Die Klagen über die ungedeckten Kosten werden an die Bundeskanzlerin geschickt. Ich fände es sinnvoll, wenn sie auch an die Bayerische Staatsregierung ge schickt würden.
Lieber Herr Fahn, das sind genau die holz schnittartigen Argumente, die immer wieder gebracht werden. Wenn Sie irgendwo im kommunalpolitischen Bereich verankert sind, dann wissen Sie: Es gibt – das ist auch ein Fundament in unserer Verfassung – Rechte und Pflichten auf den verschiedensten Ebe nen. Das gilt auch für die Verfassung unseres Frei staates.
Wie kein anderes Bundesland leisten wir weit über die eigentlichen Verpflichtungen des Freistaates hinaus Unterstützung für unsere Kommunen; denn wir wis sen, was unsere Kommunen leisten. Das sind uns un sere Kommunen wert, gerade angesichts der großen
Um nur eine Zahl zu nennen: Wenn wir bei einem Ge samthaushalt von 58 Milliarden Euro 8,5 Milliarden Euro allein in Form des Finanzausgleichs für unsere Kommunen zur Verfügung stellen, dann können Sie doch nicht allen Ernstes sagen, der Freistaat ließe seine Kommunen im Regen stehen. Das ist schlicht weg falsch und unverschämt!
Ich bitte jetzt um etwas Aufmerksamkeit; denn jetzt kommt ein kleiner Abstimmungsmarathon. Von der Abstimmung ausgenommen ist der Tagesordnungs punkt 9. Der Antrag wurde im federführenden Aus schuss für erledigt erklärt.
Wie zum Beginn der Aussprache erwähnt, ist vonsei ten der SPDFraktion zu fünf Anträgen namentliche Abstimmung beantragt worden. Es handelt sich um die Anträge auf den Drucksachen 17/14198, 17/14200 und 17/14206 bis 17/14208.
Ich lasse zunächst über die übrigen Anträge insge samt abstimmen. Die Fraktionen sind übereingekom men, über die Voten der federführenden Ausschüsse abzustimmen. Die federführenden Ausschüsse emp fehlen die Anträge mit Ausnahme des Antrags auf Drucksache 17/14201 zur Ablehnung.
Beim Antrag auf Drucksache 17/14201 empfiehlt der federführende Ausschuss einstimmig Zustimmung mit Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksa che 17/15671.
Bei den Anträgen auf den Drucksachen 17/14195 und 17/14196 soll auf Wunsch der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Votum des mitberatenden Aus schusses für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie, der ebenfalls die Ablehnung empfiehlt, zugrunde gelegt werden.
Ich lasse jetzt über die vorgenannten Ausschussvoten abstimmen. Wer mit der Übernahme der jeweils maß geblichen Ausschussvoten einverstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die CSUFraktion, die SPDFraktion, die FREIEN WÄH LER und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Frau Claudia Stamm. Gibt es Gegenstimmen? – Keine Ge genstimmen. Stimmenthaltungen? – Keine Stimment haltungen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten. Die Anträge auf den Drucksachen 17/14194 bis
17/14196, 17/14199, 17/14202 bis 17/14205 sowie 17/14209 sind abgelehnt. Dem Antrag auf Drucksa che 17/14201 wurde in geänderter Fassung zuge stimmt.
Nun folgen die fünf namentlichen Abstimmungen, wobei ich die erste mit fünf Minuten mache, alle weite ren mit drei Minuten, wenn Sie einverstanden sind. Als Erstes lasse ich über den Antrag auf Drucksa che 17/14198 betreffend "70 Jahre Bayerische Verfas sung – Unser Bayern. Unsere Verfassung. Unser Auf trag: Familien und ihre Kinder bestmöglich unterstützen (V)" abstimmen. Das ist Tagesordnungs punkt 10. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt Ablehnung. Die Urnen stehen bereit. Wir beginnen mit der Abstimmung: fünf Minuten.
So, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Wir zählen außerhalb des Sitzungssaales aus. Bitte bleiben Sie weiterhin aufmerksam, wir fahren jetzt mit der nächs ten Abstimmung fort.
Ich bitte um etwas Ruhe. Als nächste erfolgt die Ab stimmung über den Antrag "70 Jahre Bayerische Ver fassung – Unser Bayern. Unsere Verfassung. Unser Auftrag: 9PunkteProgramm zur Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention auch in Bayern (VII)" auf Drucksache 17/14200. Der federführende Aus schuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt auch hier Ablehnung. Die Urnen sind bereitgestellt. Drei Minuten.
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Wir zählen wie derum außerhalb des Sitzungssaales aus. Ich bitte um Aufmerksamkeit, wir fahren in der Abstimmung fort.
Es folgt nun die Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 17/14206 betreffend "70 Jahre Baye rische Verfassung – Unser Bayern. Unsere Verfas sung. Unser Auftrag: Gleichheit vor dem Gesetz um setzten – Gleichstellungsgesetz reformieren (XIV)". Das ist Tagesordnungspunkt 18. Die Urnen stehen bereit, wiederum drei Minuten.
Die drei Minuten sind um. Die Stimmabgabe ist abge schlossen. Wir zählen wiederum außerhalb des Sit zungssaals aus.
Wir kommen nun zur nächsten Abstimmung zum An trag der SPD "70 Jahre Bayerische Verfassung – Unser Bayern. Unsere Verfassung. Unser Auftrag: Tierschutz verbessern (XV) " auf Drucksa che 17/14207.
Ich bitte doch um etwas Aufmerksamkeit. Das ist der Tagesordnungspunkt 19. Die Urnen stehen wieder be reit. Drei Minuten. – Noch eine Minute!
Die drei Minuten sind um. Wir schließen die Stimmab gabe und zählen wiederum außerhalb des Sitzungs saales aus.
Ich eröffne zu guter Letzt die Abstimmung zum Antrag der SPD "70 Jahre Bayerische Verfassung – Unser Bayern. Unsere Verfassung. Unser Auftrag: Keine kalte Kommunalisierung der Kosten der Integration! (XVI) " auf Drucksache 17/14208. Das ist der Tages ordnungspunkt 20. Wiederum drei Minuten. – Noch eine Minute!
Die drei Minuten sind um. Wir schließen die Stimmab gabe und zählen außerhalb des Sitzungssaales aus. Die Ergebnisse werden später bekannt gegeben. Ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen. Wir fahren jetzt in der Tagesordnung fort.
Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Staatliche Finanzierung der Jugendhilfekosten für unbegleitete junge Flüchtlinge auch nach Erreichen der Volljährigkeit sicherstellen (Drs. 17/10665)
Ich eröffne die Aussprache und stelle nochmal fest, dass die Fraktionen eine Redezeit von 24 Minuten vereinbart haben. Kollegin Claudia Stamm kann zwei Minuten sprechen. – Erste Rednerin ist die Kollegin Kamm.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir fordern Sie mit diesem Antrag auf, die staatliche Kos
tenübernahme für die jeweils erforderlichen Jugend hilfemaßnahmen bei jungen Flüchtlingen auch nach Erreichung der Volljährigkeit sicherzustellen.
Leider weigert sich der Freistaat immer noch, seine gesetzliche Verpflichtung zur vollständigen Erstattung der Jugendhilfekosten für junge Flüchtlinge anzuer kennen. Auch nach dem von Ihnen jetzt vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Aus führung der Sozialgesetze sollen junge Volljährige ex plizit von der Kostenerstattung ausgenommen wer den. Das ist ärgerlich, das ist ein Skandal. Nach § 89d des Sozialgesetzbuches VIII sind die Länder verpflich tet, den örtlichen Trägern der Jugendhilfe die Kosten für junge Flüchtlinge vollständig zu erstatten. Dieser gesetzliche Erstattungsanspruch ist an keine Alters begrenzung gebunden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, junge Flüchtlinge dürfen nicht mit Vollendung des 18. Lebensjahrs auto matisch aus der Jugendhilfe ausgesteuert werden. Das Jugendhilferecht sieht unter § 41 SGB VIII vor, dass die Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung zur eigenständigen Lebensführung auch bei jungen Voll jährigen gewährt werden kann, solange eine Hilfe not wendig ist, wenn es sein muss, bis zum 21. Lebens jahr. Die Entscheidung über die Fortsetzung der Jugendhilfe haben die Jugendämter allein aufgrund von fachlichpädagogischen Kriterien zu treffen. Mit Ihrer Weigerung, die Kosten zu erstatten, negieren Sie den Hilfeanspruch, der gesetzlich vorgeschrieben ist, und wollen faktisch ein Zweiklassenrecht für junge Menschen in der Kinder und Jugendhilfe etablieren. Das haben auch die kommunalen Spitzenverbände in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Staatsre gierung deutlich gesagt. Der drohende massenhafte Abbruch von gerade begonnenen Hilfemaßnahmen wird in vielen Fällen die Integration von jungen Flücht lingen gefährden.
Der Freistaat darf die Kommunen mit dieser Aufgabe nicht alleine lassen. Zwar gab es jetzt einen Kompro miss mit den Kommunen über die Kostenerstattung. Doch dieser Kompromiss ist zeitlich bis 2018 befristet. Zudem ist er eine freiwillige Leistung in Form einer Verwaltungsvereinbarung. Das ist unzureichend und unfair. Der Freistaat beteiligt sich auch lediglich in Form von Pauschalen und nicht in Höhe der realen Kosten an den Maßnahmen. Den staatlichen Förder betrag wollen Sie auf 112 Millionen für einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren begrenzen. Dabei betragen die realen Kosten, die die Bezirke errechnet haben, allein schon in einem Jahr 140 Millionen. Sie tragen
mit diesem Kompromiss, den die Kommunen akzep tiert haben, um überhaupt etwas zu bekommen, nicht einmal die Hälfte der Kosten, die angefallen sind.
Integration erfordert ordnungsgemäße Jugendhilfe maßnahmen und nicht einen erzwungenen Abbruch ab dem 18. Geburtstag. Wir halten eine Pauschalisie rung der Kosten, nach der lediglich ein Betrag von 40 Euro pro Tag oder ein noch geringerer Betrag an gedacht ist, nicht für sachgerecht, um die Maßnah men abschließen und Verwahrlosung verhindern zu können. Wir wollen eine sachgerechte Erstattung der erforderlichen Kosten, und wir wollen auch, dass die Kostenerstattung sachgemäß durchgeführt wird. Inte gration kann zwar teuer sein, noch teurer ist aber keine Integration.
Über die Erstattung der Kosten gab es eine intensive Auseinandersetzung zwischen den kommunalen Spit zenverbänden und der Staatsregierung. Bis jetzt gab es von Ihnen lediglich ein Angebot, das nach unserer Meinung den derzeit geltenden Sozialgesetzen wider spricht. Wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzu stimmen und die jeweils erforderlichen Jugendhilfe maßnahmen zu erstatten.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Jugendhilfekosten steht bei uns immer wieder auf der Agenda. Ich bedaure es sehr, dass es mir nicht gelun gen ist, uns im Ausschuss mit unseren Argumenten glaubwürdig darzustellen. Liebe Kolleginnen und Kol legen, wir halten daran fest, dass Ihre Forderung, sämtliche Kosten für Jugendhilfemaßnahmen auch für junge volljährige Flüchtlinge bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres zu erstatten, von uns auf keinen Fall übernommen werden kann. Wir halten die bis dato praktizierte Regelung, Jugendhilfemaßnahmen für junge Volljährige durch den Freistaat zu refinanzieren, für den richtigeren Weg.
Warum? – Das ist eigentlich ganz einfach. Erstens ist Jugendhilfe nach wie vor eine kommunale Aufgabe. Zweitens hat sie einen wichtigen Steuerungseffekt. Die Maßnahme trägt natürlich dazu bei, möglichst alle volljährigen Asylbewerber auf der Grundlage des Asylbewerberleistungsgesetzes gleich zu behandeln. Nach unserer Auffassung sollen die Jugendämter auch in Zukunft möglichst restriktiv bei der Hilfege währung für junge Volljährige verfahren.
Warum sollen sie so verfahren? – Junge Volljährige sind nun einmal keine Kinder oder Jugendlichen mehr, sondern junge Erwachsene, und daher sollten sie vorrangig über andere Instrumente bedient und unterstützt werden.