Vielen Dank, Kollege Güller. – Das Wort hat jetzt Frau Kollegin Gote für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Abgeordnete von den GRÜNEN sind uns nicht zu schade, uns auch einmal um die kleinen Dinge zu kümmern, die das Leben leichter machen. Sie wissen doch alle: Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, wird die Welt auch ein Stückchen besser.
Auf dieser Schiene möchte ich gerne den Antrag einordnen, und vielleicht gäbe es auch noch viele andere Initiativen, bei denen wir gemeinsam auch weitere kleine Schritte tun könnten, um die Welt etwas besser zu machen. Das gebe ich jedem zum Nachdenken mit.
Der ganz große Bürokratieabbau wird es mit diesem Antrag nicht werden. Wir wissen ja, dass die Wertschätzung des Ehrenamtes von der rechten Seite des Hohen Hauses zum Nulltarif läuft und nicht viel bedeutet. Dieser Antrag kostet nicht so sehr viel, und er schadet auch nicht. Man könnte ihn auch mit der Überschrift versehen: Wertschätzung des Ehrenamtes. Viele Leute spenden ja aus kleinem Geldbeutel. Das wissen wir alle. Es sind nicht in erster Linie die Reichen, die gemeinnützige Vereine unterstützen. Die meisten Leute spenden ein paar Euro, um ihren eigenen Verein oder die gute Sache zu unterstützen. Wenn man diesen sagen kann, von deinen Spendengeldern müssen wir keine Verwaltungskosten zahlen, sondern können sie direkt für den guten Zweck aufwenden, dann ist das zumindest ein Signal, das wir von diesem Haus aussenden können. Deshalb werden wir diesem kleinen Antrag guten Gewissens zustimmen.
Danke schön, Frau Kollegin Gote. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen nicht zur Abstimmung, weil die CSUFraktion namentliche Abstimmung beantragt hat.
(Lachen bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN – Inge Aures (SPD): Bravo! Namentliche! Alle aus der Gaststätte wieder rausholen! – Horst Arnold (SPD): Da wird jetzt die Gemeinnützigkeit aberkannt!)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Mehrbelastungen durch Flüchtlingszuzug: Sach- und Personalkosten nicht auf Kommunen abwälzen! (Drs. 17/17547)
Ich eröffne die Aussprache. Auch hier ist die Gesamtredezeit der Fraktionen nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Erster Redner ist Kollege Dr. Fahn. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich will noch kurz etwas zu dem sagen, was gerade gelaufen ist, zum Thema Ehrenamt. Da muss ich sagen, die FREIEN WÄHLER engagieren sich sehr stark für das Ehrenamt. Ich würde den Herrn Güller gern zu unserem parlamentarischen Abend am Freitag einladen. Da geht es nämlich gerade um dieses Thema "Ehrenamt in turbulenten Zeiten".
Da geht es auch um Bürokratie. Wir sagen, auch Kleinvieh macht Mist. Das ist auch ganz wichtig. Steter Tropfen höhlt den Stein. Das gilt auch beim Ehrenamt. Wir verfolgen das schon seit einigen Jahren. Das hat jetzt nichts mit diesem Antrag zu tun. Ich wollte es aber auf jeden Fall mal konkret sagen, Herr Güller. Wir sind immer für viele Dinge, die das Ehrenamt fördern. Da gehören auch die kleinen Dinge dazu. Das muss ich hier mal ganz klar sagen.
Unser Antrag gilt der Mehrbelastung durch den Flüchtlingszuzug. Mehrkosten dürfen nicht auf die Kommunen abgewälzt werden. Das ist für uns ganz wichtig, weil die FREIEN WÄHLER sich schon immer daran orientieren, was kommunale Spitzenverbände
zu diesem Thema sagen. Mitte April 2017 haben viele Bürgermeister entsprechende Hilferufe an die Bundeskanzlerin verschickt. Es war die Asylrechnung an Frau Merkel. Der SPD-Oberbürgermeister von Fürth, Thomas Jung, schrieb: Pro Jahr entstehen uns Kosten von zehn Millionen Euro. Sieben Millionen Euro tragen der Bund und das Land. Den Rest zahlen wir. Da gibt es immer hohe Differenzbeträge. Viele Kommunen haben große Probleme, diese Mehrkosten insgesamt zu bezahlen.
Wir haben eine Umfrage unter unseren Landkreisen gemacht. Da haben wir es immer gesehen. Es geht um das Problem der Kostenübernahme im Zusammenhang mit der Asylsituation. Wir haben verschiedene Landkreise abgefragt. Da gab es immer Mehrbelastungen. Ich nenne ein Beispiel: Bei den Personalkosten gibt es im Landkreis Regensburg eine Mehrbelastung von 1,5 Millionen Euro. Bei den Sachkosten kommt es zum Beispiel im Unterallgäu zu einer Mehrbelastung von 286.000 Euro. Seit Kurzem liegen die Gesamtzahlen vor, die die kommunalen Spitzenverbände insgesamt veröffentlicht haben. Die Mehrbelastungen für die Kommunen im Jahr 2015 betragen 212 Millionen Euro, davon 90 Millionen Euro bei den Landkreisen. 2016 sind es 333 Millionen, eine Steigerung um 1,5 %.
Diese Mehrkosten sollen – das ist unsere Forderung – außerhalb des Finanzausgleichs bezahlt werden. Das war nämlich immer die Argumentation der CSU in den Ausschüssen. Die Forderungen aller Spitzenverbände sind auch die Forderungen der FREIEN WÄHLER. Wir bestreiten nicht – das wird jetzt wahrscheinlich von der CSU kommen, das ist klar –, dass der Freistaat schon viel für die Flüchtlinge getan hat. Aber darum geht es in dem Antrag nicht. Es ist für uns nach wie vor eine bundesstaatliche Entscheidung. Wir denken an Angela Merkel und den September 2015 mit der Entscheidung, die Schutz suchenden Menschen aufzunehmen. Es ist daher nur recht und billig, wenn die entstandenen Kosten dann vom Staat bezahlt werden. Wir sagen, das ist eine staatliche Aufgabe. Deswegen fordern wir, dass der Freistaat oder der Bund – Sie können sich dann an den Bund wenden, falls jetzt eine Koalition zustande kommt – das insgesamt umsetzen. Das sagen wir, und das ist wichtig: Die Kommunen haben sehr viel für diese Flüchtlinge getan und die ganzen Helferkreise mit unterstützt. Das sind eine Riesenarbeit und eine Riesenorganisation, die die Landkreise bewältigt haben. Dafür sagen wir den Landkreisen und Kommunen an dieser Stelle herzlichen Dank.
Jetzt kommen wir zu unseren Forderungen. Erstens. Die im Rahmen der Erstunterbringung angefallenen und noch ungedeckten Kosten müssen zeitnah vom Freistaat übernommen werden. Es ist dem Freistaat unbenommen, sich auch an den Bund zu wenden.
Zweitens. Diesen Punkt haben wir schon öfter diskutiert. Bei den unbegleiteten jungen Volljährigen übernimmt der Freistaat bisher immer nur circa 30 %. Das sind die berühmten 112 Millionen Euro. Diese müssen deutlich aufgestockt werden. Alle anderen Bundesländer finanzieren das zu 100 %. Warum der Freistaat dann nicht? -Das ist der Punkt, der ganz wichtig ist.
Drittens. Es ist nicht einzusehen, dass die Kommunen auf den Personalkosten sitzen bleiben. Das sind nämlich in der Regel 1 bis 2 % der Kreisumlage. Darauf bleiben sie einfach sitzen.
Viertens. Aufgrund der vielen flüchtlingsbedingten Integrationsleistungen benötigen die Kommunen einen angemessenen Teil von den auf Bayern entfallenden Bundesintegrationsmitteln. Ein wichtiger Punkt von uns und eine wichtige Forderung: Es darf zu keiner kalten Kommunalisierung der vor Ort anfallenden Integrationskosten kommen. Der Freistaat muss sich auf Bundesebene angemessen für den Ersatz der Kosten einsetzen. Wir wissen natürlich, dass es Gespräche der kommunalen Spitzenverbände mit der Staatsregierung gab und dass es hier kleine Fortschritte gegeben hat. Wir sagen, Fortschritte mit der Spitzengeschwindigkeit einer Schnecke. Das ist insgesamt zu wenig, meine Damen und Herren.
Fazit: Die Unterbringung von Flüchtlingen ist eine staatliche Aufgabe. Die Kommunen haben schon sehr viel geleistet, wurden aber in den vergangenen Jahren stark belastet, im Jahr 2016 mit rund 334 Millionen Euro. Der Freistaat kann sich das – das haben Sie letzte Woche alles gelesen – aufgrund der hohen Steuereinnahmen leisten. Es ist eine wichtige Aufgabe, die Kommunen hier zu unterstützen. Dies muss außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs erfolgen. Das ist uns sehr wichtig.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Abschluss des heutigen Plenums befassen wir uns noch mit den Belastungen der Kommunen durch den Flüchtlingszuzug, wobei ich wohlgemerkt sagen muss: Wir reden hier über die Belastungen, nicht über die Mehrbelastungen, Herr Kollege Fahn. Das ist ein durchaus
spannendes Thema auch zu so später Stunde, obwohl es schon mehrfach behandelt wurde und Sie auf verschiedene Umfragen aufmerksam machen. In der letzten Ausgabe der Zeitschrift des Bayerischen Landkreistages war das Ganze noch einmal aufgeführt. Scheinbar haben Sie da Ihren Antrag rausgekramt und hier als Hochzieher genommen. Es ist kein wirklich neuer Ansatz. Wir haben das bereits mehrfach im Plenum behandelt. Es ist wieder mal eine sehr einseitige und pauschale Sichtweise, die Sie hier vortragen; aber dafür sind Sie bekannt.
Der Flüchtlingszustrom 2015/2016 – ich glaube, das brauche ich niemandem zu sagen – war eine Entwicklung von außergewöhnlichem Ausmaß. Die Dimension, die wir da erlebt haben, fordert die Gesellschaft insgesamt bis heute. Wie immer bei außergewöhnlichen Entwicklungen sind alle gefordert, und das auf Dauer. Das geht nur mit gelebter Solidarität, zu der jeder sein Mögliches beitragen muss. Das geht nur mit Zusammenhalt. Es ist, wie es immer wieder so schön heißt, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für Bund, Länder, Kommunen und unsere Bürger. Jeder muss seinen Anteil leisten. Das ist letztendlich Verantwortung, die jeder Einzelne zu tragen hat.
Es ist unbestritten: Die Kommunen haben gerade zu den Hochzeiten der Asylkrise Enormes geleistet. Sie haben sich solidarisch gezeigt und damit die Herkulesaufgabe mit Entschlossenheit und großem Engagement angepackt. Dafür können wir und dafür müssen wir selbstverständlich dankbar sein. Die Kommunen sind an ihre Grenzen gegangen. Es war sicherlich ein vorbildlicher Einsatz. Daran sieht man allerdings auch, dass die Integrationskraft in verschiedenerlei Hinsicht begrenzt ist.
Aber eine vollumfängliche Erstattung der Kosten widerspricht ganz klar unserer Auffassung von Solidarität. Bemerkenswerterweise schreibt der Bayerische Landkreistag in seiner neuesten Zeitschriftenausgabe im Grußwort: "Gemeinsam kann man am meisten bewältigen." Das sei sogar ein Erfolgsgeheimnis. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer den Solidaritätsgedanken aufweichen will, der ist aus meiner Sicht kalt; er verbreitet Kälte. Der Freistaat Bayern stellt seinen Kommunen mehr Gelder zur Verfügung, als er vom Bund bekommt. Der Freistaat Bayern ist überobligatorisch unterwegs. Das haben Sie vorhin gesagt. Ihr Motto lautet aber offenbar: Alles für die Kommunen, nichts für den Freistaat. Für mich ist das eine einseitige Sichtweise. Sie versprechen einseitige Lösungen für eine schwierige Aufgabe.
Sie sagen schlicht und ergreifend, wir sollten uns an den Bund wenden, dann sei alles in Ordnung. Hier gilt der Solidaritätsgedanke. Dieser hat mit Verantwortung zu tun.
Sehen wir uns noch einmal die Zahlen der Jahre 2014 bis 2018 an. Ich weiß nicht, ob Sie diese Zahlen parat haben. Für die Jahre 2015 und 2016 hatten wir ursprünglich 450 Millionen Euro für Asyl und Unterbringung vorgesehen. Diese Mittel haben bei Weitem nicht gereicht. Im Jahr 2015 mussten für Asyl und Unterbringung rund 800 Millionen Euro und im Jahr 2016 ganze 2,8 Milliarden Euro aufgewandt werden. Das ist ein immenser Betrag für die Unterbringung, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und freiwillige Leistungen. Das dürfen Sie nicht ausblenden.
Wir haben das Sonderprogramm "Zusammenhalt fördern, Integration stärken" aufgelegt und wenden in den Jahren 2017 und 2018 4,7 Milliarden Euro für Zuwanderung und Integration auf. Das ist ein mächtiger Betrag, der auch den Kommunen zugutekommt, für zusätzliche Lehrerstellen usw. erstattet wird. Sie können dies übrigens im Haushalt unter dem Punkt "Zuwanderungs- und Integrationsfonds" nachlesen. Dort ist auch die sogenannte Bundesmilliarde, die pro Jahr jedoch nur 312 Millionen Euro ausmacht, eingerechnet. Wir haben dies bereits berücksichtigt. Sie wollen das offenbar nicht wahrhaben.
Das Geld des Bundes reicht bei Weitem nicht. Deswegen mussten wir auch die bayerischen Rücklagen angreifen. Auch dies dürfen Sie nicht ausblenden. Die Rücklage vom Stand 2015 wird sich zum Stand 2017 wahrscheinlich um 1,5 Milliarden Euro reduzieren. Auch dies ist ganz klar auf die Herausforderung Asyl zurückzuführen.
Der Freistaat Bayern hat diese Kostenexplosion aufgefangen, ohne bei der einheimischen Bevölkerung zu sparen. Das möchte ich einmal ganz klar hervorheben. Wir wollten nicht, dass die Interessen der einheimischen Bevölkerung gegen die Interessen der ankommenden Menschen ausgespielt werden. Sie stellen heute Maximalforderungen auf, machen den Kommunen riesige Versprechungen, kündigen die Solidarität auf und schwächen den Zusammenhalt. Sie haben offenbar nicht den Blick für das Ganze.
Der Freistaat gewährt zahlreiche freiwillige Leistungen. Der Freistaat erstattet den Kommunen alle Kosten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Zusätzliches Personal wurde eingestellt. Für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge haben wir für die Jahre 2017 und 2018 Personal- und Vormund
schaftskosten sowie die Kosten der Jugendhilfe übernommen, obwohl die Zuständigkeit dafür bei den Kommunen liegt. Ich nenne Ihnen die Zahlen: Im Jahr 2016 waren das 632 Millionen Euro, im Jahr 2017 364 Millionen Euro, und im Jahr 2018 werden es 351 Millionen Euro sein. Ich glaube, dass hier eine Entlastung für die Kommunen möglich ist. Das ist mehr Geld, als wir über die sogenannte Bundesmilliarde bekommen werden.
Die Jugendhilfekosten für volljährige Flüchtlinge werden übernommen. Ich nenne weiter die Kosten für hauptamtliche Koordinatorenstellen für Ehrenamtliche und für die Integrationslotsen für die Kommunen. Außerdem werden die Kommunen eine Verwaltungspauschale für die Kosten von Hausverwaltern erhalten. Der Freistaat müsste diese freiwilligen Leistungen nicht erbringen. Er tut es dennoch, weil er seine Kommunen stärken und entlasten will. Dies könnte man auch bei einer Eins-zu-eins-Rechnung gegenrechnen.
Für uns ist das gelebte Solidarität. Übersehen Sie nicht diese Fakten! Der Freistaat Bayern kommt seinen Verpflichtungen in hohem Maße nach. Wir betreiben eine humane, realitätsbezogene und verantwortungsbewusste Asylsozialpolitik. Wir lehnen diesen Antrag ab.
Danke schön, Herr Kollege Fackler. – Herr Kollege Dr. Fahn hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.
Herr Kollege, ich hätte mich gewundert, wenn Sie jetzt anders gesprochen hätten. Das ist aber kein Problem. Ich habe natürlich alles gelesen. Ich möchte Ihnen eine Frage stellen: Sie haben soeben die Integrationslotsen genannt. Das ist ein Modellprojekt, das der Freistaat Bayern finanziert, an dem sich jedoch nur etwa 36 Kommunen beteiligen. Dieses Modellprojekt läuft bis zum Ende 2017.