Protokoll der Sitzung vom 16.03.2018

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Ihnen allen einen guten Morgen und einen guten Tag wünschen und damit die 126. Vollsitzung des Bayerischen Landtags eröffnen. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde wie immer vorab erteilt. Die Sitzung wird von Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Rundfunks unmittelbar übertragen.

Wir haben heute erfreulicherweise zahlreiche Ehrengäste und Gäste auf unseren Tribünen, die ich alle sehr herzlich willkommen heiße. Ich begrüße den Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Herr Peter Küspert, seien Sie uns herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf die Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften sehr herzlich begrüßen und stellvertretend für die Ministerien und Behörden Frau Staatsrätin Carolina Gernbauer.

(Allgemeiner Beifall)

Ganz besonders herzlich begrüße ich Sie, liebe Frau Baumüller-Söder. Seien Sie uns herzlich willkommen! Wir freuen uns, dass Sie da sind.

(Allgemeiner Beifall)

Damit begrüße ich auch Ehrengäste des designierten Ministerpräsidenten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir wählen in der heutigen Sitzung einen neuen Ministerpräsidenten. An dieser Stelle heiße ich auch die ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Günther Beckstein und Dr. Edmund Stoiber herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in den vergangenen zehn Jahren hat Horst Seehofer im Amt des Ministerpräsidenten äußerst verdienstvolle Arbeit für den Freistaat Bayern und die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes geleistet. Dafür darf ich an dieser Stelle unseren Respekt und unseren Dank zum Ausdruck bringen. Vergelts Gott!

(Allgemeiner Beifall – Lang anhaltender Beifall bei der CSU – Die Abgeordneten der CSU erhe- ben sich)

Kolleginnen und Kollegen, seit dem 14. März stellt Horst Seehofer seine Kraft nun als neuer Bundesmi

nister des Innern, für Bau und Heimat in den Dienst der neuen Bundesregierung. Herr Bundesminister, lieber Horst Seehofer, im Namen des Hohen Hauses gratuliere ich zur Berufung in dieses verantwortungsvolle Amt und wünsche alles Gute, viel Erfolg, aber vor allen Dingen auch Gottes Segen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf nun den einzigen Punkt der heutigen Tagesordnung aufrufen:

Wahl und Vereidigung eines neuen Ministerpräsidenten

Der bisherige Ministerpräsident Horst Seehofer hat gemäß Artikel 44 Absatz 3 der Verfassung des Freistaates Bayern sowie Artikel 8 Absätze 1 und 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung mir gegenüber seinen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten mit Wirkung zum Ablauf des 13. März 2018 erklärt. Nach Artikel 44 Absatz 4 der Bayerischen Verfassung wird bei einem Rücktritt des Ministerpräsidenten während seiner Amtsdauer in der nächsten Sitzung des Landtags ein neuer Ministerpräsident für den Rest der laufenden Amtsdauer gewählt. Dazu findet auch eine Aussprache statt. Gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat beträgt die Gesamtredezeit der Fraktionen 60 Minuten.

Bevor ich die Aussprache eröffne, ein kurzer Überblick über den Ablauf der Sitzung: Zunächst wird um einen Wahlvorschlag gebeten, und anschließend erfolgt die Aussprache. Nach der geheimen Wahl und der Feststellung des Wahlergebnisses endet die Ministerpräsidentenwahl mit der Vereidigung des Gewählten.

Ich bitte um den Vorschlag für die Wahl des Ministerpräsidenten. Dazu hat der Vorsitzende der CSU-Fraktion, Herr Kollege Kreuzer, um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Kollege Kreuzer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 6. März hat Horst Seehofer gegenüber der Präsidentin des Bayerischen Landtags seinen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten zum Ablauf des 13. März erklärt. Heute ist der Bayerische Landtag zur Wahl seines Nachfolgers zusammengetreten. Die Wahl des Bayerischen Ministerpräsidenten ist ein besonderer Akt in der parlamentarischen Demokratie unseres Landes – nicht nur deswegen, weil es hier um ein Land geht, das seinen eigenstaatlichen Anspruch und sein Selbstverständnis über Jahrhunderte ausgeprägt hat, sondern auch deswegen, weil Bayern ein Land ist, das in fast ungebrochener historischer Kontinuität für das gelungene Zu

sammenspiel von Tradition und Moderne steht. Dieses einzigartige Erbe im Interesse und zum Wohle der Menschen in unserem Land zu pflegen und zu bewahren, ist und bleibt die Aufgabe eines jeden Bayerischen Ministerpräsidenten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem Hohen Haus einen Vorschlag für die Neuwahl des Ministerpräsidenten mache, möchte ich Horst Seehofer im Namen der CSU-Landtagsfraktion noch einmal herzlichen Dank für seine außerordentliche und überaus erfolgreiche Arbeit als Ministerpräsident sagen. Vielen Dank, Horst Seehofer!

(Beifall bei der CSU und den FREIEN WÄH- LERN)

Horst Seehofer hat in der vergangenen Dekade Bayern im besten Sinne regiert. Er kann zu Recht auf das große Werk stolz sein, das er für Bayern geleistet hat. Er hat als Ministerpräsident für den Freistaat und die Menschen, die hier leben, arbeiten und ihre Heimat haben, viel bewegt. Sein politisches Werk wird Bestand haben. Den Menschen muss es gut gehen, dann geht es auch dem Land gut. Dieser Gedanke war leitend für den unermüdlichen Einsatz von Horst Seehofer. Horst Seehofer hat als Ministerpräsident ganz in diesem Sinne wesentliche Weichenstellungen für die Zukunft vorgenommen. Gemeinsam mit der Fraktion konnte der Weg für ein schuldenfreies Bayern 2030 bereitet werden.

Gleichzeitig hat Horst Seehofer gezielt in Bildung und Wissenschaft, Kultur und Infrastruktur investiert und damit wesentliche Grundlagen für gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land und für die Attraktivität des ländlichen Raums gelegt. Bayern hat heute so viele Beschäftigte wie nie zuvor, so viele Hochschulen und Studienplätze wie nie zuvor und so gute Bildungs- und Ausbildungschancen wie nie zuvor.

Kein Wunder, dass 98 % der Menschen gerne in Bayern leben. Kann es ein besseres Zeugnis für die politische Leistung als eine solche Zustimmung der Menschen geben? Auch die Tatsache, dass Bayern heute wie eh und je das mit Abstand sicherste Bundesland in ganz Deutschland ist, gehört zu den Leistungen von Horst Seehofer. Horst Seehofer hat nicht nur in Bayern für Bayern gewirkt, Horst Seehofer hat auch im besten Sinne bayerische Außenpolitik betrieben. Völkerverständigung und Aussöhnung waren Horst Seehofer gerade mit Blick auf unser Nachbarland Tschechien ein wichtiges Signal, das er durch den historischen Schritt im Verhältnis zwischen Bayern und Tschechien auch erreicht hat. Unsere Fraktion durfte im vergangenen Jahr bei einer Reise nach Prag erleben, wie gut und wie sehr von Wertschätzung und ge

genseitigem Vertrauen das Verhältnis zu unseren östlichen Nachbarn heute geprägt ist. Davon werden die künftigen Generationen profitieren. Dafür gebührt Horst Seehofer unser besonderer Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Als die Flüchtlinge im Sommer 2015 nach Deutschland strömten, war es Ministerpräsident Horst Seehofer, der als einer der Ersten erkannt hat, mit welch enormen Herausforderungen dieser Zustrom für die Menschen in unserem Land und für die Integrationsfähigkeit der Gesellschaft verbunden ist. Als Bundesinnenminister wird Horst Seehofer diese Politik nun konsequent fortsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Amt wie das des Bayerischen Ministerpräsidenten mit so viel Einsatz und Leidenschaft auszufüllen, wie das Horst Seehofer getan hat, bedarf auch eines starken familiären Rückhalts. Deshalb gilt mein Dank heute auch seiner Frau Karin, die nicht nur ihm den Rücken gestärkt hat, sondern auch selbst bei vielen sozialen Projekten engagiert war. Vielen Dank, Karin Seehofer!

(Allgemeiner Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zur Neuwahl des Ministerpräsidenten. Die CSU-Landtagsfraktion hat Dr. Markus Söder zum Kandidaten für das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten gewählt; denn wir sind der festen Überzeugung: Markus Söder ist hervorragend geeignet, diesem verantwortungsvollen Amt voll und ganz gerecht zu werden, den Freistaat Bayern in eine gute Zukunft zu führen und die Herausforderungen der kommenden Jahre zu meistern. Markus Söder ist ein erfahrener Politiker, der diesem Hohen Haus seit 1994 angehört. In herausgehobenen Ämtern, als Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, als Staatsminister für Umwelt und Gesundheit und zuletzt als Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, hat er hervorragend gezeigt, dass die Geschicke des Freistaats Bayern in ihrer gesamten thematischen Breite bei ihm in besten Händen liegen.

Gleichzeitig war Markus Söder als Mitglied der Staatsregierung unermüdlich in Bayern unterwegs. Er kennt sämtliche Landesteile, ihre Anliegen und ihre Besonderheiten. Er hat als erster Bayerischer Heimatminister unter Beweis gestellt, wie sehr ihm unsere Heimat Bayern und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse überall im Freistaat am Herzen liegen. Fachkompetenz, Leidenschaft in der Sache und Zuverlässigkeit zeichnen Markus Söder aus. Ich kenne ihn, seit wir 1994 gemeinsam in den Bayerischen Landtag gewählt wurden, und kann Ihnen sagen: Was man mit ihm vereinbart, das hält er auch ein.

Seine Durchsetzungskraft wird Bayern im Konzert der Länder zugutekommen. Ich bin überzeugt, er wird ein starker und angesehener Ministerpräsident werden, der auf allen politischen Ebenen die bayerischen Interessen kraftvoll und mit ganzem Einsatz vertreten wird.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schlage Ihnen daher zur Wahl des Bayerischen Ministerpräsidenten unseren Kollegen Staatsminister Dr. Markus Söder vor und bitte Sie um Ihre Stimme für ihn.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kreuzer. – Ich eröffne die Aussprache. Als erster Rednerin darf ich für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Kohnen das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wünschen dem scheidenden Ministerpräsidenten alles Gute für die Zukunft, Besonnenheit und Augenmaß im neuen Amt, aber vor allem eine gute Gesundheit.

(Allgemeiner Beifall)

Der Bayerische Landtag wählt heute einen neuen Ministerpräsidenten. Er übernimmt ein starkes Land. Bayern ist vor allem wirtschaftlich stark. Das haben wir gemeinsam erarbeitet, die Menschen in unserem Land, allen voran die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Unternehmerinnen und Unternehmer, unsere Gewerkschaften, unsere Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte, die Staatsregierung und der Landtag.

Bayern kann aber nur ein starkes Land bleiben, wenn auch unsere Demokratie stark ist. Hier aber habe ich Sorge; denn auch in Bayern haben sich in den letzten Jahren viele Menschen von der Politik abgewandt. Sie hören den politisch Verantwortlichen nicht mehr zu, weil sie nicht mehr daran glauben, dass Politikerinnen und Politiker ihr Leben positiv beeinflussen könnten. Sie gehen nicht mehr wählen, weil sie den Glauben verloren haben, dass sie damit etwas verändern könnten. Oder sie wählen sogenannte Alternativen und Parteien, deren Beitrag zur Debatte sich darin erschöpft, Vorurteile und Hass zu schüren und Menschen gegeneinander auszuspielen. Wir alle hier wollen, dass Bayern ein starkes, lebenswertes und weltoffenes Land bleibt. Das wird aber nur gelingen, wenn wir diese Menschen zurückgewinnen, wenn wir sie überzeugen, dass wir hier an sie denken, und ernsthaft und sachlich um den richtigen Weg ringen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Verantwortung tragen wir alle hier gemeinsam. Wir werden in diesem Sommer einen Wahlkampf führen, und die Art, wie wir diesen Wahlkampf führen, wird unser Land prägen. Verschärft sich der Ton im Netz und auf der Straße? Verroht der Umgang miteinander weiter? Spaltet sich die Gesellschaft noch mehr, oder gehen die Menschen am Ende des Jahres respektvoller miteinander um? Respektieren sie die Meinung des anderen? Hören sie zu, und rücken sie vielleicht sogar näher zusammen? – Es hängt natürlich nicht nur von uns alleine ab, wie sich das gesellschaftliche Klima in Bayern entwickelt, aber was wir hier im Landtag vorleben, wie wir in Talkshows auftreten und wie wir im Wahlkampf miteinander umgehen, all das hat einen wesentlichen Einfluss darauf. Wir alle hier tragen gemeinsam Verantwortung für unsere Demokratie.

Die größte Verantwortung aber trägt der Ministerpräsident, nicht nur deswegen, weil er die größte Gestaltungsmacht hat, sondern auch, weil er am häufigsten in den Medien ist, die größte Reichweite hat und deshalb den Ton der politischen Debatte am stärksten bestimmt. Der Ministerpräsident kann also die Demokratie durch seine Politik stärken und vor allem auch durch sein Auftreten, er kann ihr aber auch großen Schaden zufügen. Was ist daher nötig? Was erwarten die Menschen in unserem Land? Was muss ein Ministerpräsident leisten, um Demokratie und Zusammenhalt bei uns in Bayern zu stärken?

Der entscheidende Punkt ist der politische Umgang miteinander. Wir brauchen eine politische Debatte mit Respekt vor der anderen Meinung und mit einem offenen Ohr für das bessere Argument. Wenn jemand einen Vorschlag macht, der ein echtes Problem der Menschen bei uns in Bayern löst, dann sollte dieser Vorschlag umgesetzt werden, selbst wenn er von der Opposition im Bayerischen Landtag kommt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Das bedeutet politische Größe, sollte aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein; denn es geht um die Menschen. Man kann eine politische Initiative anderer Parteien sehr wohl direkt aufnehmen, ihr hier im Landtag zustimmen und sie gleich umsetzen, statt sie abzulehnen oder hinauszuzögern und dann abzuschreiben und ein Jahr später als eigene Idee zu verkaufen. Ein guter Ministerpräsident hat die Souveränität, gute Vorschläge umzusetzen – egal, wer sie macht.

Ein Ministerpräsident muss auch nah bei den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern sein. Er muss ihnen zu

hören, und zwar ernsthaft und dauerhaft und nicht nur, wenn es gerade hineinpasst, wie beispielsweise beim Flughafen, wo der bisherige Ministerpräsident das Bürgerbegehren zur dritten Startbahn einfach nicht mehr respektieren wollte, einen neuen Entscheid wünschte und zuletzt nun plötzlich über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden wollte. Das entfernt die Menschen von der Politik.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)