Protokoll der Sitzung vom 02.02.2012

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wer befeuert sie dabei?)

Die EU-Kommission hat das im Einzelnen konkretisiert. Sie will die Kapitalzuführung durch Umwandlung stiller Einlagen in Höhe von 800 Millionen Euro und den Erwerb der LBS zu einem angemessenen Kaufpreis. Ihr Antrag geht übrigens schon deshalb ins Leere, weil die EU fordert, dass der Erwerb der LBS durch die Sparkassen erfolgt. Insofern geht Ihr Antrag in die falsche Richtung.

Ich darf das unterstreichen, was Kollegin Aures deutlich gemacht hat. Sie haben es auf die Hypo Group Alpe Adria bezogen. Aber, Frau Kollegin, es gibt noch eine andere Gefahr für die Sparkassen. Im Schreiben vom 13. Dezember des letzten Jahres hat die EUKommission klar ein Auskunftsersuchen zur möglichen Beihilfe zugunsten der bayerischen Sparkassen gestellt. Die EU prüft, ob die Rettung der BayernLB gleichzeitig eine Beihilfe zugunsten der Sparkassen war.

Noch einmal, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bayerische Landesbank hat dem Freistaat Bayern und den bayerischen Sparkassen zu jeweils 50 % gehört. Während der Krise hat der Freistaat Bayern die Verantwortung zu 100 %, das waren unter anderem 10 Milliarden Euro, übernommen. Das wäre ein Problem für die bayerischen Sparkassen gewesen, nicht das, was Sie andeuten. Das Problem hätten die bayerischen Sparkassen bekommen, wenn wir darauf bestanden hätten, dass gemeinsame Eigentümerschaft auch gemeinsame Risikobelastung bedeutet und das gemeinsame Risiko zu teilen ist. Wir haben das nicht getan, weil wir wussten, dass die Sparkassen die fünf Milliarden Euro nicht hätten schultern können, ohne dass es zu Schwierigkeiten gekommen wäre. Ohne einen Lastenbeitrag der bayerischen Sparkassen wird es nicht gehen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Dann stehen Sie dazu!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄHLER, ich glaube nicht, dass die 72 Vorstände der bayerischen Sparkassen Freude mit Ihrem Antrag haben. Sie sind längst weiter. Sie wissen, dass es ohne die Beteiligung der bayerischen Sparkassen nicht geht. Deshalb bleibe ich dabei: Dieser Antrag ist und bleibt eine Luftnummer. Wir warten auf die Konkretisierung bezüglich der einzelnen Sparkassen durch Frau Widmann. Ich werde den Vorständen empfehlen, rechtli

che Schritte gegen die Kollegin Widmann einzuleiten, weil es skandalös ist, zu behaupten, 30 bis 35 bayerische Sparkassen bekämen existenzbedrohende Probleme. Deshalb werden wir dem Hohen Haus empfehlen, den Antrag der FREIEN WÄHLER abzulehnen.

Wir bitten darum, dass der Antrag der CSU-Fraktion angenommen wird. Die CSU-Fraktion ist sich mit der FDP-Fraktion einig, was die wichtigen Modalitäten angeht, nämlich die Stabilität der Bank, das EU-Verfahren zügig abzuschließen und - ich sage das in aller Deutlichkeit - einen angemessenen Beitrag der Sparkassen einzufordern. Das ist nur recht und billig.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kommen wir zu den beiden namentlichen Abstimmungen. Soweit ich das sehe, sind die Urnen bereitgestellt. Dann kommen wir zunächst zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/11137. Das ist der Antrag der FREIEN WÄHLER. Wir können die Abstimmung eröffnen. Bei der ersten Abstimmung haben Sie fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 17.00 bis 17.05 Uhr)

Ich schließe die Abstimmung. Wir werden das Ergebnis außerhalb des Raumes auszählen und Ihnen so schnell wie möglich bekannt geben. Wir kommen nun, wie angekündigt, zum nächsten Dringlichkeitsantrag, über den auch namentlich abgestimmt wird. Es geht um den Dringlichkeitsantrag -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Damit Sie wissen, worüber Sie abstimmen, meine Damen und Herren: Es geht um den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/11151, das ist der interfraktionelle Antrag der CSU- und der FDP-Fraktion. Ich bitte, die entsprechenden Abstimmungsurnen bereitzuhalten. Ich eröffne die Abstimmung, dieses Mal haben Sie drei Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 17.05 bis 17.08 Uhr)

Bitte nehmen Sie die Plätze wieder ein, wir können dann zügig mit der nächsten Beratung weitermachen. Vielen Dank. Ich schließe die Abstimmung. Wir zählen auch dieses Ergebnis außerhalb des Raumes aus und geben das Ergebnis unmittelbar im Anschluss bekannt.

Ich rufe zur gemeinsamen Behandlung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GBW: Verantwortung übernehmen, mehr Transparenz herstellen! (Drs. 16/11138)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Harald Güller, Ludwig Wörner u. a. und Fraktion (SPD) Beim Verkauf der GBW AG: Mieterinnen und Mieter sowie die Kommunen dürfen nicht für das Landesbank-Desaster büßen! Vorrang für den Mieterschutz! (Drs. 16/11152)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Georg Schmid, Renate Dodell, Georg Winter u. a. und Fraktion (CSU), Karsten Klein, Dr. Andreas Fischer, Dietrich Freiherr von Gumppenberg, Jörg Rohde und Fraktion (FDP) EU-Beihilfeverfahren der BayernLB - Wohnungen der GBW AG (Drs. 16/11153)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Das erste Wort hat Frau Kollegin Kamm von den GRÜNEN. Sie ist bereits eingetroffen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Seit mittlerweile vier Jahren ist klar, dass die Bayerische Landesbank aufgefangen werden muss und dass es Probleme für die Mieterinnen und Mieter der GBW-Wohnungen geben wird. Seit vier Jahren leben diese Mieterinnen und Mieter nun schon in der Sorge, was weiter passieren wird, ob sie auch weiterhin sicher in ihren Wohnungen werden bleiben können.

Wir haben verschiedene Anträge gestellt, die bislang alle abgelehnt worden sind. Wir haben beispielsweise auch einen Bericht gefordert. Dieser Antrag wurde im Plenum sogar angenommen. Das war im Januar 2010. Danach sollte die Staatsregierung berichten, wie sie die Rechte der Mieterinnen und Mieter sichern will und wie der Wohnungsbestand der GBW als wichtiger Beitrag zur Daseinsvorsorge dauerhaft gesichert und nachhaltig bewirtschaftet wird. Außerdem wurde gefragt, wie der Bestand als preisgünstiger und bezahlbarer Wohnraum gesichert werden soll. Dieser Bericht ist noch nicht gegeben worden. Das halte ich für skandalös. Das erste, was wir brauchen, ist mehr Transparenz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Kolleginnen und Kollegen, der Freistaat und die Kommunen sind gemeinsam verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger angemessenen Wohnraum haben, dass allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von ihrer Einkommenssituation ein angemessener, diskriminierungsfreier Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Angemessener Wohnraum ist Grundvoraussetzung für vieles: für Arbeit, für Teilhabe am öffentlichen Leben und - last but not least - für gleiche Bildungschancen der Kinder. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen nicht, dass es den Mieterinnen und Mietern der GBW in Bayern so ergeht, wie es den Mieterinnen und Mietern der 93.000 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen erging, nachdem Schwarz-Gelb ihre Wohnungen vom Land an Privatinvestoren verkaufte. Im Jahr 2008 verkaufte nämlich die damalige schwarz-gelbe Regierung von Nordrhein-Westfalen 93.000 Wohnungen an den Whitehall-Fonds der US-amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs. Die Folgen für die Mieterinnen und Mieter waren desaströs. Sofort wurden Verwaltungsstrukturen abgebaut, Instandhaltungen reduziert, alle Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen gestoppt und die Mieten zum Teil drastisch erhöht. Auch in Nordrhein-Westfalen gab es eine Sozialcharta; diese wurde jedoch ausgehöhlt.

Insofern reicht es nicht, Herr Söder - er ist leider nicht da -, jetzt eine Sozialcharta zu versprechen. Es muss endlich dafür gesorgt werden, dass die Wohnungen in die Hände von Menschen oder Organisationen gelangen, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie verantwortlich mit ihren Wohnungsbeständen umgehen, das heißt sozial verantwortlich handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

In Bayern gibt es immer weniger Sozialwohnungen; der Saldo des entsprechenden Wohnungsbestandes im Freistaat ist extrem negativ. Im vergangenen Jahr fielen 5.700 Wohnungen aus der Bindung; nur 1.580 wurden neu gebaut. Im letzten Jahrzehnt hat sich der Bestand an Sozialwohnungen in Bayern um 60.000 verringert. Auch als Folge der unzureichenden Tätigkeit im sozialen Wohnungsbau ist der Freistaat verpflichtet, sich insoweit mehr zu engagieren, mehr zu tun als bisher.

Wir können nicht nachvollziehen, weshalb sich der Freistaat aus der Verantwortung stehlen will. Herr Söder hat hier behauptet, eine Übernahme der Anteile durch den Freistaat sei ausgeschlossen. Wir fordern die Darlegung der angeblichen Gründe.

Wir fordern Sie, meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, auf, die Wohnungen in die

Verwaltung der Stabi zu übergeben und selbst weiterzubewirtschaften, falls die Übergabe an ein Konsortium der Kommunen nicht zustande kommt. Wir sähen es zwar als ideal an, wenn die Kommunen, die in der Vergangenheit gezeigt haben, dass sie wissen, wie man Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik macht, die Wohnungen hielten; aber wir sehen natürlich auch die Schwierigkeiten der Kommunen. Viele Kommunen verfügen nicht über eine angemessene Finanzausstattung. Da sie auch in anderen Bereichen investieren müssen, dürften sie sich schwertun, die nötigen Mittel aufzubringen. Dennoch wäre das unter den Aspekten der Zukunft der Wohnungen, der Sicherheit und der langfristigen Bewirtschaftung der beste Weg. Der Freistaat hat die Verantwortung, den Kommunen die Übernahme dieser Wohnungen zu ermöglichen.

Herr Söder hat vor zwei Wochen getönt, 1,5 Milliarden Euro seien der richtige Preis. Dann allerdings wäre die Übernahme durch die Kommunen nicht möglich; sie können die Wohnungen nur zu einem am Ertragswert orientierten Preis übernehmen, nicht aber zu einem Preis, den ein Finanzinvestor zahlt, der von langfristiger Wohnungsbewirtschaftung nicht viel Ahnung hat und bloß an kurzfristiger Verwertung interessiert ist.

Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass künftig kein Wahlkampf auf dem Rücken der Mieterinnen und Mieter gemacht wird. Der Freistaat und die Kommunen gemeinsam sollen sich der GBW-Wohnungen annehmen. Es ist richtig, dass zuvörderst der Freistaat gefordert ist, sowohl die GBW-Wohnungen als auch die Rechte der Mieterinnen und Mieter zu sichern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit dem Label "Sozialstandards" allein ist das nicht zu erreichen. Deswegen fordern wir Sie auf: Stellen Sie Transparenz her! Übernehmen Sie Verantwortung für die GBW-Mieterinnen und -mieter! Tragen Sie Sorge dafür, dass sie nicht für Fehler zahlen müssen, die ganz andere bei der Landesbank gemacht haben! Wirken Sie auf die GBW ein, damit die derzeitigen enormen Mieterhöhungen, die nicht durch die Modernisierung gerechtfertigt sind, gestoppt werden! Sichern Sie die Sozialcharta durch konkrete Zusatzverträge ab! Unterbreiten Sie den Kommunen ein Angebot, das sie tatsächlich annehmen können! Machen Sie keinen Wahlkampf auf Kosten der Mieterinnen und Mieter!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Als nächsten Redner darf ich Harald

Güller von der SPD-Fraktion an das Mikrofon bitten. Bitte schön.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein ausgesprochenes Ärgernis, dass wir uns heute schon wieder mit dem Thema GBWWohnungen beschäftigen müssen. Seit zweieinhalb Jahren krümmt niemand in der Bayerischen Staatsregierung einen Finger für den Schutz der 33.000 Wohnungen und der 85.000 Mieterinnen und Mieter.

(Beifall bei der SPD)

Es sind die Mieterinnen und Mieter der GBW AG, die das Landesbankdesaster, das ja wohl eindeutig auch von Mitgliedern der CSU-Staatsregierung angerichtet worden ist, jetzt ausbaden sollen. Es wäre ein Leichtes für Sie gewesen, über die Bayerische Landesbank darauf hinzuwirken, dass den Mietern der 33.000 Wohnungen Zusatzmietverträge angeboten werden, die Luxussanierungen, hohe Mietsteigerungen und einen Verkauf ausschließen sowie Mieterinnen und Mietern, die zum Beispiel das 65. Lebensjahr vollendet haben, ein lebenslanges Mietrecht einräumen. All das wäre ohne Probleme möglich gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Der Fortschritt in der Bayerischen Staatsregierung bewegt sich als Schnecke. Herr Fahrenschon hatte es an dieser Stelle noch abgelehnt, überhaupt tätig zu werden. Zwischenzeitlich sagt Herr Söder, wir könnten doch die Sozialcharta der GBW AG zugrunde legen. Dazu stelle ich fest: Eine Sozialcharta, auch wenn Richtiges drinsteht, ist nur ein Stück Papier, für das sich keine Mieterin und kein Mieter vor irgendeinem Gericht in Deutschland etwas kaufen kann. Effektiver Schutz ist nur dann möglich, wenn tatsächlich die Mietverträge geändert werden.

Im Haushaltausschuss hat Frau Görlitz geradezu niedlich behauptet: "Kauf bricht nicht Miete!" Frau Görlitz und liebe CSU-Kolleginnen und -Kollegen, ich glaube, Sie sind nicht richtig informiert, was es bedeutet, wenn ein neuer Eigentümer eine Sanierung vornimmt, wenn er verkauft, wenn es Eigenbedarfskündigungen gibt. Da hilft es überhaupt nicht, sich auf einen Mietvertrag zu berufen, der heute leider ohne Zusatzvereinbarung besteht.

Deshalb geht es jetzt auch um die Frage: Wer ist dafür verantwortlich, wenn die GBW aus dem Bestand der BayernLB verkauft werden muss? Wer muss da kaufen? Wir sind eindeutig der Auffassung, dass der, der den Karren in den Dreck gefahren hat, ihn auch herausziehen muss.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der Freistaat Bayern, das ist die CSU-Staatsregierung. Sie müssen bereit sein, auf einem rechtlich zulässigen Weg die GBW-Wohnungen in den Bestand des Freistaats zu übernehmen.

Hierfür gibt es drei Möglichkeiten: entweder ein Kauf oder eine Naturalübernahme der Wohnungen zum Beispiel in die Immobilien Freistaat Bayern oder eine Stiftungslösung. Wir sind für alle drei Lösungen offen. Noch gestern haben wir zur rechtlichen Prüfung eine Anfrage an das Finanzministerium gerichtet.

Wir sind eindeutig der Auffassung, dass nicht die Kommunen an vorderster Front dafür zuständig sind, den von Ihnen in den Dreck gefahrenen Karren flottzumachen. Sie nehmen die bayerischen Kommunen in Geiselhaft dafür, was Sie bei der Bayerischen Landesbank verbockt haben. Das darf so nicht sein.