dann will ich Ihnen sagen: Mich geht es schon etwas an, ob jemand bei der Diskussion zu einem Thema, bei dem er meint, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, vor Ort war und sich das angesehen hat oder ob er nicht vor Ort war.
Also, dann mal Butter bei die Fische: Wer dort war, hat gesehen, dass das kein unberührtes Gebiet ist. Er weiß, dass dort viele Tourengeher sind. Er hat sich die Bilder vom Gipfel im Winter angesehen. Das ist keine verlassene karge Landschaft, sondern dort passiert bereits jetzt sehr viel.
Ich diskutiere jetzt nicht mehr mit Ihnen. Sie hören mir jetzt zu, oder Sie gehen hinaus – das ist mir eigentlich egal.
Es ist ein schwieriges Thema, und der Alpenplan C soll nicht aufgehoben werden. Der Alpenplan C ist nach wie vor ein zentrales Instrument zum Schutz der Alpen, aber es gilt auch, einen Weg von Lebens-/Wirt
schaftsraum und Naturschutz gemeinsam verantwortungsvoll zu gestalten. Diesen Weg beschreiten wir, und ich bin dem Heimatminister dafür sehr dankbar. Er war übrigens auch einmal Umweltminister, und wer in diese Zeit zurückblickt, weiß, dass Markus Söder dort vieles angeschoben hat,
von dem wir heute noch profitieren. Er hat es sich an dieser Schnittstelle als Heimatminister nicht leicht gemacht, und Sie sollten sich erst einmal überlegen, was Heimat bedeutet.
Vielen Dank, Herr Kollege Holetschek. – Unser nächster Redner ist der Kollege Muthmann. Bitte schön, Herr Muthmann.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will den Blick noch einmal auf die Gesamtbedeutung des Landesentwicklungsprogramms lenken. Die Gestaltung des Landesentwicklungsprogramms ist eine große und wichtige Aufgabe für die Entwicklung Bayerns. Es kann und muss ein wirksames Steuerungsinstrument für die Entwicklung Bayerns darstellen – überfachlich und über alle Zuständigkeiten der Ministerien hinweg. Das Landesentwicklungsprogramm könnte und müsste – wenn es seiner Aufgabe gerecht würde – alle Fachministerien und alle nachgeordneten, insbesondere staatlichen Behörden mit steuern, und zwar bei den wesentlichen Fragen.
Wie steuert man die Entwicklung des Freistaates richtig? Ich erinnere an dieser Stelle an das Gutachten des Zukunftsrates, das berechtigterweise viel Kritik eingesteckt hat, weil es Bayern über nur sieben Zentren steuern wollte. Das geht natürlich nicht. Wahr und richtig ist: Um eine Entwicklung in einem Flächenland sicherzustellen, muss man mehr als sieben Zentralen Orten klar definierte Aufgaben in verschiedenen Ebenen zuweisen. Daran fehlt es aber: Zum einen wurden die Anzahl der Zentralen Orte und im Übrigen auch die der Ebenen nahezu beliebig erweitert. Bei 2.000 Gemeinden haben wir fast 1.000 Zentrale Orte.
Als weiteres Dilemma, das heute noch gar nicht so deutlich angesprochen wurde, kommt hinzu, dass für die Zentralen Orte nicht mehr klar geregelt ist, welche Aufgaben sie für ihren jeweiligen Versorgungsraum zu erfüllen haben. Das taucht da und dort in den Begründungen andeutungsweise auf, allerdings nicht mehr verbindlich. Es fehlt auch völlig am Bekenntnis des Freistaates, diesen Kommunen, diesen Zentralen Orten bei der jeweiligen Versorgungsaufgabe für die
Räume behilflich zu sein, sie zu unterstützen, sie zu fördern. Ein solches Bekenntnis würde in der notwendigen Verbindlichkeit dazu passen und erwartet werden. Daran fehlt es aber auch, sodass eine wesentliche Aufgabe – im Übrigen hat bereits der vorletzte Landtag der Staatsregierung schon einmal als Aufgabe mit auf den Weg gegeben, dieses Zentrale-OrteSystem zu überarbeiten – nicht einmal im Ansatz wirksam erledigt wurde. Dieses System ist ein Sammelsurium an Beliebigkeiten und Gefälligkeiten gegenüber vielen Erwartungen von Kommunen, aber kein starkes Steuerungsinstrument.
Ich möchte auf einen weiteren Punkt hinweisen; das ist notwendig nach dem, was Erwin Huber in seinen Eingangsschilderungen zur Entwicklung des Freistaates Bayern dargestellt hat. Ich erinnere daran, dass der verantwortliche Minister in dieses Landesentwicklungsprogramm mittlerweile 50 % der Fläche als Raum mit besonderem Handlungsbedarf hineinschreibt. Damit wird die Aufgabe auch verfehlt, denn es geht an dieser Stelle darum, die besonders Bedürftigen, die Benachteiligten, die wir nach wie vor haben, klar zu identifizieren und dafür zu sorgen, dass den besonders Bedürftigen geholfen werden kann. Daran fehlt es aber auch. Wir haben stattdessen eine Förderpolitik mit der Gießkanne. Das ist in Zeiten, in denen viel Geld im Haushalt ist und man sich profilieren will, vielleicht noch irgendwie nachzuvollziehen, aber das ist keine Politik mit Substanz.
Danke schön, Herr Kollege Muthmann. – Die nächste Rednerin ist die Kollegin Claudia Stamm. Bitte schön, Frau Stamm.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Ich zitiere aus einem Schreiben des Bayerischen Ministerpräsidenten: Ich halte es daher für bedenklich, 15 Hektar Bergwald für die Errichtung eines Skilifts zu opfern. Darüber hinaus bin ich grundsätzlich wie Sie der Auffassung, dass die Zahl der reichlich vorhandenen Skilifte nicht mehr vermehrt werden sollte; schon viele Skiliftbetreiber sind in roten Zahlen. – Es handelt sich dabei allerdings nicht um den aktuellen Ministerpräsidenten. Der Brief stammt aus dem Jahre 1986 – der damalige Ministerpräsident hieß Franz Josef Strauß – und ging an einen der Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Berg- und Skiführer.
Ein Sprung aus dem Jahr 1986 in die Gegenwart: Ich zitiere ein weiteres CSU-Mitglied, nämlich Prof. Wer
ner Buchner – ich nehme an, den selbsternannten Lebensminister. Als langjähriger Amtschef im Bayerischen Ministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen wandte er sich in einer gemeinsamen Presseerklärung mit mir zusammen gegen das Projekt am Riedberger Horn. In der Presseerklärung sagte Prof. Buchner: Bei der Auslegung und Handhabung des bestehenden Alpenplans wird ebenso wie bei einer eventuellen Fortschreibung zu bedenken sein, dass inzwischen der Natur- und Umweltschutz im Rahmen einer Staatsfundamentalnorm in die Bayerische Verfassung eingefügt worden ist; als Grundlage auch dafür, ihn als einen Schwerpunkt der Politik zu verstehen. – Der Jurist Prof. Buchner gilt als Experte für Umwelt-, Planungs- und Raumordnungsrecht und hat als Ministerialrat damals selbst maßgeblich den alten Plan mitentwickelt.
Was ist der Sinn des Alpenplans? – Der Sinn ist nichts anderes, als einen fairen Ausgleich zwischen Naturschutz und Wirtschaftsinteressen in den Alpen zu schaffen. Dieses Erbe, das ich jetzt kurz von Franz Josef Strauß bis heute dargestellt habe, nämlich eine konservative Umweltschutzpolitik, tritt der sogenannte Heimatminister jetzt mit den Füßen. Mit der Änderung, die jetzt vorgenommen wird – mit dem Bau der Skischaukel –, verstoßen die Staatsregierung und die Mehrheit dieses Hauses – leider eben die Mehrheit hier auf der rechten Seite – auch gegen internationale Abkommen. Mit dem Gipfeltausch am Riedberger Horn versucht Minister Söder nicht nur, die Bürgerinnen und Bürger zu verschaukeln, sondern auch die Staatengemeinschaft der Nachbarstaaten.
Kurz noch ein anderer wichtiger Punkt. Das LEP wurde jetzt schon sehr viel hier diskutiert, aber mit dem Entwurf der Aufhebung des Anbindungsgebots
machen Sie nichts anderes als ein wildes "Anythinggoes-Geben". Das kann nicht in unserem Interesse sein. Das kann nicht im Interesse des Hohen Hauses sein. Die CSU hat mit dem Entwurf, über den wir heute diskutieren, den Anspruch, gestalten zu wollen, auch im konservativen Sinne völlig aufgegeben. Markus Söder hat offenbar kein Interesse daran, zum Wohle Bayerns zu planen. Landesplanung sieht anders aus.
Sehr geehrte Damen und Herren, als die Änderungen zum LEP vom Minister Markus Söder vorgestellt wurden, wurden die Änderungen als ganz minimal angekündigt. Trotz dieser angeblich geringfügigen Änderungen musste die CSU-Fraktion alle Änderungen eigentlich überarbeiten. Die Vorlage war Ihnen offen
bar zu peinlich. Ich kann das nur so interpretieren. Vermutlich war Ihnen die Vorlage nach der massiven Kritik der Expertinnen und Experten in der Anhörung zu peinlich. Trotz dieses Rettungsversuchs ist das LEP nicht wirklich besser geworden. Lieber Markus Söder, wenn das Bild von Franz Josef Strauß noch über Ihrem Bett hängt, dann wird er sich heute Abend sicherlich umdrehen. So macht man keine Landesentwicklung. So macht man keine Gesetze. Und so wird man hoffentlich auch nicht Ministerpräsident.
Vielen Dank, Frau Stamm. – Für die Staatsregierung erteile ich dem Staatsminister Markus Söder das Wort. Bitte schön, Herr Söder.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wäre, wenn Besucher von außerhalb Bayerns heute eine Einladung in den Landtag hätten und sich anhören würden, wie über Bayern geredet wird? – Hier wird von skandalösen Verhältnissen, von skrupellosem Verhalten, von totaler Zerstörung und Betonierung und Verödung gesprochen. Wenn man das hört, dann denkt man, Bayern muss ein katastrophales Land sein. Ich sage Ihnen Eines: Wer so redet, der mag dieses Land nicht. Schlechtreden ist der falsche Weg.
Jedes Argument ist gut. Aber geschriene und plumpe Parolen werden einem Landesentwicklungsprogramm nicht gerecht. Wir wollen sachliche Argumente hören und nicht dauernd Angriffe und plumpe Parolen.
Bayern ist doch ein starkes und schönes Land. Natürlich gibt es Herausforderungen, aber Bayern geht es doch besser als allen anderen Ländern. Unsere Herausforderungen wären für andere Luxusfragen. Unsere Aufgabe im Bayerischen Landtag ist nicht, das Land schlechtzureden, sondern, die Herausforderungen des Landes mit offenen Augen zu sehen und dafür Zukunftskonzepte zu gestalten. Das ist unsere Aufgabe in Bayern.
Dabei reicht es nicht, auf das Jahr 1970 zu verweisen. In fast allen Reden hören wir die Aussage: Wir haben ein Programm von 1970, und daran sollen wir nichts mehr ändern. Meine Damen und Herren, die Geschichte ist wichtig, aber wir leben doch nicht mehr im Jahr 1970, sondern im Jahr 2017, und wir brauchen
Antworten für die Jahre 2020 fortfolgende. Das versuchen wir mit dem Programm zu leisten, nicht mehr und nicht weniger.
Mir reicht es nicht, zu sagen: Da gibt es Probleme; da muss etwas geschehen, aber es darf bitte auf keinen Fall etwas passieren. – Mahnen alleine wird für die Herausforderungen Bayerns nicht reichen. Wir müssen machen. Das Landesentwicklungsprogramm ist keine Verfassung und keine UN-Charta. Es ist übrigens auch kein religiöses Werk. Es ist eine Verordnung, die uns an einigen Stellen Möglichkeiten gibt, eine Entwicklung in Bayern mitzuprägen.
Aber wir müssen auch einmal zugeben, dass es doch ziemlich überheblich ist, zu glauben, dass nur wir im Landtag, nur einige Professoren und Experten wissen, welche Probleme es in Bayern gibt. Für mich wissen die Kommunalpolitiker, die das Land prägen und rund um die Uhr für das Land arbeiten, besser Bescheid. Sie haben mehr Respekt verdient, als wir das heute gehört haben. Das sind nämlich die Landesentwickler vor Ort, die wir brauchen.
Fakt ist: Bayern geht es gut, aber wir stehen vor Herausforderungen. Bayern wächst. Darüber sind wir übrigens froh. Wir spüren jedoch, dass dieses Wachstum nicht überall gleich verteilt ist. In den Ballungsräumen gibt es ein extrem starkes Wachstum, zum Teil schon überhitzt. Wir spüren, dass die Menschen das Wachstum in Relation zu ihrer Lebensqualität setzen. Natürlich dürfen wir nicht einfach nur Wachstum propagieren. Das muss sensibel, qualifiziert und dosiert geschehen. Natürlich streben wir in den Ballungsräumen eine gute Verkehrsentwicklung an. In den Ballungsräumen wollen wir auch das Thema Wohnraum stärker voranbringen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich nenne nur das Stichwort Mietpreisbremse. Diese wurde nicht maßgeblich von den Herrschaften rechts von mir gemacht. Wenn weiterhin Gesetze gemacht werden, die am Ende nicht funktionieren, dann liefern wir denjenigen, die wir nicht im Parlament sehen wollen, Stoff. Das ist in den letzten vier Jahren bei der Mietpreisbremse passiert. Das muss besser gemacht werden.