Protokoll der Sitzung vom 27.09.2011

(Beifall bei den GRÜNEN)

Über Anwälte, mit denen wir in Kontakt stehen, kennen wir viele weitere Fälle, die sehr problematisch klingen, wo aber in der Regel die Verfahren gegen die Polizeibeamten eingestellt wurden, nachdem die Polizeibeamten eine Gegenanzeige wegen Widerstands oder Sonstigem erstattet hatten.

Es muss sichergestellt werden und es muss auch das Vertrauen bestehen, dass alle Beweise gesichert und gewürdigt werden. Ich muss an dieser Stelle an den USK-Einsatz im Jahr 2007 beim Lokalderby erinnern, wo die entscheidenden Videosequenzen auf wundersame Weise plötzlich verschwunden waren. So etwas darf nicht geschehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bemerkenswert an diesem Fall 2007 war, dass die Staatsanwaltschaft durchaus festgestellt hat, dass überzogene Gewalt gegen Fußballfans ausgeübt worden war. Aber es konnte leider nicht festgestellt werden, welcher der Beamten zugeschlagen hatte. Das kann ich mir nur dadurch erklären, dass sich die beteiligten Beamten untereinander abgesprochen haben. An dieser Stelle erneuere ich unsere Forderung nach der Kennzeichnungspflicht für Beamte, damit im Nachhinein festgestellt werden kann, wer genau was getan hat.

(Widerspruch bei der CSU)

Das kann natürlich auch einmal zur Entlastung beitragen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Natürlich wissen wir, dass das Aggressionspotenzial in der Bevölkerung gegenüber der Polizei größer geworden ist und die Gewalt gegenüber Polizistinnen und Polizisten ein ernst zu nehmendes Problem darstellt. Ein großes Problem stellen auch die Personalknappheit und die daraus resultierende Überforderung dar. Aber härteres Zupacken darf hierauf nicht die Antwort sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir dürfen keine Übergriffe auf die Bevölkerung durch Polizeibeamte tolerieren, mit welcher Begründung auch immer.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CSU-Fraktion darf ich Herrn Kollegen Ländner das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! In einem gebe ich der verehrten Frau Vorrednerin recht: wenn sie feststellt, es mache betroffen, was wir in den letzten Tagen aus Rosenheim hören mussten. Es macht gerade deshalb betroffen, weil wir wissen, dass nahezu 30.000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Bayern ihren Dienst tagtäglich hervorragend verrichten,

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

einen Dienst - das wissen wir auch -, der täglich schwieriger wird, einen Dienst, der den Beamten, die Beamtin auch immer wieder mit Gewalt konfrontiert, einer Gewalt, die leider Begleiterin im Alltag der Polizisten geworden ist. Mit diesem Phänomen müssen wir uns auch in diesem Hohen Haus immer wieder auseinandersetzen.

Wir wissen, dass unsere Beamtinnen und Beamten täglich einen hervorragenden Dienst tun. Wer Anschauungsunterricht braucht, kann in die Inspektionen hinausgehen oder das zurzeit stattfindende größte Volksfest der Welt nutzen, um sich einmal bei der Wies’n-Wache zu erkundigen, wie wirksam dieser Einsatz ist, wie deeskalierend vorgegangen wird und dass wir hervorragend ausgebildete Männer und Frauen haben, die das immer wieder unter Einsatz ihrer Persönlichkeit tun.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Jeder weiß, dass dieser tägliche Dienst, der wie festgestellt immer schwieriger wird, natürlich auch eine tägliche Herausforderung für jeden Einzelnen ist.

Das Entscheidende hierbei ist die Tatsache, dass über Tausenden Einsätzen tagtäglich unser Grundgesetz und die Gesetzgebung stehen und dass die Vertreter des Gesetzes diese Gesetze anwenden, aber auch den Rückhalt dieser Gesetze haben und sich auf diese berufen können.

Aus diesem Wissen heraus müssen wir auch einmal feststellen, dass es in unserem Rechtsstaat üblich ist, zu ermitteln, Beweise zu sammeln und einen Polizeibeamten, nur weil er im Verdacht steht, nicht bereits im Vorfeld zu verurteilen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Es ist wichtig, auch hier festzustellen, dass dieses Recht, das für unsere Bürgerinnen und Bürger gilt, auch auf Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte anzuwenden ist, und wenn es zu Meldungen über mögliches Fehlverhalten aus einer Stadt in Bayern gekommen ist, muss es natürlich auch knallhart angewendet werden.

Im vorliegenden Fall empfehle ich, dass wir die Härte dieses Gesetzes auch bei der Polizei anwenden. Da brauchen wir keinen Nachhilfeunterricht. Aus der Vergangenheit zeigen Tausende Fälle in Bayern, dass dieses Gesetz gerade auch gegen Beamtinnen und Beamte, die sich im Dienst ein Fehlverhalten geleistet haben, angewendet und vollzogen wurde.

(Christine Stahl (GRÜNE): Und dass die Verfahren eingestellt wurden!)

Genauso wie jeder Bürger und jede Bürgerin hat das Individuum Beamter oder Beamtin das Recht darauf, dass fair geurteilt, fair verhandelt und auch fair ermittelt wird. Warum steht immer die Polizei im Fokus? Es gibt auch andere Beamtinnen und Beamte in Bayern, und bei Zehntausenden - ich glaube, 200.000 Beamtinnen und Beamte gibt es in Bayern - gibt es Fehlverhalten. Wir haben Lehrerinnen und Lehrer, die sich falsch verhalten. Wir haben Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte, die sich falsch verhalten. Wir haben auch Beamtinnen und Beamte in der Inneren Verwaltung, die sich falsch verhalten.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Und in der Staatskanzlei!)

Ich habe einige Zeitungsausschnitte dabei, möchte aber jetzt auf eine Verlesung verzichten.

Jeder Beamte, jede Beamtin darf sich darauf verlassen, dass Fehlverhalten missbilligt, verfolgt und bestraft wird. Sie müssen sich aber auch darauf verlassen können, dass sie unser Rechtsstaat bis zum Ende des Verfahrens konsequent begleitet.

(Beifall bei der CSU)

Es ist natürlich vollkommen richtig, dass gerade die Politik auf Fehlverhalten von Beamtinnen und Beamten achten muss. Das ist deshalb notwendig, weil unser Gesetz eine besondere Stellung für die Beamtinnen und Beamten vorsieht. Beides ist richtig.

Genauso richtig ist aber auch die Feststellung, dass wir falschgelaufene Einsätze nicht dazu missbrauchen dürfen, einen Generalverdacht gegen alle Beamtinnen und Beamte auszusprechen. Formulierungen wie "überzogene Einsätze" haben in Aussagen bezüglich unserer bayerischen Polizei nichts verloren.

(Beifall bei der CSU)

Wir erleben tagtäglich hervorragende Einsätze der Polizei. Deshalb ist es wichtig festzustellen, dass ein gewisser Sprachgebrauch, der jetzt aufgrund eines Einzelfalles wieder im Hohen Haus gepflegt wird, nämlich die unterschwellige Unterstellung eines generellen Fehlverhaltens unserer Polizeibeamtinnen und beamten, nicht richtig ist.

(Beifall bei der CSU)

Ich wehre mich des Weiteren dagegen, dass Sie unterschwellig die Unabhängigkeit der Justiz infrage stellen. Die Kollegin Vorrednerin hat das leider getan, indem sie Urteile der Justiz hinterfragt hat und angeblich unabhängige Stellen dafür haben will, um auf die Justiz aufzupassen. Ich glaube, das haben wir sowohl im Freistaat Bayern als auch in der Bundesrepublik Deutschland nicht nötig. Wir stehen hinter unserer Justiz und dahinter, dass unsere Justiz hervorragend aufklärt. Wir sagen auch jeder Bürgerin und jedem Bürger, dass auf unsere Justiz Verlass ist, egal, ob derjenige, der im Verdacht steht, ein Polizeibeamter oder Otto Normalverbraucher ist.

(Beifall bei der CSU - Zuruf der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜNE))

Genauso wie ich zu unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten stehe - das wissen Sie, und zwar nicht nur in Sonntagsreden -, stehe ich auch dazu, dass Fehlverhalten verfolgt werden muss.

Im Polizeidienst dürfen die Rechte, die der Polizeibeamte, die Polizeibeamtin hat, nicht missbräuchlich eingesetzt werden. Daher ist es besonders wichtig,

hier aufzupassen. Aber es ist auch wichtig, angesichts dieses schwierigen Dienstes Ja zu sagen zur Arbeit unserer Polizei und die vielen Tausenden von Einsätzen, die täglich stattfinden, nicht unter Generalverdacht zu stellen und ständig zu hinterfragen.

(Beifall bei der CSU)

Wir sagen Ja zur Arbeit unserer Polizei, aber wir sagen auch Ja dazu, dass bei Fehlverhalten die ganze Härte des Gesetzes konsequent anzuwenden ist.

Bei dem immer schwieriger werdenden Dienst und den immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen wissen wir auch, dass die Ausbildung der Polizei eindeutig darauf abzielt, keine Rambo-Polizisten entstehen zu lassen. Ich mag dieses Wort nicht; denn es birgt unterschwellig einen gewissen Generalverdacht gegen die Beamtinnen und Beamten in sich.

Unsere Bürgerinnen und Bürger im Freistaat haben Vertrauen in unsere Polizei und in diesen Staat. Wir in diesem Hohen Hause sind aufgefordert, dieses Vertrauen nicht kaputtzureden und auch nicht kaputtreden zu lassen. Wenn wir hier im Bayerischen Landtag nicht täglich oder dann, wenn es notwendig ist, Ja sagen zu unseren Beamtinnen und Beamten in jeglichem Bereich, wenn wir nicht Ja sagen zu unserer Justiz und wenn wir nicht Ja dazu sagen, dass unser Staat in Ordnung ist, wo dann sollte das geschehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, und wo dann sollten wir das tun?

Ich glaube, dass dieser sehr bedauerliche Fall der Aufklärung bedarf. Aber er ist in keiner Weise dazu geeignet, die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen im Staatsdienst, sei es bei der Polizei, sei es in der Justiz, sei es in der Finanzverwaltung oder sonst wo, kaputtreden zu lassen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Jetzt darf ich für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Schneider das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute ein schwieriges und, wie die Diskussion auch in meiner Fraktion gezeigt hat, hoch emotionales Thema zu diskutieren. Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde umfasst zwei Themenblöcke: Erstens geht es darum, die Vorfälle bei der Rosenheimer Polizei aufzuklären, und zweitens geht es darum, polizeilichem Fehlverhalten wirksam vorzubeugen.

Ich unterstelle jedem in diesem Hohen Hause das Interesse daran, dass die Vorfälle bei der Polizei in Rosenheim aufgeklärt werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich betone noch einmal, ich unterstelle es jedem in diesem Hohen Hause. Dieses Interesse unterstelle ich aber auch der Polizei, die Interesse daran haben muss, schwarze Schafe in den eigenen Reihen aufzugreifen und sie, wenn es notwendig ist, aus dem Dienst zu entfernen.