Protokoll der Sitzung vom 18.04.2018

Kollege Aiwanger hat gesagt, der Raum Freyung-Grafenau würde Einwohner verlieren, die Menschen würden davonlaufen. Es mag sein, dass sich die Bevölkerung im Landkreis Freyung-Grafenau ähnlich entwickelt, wie es in meinem Heimatlandkreis Tirschenreuth der Fall ist. Viele Menschen werden älter, und es werden in einem Jahr weniger Menschen geboren als versterben. Dadurch nimmt die Bevölkerung ab. Aber kein Mensch läuft mehr davon. Im Arbeitsagenturbezirk Weiden haben wir in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen keinen Abwanderungssaldo mehr. Wir haben in dieser Altersgruppe genauso viel Zuzug wie Wegzug. Die Leute verlassen uns zwar zum Studieren, aber sie kommen wieder zurück. Sie finden im ländlichen Raum Perspektiven vor. Sie finden in der Heimat Perspektiven vor. Sie finden Perspektiven vor, die wir mit unserer Politik geschaffen haben.

(Beifall bei der CSU)

Wir unterstützen die Kommunen mit einem kommunalen Finanzausgleich auf Rekordhöhe: 9,5 Milliarden Euro geben wir für Bayerns Kommunen aus. Das sind 600 Millionen mehr als im letzten Jahr. Das befähigt die Kommunen, Investitionen zu tätigen und für die Menschen vor Ort Rahmenbedingungen zu schaffen, die in die Zukunft wirken.

Hier komme ich wieder zum Lieblingsthema von Herrn Aiwanger, zu den Straßenausbaubeiträgen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es der Kollege Aiwanger in zehn Jahren nicht schafft, brauchbare Ideen zu entwickeln, wie sie uns der Ministerpräsident innerhalb einer Stunde vorgestellt hat. Er beschäftigt sich mit einem Thema, für das wir jetzt die Grundlagen erarbeitet haben. Der Gesetzentwurf wird heute

im Landtag eingebracht. Das Volksbegehren sieht mit keiner Silbe irgendwelche Übergangsvorschriften und weitere Finanzierungsgrundlagen vor.

(Florian Streibl (FREIE WÄHLER): Das ist rechtlich auch gar nicht möglich!)

Die Beiträge werden nur abgeschafft. Darüber, wie die Straßen, für die die Kommunen zuständig sind, in der Zukunft finanziert werden sollen, verlieren Sie kein einziges Wort. Das haben wir erarbeitet. Das erarbeiten wir zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Dazu haben wir mit unserem Gesetzentwurf gute Lösungen für Bayerns Kommunen vorgelegt.

(Beifall bei der CSU)

Wenn Herr Aiwanger bei der Schulpolitik im Zusammenhang mit dem Einsatz unserer Lehrerinnen und Lehrer von Saisonarbeitertum spricht, ist das entweder darauf zurückzuführen, dass sich Herr Aiwanger mit diesem Thema nicht beschäftigt hat, oder darauf, dass er die Zahlen überhaupt nicht kennt. 7.000 bis 8.000 Lehrer würden jeweils im Juli entlassen, um dann im September wieder eingestellt zu werden. Diesen – so muss ich es fast schon nennen – Schwachsinn hat Herr Aiwanger hier erzählt. Wir haben aktuell 114.000 Lehrer. 4.000 Lehrerstellen schaffen wir neu. Von den 114.000 Lehrern sind 92 % verbeamtet und damit per se unbefristet beschäftigt. Weitere 3 % bis 4 % sind unbefristet als Tarifbeschäftigte tätig. Ein Teil von weniger als 5 % ist befristet tätig. Warum? – Weil es beispielsweise Zweitqualifizierungsmaßnahmen gibt. 1.500 junge Lehrerinnen und Lehrer nehmen an diesen Maßnahmen teil, Herr Kollege Aiwanger. Diese sind befristet beschäftigt, weil sie dann, wenn sie nach zwei Jahren ihre Ausbildung abgeschlossen haben, in ein Beamtenverhältnis oder ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis übernommen werden. Das sind keine Saisonarbeiter, sondern das sind diejenigen, die die Zukunft unserer Kinder organisieren und unsere Kinder unterrichten werden. Sie werden das bayerische Bildungssystem zu einem führenden in ganz Deutschland machen.

(Beifall bei der CSU)

Zu den Visionen für die Luft- und Raumfahrt, die der Ministerpräsident angesprochen hat: Ja, wir brauchen diese Visionen. Wir wollen mit Forschung und Entwicklung an der Weltspitze marschieren und nicht völlig visionsfrei wie die FREIEN WÄHLER durch die Lande ziehen. Die einzige Vision, die Sie, Herr Kollege Aiwanger, zur Energiepolitik geäußert haben, war Power-to-Gas. Diese Vision ist in keiner Weise finanzierbar.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie schaffen das nicht! Wenn Sie das schaffen würden, wäre wirklich etwas passiert!)

Wir stehen für eine Energiepolitik, die nachhaltig, sicher und bezahlbar ist.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ja, Atom!)

Unsere Energiepolitik stärkt den Wirtschaftsstandort Bayern. Wir beschäftigen uns nicht mit Themen, die weder bezahlbar sind noch eine sichere Energieversorgung schaffen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wo findet Ihre Energiepolitik statt? – In Sachsen-Anhalt, Braunkohle aus Sachsen-Anhalt, das ist Ihre Vision!)

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Produktion in Bayern beträgt aktuell rund 45 Gigawattstunden von 100 Gigawattstunden.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das sind die Wasserkraftanlagen von 1920!)

Selbstverständlich ist das Wasserkraft.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Da könnt ihr nichts dafür!)

Das sind aber auch Photovoltaik, Biomasse und Windkraft. 45 % der bayerischen Stromproduktion kommen aus den erneuerbaren Energien. Damit sind wir in der Spitzengruppe der Bundesländer. Wir werden den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2025 auf 70 % steigern. Wir hatten in den letzten Jahren einen linearen Anstieg, weil wir eine Energiepolitik mit den Bürgern und für die Bürger, für die bayerische Landschaft, aber auch für eine sichere Energieversorgung in Bayern betreiben.

Das Ehrenamt war ein weiteres Ihrer Themen, Herr Aiwanger. Jeder Zweite in Bayern engagiert sich im Ehrenamt. Das ist Ausdruck eines großartigen Bekenntnisses zu unserem Land.

Ebenso ist es Ausdruck eines großartigen Bekenntnisses, dass wir die Verwaltungen mit ihren Strukturen auch in Zukunft stärken werden. Das Thema Bauen einschließlich Straßenbau und Bauverwaltung ist angesprochen worden. Für diesen Bereich sehen wir 250 Stellen mehr vor. Wir machen nämlich beides, Kollege Aiwanger: Wir machen konkrete Politik, greifen aber auch nach den Sternen, weil wir die Zukunft für Bayern entwickeln wollen. Wir wollen gute Politik für Bayern machen.

Herr Hartmann, Sie haben das Thema Verbundlösungen im ÖPNV angesprochen. Genau das schlägt der Ministerpräsident vor. Wir wollen auch in diesem Bereich die Investitionen erhöhen und dafür 100 Millionen Euro in die Hand nehmen. Dabei geht es nicht nur um die Stärkung der Infrastruktur in München. Hier ist die Infrastruktur sehr teuer; ich erinnere an die zweite Röhre etc. Bei uns in der Oberpfalz ist die Infrastruktur vorhanden. Dort braucht es Bedienformen, die akzeptiert werden. In der nördlichen Oberpfalz gibt es das BAXI-System. Das ist eine Lösung, die Vorteile von Bus und Taxi vereint und auf den Bedarf der Menschen dort zugeschnitten ist. BAXI wird mit großer Unterstützung des Freistaates Bayern finanziert. Diese Lösung gilt es weiterzuentwickeln und auf die Nachbarlandkreise auszudehnen. Wir wollen Verbundlösungen schaffen, die bis hin zu einem Bayernticket gehen. Wir sagen: Ein Ticket, ein Blick, ein Klick! – Das ist die Lösung für den öffentlichen Nahverkehr der Zukunft. Dafür macht Markus Söder die richtigen Vorschläge.

(Beifall bei der CSU)

Wir bauen die Pflegeinfrastruktur aus.

Nun zu dem Thema Naturschutz, Nationalparke, Naturparke: In keinem anderen Bundesland gibt es ein Kulturlandschaftsprogramm oder ein Vertragsnaturschutzprogramm, das mit über 300 Millionen Euro ausgestattet ist. Ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche, über eine Million Hektar, wird von diesen Programmen erfasst. Es geht darum, Naturflächen und Artenvielfalt zu fördern.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Herr Hartmann, Sie haben hier von Agrarmonopolisten gesprochen. Wir haben in Bayern 110.000 Landwirtsfamilien und 700.000 Waldbesitzer, die 80 % der Fläche bewirtschaften. Das sind keine Agrarmonopolisten. Ihnen fehlt der Respekt vor der bäuerlichen Landwirtschaft.

(Hans Herold (CSU): Genau!)

Ihnen fehlt der Respekt vor der bäuerlichen Kultur. Sie haben keine Ahnung von dem bäuerlichen Denken, dass es in allen Regionen Bayerns gibt. In den Dörfern und auf den Feldern wird nachhaltig gewirtschaftet. Unsere Landwirtsfamilien sind keine Agrarmonopolisten, sondern Kulturträger im ländlichen Raum.

(Beifall bei der CSU)

In Ländern wie Schleswig-Holstein – dort regiert Herr Habeck – gibt es null Euro für ein Kulturlandschafts

programm oder Ähnliches. Das ist ein Thema Bayerns, es ist für bayerische Landwirte gemacht.

Sie haben wiederum von der Betonflut und dem Flächenfraß gesprochen. Ja, wir werden die Ortskerne stärken – nach dem System Anreiz statt Verbot. Wollen Sie tatsächlich eine Landesbehörde schaffen, die klärt, ob der Unternehmer in der Gemeinde A oder in der Gemeinde B seinen Betrieb erweitern kann, obwohl das Flächenvolumen für das Jahr 2020 leider bereits ausgeschöpft ist? Das ist eine Aufgabe der Kommunen. Sie gehört in die Planungshoheit unserer Gemeinden und Städte. Unsere Bürgermeister, unsere Gemeinden, unsere Städte gehen mit dieser Frage verantwortungsbewusst um. Zwischen 5 und 6 % der Fläche Bayerns sind tatsächlich versiegelt. Weshalb sprechen Sie angesichts dessen von einer Betonflut?

Sie haben die Hofheimer Allianz angesprochen. Ja, es ist die Aufgabe und die Verantwortung der Bürgermeister, der örtlichen Gemeinderäte, der Kommunalpolitik, eine entsprechende Planung vorzunehmen, das heißt, Bauleitplanung mit Weitblick zu machen, um im ländlichen Raum für eine Perspektive zu sorgen. Wir werden unsere Programme, auch die zur Stärkung der Ortskerne, weiter ausbauen.

Die Nordostbayern-Initiative, die gegenwärtig auf die Landkreise Hof, Wunsiedel, Kronach und Tirschenreuth beschränkt ist, wird auf ganz Bayern ausgedehnt, weil es ein hervorragendes Programm für die Innenorte ist. Es geht darum, Sanierung zu managen, neuen Wohnraum zu schaffen und dabei auch die Bildung von Wohneigentum zu ermöglichen.

Wir wollen die Städtebauförderung ausbauen. Dieses Konzept im Interesse der Zukunft für den ländlichen Raum unterstützen wir ausdrücklich.

(Beifall bei der CSU)

Herr Hartmann, Sie forderten, längere Öffnungszeiten unserer Kindertagesstätten; hohe Qualität müsse vor Beitragsfreiheit gehen. Nichts anderes steht in der Regierungserklärung. Das ist Teil des Regierungsprogramms. Genau das hat der Ministerpräsident betont. Längere Öffnungszeiten, bedarfsgerechter Ausbau, hohe Qualität – das ist das Konzept der CSU. – Wir gestalten das Familiengeld Plus bedarfsgerecht aus.

Bayern ist – anders, als Sie es behaupten – das Land der Chancengleichheit. Wir haben die Grundschulgarantie. Wir haben die flexible Grundschule für die ersten beiden Jahrgangsstufen. Dort können die Schüler ein, zwei oder drei Jahre verweilen. Darüber können die Eltern entscheiden. Es kann flexibel reagiert werden.

Wir folgen dem Konzept "Kein Abschluss ohne Anschluss". Wir wollen die Übergangsklassen weiterentwickeln zu Klassen, in denen auch Zuwanderern Werte vermittelt werden. Dieses Konzept fördert Integration und bietet Zukunft.

Herr Hartmann, Sie sprachen davon, dass das Internet "zuckele". 1.500 Millionen Euro hat der Freistaat in den Ausbau der Breitbandinfrastruktur investiert, um in allen Gemeinden, an allen Schulen schnelles Internet zu ermöglichen. Diese Anstrengungen gilt es fortzusetzen – mit Bundesgeld, mit dem Höfebonus, mit weiteren Mitteln –, um tatsächlich jeden Haushalt an das schnelle Internet anzuschließen. Kein anderes Bundesland ist mit dieser Geschwindigkeit unterwegs, um Breitband für alle Menschen zu organisieren. Bayern ist auch insoweit Vorbild.

Gleiches gilt für das nächste Thema, das Baukindergeld. Es kann nicht nur Mietwohnungsbau geben. Es gibt auch Familien, die in Eigentum investieren. Gerade im ländlichen Raum wollen zahlreiche Familien Eigentum schaffen, weil sie in Generationen denken. Wenn wir die Schaffung von Wohneigentum mit entsprechenden Mitteln unterstützen, dann ist das nicht nur Ausdruck unseres Bekenntnisses zum Eigentum, sondern auch unseres Bekenntnisses zu jungen Familien, insbesondere im ländlichen Bayern. Es ist Ausdruck unseres Bekenntnisses zu den Menschen in Bayern.

(Beifall des Abgeordneten Hans Herold (CSU))

Auch die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit wird gewahrt. Der Umgang mit dem Thema "drohende Gefahr" entwickelt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-Gesetz. Auch in Zukunft werden tatsächliche Anhaltspunkte notwendig sein, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können. Machen Sie doch den Leuten nicht weis, jeder Unbescholtene werde seine Privatsphäre verlieren. Die Polizei auf Augenhöhe mit den Tätern zu bringen, das muss unser Anspruch sein.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Damit verliert kein Mensch seine Privatsphäre. Wir haben hier ausgewogene Lösungen gefunden.

Bayern hat einen Status als weltweiter Topstandort. Dieser muss erhalten und ausgebaut werden. Stillstand im Vergleich mit den anderen Regionen dieser Welt wäre Rückschritt. Dazu gehören Haltung und Überzeugung. Bayern ist modern und weltoffen, aber auch mit klarem Kompass ausgestattet. Wir machen ein Angebot an alle Menschen, die hier leben und arbeiten wollen. Wir sind für alle Menschen da, die Teil einer starken Gemeinschaft sein wollen.

Herr Ministerpräsident, mit Ihrer Roadmap legen Sie über den Freistaat eine Karte, die das ganze Land erfasst. Es ist eine Roadmap, die in allen Regionen Perspektiven schafft und die Bayern mit Dynamik in die Zukunft führt. Wir begleiten Sie mit Engagement und voller Unterstützung bei der Umsetzung dieses Regierungsprogramms.

(Beifall bei der CSU)