Protokoll der Sitzung vom 02.02.2012

(Beifall bei den GRÜNEN - Widerspruch bei Ab- geordneten der CSU)

- Rechnen Sie es doch einmal aus, bevor Sie schreien, Herr Miller. Das Grundgesetz schreibt den Ländern einen Finanzausgleich vor, genauso wie es innerhalb Bayerns einen kommunalen Finanzausgleich gibt. Ich glaube, den würden auch Sie nicht aufkündigen wollen.

Es kommt aber noch viel besser: Der Länderfinanzausgleich ist nach Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zwischen dem Bund und den Ländern neu ausgehandelt worden, und zwar mit Zustimmung der damaligen CSU-Staatsregierung, aber namentlich auch mit der Zustimmung von Herrn Seehofer, damals noch nicht Ministerpräsident.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In Berlin wurde zugestimmt. Zu Hause hat man gesagt, wie toll man verhandelt habe; der neue Länderfinanzausgleich sei toll, man habe all das durchgesetzt, was man habe durchsetzen wollen.

Der Länderfinanzausgleich ist nicht nur verfassungsfest, sondern er ist auch von Bayern mitverhandelt und unterschrieben worden. Deshalb ist das Geschrei, dass Bayern dagegen in Karlsruhe klagen werde, nichts als Populismus. Man sucht schon einmal nach einem Schuldigen für die PR-Nummer, für den Rohrkrepierer "Bayern schuldenfrei":

Ich komme noch kurz auf die beiden anderen Punkte zu sprechen, die in den Raum geworfen wurden. Der Ministerpräsident hat es letzte Woche angesprochen, Herr Söder heute auch noch einmal. Eine große Nummer ist der Abbau im öffentlichen Dienst. Insgesamt gibt es für diesen Schuldenabbau drei Säulen. Ehrlich gesagt haben wir hier nichts dagegen, aber bitte nicht auf dem Rücken der Beamten. Sagen Sie bitte ehrlich, wo Sie abbauen wollen und was vom Staat nicht mehr geleistet werden kann. Das wäre ehrlich und redlich. Tun Sie nicht so, als ob das niemandem weh tun würde und als ob es keine Arbeitsverdichtung bei den Beamten geben werde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein dritter wichtiger Punkt bei dem Plan, die Schulden abzubauen, ist die Landesbank. Geschätzt war die Landesbank einmal acht Milliarden Euro wert. Zehn Milliarden Euro wurden dann hineingeschossen, um sie zu stützen. Damit sind wir bei 18 Milliarden Euro. Wir reden dabei noch gar nicht von den Zinsen, die ständig anfallen. Das sind konkret gut 300 Millionen Euro pro Jahr. Am Ende dieses Jahres 2012 wird es ein Betrag von einer Milliarde Euro sein, den wir ge

zahlt haben. Selbst wenn Sie durch den Verkauf dieser Bank drei bis fünf Milliarden Euro herauskriegen sollten, wird ein Verlust, eine Vermögensvernichtung in Höhe von 13 Milliarden Euro entstehen. Das ist eine sehr schiefe Rechnung.

Statt einen Schuldenabbau bis zum Jahr 2030 in den Raum zu werfen, würde ich mir von Ihnen wirklich wünschen, dass Sie Ihre Arbeit ordentlich machten. Stellen Sie den Haushalt rechtzeitig auf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Staatsregierung soll diesen Haushalt aufstellen und dann die Legislative ihre Arbeit machen lassen, die darin besteht, das Budgetrecht ernsthaft wahrzunehmen. Lieber Herr Seehofer - er ist leider nicht da, sondern hat über Facebook und Twitter verkünden lassen, dass er verschnupft und krank ist - - Vielleicht können Sie ihm meine Rede mit Ihren Genesungswünschen überreichen.

(Georg Schmid (CSU): Das kann vorkommen, dass jemand krank wird!)

Lieber Herr Seehofer, Ihre Regierungserklärungen zum Haushalt, bevor der Haushalt in diesem Hohen Haus eingebracht ist, zwingen uns in der Fraktion zu absolut absurden Vorgängen. Bevor die Erste Lesung durchgeführt wird, müssen wir eine Menge Änderungsanträge formulieren, um den Zeitplan einzuhalten. Es tut mir herzlich leid, das ist eine Missachtung des Parlaments.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unsere Änderungsanträge würden den Haushalt ehrlich, nachhaltig und gerecht machen. Liebe Kollegen und Kolleginnen der CSU und der FDP, seien Sie einmal ein bisschen weniger Dagegen-Parteien und stimmen Sie diesen Anträgen zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir könnten dann unsere Ziele früher und effektiver erreichen. Stichworte sind zum Beispiel die Krippen und die Energiewende. Herr Kollege Pointner hat vorhin angesprochen, dass nicht nur die FREIEN WÄHLER Anträge zum Stammhaushalt eingebracht haben, die die CSU exakt übernommen hat. Anträge, die wir vor einem Jahr gestellt haben, werden exakt mit den darin genannten Summen etatisiert. Das ist zwar unser Erfolg, aber wir hätten ihn schneller erreicht.

Ein Beispiel muss ich herausgreifen: Nach dem Tod eines Staatsanwalts in einem Gericht haben Sie die Wiederbesetzungssperre beim Justizwachpersonal aufgehoben. Ich möchte nicht weiter darauf eingehen,

aber nur eines sagen: Die Wiederbesetzungssperre ist für gar nichts geeignet, für Null Komma Null. Sie taugt weder zum Sparen noch für irgendetwas anderes. Eine gescheite Personalpolitik ist damit sowieso nicht möglich. Brauchen wir eine Stelle nicht, dann ziehen Sie sie bitte ein. Grundlage muss aber die Aufgabenkritik sein und nicht das Ziel, Geld zu sparen oder den Haushalt zu konsolidieren. Das ist absurd, ganz abgesehen davon, dass in der Justiz die Haushaltskosten mit den Personalkosten deckungsgleich sind. Wir haben ein Recht auf Rechtsstaatlichkeit, auf gut und zügig durchgeführte Gerichtsverfahren in diesem Lande. Dieses Recht hat auch die Staatsregierung bei der Haushaltsaufstellung zu beachten. Wir werden deswegen Änderungsanträge stellen, um die Situation in der Justiz vor Ort zu verbessern.

Bei der Steuer würden die Stellen, die aufgrund der Wiederbesetzungssperre nicht besetzt sind, Geld in dreistelliger Millionenhöhe bringen. Folgen Sie deshalb unserer Forderung und heben Sie die Wiederbesetzungssperre auf. Wir haben diesen Antrag bereits zum Doppelhaushalt und zum Stammhaushalt vor einem Jahr gestellt. Wir werden ihn wieder stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich kann die CSU nur ermuntern, das Königsrecht des Parlaments wahrzunehmen. In Kreuth gab es dazu schon einen kleinen Versuch. Herr Schmid, nehmen Sie dieses Recht wahr, das Sie so vehement gegenüber dem ORH verteidigt haben. Das Budgetrecht liegt beim Landtag. Wir wollen den Pensionsfonds bedienen. Diese Forderung haben wir schon zum Doppelhaushalt vor einem Jahr gestellt. Wir können Sie nur auffordern: Machen Sie mit, und bedienen Sie den Pensionsfonds.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie denken jetzt wahrscheinlich: Das habe ich alles schon einmal gehört. Es ist tatsächlich so. Der Doppelhaushalt 2011/2012 wurde zu spät aufgestellt und zugunsten einer Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten Seehofer zum Haushalt nach hinten verschoben. Dabei wurde schon wieder das Königsrecht missachtet. Das war jedoch nur eine Verschiebung um eine Woche. Ich frage mich, ob die Staatsregierung und dieses Haus noch wissen, dass der Haushaltsplan vor Beginn eines Haushaltsjahres zu verabschieden ist. Das ist hier wirklich etwas schräg geworden. Im letzten Jahr und jetzt erneut wurde der Fahrplan zu spät aufgestellt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Pünktlich machen sie das nur vor Wahlen!)

- Sicherlich.

Bei der Zweiten Lesung im letzten Jahr war schon klar, dass wir Steuermehreinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für diese beiden Jahre 2011 und 2012 haben werden. Im Gesetz zum Versorgungsfonds ist geregelt, dass die Zahlungen nur ausgesetzt werden dürfen, wenn das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ausgehebelt ist. Das war es im letzten Jahr nicht, und in diesem Jahr ist es das auch nicht. Eigentlich handeln Sie rechtswidrig. Tun Sie etwas dagegen und bedienen Sie den Pensionsfonds.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wollen Sie schuldenfrei werden, wenn die vielen verdeckten Schulden nicht bedient werden? Erledigen Sie erst einmal beim Nachtragshaushalt Ihre Arbeit, bevor Sie stichpunktartig à la Bierzelt Versprechungen machen. Machen Sie erst einmal diesen Haushalt wetterfest.

Fakt ist, bei der Aufstellung dieses Haushalts gibt es einen Bilanzierungssaldo in Höhe von 570 Millionen Euro. Das bedeutet, um 570 Millionen Euro decken sich die Ausgaben nicht mit den Einnahmen. Also weg mit dem Mythos vom ausgeglichenen Haushalt. Es gibt ihn nicht, nicht einmal bei der Aufstellung dieses Haushalts. Dieses Wort zieht sich immer durch den Sprachgebrauch.

Herr Dr. Söder, ich bin vom ehemaligen Lebensminister einiges gewohnt. Aber dass Sie vorhin, ohne rot zu werden, gesagt haben, Sie hätten sieben Jahre in Folge einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt, das war schon echt der Hammer.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Marga- rete Bause (GRÜNE): Der ist noch neu im Amt! Der weiß es noch nicht so genau!)

Tatsache ist, die verdeckte Verschuldung ist enorm. Die implizite Verschuldung Bayerns wegen der Pensionsverpflichtungen gegenüber den Beamtinnen und Beamten beläuft sich auf 100 Milliarden Euro. Diese Zahl habe ich nicht erfunden. Im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes gab es eine Anhörung. Dies sind die Angaben einer großen Bank. Andere haben sogar behauptet, dass dafür 163 Milliarden Euro aufgewendet werden müssten. Wegen der Abzinsung wurden diese Zahlen etwas nach unten geschätzt. Der Pensionsfonds ist daher nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Deshalb kann es nicht darum gehen, welche Rendite höher ist. Im Gegenteil: Wenn in den Pensionsfonds nicht eingezahlt wird, ist das Geld weg, wie man das bei diesem Doppelhaushalt sieht.

(Zuruf von der CSU: Ist das Finanzmathematik oder was?)

Wer käme denn auf die Idee, die Sozialbeiträge für die Renten abzuschaffen, weil die Rendite woanders vielleicht höher ist? Klar ist, die Pensionslasten werden in den folgenden Jahren den Gestaltungsspielraum innerhalb des Haushalts auffressen. Die Zeche dafür müssen die kommenden Generationen zahlen.

Fakt ist, im Bauunterhalt fehlen mehrere Milliarden Euro. Im Jahr 1999 hat der Landtag beschlossen, dass mehr und ausreichend Geld für den Bauunterhalt eingesetzt werden müsste. Was machen stattdessen die Staatsregierung und die Mehrheit des Landtags? Seit dem letzten Jahr wird die Summe dafür in jedem Einzelplan um 20 % pauschal gekürzt. Das ist das Gegenteil dessen, was der Landtag beschlossen hat. Wir fordern Sie auf, Ihrem eigenen Beschluss zu folgen. Fehlanzeige. Die Staatsregierung lässt die Substanz der staatlichen Gebäude verkommen. Dabei reden wir noch gar nicht von der energetischen Sanierung. Das ist eine andere traurige Baustelle, sofern Baustellen traurig sein können.

Tatsache ist: Die Staatsstraßen entsprechen am ehesten dem, was immer wieder mit den Worten "Aufbruch Bayern" angekündigt und vermarktet wird: Die Straßen brechen auf. Das ist eine verdeckte Verschuldung im Umfang von gut 700 Millionen Euro. Mein Vorschlag ist nicht besonders neu. Ich habe ihn schon ein paar Mal eingebracht. Eröffnen Sie eine reparierte Straße mit einem weiß-roten Band. Herr Winter, das wäre doch ein Vorschlag für Sie im Schwabenland. Nehmen Sie die Presse dazu und Politiker aller Ebenen und eröffnen Sie mit großem Tamtam eine reparierte Straße. Dann haben wir mehr reparierte Straßen und weniger sinnlosen Straßenneubau.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Tatsache ist auch, dass es noch eine Menge an anderen versteckten Verschuldungen gibt. Als Beispiele nenne ich die Privatschulen und die Kommunen. Es gibt auch noch Verpflichtungen, die der Staat abgewälzt hat, obwohl sie klar staatliche Aufgabe wären, wie zum Beispiel die Schulsozialarbeit, die man auf die Kommunen abgewälzt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund ist es einfach unehrlich und unredlich, ein völlig unausgegorenes Projekt wie den Abbau aller Staatsschulden bis 2030 anzukündigen. Gleichzeitig - das zeichnet sich jetzt schon ab - werden Sie mit Wohltaten um sich werfen. Das haben Sie direkt und indirekt angekündigt, indem man zum Beispiel auf die Kreditermächtigungen verweist, die knapp drei Milliarden Euro umfassen. Es wäre doch ein erster Schritt zum Schuldenabbau, wenn Sie die Kreditermächtigungen zurückgeben würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann wäre die Kriegskasse - das ist ein wörtliches Zitat, so hat es Finanzminister Söder selbst bezeichnet - weniger voll. Herr Minister, gegen wen wollen Sie denn Krieg führen, gegen die Opposition, oder mit ihren Drohungen wegen des Länderfinanzausgleichs vielleicht gegen die Bundeshauptstadt? Das ist die Frage, gegen wen Sie hier Krieg führen wollen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Er ist Kriegsminister geworden!)

Unser Motto zum Nachtragshaushalt lautet: umschichten nach grün. Damit wollen wir den Haushalt gerecht und nachhaltig machen. Die aktuellen Zahlen zum Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren zeigen, dass die von der Staatsregierung vorgesehenen Ausgaben definitiv nicht reichen werden, um den gesetzlichen Anspruch zu erfüllen. Ganz klar fehlen 240 oder 260 Millionen Euro, vielleicht auch mehr. Es kommt darauf an, welche Zahlen zugrunde gelegt werden. Von der Staatsregierung gibt es verschiedene Zahlen dazu, wie weit sie mit dem Ausbau ist; mal sind es 22, mal 26 und mal 28 %. Mit Sicherheit fehlen mehrere 100 Millionen - also gut 200 Millionen Euro - für den Krippenausbau, der nötig wäre, um den gesetzlichen Anspruch zu erfüllen. Das ist kein Wunschdenken von uns, das ist nicht, was wir wollen, sondern diesen gesetzlichen Anspruch gibt es.

Wir schlagen als Gegenfinanzierung die Streichung des Landeserziehungsgeldes vor - das sagen wir laut und ehrlich - und fordern den Einstieg in die Kostenfreiheit des dritten Kindergartenjahres. Wir fordern nicht deshalb so viel Geld für den Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren, weil wir das wollen, sondern weil das ein gesetzlicher Anspruch ist, der, anders als der Länderfinanzausgleich, einklagbar ist, und zwar mit großen Erfolgsaussichten.

Wir wollen den Erhalt kleiner Grundschulen und eine Landschulregelung, damit das Motto "Kurze Beine, kurze Wege" wirklich wahr wird.

Wir wollen die Studiengebühren an den Hochschulen abschaffen.

Der zweite Schwerpunkt unserer Vorstellungen zum Nachtragshaushalt ist das Thema Inklusion. Es gibt ein interfraktionelles Gesetz, das aber leider noch nicht mit Leben erfüllt ist. Deshalb fordern wir zusätzliche Lehrerstellen an Schulen. Auch wenn die Inklusion geltendes internationales Recht ist, wollen wir die Kommunen nicht im Regen stehen lassen und Hochbaumittel über den Finanzausgleich an sie geben. Ansonsten brauchen wir für die Inklusion nicht beson