnügen, sich mit diesem Haushalt auseinanderzusetzen. Man hätte an diesem Haushalt erkennen müssen oder erkennen können, dass es der Staatsregierung ernst ist mit der Energiewende, dass es ihr ernst ist mit der Stärkung des ländlichen Raumes, um nur zwei Beispiele zu nennen. Schließlich soll man doch in diesem Haushalt, in dem Einzelplan 07, die Mittel für die rationelle Energiegewinnung und -verwendung finden oder zum Beispiel die Mittel für die Stärkung der regionalen Pla

nungsverbände als Stützen bei der Begleitung des demografischen Wandels. - Wenn man das vielleicht nicht schon im Stammhaushalt - das ging möglicherweise ein bisschen schnell jetzt mit der Energiewende - erkennen konnte, so hätte man es aber doch mit Hilfe von Tischvorlagen erkennbar machen können. Tischvorlagen sind ein probates und bei diesen Haushaltsberatungen sehr ausgereiztes Mittel, um kurzfristig noch Änderungen im Haushalt zu bewirken. Aber und da ist die erste Enttäuschung - im Haushaltsausschuss kamen im Bereich Energie null Tischvorlagen

(Zuruf von der SPD: Null Komma null!)

- Null Komma null. Danke!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch zur Stärkung von regionalen Planungsverbänden gab es keine Tischvorlage. Es gab eine Tischvorlage zum Staatsstraßenausbau. Das ist sozusagen der Klassiker, den hat man wieder mit stärkeren Mitteln ausgeschöpft. Das war klar, da konnte man agieren, da war man stark. Staatsstraßen - das ist auch relativ einfach; aber bei Energie tun Sie sich schwer.

(Zuruf von den GRÜNEN: Weil sie keine Ahnung haben!)

- Das kann sein, und ich werde, liebe Kollegin, gleich ausführen, wo hier die - sage ich einmal - Ahnungslosigkeit sitzt.

Der Ministerpräsident hat gestern auf uns gezeigt und uns als die Verhinderer dargestellt, als diejenigen, die zum Beispiel verhindern, dass Wasserkraftanlagen ausgebaut werden. Das finde ich schon sehr spannend; denn wenn ich mir diesen Haushalt Einzelplan 07 anschaue, lese ich dort "Förderung von Kleinwasserkraftanlagen: ausgelaufen". Eine Förderung findet also nicht mehr statt.

(Dr. Franz Xaver Kirschner (FDP): Dafür müssen Sie zuerst die Genehmigungen haben!)

Das Förderprogramm ist eingestellt.

An diesem kleinen Beispiel zeigt sich doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Wahrheit eine andere ist.

Diese Staatsregierung war doch gar nicht darauf vorbereitet, ihre Energiekonzeption schnell einmal auf neue Füße zu stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von Energiekonzeption kann keine Rede sein bzw. konnte auch bisher keine Rede sein. Die Energiekonzeption ist doch 60 % Atomkraft, und beim Rest schauen wir mal!, Den Rest haben die Bürgerinnen und Bürger in Bayern mit dem Aufbau von Solarkraftanlagen, mit dem Aufbau von Biogasanlagen dazu gestellt. Von daher haben Bürgerinnen und Bürger den Großteil dazu getan; die Staatsregierung hat sich auf Atomkraft ausgeruht.

Jetzt muss man sich schleunigst neu erfinden und muss eine Idee haben. Dafür wäre der Haushalt kein schlechter Platz; im Haushalt müsste sich das ja abbilden.

Aber wenn ich lese, dass für die rationelle Energieverwendung fast 1 Million Euro weniger ausgegeben wird als in den letzten Jahren, dann kann es mit der Energiewende in Bayern nicht weit her sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch gestern hat uns der Ministerpräsident als seine neuen Begriffe "Energiesparen, Energieeffizienz" hier in diesem Hohen Hause an den Kopf geschleudert. Fehlanzeige in diesem Haushalt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mich wundert schon, dass gerade Minister Zeil die Hand auf der Energiekonzeption des Freistaates haben will. Nichts in diesem Haushalt weist darauf hin, dass er kompetent dafür wäre, unser Land in eine neue Energiezukunft zu führen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf des Abgeordne- ten Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP))

In seiner heutigen Rede hat er ein paar Leitlinien skizziert. Er hat von Gaskraftwerken gesprochen, die die Brücke sein müssen - da sind wir einverstanden, diese sind rasch regelbar und damit für die erneuerbaren Energien richtig und wichtig, anders als Atomkraftwerke.

Er hat von Energiespeichern gesprochen, die der Freistaat bauen wolle. Ich kenne bis jetzt nur einen, und den will Eon bauen, und zwar mitten ins Naturschutzgebiet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, so kann es auch nicht gehen, so kann es nicht laufen,

(Beifall bei den GRÜNEN)

dass Eon uns sagt, wo wir unsere Energiespeicher bauen.

Er hat weiter gesagt, die Staatsregierung setze konsequent auf erneuerbare Energien. Der Beweis sei, dass Bayern bei den erneuerbaren Energien führend

sei. Lieber Herr Minister, dass Bayern führend ist, liegt an den Bürgerinnen und Bürgern, liegt an den Landwirten, die in den Ortschaften die Photovoltaikanlagen auf die Dächer gesetzt haben, weil sie die Chance erkannt haben - nicht weil die Staatsregierung die Chance erkannt hat - und weil dafür die Hintergründe geschaffen wurden, nämlich von Rot-Grün im Bund mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist der Grund, warum Bayern so weit vorn ist, und nicht die Politik der Staatsregierung!

(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Das wird aber hoch subventioniert!)

- Na gut. Da sind wir ja bei der Atomkraft einiges gewöhnt, was Subventionen angeht, lieber Kollege.

(Zurufe von der SPD)

Sie subventionieren Eon und wir subventionieren die Bürger. Da können Sie sich einmal fragen, was besser ist, lieber Kollege.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zudem, Herr Minister Zeil, haben Sie die europäischen Stromnetze nicht verstanden, wenn Sie sagen: Wir wollen, dass Bayern autark ist. Bayern war nie autark. Bayern hat schon immer Strom exportiert und Strom importiert, und das wird auch weiterhin so sein. Wie wollen Sie denn Windstrom zukünftig von der Nordsee hierher lotsen, wenn Sie sagen: Wir nehmen den nicht, wir sind autark! Wie wollen Sie denn Strom aus Wasserkraft, der in Norwegen erzeugt wird und der hier nach Deutschland fließen kann, wie wollen Sie denn diesen Strom ablehnen? Wollen Sie da auch sagen: Wir sind autark, wir brauchen den nicht, Strom, der sauber in Norwegen zum Beispiel produziert wurde?

(Zuruf von der CSU)

Oder wie agieren Sie, wenn eine große Firma, die hier in München sitzt und sogar den Namen der Stadt in ihrem Firmennamen hat, Desertec, plant, und zwar mit Milliardenbeträgen? Ob man das immer noch machen will in Nordafrika, das wird sich in der nächsten Zeit erweisen. Sagen Sie dann: Wir sind autark, wir wollen den Strom aus der Sahara nicht haben? Was ist denn das für eine Politik, Herr Minister?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hingegen habe ich gehört, dass Sie gesagt haben, Atomenergie ist die Brücke. Das ist dieselbe Semantik wie vor zwei Monaten. Sie haben nichts begriffen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben nichts begriffen! Atomenergie ist nicht die Brücke, Atomenergie ist eine Sackgasse.