Protokoll der Sitzung vom 20.10.2011

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem zentralen Maastricht-Urteil, das dieser Tage in anderer Weise Bedeutung erlangt, das Recht der Staatsbürger, durch Wahlen an der Legitimation von Staatsgewalt teilzunehmen, ein zentrales, subjektives, verfassungsmäßiges Recht genannt. Das Recht, Demokratie zu spenden, ist das wichtigste Bürgerrecht in unserer Demokratie.

(Klaus Stöttner (CSU): Richtig!)

Kolleginnen und Kollegen, Bayern hat ein Wahlsystem, auf das wir stolz sein können. Die Bayerische Verfassung legt in Artikel 14 fest, dass die Abgeordneten in einer allgemeinen, gleichen, unmittelbaren und geheimen Wahl nach einem verbesserten Verhältniswahlrecht von allen Staatsbürgern in Wahlkreisen und Stimmkreisen gewählt werden. Das bayerische Wahlsystem garantiert durch flexible Listen in den Wahlkreisen, den Bezirken, und die Vor-Ort-Wahl in den Stimmkreisen ein Höchstmaß an persönlicher Auswahlmöglichkeit durch die Staatsbürger. Durch die Gliederung in Wahlkreise garantieren die Bayerische Verfassung und das Bayerische Wahlsystem, dass die Regierungsbezirke im Landtag gemäß ihrer Bevölkerung repräsentiert werden. Durch Ausgleichsmandate wird eine möglichst genaue Abbildung der politischen Strömungen erreicht. Bayern hat in der Tat ein Wahlsystem, auf das wir stolz sein können.

Dem Hohen Haus stünde es gut an, dass wir dies über alle Fraktionen hinweg, wie dies bei der letzten Stimmkreisreform der Fall war, anerkennen und die durch die Staatsregierung nach den Kriterien der Verfassung erarbeiteten notwendigen Anpassungen sachlich diskutieren und gemeinsam tragen. Das Hohe Haus hat sich vor einigen Jahren mit guten Gründen auf eine Begrenzung seiner Mitgliederzahl geeinigt. Dies bedingt, dass Bevölkerungsentwicklungen durch Mandatsverschiebungen nachvollzogen werden. Die Wahlrechtsgleichheit, also der Grundsatz "One man, one woman, one vote", verdiente nicht nur unsere Unterstützung, als Nelson Mandela dies politisch für Südafrika forderte, sondern er verdient unsere Unterstützung und Achtung auch als eine von der Bayerischen Verfassung und dem Grundgesetz für Bayern festgelegte Grundregel.

Wir Abgeordnete vertreten keine Bäume, keine Feldhamster, keine Ameisenbläulinge, keine anderen Tiere oder Gegenstände. Unsere vornehmste Aufgabe ist die Vertretung der ganzen Bevölkerung Bayerns. Kolleginnen und Kollegen, wir haben es uns mit

den Änderungen nicht leicht gemacht. Die Frage, wie die Menschen in den Regionen mit ihren Erfahrungen und sozialen Zusammenhängen im Parlament vertreten sind, ist für den Flächenstaat Bayern ganz zentral.

Kolleginnen und Kollegen der Opposition, wir haben auf Ihre Anregung hin eine Expertenanhörung durchgeführt. Nahezu alle Verfassungsrechtsexperten haben darin bestätigt, dass eine Mandatsverschiebung zwischen Oberfranken und der Oberpfalz auf der einen und Oberbayern auf der anderen Seite notwendig ist. Allein - das sei auch noch erwähnt Dr. Glaser hat die Kategorie einer "sanften Durchbrechung der Wahlrechtsgleichheit" eingeführt und steht mit dieser, um sie vorsichtig zu bewerten, mutigen Einführung eines gleichsam esoterischen Elements in das Wahlrecht nicht zu Unrecht allein auf weiter Flur gegen die durchdachte Dogmatik des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Die anderen Verfassungsrechtler haben in der Anhörung klar dargelegt, dass mit Blick auf die streng formale Wahlrechtsgleichheit eine Anpassung notwendig sei.

Alternativ hätte von Ihnen eine Verfassungsänderung vorgeschlagen werden können, die die Aufteilung in Wahlkreise aufgibt. So hat es beispielsweise der von der Opposition benannte Professor Behnke in der Anhörung thematisiert. Bei auf ganz Bayern bezogenen Listen werden die Regionen aber weniger und nicht mehr vertreten sein. Wenn Sie das wollen, meine Damen und Herren von der Opposition, machen Sie dem Volk einen entsprechenden Vorschlag. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei.

Alternativ könnten wir die Gesamtzahl der Mandate im Bayerischen Landtag ohne Not über eine Verfassungsänderung erhöhen. Wenn Sie das wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren der Opposition, müssen Sie das sagen. Die Bevölkerung will das nach meinem Eindruck in ihrer großen Mehrheit nicht.

In der Anhörung wurde deutlich, dass bei Zugrundelegung eines realitätsbezogenen Maßstabs auch in Oberfranken und in der Oberpfalz bei 16 Mandaten die Anforderung für die Teilnahme an der Mandatsverteilung auch für kleine Parteien nicht die Hürde von 5 % überschreitet. Darüber, ob man für die Zukunft eine Mindestzahl von 16 Mandaten mit entsprechenden Ausgleichsregelungen für die anderen Regierungsbezirke ausdrücklich in die Verfassung schreiben soll, können wir uns in der kommenden Zeit trefflich unterhalten. Am aktuellen Anpassungsbedarf ändert dies aber nichts.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf beruht auf dem Stimmkreisbericht der

Staatsregierung, den diese entsprechend Artikel 5 Absatz 5 des Bayerischen Landeswahlgesetzes dreißig Monate nach dem Tag, an dem der Landtag gewählt wurde, vorlegen muss. Zugrundezulegen sind die Zahlen der Bevölkerungsentwicklung vom 30.09.2010. Da die Anpassungsvorschläge auf der Basis des Stimmkreisberichts zu erarbeiten sind, enthält das Gesetz damit inzident eine Regelung für den Zeitpunkt der maßgeblich heranzuziehenden Bevölkerungszahl. Um dies in Zukunft noch deutlicher zu machen, sollten wir darüber diskutieren, ob wir ausdrücklich einen Stichtag in das Landeswahlgesetz aufnehmen. Bis dahin allerdings ist Artikel 5 Absatz 5 des Bayerischen Landeswahlgesetzes zugrunde zu legen. Nicht möglich ist das Abstellen auf die Bevölkerungsprognose, wie es der Verfassungsrechtler Badura in der Expertenanhörung als vorzugswürdig gesehen hat. Dies widerspricht dem formalen und strikten Charakter der Wahlrechtsentscheidungen und wurde von den anderen Experten so nicht geteilt. Im Übrigen, Kolleginnen und Kollegen der Opposition, haben Sie keine diesbezüglichen Änderungsanträge eingebracht. Insoweit, so denke ich, werden Sie letztendlich im Großen und Ganzen dem Vorschlag der Staatsregierung zustimmen.

(Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der konkrete Stimmkreiszuschnitt ist immer eine schwierige Entscheidung. Der Vorschlag der Staatsregierung im Gesetzentwurf orientiert sich an den in der Verfassung und der Verfassungsrechtssprechung entwickelten Kriterien, die zu berücksichtigen sind: zusammenhängendes Gebiet, soweit möglich Beachtung der Grenzen der Landkreise und kreisfreien Städte, größtmögliche Wahrung der Stimmkreiskontinuität und zwingende Anpassung bei Überschreitung einer Höchstabweichung von der Durchschnittsbevölkerung eines Stimmkreises von 25 % nach oben wie nach unten.

Der erarbeitete Vorschlag ist nicht von parteipolitischen Erwägungen der Koalitionsparteien beeinflusst. Dies wird schon an der Diskussion und dem Vorschlag für Oberfranken deutlich. Hätte man FDP und CSU bevorteilen wollen, hätte man einen ganz anderen Vorschlag einreichen müssen. Kolleginnen und Kollegen, gerade bezogen auf Oberfranken haben wir einen intensiven Disput über mögliche Modelle erlebt. Nicht relevant ist dabei, wie wir die Modelle verbildlichen. Ob wir vom Knochen oder vom Bikini reden, ist wahlrechtlich irrelevant. Für die jetzt gefundene Lösung spricht neben anderen Kriterien die Nachhaltigkeit, die Stimmkreiskontinuität. Letztlich wurde von keiner der hier vertretenen Fraktionen in diesem Hohen Hause ein Änderungsvorschlag eingebracht,

der eine andere Lösung präferiert hätte. Den Änderungsvorschlag der FREIEN WÄHLER bezogen auf München lehnen wir ab. Die Stadtbezirke sind nicht den Grenzen von Landkreisen und kreisfreien Städten vergleichbar. Die vorgeschlagene Änderung lässt sich vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Stimmkreiskontinuität nicht rechtfertigen. Der Vorschlag der FDP zu einer kleineren Änderung im Bereich der Oberpfalz, der in der Endberatung im Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz Zustimmung gefunden hat, trägt unserer Auffassung nach den regionalen Gegebenheiten dort besser Rechnung als der ursprüngliche Entwurf der Staatsregierung und findet unsere Zustimmung.

Kolleginnen und Kollegen der Opposition, angesichts der Bedeutung der heutigen Entscheidung, die die Spielregeln unserer Demokratie den notwendigen Gegebenheiten anpasst, appelliere ich an Sie: Tragen Sie diese Entscheidung mit. Es ist natürlich die Aufgabe der Opposition, die Regierung zu kritisieren und alternative Vorschläge zu machen. Polemik und billiger Populismus gehören nicht in die Debatte von Wahlrechtsanpassungen, wenn keine verfassungsrechtlich darstellbaren Alternativen von Ihnen aufgezeigt werden.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist erschöpft.

Im Interesse unserer Demokratie bitte ich Sie: Stimmen Sie mit breiter Mehrheit dem vorgeschlagenen Gesetzesentwurf zu.

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner: Herr Kollege Schindler. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Professor Bausback, wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Es geht heute nicht um die Spielregeln unserer Demokratie. Ich versichere Ihnen ausdrücklich, dass auch die Sozialdemokraten stolz auf das verbesserte bayerische Verhältniswahlrecht sind. Wir wollen aber heute nicht das Verhältniswahlrecht in Bayern ändern, sondern es geht um eine viel profanere Angelegenheit. Deswegen hören wir Ihre mahnenden Worte, doch mitzustimmen, gerne. Ich muss aber zurückgeben, dass Sie das auch in Richtung Ihrer CSU-Bundestagsgruppe sagen sollten. Dort hatte man nämlich offensichtlich überhaupt keine Scheu, ein neues Bundeswahlgesetz ohne Einbindung der Opposition zu beschließen. Ob das verfassungswidrig ist, wird man noch sehen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe schon bei der Ersten Lesung gesagt, Wahlrechtsfragen sind immer auch Machtfragen. Das weiß niemand besser als die CSU, und das zeigt sich ganz aktuell im Bundestag, und auch hier, bei diesem Gesetzentwurf. Mit dem Gesetzentwurf wird vorgeschlagen, aufgrund der Veränderung der Einwohnerzahl in den sieben Wahlkreisen die Verteilung der Zahl der Mandate auf die Wahlkreise Oberbayern, Oberpfalz und Oberfranken derart anzupassen, dass Oberfranken und die Oberpfalz je ein Mandat abgeben und Oberbayern zwei weitere Mandate erhält. Maßgeblich hierfür sind die Einwohnerzahlen zum Stichtag 30. September 2010. Wenn man allerdings die bereits verfügbaren Zahlen zum 31.März 2011 zugrunde legen würde, würde auch der Wahlkreis Unterfranken ein Mandat verlieren und der Wahlkreis Mittelfranken ein Mandat hinzugewinnen. Und schon haben wir ein veritables Problem, meine Damen und Herren, denn einerseits ist im Landeswahlgesetz nicht geregelt - im Übrigen auch nicht inzident, Herr Kollege Dr. Bausback, so wie Sie das ausgelegt haben -, welcher Stichtag für die Verteilung der Mandate auf die Wahlkreise maßgeblich ist, andererseits wird stets darauf Wert gelegt, dass bei der Verteilung der Mandate strikte Proportionalität gewahrt wird.

Die Argumentation, man könne ohne Verstoß gegen die Grundsätze der Wahlgleichheit und der strikten Proportionalität in Kenntnis der Zahlen vom März 2011 dennoch die Zahlen vom September 2010 zugrunde legen, ist nicht überzeugend, sondern hat schon etwas Willkürliches und steht im krassen Widerspruch zu der Ansicht der Staatsregierung in dem ergänzenden Bericht vom Mai 2011. Dort heißt es wörtlich, der Gesetzgeber sei nicht befugt,

geringfügige Abweichungen bei den Einwohnerzahlen, die nicht mehr durch das mathematische Verfahren selbst bedingt sind, hinzunehmen und eine Anpassung in den Wahlkreisen nur dann vorzunehmen, wenn sich die Bevölkerungszahl wesentlich verschiebt.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Winfried Baus- back (CSU))

Meine Damen und Herren, die in den Zahlen zum Ausdruck kommende Tendenz,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

dass die Menschen in die Ballungsräume ziehen und dass ländliche und strukturschwache Gebiete Einwohner verlieren, ist nicht neu. So ist zum Beispiel in Oberfranken die Zahl der Abgeordnetenmandate als

Folge des Bevölkerungsrückgangs von 25 im Jahr 1950 auf 20 im Jahr 1998 zurückgegangen. In diesen Zahlen spiegelt sich eine erhebliche Zuwanderung nach Oberbayern, speziell in den Großraum München, und eine dramatische Abnahme der deutschen Hauptwohnungsbevölkerung in Oberfranken wieder. Das hat nicht nur etwas mit der demografischen Entwicklung, sondern auch etwas mit der Politik, die gemacht worden ist, zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Das ist ein Indiz dafür, dass es nicht gelungen ist, überall in Bayern gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen. Uns ist natürlich bekannt, dass mit dem Wahlrecht keine Strukturpolitik gemacht werden kann. Umgekehrt muss das Wahlrecht aber eine verfehlte und gescheiterte Strukturpolitik nicht auch noch sanktionieren. Es darf nicht einfach zugesehen werden, wie die Zahl der Abgeordneten aus Oberfranken und aus der Oberpfalz schrumpft, und damit im Übrigen auch die Zahl der Bezirksräte in diesen Wahlkreisen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, dass das Problem der Verteilung der Mandate auf die Regierungsbezirke nach der Verkleinerung des Landtags erstmals in dieser Wahlperiode zu einem Aufschrei in Oberfranken und in der Oberpfalz geführt hat, liegt daran, dass es allmählich an die Substanz geht. Natürlich hängt der Einfluss der Wahlkreise auf die Entscheidungen im Landtag nicht ausschließlich von der Zahl der jeweiligen Abgeordneten ab, sondern, mit Verlaub, auch von deren Qualität. Es gibt aber auch so etwas wie eine kritische Masse, die nicht unterschritten werden darf, weil eine angemessene Repräsentanz dann nicht mehr gewährleistet ist. Und dieser Punkt ist jetzt erreicht, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Es gibt jetzt nur noch zwei Möglichkeiten: Nachdem die Strukturpolitik der Staatsregierung offensichtlich gescheitert ist und es nicht gelungen ist, überall gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen, kann man den damit verbundenen Rückgang der Bevölkerung in einzelnen Regierungsbezirken einfach so hinnehmen und in jeder Wahlperiode - wir sind ja noch nicht am Ende - durch eine Anpassung der Zahl der Mandate sanktionieren. Oder aber man überlegt sich Alternativen, wie dieser Prozess gestoppt werden kann. Meine Damen und Herren, Herr Professor Bausback, ich bekenne, und ich habe das schon mehrfach zum Ausdruck gebracht: Der Grundsatz der Wahlgleichheit mit all seinen Facetten ist uns heilig.

(Beifall bei der SPD)

Dennoch ist er in seiner jetzigen Form, wie er in Artikel 14 der Verfassung geschrieben ist, nicht in Stein gemeißelt und im Übrigen schon mehrfach geändert worden. Bei einem Wahlsystem mit sieben selbstständigen Wahlkreisen, unterschiedlich großen Stimmkreisen und Erst- und Zweitstimmen kann das Prinzip der Wahlgleichheit weder theoretisch noch praktisch absolute Geltung beanspruchen. Vielmehr gab und gibt es immer wahlsystembedingte Abweichungen.

Auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage ist es unseres Erachtens zulässig und geboten, sich Gedanken über Möglichkeiten zu machen, den beschriebenen Trend zu stoppen, ohne gegen das Prinzip der Wahlgleichheit zu verstoßen und die Zahl der Sitze im Landtag maßlos zu erhöhen. Die Staatsregierung hat dankenswerterweise einige Möglichkeiten aufgezeigt, insbesondere zur Festschreibung einer Mindestzahl von Mandaten für jeden Regierungsbezirk. Demnach würde sich bei einer Festlegung einer Mindestmandatszahl von 17 und ansonsten gleichbleibenden Bedingungen und Tendenzen die Zahl der Mandate bei der nächsten Wahl im Jahr 2013 auf 185 erhöhen. Das wären immerhin zwei weniger, als wir jetzt haben. Bei der Festschreibung einer Mindestzahl von 16 wäre erst im Jahr 2023 mit einer Zunahme auf 185 Mandate zu rechnen. Es gäbe auch andere Möglichkeiten, die wir in der Anhörung und im Ausschuss diskutiert haben.

Wir sind der Meinung, dass es höchste Zeit ist, sich Alternativen zu überlegen. Wir sind bereit, die notwendigen Änderungen des Landeswahlgesetzes und der Bayerischen Verfassung vorzunehmen, um den Prozess der Verringerung der Repräsentanz einzelner Wahlkreise zu stoppen. Im Übrigen ist es auch an der Zeit, sich Gedanken über den Zusammenhang zwischen dem Landeswahlgesetz und dem Bezirkswahlrecht sowie die Koppelung des Bezirkswahlrechts an das Landeswahlgesetz zu machen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Anmerkungen zur vorgeschlagenen Stimmkreiseinteilung machen. Es ist uns natürlich bekannt, dass das Vorhaben, die Stimmkreise möglichst gleich groß, möglichst deckungsgleich mit den kreisfreien Städten und Landkreisen zu machen und wegen der Kontinuität möglichst gleich zu erhalten, nachgerade einer Quadratur des Kreises gleichkommt und eigentlich nicht zu schaffen ist. Dennoch gibt es in allen Wahlkreisen nicht nur die von der Staatsregierung oft gegen Widerstände vor Ort als vorzugswürdig bezeichnete Stimmkreiseinteilung, sondern auch andere Möglichkeiten. Was Oberbayern betrifft, so handelt es sich um einen Vorschlag, der erkennbar parteipolitisch motiviert ist, so wie das früher war, als es darum ging, für den früheren Ministerpräsidenten Stoiber einen

Stimmkreis zusammenzubasteln. Es erstaunt schon, dass eine Lösung, die darin besteht, im Raum Ingolstadt drei Stimmkreise zu bilden, die jeweils zwischen 15,5 % und 23,3 % vom Wahlkreisdurchschnitt abweichen, als vorzugswürdig gegenüber anderen Alternativen bezeichnet wird.

(Beifall eines Abgeordneten der SPD)

Mit Staunen und viel Sympathie haben wir die in der CSU propagierte "Operation Verhinderung" gegen diesen Vorschlag zur Kenntnis genommen und beobachtet, wie sie erfolglos geworden ist. In Oberfranken haben wir mit ebenso großem Interesse verfolgt, wie tapfer die Kolleginnen und Kollegen von CSU und FDP, zunächst noch angeführt vom damaligen Bezirksvorsitzenden von und zu Guttenberg, gegen die Verringerung der Zahl der Mandate prinzipiell gefochten und speziell für und wider den sogenannten Hundeknochen-Stimmkreis Wunsiedel/Kulmbach gekämpft haben. Wir bedanken uns bei Frau Oberbürgermeisterin Seelbinder für ihren Einsatz bei unserer Anhörung sowie bei den vielen Petenten. Einen konkreten Antrag aus Oberfranken von der CSU oder von der FDP, die Stimmkreise anders als von der Staatsregierung vorgeschlagen einzuteilen, vermissen wir bis heute. Der Presse haben wir nun gestern entnommen, dass man sich geeinigt hat und dass es bei dem Hundeknochen-Stimmkreis bleiben soll. Sie haben Gelegenheit, meine Damen und Herren, nachher in namentlicher Abstimmung, soweit Sie aus Oberfranken stammen, sich zu der einen oder der anderen Lösung zu bekennen.

(Beifall bei der SPD - Alexander König (CSU): Das werden wir machen!)

Meine Damen und Herren, was die Oberpfalz betrifft, so will ich noch sagen, dass der Vorschlag der Staatsregierung mit guten Argumenten vertretbar ist. Ich bin froh, dass der frühere Stimmkreis Regensburg LandSchwandorf, der ohnehin nur gegründet worden ist, damit Frau Deml darin Platz findet, wieder abgeschafft wird. Ganz zum Schluss hat die FDP nun als Kompensation für ihren vergeblichen Einsatz in Oberfranken in der Oberpfalz ein Problem gelöst, das es eigentlich gar nicht gegeben hat.

Was den Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER betrifft, so werden wir diesem zustimmen. Ansonsten können wir nicht zustimmen.

Ich bekenne noch einmal: Wir halten den Vorschlag der Staatsregierung zwar für verfassungskonform, nicht aber für verfassungsrechtlich so zwingend geboten, dass er jetzt umgesetzt werden müsste. Wir vermissen in diesem Vorschlag ein zukunftsweisendes Projekt. Deswegen können wir ihm nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schindler. - Es gibt noch eine Zwischenbemerkung.