Protokoll der Sitzung vom 18.04.2012

Herr Minister Heubisch und Herr Minister Huber, das liegt in Ihren Händen. Im CSU-Antrag heißt es vollmundig: Hausarztversorgung in ländlichen Regionen weiter verbessern. Aber dazu gehört mehr als die Nachwuchsgewinnung. Die im Antrag aufgeführten Punkte sind wichtig. Aber wir müssen natürlich auch über die Rahmenbedingungen und über die Infrastruktur reden, angefangen von der Kita über den

ÖPNV bis zum attraktiven Arbeitsplatz für den Partner des Mediziners oder der Medizinerin. Wir müssen auch über die Hausarztverträge reden - da hat Herr Kollege Dr. Vetter recht -; denn wenn wir den Hausärzten Planungssicherheit geben wollen, müssen wir zurück zum alten § 73 b des SGB V. Diesen Paragrafen haben Sie in Berlin - Sie, Herr Zimmermann, vielleicht nicht, aber Ihre Kollegen der CSU - mit der Einführung des GKV-Finanzierungsgesetzes vergeigt. Diese Fehler haben Sie beim Versorgungsstrukturgesetz nicht korrigiert. Deshalb sollten Sie nicht immer mit dem Finger nach Berlin zeigen, sondern das, was man in Bayern tun kann, auch tun.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner für die CSU-Fraktion ist Dr. Thomas Zimmermann. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden Anträge beschäftigen sich, wie schon erwähnt, damit, in Bayern die hausärztliche Versorgung zu verbessern. Ob dieses die beiden Anträge der Opposition tatsächlich auslösen oder auslösen könnten, sei bei meiner ersten Anmerkung zu diesem Thema dahingestellt; denn bevor wir uns mit dieser Thematik inhaltlich ernsthaft auseinandersetzen, müssen wir uns über die Nomenklatur dieser Anliegen und Bedürfnisse unterhalten.

Herr Kollege Vetter, ich glaube, Sie bringen in der Ausbildung eines Mediziners bis zum Facharzt Ausbildung und Weiterbildung durcheinander. Das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt. Sie machen heute die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin zum Thema, verquicken das aber mit der Notwendigkeit von Lehrstühlen. - Herr Kollege Vetter hört mir nicht zu, aber das macht nichts. Es wird ihm dann vielleicht irgendwie zugetragen, dass die Thematik etwas tiefgehender ist, als er es etwas oberflächlich und plakativ meinte darstellen zu müssen; denn die Ausbildung zum Arzt findet an der Universität statt und wird damit durch eine staatliche Einrichtung, nämlich die Universität, geregelt, und zwar mit all ihren Notwendigkeiten. Die Weiterbildung zum Beispiel zum Arzt für Allgemeinmedizin ist Angelegenheit der Selbstverwaltung, der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung - von niemand anderem. Sie sehen es auch daran, dass die Prüfungen zum Facharzt bei der Kassenärztlichen Vereinigung bzw. bei der Kammer abgeleistet werden müssen. Letztendlich hat der Staat bei der Anerkennung zum Facharzt überhaupt nichts zu suchen.

Die in den beiden Anträgen angesprochenen Notwendigkeiten, die sogenannten Weiterbildungsverbünde

in Bayern zu verbessern, indem finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, ist völlig absurd; denn wenn es diese Weiterbildungsverbünde nicht schon gäbe, würde ich Ihnen recht geben. Es gibt in Bayern keinen Weiterbildungsverbund, der an eine irgendwie geartete Universität angegliedert ist. Das mögen Sie daran erkennen, dass die Koordinierungsstelle der bereits in Bayern befindlichen und eingerichteten Weiterbildungsverbünde an der Bayerischen Landesärztekammer in der Mühlbaurstraße angesiedelt ist und, wie ich mich heute Vormittag nochmals erkundigen konnte, dort in hervorragender Art und Weise arbeitet. Es gibt in Bayern insgesamt 21 dieser Weiterbildungsverbünde für die Allgemeinmedizin, die von einer zentralen Stelle, der Bayerischen Landesärztekammer, gelenkt werden. Wie wir von Frau Dittmar gehört haben, werden es täglich mehr. In Mittelfranken gibt es, aus welchen Gründen auch immer, eine Unterversorgung. Das kann man anhand der Karte sehen; ich habe sie dabei. Da muss Erlangen sicherlich noch ein bisschen nachholen. Das wird insgesamt von dieser Koordinierungsstelle festgestellt. Das ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, da ihn die Selbstverwaltung selbst initiiert hat und auch finanziert. Sie mögen daran erkennen, meine Damen und Herren, dass diese Erkenntnis auch die Ärzteschaft selbst bewegt; denn immerhin sind die Bayerische Landesärztekammer, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen und der Bayerische Hausärzteverband Träger dieser Koordinierungsstelle für die Weiterbildungsverbünde. Sie übernehmen auch die Finanzierung dieser Verbundsituation. Das klappt wunderbar.

Ich bin verwundert konstatieren zu müssen, wie oberflächlich hier argumentiert wird, dass es eine Unterfinanzierung gebe und Geldmittel aus dem bayerischen Staatshaushalt an eine für mich nicht nachvollziehbare Einrichtung, die es überhaupt nicht gibt, zur Verfügung gestellt werden müssten. Lieber Herr Kollege Vetter, Sie sprechen von einem Weiterbildungsverbund der Fachrichtung Allgemeinmedizin an der TU München. Ich habe heute den ganzen Tag krampfhaft nachgeforscht, was das sein soll. Es gibt an der TU selbstverständlich einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin, der in seiner Aufgabenstellung die Allgemeinmedizin nicht nur als Lehrfach innerhalb der Ausbildung der Studenten anbietet, sondern selbstverständlich auch die notwendigen Überlegungen wissenschaftlich aufarbeitet, wie der Zugang für junge Studenten oder auch ausgebildete Ärzte zum Fachgebiet der Allgemeinmedizin verstärkt werden kann. Mir wird berichtet, dass das hervorragend läuft. Damit sind diese finanziellen Notwendigkeiten nicht nachzuvollziehen.

Mir gefällt auch nicht, Herr Vetter, dass Sie jetzt mit der Argumentation den Bogen spannen, wenn der Freistaat Bayern Ihren Forderungen nicht nachkäme,

200.000 Euro aus dem Haushalt irgendwohin zu überweisen, wäre die hausärztliche Versorgung in Bayern gefährdet. Ich darf Ihnen aus der Ärztezeitung vom 4. April dieses Jahres Folgendes vortragen. Dort heißt es: "Geldspritze für junge Allgemeinärzte wirkungslos. 76 Millionen Euro verpufft: Mit diesem Betrag haben KVen und Kassen im Jahre 2010 die allgemeinmedizinische Weiterbildung gefördert - bislang ohne großen Erfolg. Die Ergebnisse sind ernüchternd."

Im Weiteren wird in diesem Artikel eindrucksvoll dargestellt, dass leider Gottes der Zugang zum Fachgebiet Allgemeinmedizin in der Bundesrepublik insgesamt in den letzten zwei Jahren rückläufig gewesen sei. Das sei trotz dieser Ausbildungsverbünde geschehen, die in der gesamten Bundesrepublik vorgehalten würden, wobei man nach wie vor krampfhaft versuche, diese Situation zu verbessern.

Des Weiteren wird in diesem Artikel dargestellt, dass gerade in Bayern mit den Weiterbildungsverbünden eine Situation entstanden sei, die erkennen lasse, dass in Bayern ein überproportionaler Anteil nicht nur an Weiterbildungsleistungen dazu führe, dass sehr viele Ärzte in das Fachgebiet Allgemeinmedizin gehen. Die Ärztezeitung von vor 14 Tagen, vom 4. April, schreibt, 20 % der Hausärzte, die in Bayern frisch akquiriert werden können, seien entweder beruflich zuvor anderweitig tätig gewesen oder nach dem abgeschlossenen Studium in die Allgemeinmedizin gewechselt. Sie alle würden in Bayern ausgebildet. Herr Kollege, das schreibt eine bundesweit erscheinende Zeitung! 20 %! Das ist enorm. Da kann sich Bayern sehen lassen.

Herr Kollege, Ihre Redezeit!

Ich kann in keiner Weise nachvollziehen, dass eine mangelnde, schlechte Patientenversorgung im hausärztlichen Bereich entstehen würde, wenn die 200.000 Euro aus dem Staatshaushalt nicht ans Klinikum rechts der Isar oder wohin auch immer überwiesen würden. Kolleginnen und Kollegen, genau das Gegenteil ist der Fall.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist längst um.

Sie ist schon längst um, ich bedanke mich für den Hinweis.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Stellen Sie ihn doch einfach ab, Herr Präsident!)

Ich bedanke mich und komme zum letzten Gedanken. Ich kann Ihnen mitteilen, dass Sie gut daran tun, die

beiden Anträge der Opposition abzulehnen und unserem Antrag zuzustimmen.

Herr Abgeordneter, Sie haben noch einmal Redezeit, aber die Antwort sollte möglichst kurz ausfallen. Frau Dittmar hat jetzt zu einer Zwischenbemerkung das Wort. Damit können wir die Zeit wieder reinholen.

Herr Kollege Zimmermann, ich verlängere jetzt Ihre Redezeit noch ein bisschen.

Ja, so bin ich. Ich wollte nur kurz feststellen, dass die Weiterbildungsverbünde, die bisher existieren und beispielsweise auch bei uns in Bad Kissingen zu finden sind, natürlich mit Leben erfüllt werden müssen. So etwas gelingt viel besser, wenn ich mich vorher an der Universität intensiv mit dem Thema Allgemeinmedizin auseinandersetze, so wie es in der TU München möglich ist. Das wünschen wir uns für alle Universitäten.

Die 200.000 Euro, die für Aufgaben benötigt werden, wie sie Professor Schneider mit seinem Team freiwillig und ehrenamtlich neben seinem eigentlichen Job erledigt, wie das Organisieren von Fortbildungsveranstaltungen für in Weiterbildung befindliche Medizinerinnen und Mediziner und das Einbestellen von Referenten, werden im Moment zusammengestrichen. Damit steht nach Professor Schneiders Auffassung zur Disposition, ob diese Organisation der zehn Verbünde, die von ihm betreut werden und auch mit Leben erfüllt sind, am Leben erhalten bleiben kann. Dieses Modell ist aus Baden-Württemberg übernommen. An der Universität Heidelberg läuft es hervorragend, und ich glaube, Herr Professor Schneider kommt auch aus Baden-Württemberg. Dort läuft das Experiment sehr erfolgreich. Deshalb bitte ich, noch einmal darüber nachzudenken, ob das denn nicht auch eine Alternative für Bayern wäre.

Kollege Zimmermann, bitte eine kurze Antwort!

Selbstverständlich ist das eine Überlegung, die auch in Bayern bereits Fuß gefasst hat und in Teilen sogar schon umgesetzt wird. Ich sehe allerdings die Maßnahme, die Sie einfordern, nämlich diese Versorgungsverbünde zu begleiten, als ureigenste Aufgabe des Instituts für Allgemeinmedizin an der Technischen Universität an.

Dieser Stiftungslehrstuhl wird von der KV zusammen mit der AOK Bayern finanziert. Diese legen großen Wert darauf, dass die wissenschaftlichen Aktivitäten dieses Lehrstuhls dahin zielen, diese Verbünde wis

senschaftlich begleitend zu evaluieren. Das ist im Grunde ein ganz wesentlicher Aspekt für die Weiterbildung. Sie müssen Ausbildung und Weiterbildung bitte sehr unterscheiden. Im tiefen Unterfranken gäbe es keinen Forschungsverbund, wenn es keine Anbindung ans Klinikum rechts der Isar gäbe. Insofern widerspricht Ihre Überlegung, dass das Klinikum rechts der Isar für Unterfranken keine Zuständigkeit habe, ganz wesentlich den Tatsachen. Es klappt hervorragend. Die Anbindung an den Universitäten Würzburg, Erlangen oder Regensburg ist selbstverständlich in dem Sinne gegeben, dass die Studenten erfahren, dass diese Verbünde die einzelnen Aufgaben mit übernehmen, die Sie genannt haben. Ich nenne nur die Vernetzung der einzelnen Ausbildungstrimester. Das ist eine sehr vernünftige Angelegenheit. Sich aber jetzt hinzustellen und zu sagen, wenn der Freistaat Bayern nicht 200.000 Euro zur Verfügung stellt, brechen die Versorgungsverbünde ein, ist falsch. Nur das wollte ich Ihnen mit meinen Ausführungen nahebringen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. Bevor wir in der Debatte fortfahren, darf ich Ihnen ankündigen, dass die CSU-Fraktion zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Nächster Redner in der Debatte ist für die FDP-Fraktion Kollege Dr. Otto Bertermann.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eins vorneweg richtigstellen. Meine Botschaft geht an die FREIEN WÄHLER. Hubert, wenn Du zuhören würdest!

(Harald Güller (SPD): Multitasking!)

- Ja, ich weiß, dass er das kann, und dafür bekommt er auch ein großes Kompliment von mir. Ich wollte ihn nur aufklären, dass im Rahmen der Hausärzteverträge der alte § 73 b des SGB V für die Hausärzte in Bayern gilt. Er ist geschiedst, sodass Geld für die bayerischen Hausärzte nach dem alten § 73 b fließt.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wollen wir hoffen, dass es so bleibt, nicht dass das weggeschiedst wird! - Dr. Karl Vetter (FREIE WÄHLER): Volle Wahrheit!)

Das ist erst einmal die volle Wahrheit. Ob und wann die Krankenkassen dagegen klagen, ist im Moment noch nicht sicher.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das ist doch schon entschieden!)

- Es ist noch kein Antrag eingereicht worden. Er liegt nicht vor. Das ist der Stand der Dinge. Ich wollte nur einmal richtigstellen. Dass dort das Geld für die bayerischen Hausärzte fehlt, ist nicht das Thema der heutigen Anträge der Opposition. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben am 20. Oktober 2011 sehr ausführlich über die gesundheitliche Versorgung in Bayern gesprochen und sehr viele konkrete Vorschläge vonseiten der Regierungskoalition gemacht, wie wir die Hausarztverträge und die hausärztliche Versorgung auf dem Lande verbessern wollen. Ich möchte das jetzt nicht alles im Einzelnen aufführen, sondern in den vorliegenden Anträgen geht es einzig und allein um die Weiterbildung und die Weiterbildungsverbünde.

Ich denke, dass wir alle drei vorliegenden Anträge akzeptieren müssten, was die Weiterbildungsverbünde sowie die Unterstützung betrifft. Nur wie wir das erreichen wollen, dazu gibt es in den Parteien unterschiedliche Vorschläge und Auffassungen. Das Fach, in dem sich ein Mediziner an einer Universität ausbilden lässt, wählt dieser selbst, und der Staat - wir - kann nur passende Rahmenbedingungen dafür garantieren. Was die Berufswirklichkeit betrifft, meine Damen und Herren, so hat die Bayerische Staatsregierung dazu, wie ich vorhin bereits sagte, das Programm "Ärztliche Versorgung in Bayern" mit sehr vielen detaillierten, konkreten Vorschlägen aufgelegt. Sowohl das Gesundheits- als auch das Wissenschaftsministerium arbeiten daran. Hierbei vollziehen sie ein Stück praktischer Politik für die Versorgung der bayerischen Patienten.

Auch um die Grundvoraussetzungen bei den Allgemeinmedizinern zu sichern, haben wir in den letzten Jahren eine erhebliche Anzahl von neuen Studienplätzen geschaffen. Auch dies muss einmal gesagt werden. Wir haben die Zahl der Medizinstudienplätze in Bayern um 20 % erhöht.

(Beifall bei der FDP)

Das gab es vor 2008 nicht. Dies ist das Verdienst des Wissenschaftsministers, der hier ordentlich Druck gemacht und Geldmittel akquiriert hat.

(Maria Noichl (SPD): Doppelte Abiturjahrgänge!)

Zusätzlich konnten wir vorübergehend Studienplätze schaffen, die den Studierenden eine klinische Ausbildung sichern, die in anderen Ländern nur Teilstudienplätze hatten und deshalb nach dem Physikum in den anderen Ländern exmatrikuliert wurden. Auch denen haben wir in Bayern Studienplätze gegeben.

(Beifall bei der FDP - Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Aber der Numerus Clausus ist noch ein Problem, oder?)

- Über den Numerus Clausus können wir in einer anderen Sitzung gern diskutieren.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): In einer anderen Regierungskonstellation!)

- Ja, wir schauen mal, wie Ihr es 2013 hinbekommt. Dann werden die Würfel neu fallen.

Nun wollen die FREIEN WÄHLER mit einem Dringlichkeitsantrag Einzelheiten in der Weiterbildung zum Allgemeinarzt anders finanzieren. Ihr wollt es anders finanzieren, so habe ich jedenfalls die Anträge gelesen.

Herr Kollege Dr. Bertermann, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfrage.