Dieser Hammelsprung erfolgt durch Zählung am Eingang. Ich bitte Sie, dass Sie den Saal verlassen. Wo ist die Ja-Türe? - Die Ja-Türe ist dort, wo der Herr Bachhuber hinausgeht.
Die Nein-Türe ist hier, und die Enthaltungs-Türe wird dort geöffnet. Es findet jetzt der Hammelsprung statt. Es ist manchmal lehrreich, wenn man so etwas macht.
(Renate Dodell (CSU): Wir werden uns bei der Frau Präsidentin beschweren, denn es wurde zugesagt, dass der Herr Staatsminister kommt.)
(Tobias Thalhammer (FDP): Kann man das nicht für erledigt erklären, wenn der Staatsminister da ist?)
- Nein, das machen wir jetzt so. Das dauert zwei Minuten. Das machen wir jetzt, und dann sind die Leute wenigstens da.
Ich bitte jetzt, den Saal zu räumen. Das geht jetzt ruckzuck. Die Nein-Türe ist dort, wo Sie, Herr Dr. Goppel, stehen. Ein bisschen Bewegung kann niemandem schaden. Ich bitte Sie, den Saal zu verlassen. Wir führen jetzt den Hammelsprung durch. Wenn Sie sich daran beteiligen wollen, müssen Sie hinausgehen.
Können wir an den Türen anfangen? Wie schaut es aus? Können wir anfangen? - Dann fangen wir mit der Zählung an.
Mit Ja haben 40 Abgeordnete und mit Nein 49 Abgeordnete gestimmt. Damit stelle ich fest, dass der Antrag keine Mehrheit gefunden hat. Außerdem stelle ich fest, dass sich wesentlich mehr Kolleginnen und Kollegen im Plenarsaal befinden. Das kann dem Thema nur guttun. Darüber hinaus stelle ich fest, dass zwischenzeitlich Staatsminister Zeil eingetroffen ist. Damit sind wir gefechtsklar und können mit der Aktuellen Stunde zum Thema "Schwarz-gelbe Wirtschaftspolitik in Bayern: Bilanz der Versäumnisse" beginnen. Das erste Wort hat Herr Kollege Dr. Beyer.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mache Ihnen das Angebot, entweder den Sonnenschein draußen zu genießen oder mir zuzuhören.
Ich würde mich für das zweite Angebot entscheiden. Ich habe bereits mit Herrn Zeil gesprochen. Dieser Scherz muss sein. Es ist schon ein bisschen symptomatisch: Wir wollen über die Wirtschaft in Bayern sprechen, jedoch fehlt der Wirtschaftsminister. Das passt einfach ins Bild.
In der Vorbereitung habe ich mir überlegt, welches prägende Bild für die schwarz-gelbe Wirtschaftspolitik der letzten 2,5 Jahre gewählt werden kann. Entschuldigen Sie, Herr Zeil, obwohl Sie über eine ganze Marketingabteilung verfügen, ist mir nur ein Bild von Horst Seehofer eingefallen: Seehofer hält triumphierend den Quelle-Katalog hoch - den letzten, wie wir später wissen sollten - und ist viel zu spät gekommen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich - wir können offen zueinander sein -, wir wissen nicht, ob Quelle eine Chance zum Überleben bekommen hätte, wenn der Massekredit für den Katalog früher gewährt worden wäre. Ich sage Ihnen nur eines: Für diesen späten Kredit tragen zwei Wirtschaftsminister die Verantwortung, in Berlin Herr von und zu Guttenberg von der CSU und in München Herr Zeil von der FDP. Herr Zeil, deshalb hatte Quelle überhaupt keine Chance mehr. Das haben wir in Franken nicht vergessen.
Die Quelle-Insolvenz steht symbolisch für eine Wirtschaftspolitik des Zögerns und des Zauderns. Sie steht für eine Politik der Passivität. Dies geschieht angeblich aus der Grundüberzeugung des Ordoliberalismus heraus. Tatsächlich ist es ein konzeptionsloses, ein unkoordiniertes und bloßes Laufenlassen der Wirtschaft. Laisser-faire - der Nachtwächterstaat in der Wirtschaftspolitik ist zurück in Bayern. Das verstehen Sie unter Marktwirtschaft.
Herr Hacker, Sie haben recht: Soziale Marktwirtschaft wäre etwas anderes, aber Martin Zeil praktiziert sie so.
Herr Hacker, Sie können sich jetzt ein bisschen entspannen. Ich frage jetzt, wie es mit der Wirtschaftspolitik der CSU aussieht. Erwin Huber macht einen aktiven Eindruck, aber nur, wenn es gegen die eigene Staatsregierung geht. Das ist falsch, wenn Sie gegen den Atomausstieg und richtig, wenn Sie gegen die un
säglichen Festlegungen des Zukunftsrates kämpfen, der ganze Regionen und Niederbayern aufgeben will.
Man hat jedoch den Eindruck, Ministerpräsident Seehofer tut das eher, um Martin Zeil zu ärgern, als selber inhaltliche Schwerpunkte zu setzen.
Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass ungeachtet der allgemeinen positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Bayern und in Deutschland tatsächlich die bayerische Wirtschaft in den längerfristigen Trends verliert.
Dieses Ergebnis spiegelt die Entwicklung von 2007 bis 2010 wider. Der Vergleich stammt von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, von IW Consult und der Wirtschaftswoche. Diese stehen Ihnen näher als uns.
Der Bayerische Industrie- und Handelskammertag stellt im Mai 2011 fest, dass der Vorsprung Bayerns bei der Forschungsintensität gemessen am Bundesdurchschnitt auf einige wenige zehntel Prozentpunkte zusammengeschmolzen ist. Also muss irgendetwas an unserem Vorwurf, dass die Dynamik der Wirtschaftspolitik und ihrer Verantwortlichen in diesem Land zu wünschen übrig lässt, dran sein.
Wir halten Ihnen fünf konkrete Anforderungen dagegen. Als Sozialdemokraten wollen wir eine Wirtschaftspolitik für alle Regionen Bayerns. Wir wollen eine Wirtschaftspolitik, die alle wirtschaftlichen Potenziale dieses Landes aktiv nutzt, die auf die soziale Verantwortung der Wirtschaft ausgerichtet ist und deshalb arbeitnehmerorientiert ist. Wir wollen eine beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik, keinen Selbstzweck für das Unternehmertum.
Schauen wir uns doch einmal genau und ehrlich den Arbeitsmarkt an. Trotz eines Aufschwungs, der als angeblich historisch gefeiert wird, verfestigt sich die Langzeitarbeitslosigkeit. Die Beschäftigungszuwächse in manchen Branchen "feiern" Rekorde bei Teilzeit, bei Minijobs und Leiharbeit, vollziehen sich also im Wesentlichen in prekärer Beschäftigung. Das ist nicht die Wirtschaftspolitik, die wir uns im Rahmen des Aufschwungs vorstellen. Kolleginnen und Kollegen, das sage ich sehr deutlich.
Es ist ein Skandal: Zur Stunde hat Bayern 100.000 Aufstocker. 60 % davon sind ganz normal sozialversicherungspflichtig beschäftigt, über 60 % davon in Vollzeit. Es ist ein Skandal, wenn Menschen den ganzen Tag arbeiten und dann zur Grundsicherungsstelle gehen.
Der größere Skandal ist, dass CSU und FDP trotzdem unverdrossen gegen den Mindestlohn agieren. Sie stimmen gegen das Tariftreuegesetz der SPD. Im Schienenpersonennahverkehr stellen sie keine Anforderungen an die Entlohnung der Lokführer. Hinterher nehmen Sie den Streik bei den Privatbahnen hin.
Wir Sozialdemokraten treten für eine starke Industriepolitik ein. Herr Kollege Roos wird dazu noch reden.
Im Januar hat das Fraunhofer-Institut bei der ClusterOffensive Bayern festgestellt, dass es Nachsteuerungsbedarf gibt und die Zielorientierung, die Strategieausrichtung der einzelnen Cluster, zu überprüfen ist. Dort wird es zwar sehr höflich, aber sehr deutlich formuliert. Ich frage Sie: Wo ist die Initiative? Nein, auch hier herrscht eher ein Zuwarten als ein Ergreifen der Chancen vor. Ihre Sonntagsreden zum Mittelstand sind uns bekannt. Wir sagen: Bayern ist das Land des Mittelstandes; wir wollen ihn konkret fördern. Unseren konkreten Plänen für die steuerliche Begünstigung von Forschungsinvestitionen der kleinen und mittleren