Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein wichtiger Tag, weil wir heute eine Interessenvertretung für die Pflegenden in Bayern auf den Weg bringen. Wir schlagen damit einen bayerischen Weg ein, und wir tun dies in dieser Debatte auch einmütig, zuvorderst mit einem Dank an die vielen Pflegekräfte in unserem Land. Dank, Respekt und Anerkennung sind das eine für die Pflegenden – das möchte ich zu Beginn dieser Debatte zum Ausdruck bringen –, das andere ist, dass wir deren Bekundung auch mit konkreten Taten und mit konkreten Akzenten hinterlegen müssen.
Über das Thema der Pflegekammer wurde in diesem Haus, aber auch draußen lange und emotional diskutiert, und es war auch in unserer Fraktion durchaus eine Diskussion, die von verschiedenen Meinungen getragen war; das zeigt wieder einmal, dass wir tatsächlich eine Fraktion sind, die es sich bei vielen Entscheidungen nicht leicht macht.
Ich möchte auch der Ministerin und dem Haus sehr herzlich danken, weil man es sich auch dort nicht leicht gemacht hat. Es war ein Abwägungsprozess,
der in diesen Gesetzentwurf gemündet ist. Ich möchte zu ein paar Punkten Stellung nehmen, weil ich glaube, dass das ein sehr zentrales Thema ist. Wir sprechen in diesem Hohen Haus über sehr viele Dinge, aber das Thema der Pflege und wie es diesbezüglich in unserer Gesellschaft weitergeht, ist eine sehr zentrale humanitäre Herausforderung, der wir unsere volle Aufmerksamkeit widmen sollten.
Natürlich war es eine Diskussion, die auch auf der Straße geführt worden ist, in Demonstrationen, die hoch emotional waren. Ich glaube, es ist gut, wenn man mit Leidenschaft und Herzblut für seine Überzeugung kämpft. Jedem, der hierzu eine andere Meinung vertritt, unterstelle ich, dass er trotzdem das Beste für die Pflegekräfte in diesem Land will. Das erwarte ich aber auch von denjenigen, die die Meinung vertreten, dass die Interessenvertretung der Pflegenden in Bayern der beste Weg ist, und dass man auch dort anerkennt, dass wir das Beste für die Pflegekräfte wollen.
Kurz zur Historie: In einer Umfrage haben 50 % bekundet, dass sie für eine Pflegekammer wären. Zur Klarheit und Wahrheit gehört aber auch, dass sich in einem zweiten Teil der Umfrage 51 % bzw. 48 % gegen eine Pflichtmitgliedschaft bzw. gegen Mitgliedsbeiträge ausgesprochen haben.
Deswegen war es richtig, dass die Ministerin mit diesem Gesetzentwurf dieses Thema aufgegriffen hat, dass sie die Vorteile einer klassischen Kammer bündeln will, ohne die Nachteile hineinzubringen. Ich denke, das ist sehr gut gelungen, und auf diesem Weg sind wir jetzt.
Ich will zu den Kritikpunkten noch kurz Stellung nehmen. Es wurde immer wieder angeführt: Da ist doch ein Beirat drin, dieses Konstrukt ist doch fremdbestimmt, da haben die Arbeitgeber zu viel Einfluss. – Das ist mitnichten so. Es gibt einen Beirat, der in bestimmten Fragen der Fort- und Weiterbildung mitsprechen soll. Er ist besetzt mit vier Pflegekräften, mit vier Vertretern aus anderen Verbänden und mit einem unabhängigen Vorsitzenden. Es ist doch gut, wenn man in so wichtigen Fragen vorher miteinander und nicht später übereinander spricht.
Mitnichten könnte das Votum dieses Beirats nicht auch überstimmt werden, wenn es eine Begründung dafür gibt. Auch dem wurde Rechnung getragen. Wir sollten wirklich froh darüber sein, dass wir alle Akteure in dieser Vereinigung der Pflegenden in Bayern an einem Tisch haben und dass wir miteinander reden.
Ein weiteres wichtiges Thema war die Registrierung. Wir wollen wissen, wie viele Pflegekräfte wir haben und wie viele Pflegekräfte wir brauchen. Am Anfang hat man gesagt, man könne das nur über eine Pflicht
mitgliedschaft erreichen. Aber hierzu hat uns die Anhörung eines Besseren belehrt. Auch der Datenschutzbeauftragte hat klar zum Ausdruck gebracht: Wir können eine Registrierung erreichen, indem wir in das Berufsrecht die Fort- und Weiterbildung per Verordnung übertragen. Dann wäre die Vereinigung nicht nur für ihre Mitglieder zuständig, sondern für alle. Über diesen Punkt könnte man dann die Erfassung erledigen. Das ist schon ein wichtiges Thema.
Es wird immer wieder gesagt: Na ja, wir werden irgendwann eine Bundespflegekammer haben, und dort wird Bayern außen vor stehen. – Warum denn? Wir haben eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Eine Bundespflegekammer oder eine Bundesärztekammer ist keine Körperschaft, sondern eine Vereinigung, und wenn man will, dann kann die Vereinigung der Pflegenden in Bayern – ich nenne sie bewusst, weil es Inhalt eines unserer Änderungsanträge ist, dass wir die Akteure in den Titel stellen – natürlich auch Mitglied einer Bundespflegekammer werden.
Übrigens sind noch lange nicht alle Bundesländer so weit wie wir heute. Manche Bundesländer lehnen eine Kammer total ab, manche haben sich auf den Weg gemacht. Rheinland-Pfalz hat schon einen Akzent gesetzt. Ich muss allerdings sagen: Der Präsident aus Rheinland-Pfalz sollte sich auch einmal um die Widersprüche kümmern, die er mit dem Thema Pflichtmitgliedschaft und Mitgliedsbeiträge vor Ort hat. Ganz so ohne ist dies nämlich auch nicht. Auch dort ist nicht alles Gold, was glänzt.
Ich will damit deutlich machen: Wir gehen einen bayerischen Weg, der gut ist für unsere Pflegekräfte und der eine Anbindung an eine Bundespflegekammer, sofern sie kommt, ermöglicht, und das ist richtig und auch wichtig.
Ich will zur Finanzierung noch etwas sagen. Wenn ich mich recht erinnere, hat in der letzten Diskussion der Kollege Uli Leiner den Entwurf eingebracht: Wer zahlt, schafft an und dann könne doch diese Unabhängigkeit einer solchen Vereinigung überhaupt nicht gegeben sein. – Ich glaube, es ist eine besondere Art der Wertschätzung, wenn der Freistaat Mittel in die Hand nimmt und diese Vereinigung der Pflegenden in Bayern alimentiert. Er übernimmt damit eigentlich die Mitgliedsbeiträge, die sonst die Mitglieder übernehmen müssten, und macht sich hier auf einen vernünftigen Weg. Deswegen ist hier mitnichten das Prinzip "Wer zahlt, schafft an" maßgeblich, sondern wir als Freistaat bringen gegenüber den Pflegekräften eine Wertschätzung zum Ausdruck, und so sollte es auch gesehen werden.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch zwei Sätze sagen, die uns, glaube ich, allen bewusst sind: Wir werden mit der Vereinigung der Pflegenden in Bayern eine starke Interessenvertretung bekommen, wenn sie in der Zukunft an der Spitze und in den institutionellen Gremien mit unabhängigen, kritischen Köpfen besetzt ist, und ihre Stimme erhebt – das wünsche ich mir übrigens – und wenn sie auch der Politik mal einen Tritt gibt, falls es notwendig ist, und sagt: Das ist der Weg, den wir gehen müssen.
Wir werden aber mit dieser Vereinigung der Pflegenden nicht alle Probleme in der Pflege in Bayern lösen. Ich glaube, heute sind auch Arbeitgebervertreter anwesend. Ich will hierzu deutlich sagen: In Zukunft brauchen wir gute Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte und eine auskömmliche Entlohnung. Das ist aber eine Sache der Tarifvertragsparteien, an die wir nur appellieren können. Wir können uns in dem Sinne einbringen, dass wir wissen, dass das die Voraussetzungen sind, um in der Zukunft den Pflegekräften nicht nur Wertschätzung per Wort entgegenzubringen, sondern auch in Taten.
Das Fazit ist: Wir gehen heute mutig und entschlossen diesen bayerischen Weg für eine starke Interessenvertretung für die Pflegekräfte in Bayern. Ich wünsche mir, dass diejenigen, die jetzt noch abseits stehen, mitmachen und es als Chance begreifen, dass wir diesen Prozess gemeinsam angehen, wir aber auch den Mut haben, immer wieder zu schauen, wer denn unsere Erwartungen erfüllt. Wir müssen uns dann fragen, ob es das ist, was wir erreichen wollen, und wir müssen möglicherweise auch nachjustieren. Aber daneben zu stehen und nur zuzuschauen, ist keine Alternative. Der Freistaat geht in Vorleistung, der Freistaat will ein Signal setzen für die Pflegekräfte. Das ist auch die Botschaft der heutigen Diskussion. Wir alle – das sage ich zum Abschluss noch einmal – ziehen mit Respekt unseren Hut vor denen, die in der Pflege tätig sind.
Danke schön, Herr Kollege Holetschek. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Sonnenholzner. Bitte schön.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Richtig ist, dass wir uns im Ziel einig sind, diejenigen, die professionell pflegen, zu stärken und ihnen eine angemessene Interessenvertretung zu geben.
Wir haben lange, intensiv und ernsthaft über das Thema diskutiert. Wir haben dies aber auch über die unterschiedlichen Auffassungen der Fraktionen hinweg in einer guten Atmosphäre getan. Ich glaube, wir haben es geschafft, die unterschiedlichen Meinungen, die auch in diesem Haus vorhanden waren, entsprechend zur Kenntnis zu nehmen, abzuwägen und zumindest dort zu respektieren, wo wir sie nicht teilen konnten.
In der Tat gab es unterschiedliche Auffassungen. Es gab auch Fraktionen, in denen sich die Auffassungen im Laufe der Zeit nicht nur an dieser Stelle geändert haben. Die SPD hat ihre Position aber immer vertreten. Wir lehnen eine Pflegekammer aus guten Gründen ab. Diese Gründe haben nichts damit zu tun, dass wir die Pflege nicht wertschätzen würden. Wir sind einfach der Meinung, dass die Erwartungen mit dem Konstrukt einer Kammer definitiv nicht erfüllt werden können.
Wir finden, dass der Vorschlag einer Vereinigung der bayerischen Pflege – ich nenne es noch so, wie es im Titel des ursprünglichen Gesetzentwurfs steht – tatsächlich ein guter Weg ist, wenn er denn, nachdem wir ihn heute auf den Weg gebracht haben, auch von allen unterstützt wird. Wir tun uns mit den bayerischen Wegen nicht immer ganz so leicht wie andere Fraktionen, Kollege Holetschek. An dieser Stelle unterstützen wir aber diesen bayerischen Weg. Sie haben auch schon gesagt, dass das der Landtag – das ist auch nicht unerheblich – jedes Jahr mit erheblichen finanziellen Mitteln tut. Wir haben uns mit diesem Haushalt darauf festgelegt, dass die Vereinigung der bayerischen Pflege finanziell mit einer Dreiviertelmillion Euro unterstützt wird. Ich glaube, das ist auch ein Zeichen nach außen, dass wir es ernst meinen und dass es nicht darum geht, Schaufensterpolitik zu betreiben. Das heißt an die Adresse der Pflegenden, die hier auf der Tribüne sitzen: Sie sind uns nicht nur lieb, sondern in diesem Fall im wahrsten Sinne des Wortes auch teuer, und das wird auch so bleiben.
Wir haben im Rahmen der Befassung selbstverständlich auch eine Anhörung durchgeführt, wie das immer der Fall ist, wenn unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen. Auch dort sind unterschiedliche Auffassungen geäußert worden. Es gibt Unterschiede zwischen ambulanter und stationärer Pflege, zwischen Krankenpflege und Altenpflege. Sie alle, die Sie hier sitzen, wissen das. Es war eben nicht so, dass in der Anhörung alle klar die gleiche Haltung zum Ausdruck gebracht haben, wie wir das an anderen Stellen schon hatten.
Natürlich haben wir auch das Gutachten, auf das wir uns stützen können. Ich habe aber schon damals bei
der Vorstellung des Gutachtens im Ausschuss den Wissenschaftler, der federführend verantwortlich war, gefragt, ob er es denn für wissenschaftlich korrekt hält, dass die Verteilung der Fragebögen durch die Pflegedienstleitungen auf den Stationen erfolgt ist. Er musste zugeben, dass man das wissenschaftlich eigentlich nicht so macht, dass es aber keine andere Möglichkeit gab – da beißt sich die Katze in den Schwanz –, weil die Pflegekräfte noch nicht registriert sind und man anders nicht an sie herangekommen wäre. Wissenschaftlich sei das aber nicht der richtige Weg gewesen.
Dies in Verbindung damit, dass sich 60 % der Befragten gegen die Pflichtmitgliedschaft ausgesprochen haben, hat uns schon stark zu denken gegeben. Das Problem sieht man überall. Man sieht es in der Umfrage aus Bayern. Man sieht es in einer Umfrage aus Hamburg, wo die Pflegekammer in der Befragung deshalb mehrheitlich abgelehnt worden ist. Man sieht es – Kollege Holetschek hat es schon ein wenig angedeutet – auch an der Zahlungsmoral der Pflegekräfte in Rheinland-Pfalz, die bereits Zwangsmitglieder sind. Diese ist nämlich ziemlich schlecht.
Es gab viele Petitionen. Das ist im Landtag auch immer ein Anzeichen dafür, dass ein Thema die Menschen draußen bewegt. Es gab wie immer wellenweise viele, die sich für die Errichtung der Pflegekammer ausgesprochen haben, und viele, die sich gegen eine solche Kammer ausgesprochen haben. Ich habe jetzt keine exakte Zahl ausgerechnet, aber das hielt sich in etwa die Waage. Auch aus diesen Äußerungen war keine klare Mehrheit zu erkennen.
Schlussendlich ist es unsere Aufgabe, nach ernsthafter Befassung mit einem Thema nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen zu treffen; denn wir sind der Gesetzgeber. Das ist unsere ureigenste Zuständigkeit.
Aus den genannten Gründen hat sich die SPD-Fraktion dazu entschieden, diesem Gesetzentwurf zur Errichtung einer Vereinigung der bayerischen Pflege ihre Zustimmung zu geben. Wir haben die Bedenken gegen den Titel schon verstanden; wir teilen sie auch. Eine Umbenennung in Vereinigung der bayerischen Pflegenden wäre aber noch viel unschärfer, weil unter den Begriff der Pflegenden auch die riesengroße Zahl der pflegenden Angehörigen fällt. Um diese geht es dieser Stelle nicht. Es geht um die professionell Pflegenden. Deswegen haben wir dem Antrag auf Änderung des Begriffs nicht zugestimmt. Das ist aber nicht entscheidend.
Ich darf noch einmal sagen, dass die Vorteile einer Vereinigung gegenüber einer Kammer tatsächlich zu
allererst darin bestehen, dass den Mitgliedern keine Kosten entstehen – diese zahlt jetzt der Steuerzahler –, dass die Vereinigung die Interessen der Angehörigen der Pflegeberufe unterstützt, Fortbildungen entwickelt – das ist im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Pflegekammer auch immer ein ganz wichtiges Thema gewesen – und Qualitätsrichtlinien erarbeitet, dass der Arbeitskräftebedarf und Daten zur Arbeitssituation erhoben werden können und dass auch Gutachten für Gerichte und Behörden erstellt werden können. Last but not least berät die Vereinigung ihre Mitglieder in berufsrechtlichen, berufsethischen und fachlichen Belangen. Wir übertragen damit eine ganze Menge Verantwortung aus staatlicher Hand. Dass wir das den Betreffenden in die Hand geben, bedeutet auch einen großen Vertrauensvorschuss.
Ich darf ebenso wie Kollege Holetschek an alle, die bis jetzt gezweifelt haben, appellieren. Sie dürfen mir glauben: Als Vertreterin der Opposition in Bayern weiß ich, was es heißt, auf die Straße zu gehen und für seine Interessen zu kämpfen. Ich weiß auch, was es heißt, wenn man am Ende des Tages nicht recht bekommen hat. Nach 14 Jahren in diesem Haus weiß ich aber auch, dass es, wenn man alle seine Mittel ausgeschöpft hat, um seine Interessen durchzusetzen, am sinnvollsten ist, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten weiter für die eigenen Belange einzustehen. Das ist in einer Demokratie auch gut und richtig. Das unterscheidet uns von vielen anderen Ländern auf dieser Welt. Deswegen würde ich mir jetzt wünschen, dass sich all diejenigen, die bisher noch gezweifelt haben oder einer anderen Meinung waren, trotzdem konstruktiv beteiligen. Kollege Holetschek hat gesagt, man kann uns einmal einen Tritt geben. – Ein Tritt muss es nicht sein. Wir wollen aber schon, dass Sie uns digital oder Face to Face auf Probleme ansprechen.
Das Versprechen, das ich im Ausschuss für die SPDFraktion gegeben habe, gilt: Wir werden die Wirksamkeit und die Wirkungen dieser Vereinigung nach gebotener Zeit auf den Prüfstand stellen und schauen, ob und gegebenenfalls wie etwas geändert oder verbessert werden muss oder ob wir damit schon das erreicht haben, was wir erreichen wollten, nämlich eine Verbesserung der Wertschätzung und eine Verbesserung der Situation der professionell Pflegenden in Bayern.
Damit bin ich schon am Ende. Ich wünsche dieser Vereinigung, dass sie tatsächlich das mit Leben füllen kann, was wir uns und was sich viele Pflegekräfte davon erwarten.
Danke schön, Frau Kollegin Sonnenholzner. – Als Nächstem erteile ich dem Kollegen Prof. Dr. Bauer das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eingangs sagen: Herr Holetschek und Herr Seidenath, natürlich respektiere ich Ihre Meinung, das ist ganz klar. Trotz intensiver Beschäftigung mit diesem Konstrukt sind meine Fraktion und ich aber zu der Überzeugung gekommen, dass wir bei unserer ursprünglichen Meinung bleiben. Der Abwägungsprozess hat sich nicht weiterentwickelt. Ihre Argumente, die vorgetragen worden sind, sind für uns nicht stichhaltig. Deswegen hat sich an unserer Meinung, die wir vertreten haben, und an unserem Abstimmungsverhalten nichts geändert. Ich möchte das begründen.
Die Errichtung einer Vereinigung der bayerischen Pflege – Pflegevereinigungsgesetz, wie es so sperrig heißt –, ist wirklich ein hartes Brot, eine inhaltlich harte Kost. Der Gesetzesinhalt ist auch hart. In der Zweiten Lesung zu beraten, ist nicht einfach. Die Fakten liegen aber nun einmal auf dem Tisch. Die Fakten speisen sich aus den Erfahrungen mit der Pflegekammer in Rheinland-Pfalz und aus den Erfahrungen von der Frühjahrsfortbildung des Bayerischen Landespflegerats.
Dieser bayerische Sonderweg – ich bin bei Weitem kein Gegner eines bayerischen Sonderwegs – ist gerade in diesem Fall falsch, weil er nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt. Ein Wunschdenken ist, dass in eine Bundespflegekammer die Vereinigung der bayerischen Pflege einfach aufgenommen wird. Das ist reines Wunschdenken. Das ist eine Argumentation, der ich nicht folgen kann, weil sich alle auf Bundesebene so äußern: Das Ergebnis eines bayerischen Sonderwegs kann und wird nicht sein, dass man Mitglied einer Bundespflegekammer wird.
Wer zahlt, schafft an. – Was hier gesagt worden ist, ist fast schon putzig. Wenn ich von 120.000 Pflegekräften – diese Zahl steht im Raum – und einem Haushaltsansatz von 750.000 Euro ausgehe, muss ich sagen: Bei 6,25 Euro pro Jahr und pro Person kann das wohl nicht so viel Wertschätzung sein. Diese finanzielle Abhängigkeit, dieses Gängelband der Staatsregierung, bedauern wir nach wie vor und sehen das als gravierenden Mangel in diesem Konstrukt der Staatsregierung an.
Wir FREIEN WÄHLER kämpfen – da schließe ich die anderen Parteien auch ein – für eine qualitativ hochwertige und gute Pflege. Ich habe das anfangs gesagt: Ich unterstelle niemandem, dass er eine böse Absicht hat. Ich erkenne vielmehr an, dass alle das Beste zum Ziel haben, aber der Weg der CSU und der Staatsregierung ist falsch.
Gute Pflege liegt im Interesse der gesamten Gesellschaft. Es ist beruhigend zu wissen, dass wir in Bayern viele hervorragend ausgebildete, kompetente und hoch motivierte Fachkräfte in der Pflege haben. Auch von den FREIEN WÄHLERN sage ich hier an dieser Stelle herzlichen Dank für diesen großartigen Einsatz an 365 Tagen im Jahr und an 24 Stunden pro Tag.
Eine echte Selbstverwaltung in der Pflege sieht anders aus. Rheinland-Pfalz macht es vor. Derzeit handelt es sich noch um die Aufbauphase. Uns von der Opposition wurde gesagt: Wartet ab, wir bauen das noch auf, indem die Gesetze und Verordnungen ausgeführt werden. Gebt uns noch Zeit. – Hier trifft das genau zu. Wenn Sie beklagen, dass die Zahlungsmoral nicht gut sei, kann ich nur sagen: Sie wird besser werden. Wir müssen den Zeitabschnitt, der von Rheinland-Pfalz für die Aufbauphase mit 2016 bis 2020 angesetzt ist, abwarten.
Entscheidend ist aber, Kolleginnen und Kollegen, dass all diese Gremien, die in Rheinland-Pfalz geschaffen worden sind, nämlich die aus 81 Personen bestehende Vertreterversammlung sowie Vorstand und Präsident, von den Pflegekräften selbst gewählt und nicht von der Landesregierung ernannt worden sind. So sieht echte Selbstverwaltung aus. So sieht echte Kammer aus. So sieht echte Selbstbestimmung aus. Das muss an dieser Stelle ganz deutlich gesagt werden.