Protokoll der Sitzung vom 11.07.2018

Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag der Abgeordneten Claudia Stamm auf Drucksache 17/23077 zustimmen möchte, bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Gegenstimmen? – Das sind die CSU

Fraktion, die SPD-Fraktion und die FREIEN WÄHLER. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag der Abgeordneten Claudia Stamm auf Drucksache 17/23078 zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das ist Claudia Stamm (frak- tionslos). Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die CSU-Fraktion, die SPD-Fraktion, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf abstimmen. Der federführende Ausschuss für Gesundheit und Pflege empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen, die sich aufgrund der Änderungsanträge der CSU-Fraktion ergeben. Der endberatende Ausschuss stimmt bei seiner Endberatung den vorgenannten Änderungen ebenfalls zu. Ergänzend schlägt er vor, dass in Artikel 39 Absatz 1 Satz 1 als Datum des Inkrafttretens der "1. August 2018" und in Artikel 39 Absatz 2 Nummer 1 als Datum des Außerkrafttretens der "31. Dezember 2018" eingefügt wird. Im Einzelnen verweise ich auf die Drucksache 17/23196. In Artikel 38b Absatz 3 sind beim Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz das Datum der letzten Änderung und die entsprechende Seite des Gesetz- und Verordnungsblattes zu ergänzen.

Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion, die SPD-Fraktion und die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Claudia Stamm (fraktionslos). Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Dann ist es so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die CSU-Fraktion, die SPD-Fraktion und die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Gibt es Stimmenhaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Dann ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel: "Bayerisches PsychischKranken-Hilfe-Gesetz".

Mit der Annahme des Gesetzentwurfes in der soeben beschlossenen Fassung haben die Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion auf den Druck

sachen 17/22584 mit 17/22595 ihre Erledigung gefunden. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Es folgt jetzt noch die Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Seidenath, Unterländer, Imhof und anderer und Fraktion (CSU) betreffend "BayPsychKHG – Für mehr Unterstützung für Menschen in psychischen Krisen" auf Drucksache 17/22596. Der federführende Ausschuss für Gesundheit und Pflege empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass der erste Absatz gestrichen und der nachfolgende Einleitungssatz neu gefasst wird. Ich verweise hierzu auf die Drucksache 17/23200. Wer dem Antrag mit diesen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion, die SPDFraktion und die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltung. Damit ist dem Antrag in der geänderten Fassung zugestimmt worden. Die Tagesordnungspunkte 16 und 17 sind damit erledigt.

(Beifall bei der CSU)

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich die

Tagesordnungspunkte 18 bis 20 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern (Drs. 17/21858) - Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern Stärkung der Demokratie - Beteiligung der Jugend - Gleichstellung von Frauen und Männern - Schutz der Artenvielfalt und des Klimas (Drs. 17/22040) - Zweite Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung der Verfassung des Freistaates Bayern und des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof Wahl der berufsrichterlichen Mitglieder und des Präsidenten und seiner Vertreter mit

Zweidrittelmehrheit der Mitgliederzahl des Landtags (Drs. 17/22064) - Zweite Lesung

Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich darauf hin, dass die Schlussabstimmung, da es sich um verfassungsändernde Gesetzentwürfe handelt

(Unruhe)

ich bitte doch um etwas Ruhe –, gemäß § 127 Absatz 2 unserer Geschäftsordnung in namentlicher Form durchzuführen ist und gemäß § 56 Satz 4 der Geschäftsordnung der Zweidrittelmehrheit der Mitgliederzahl bedarf. Ich verweise auf Artikel 75 Absatz 2 der Bayerischen Verfassung. – Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Wir haben im Ältestenrat eine Redezeit von 48 Minuten vereinbart. Erste Rednerin ist die Kollegin Guttenberger.

(Unruhe bei der CSU)

Sie haben geswitcht? – Herr Heike, Sie dürfen ans Rednerpult. Bitte schön.

(Vom Redner nicht autori- siert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und da wir uns schon mehrfach mit diesem Thema befasst haben, möchte ich mich kurzfassen. Ich konzentriere mich lediglich auf das, was unser Herr Ministerpräsident vorgeschlagen hat, nämlich auf die Begrenzung der Amtszeit des Ministerpräsidenten.

Zunächst einmal wird jeder Ministerpräsident nach Artikel 44 unserer Verfassung auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Eine Änderung gibt es nur bei einer Neuwahl des Landtags oder beim Tod oder beim Rücktritt des Ministerpräsidenten. Andere Änderungen gibt es hier bisher nicht. Der Ministerpräsident hat deshalb vorgeschlagen, dass man die Amtszeitbegrenzung wie folgt formulieren könnte: Wer das Amt des Ministerpräsidenten bereits zehn Jahre innehatte, kann nicht wiedergewählt werden. Dies bedeutet allerdings auch eine Herausforderung für die Parteien und für die Fraktionen und natürlich auch für den Ministerpräsidenten, denn damit dokumentiert er und wir hoffentlich auch, dass es sich hier um eine Herrschaft auf Zeit handelt. Ich hielte es für sehr gut, wenn wir das auf diesem Wege ins Ziel bringen könnten.

Ich stelle mir deshalb vor, dass wir einen Ministerpräsidenten, der übrigens nicht auf zehn Jahre genau, sondern insgesamt nur für zwei Amtszeiten gewählt wird, dann natürlich auch mit mehr Möglichkeiten ausstatten, denn er kann sich dann auf die Dauer von fünf Jahren verwirklichen und gemeinsam mit der Fraktion Initiativen ergreifen. Auch deswegen sollte

durchaus eine Änderung möglich sein. Das heißt, dass man nach einer bestimmten Zeit wieder neue Mitglieder berufen kann und natürlich den Ministerpräsidenten in seiner Arbeit unterstützt.

Die Begrenzung der Amtszeit ist so gewählt, dass sie einem Amtsinhaber – das ist wichtig – hinreichend Zeit gibt, auch längerfristige politische Ziele zu verfolgen und umzusetzen. Durch die klare Begrenzung der höchstmöglichen Amtsdauer kann zugleich der politische Wettbewerb um das Amt belebt werden und dadurch – das habe ich schon angedeutet – der Raum für neue Ideen und Impulse eröffnet werden. Ich halte es für sehr zielführend, dass eine solche Verfassungsänderung, wie die Kollegin Petra Guttenberger in einer Pressemitteilung erklärt hat, ein starkes Signal auch für die Bürger ist, denen wir immer wieder vorhalten, sie seien politikverdrossen und politikmüde. Jetzt kann es zu einer neuen Herausforderung und neuen Ideen kommen. Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen, bitte ich Sie um Unterstützung dieses Vorschlags.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Gote.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu dem Gesetzentwurf der Staatsregierung betreffend Amtszeitbegrenzung für den Ministerpräsidenten. Wir halten diesen Vorschlag nicht für zielführend und auch in der Sache für falsch, weil er etwas einführen würde, was in unserem parlamentarischen System völlig systemfremd wäre. Wir haben keine Präsidialverfassung. Der Ministerpräsident hat bei uns nicht zu viel Macht, die man dadurch nochmals zusätzlich begrenzen müsste, dass man, abgesehen davon, dass er, wenn er weitermachen will, ohnehin wiedergewählt werden muss, hier noch eine Amtszeitbegrenzung einführen müsste. Dass dem Ganzen ein etwas merkwürdiges und, ich glaube, auch falsches Selbstverständnis des Amts des Ministerpräsidenten zugrunde liegt, hat der Kollege Heike gerade schön vorgeführt, als er davon sprach, dem Ministerpräsidenten würde dadurch ermöglicht, sich selbst zu verwirklichen. Ich habe immer gedacht, es gehe darum, dem Land zu dienen, wenn man Ministerpräsident hier in Bayern ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Florian Streibl (FREIE WÄHLER))

Der Herr Ministerpräsident hat am 25. Mai auf Twitter Folgendes geschrieben:

Amtszeitbegrenzung ist gut. Das ist Demokratie und Demut. Jetzt will die Opposition blockieren. Das ist Wortbruch.

Herr Ministerpräsident, ich weise diesen Vorwurf mit Vehemenz zurück. Wir begehen keineswegs Wortbruch. Einen Wortbruch könnte man nur begehen, wenn man vorher einmal miteinander geredet und etwas vereinbart hätte. Das ist überhaupt nicht passiert. Sie haben sich ausgedacht: Ich finde das gut, dann machen wir das, und dann muss das ganze Parlament hinterherlaufen. Mit uns haben Sie das Gespräch überhaupt nicht gesucht. Von Wortbruch kann also hier überhaupt keine Rede sein. Wir haben bereits bei der Ersten Lesung gesagt, dass wir die ganze Sache konstruktiv begleiten werden, aber durchaus kritisch sehen. Das waren unsere Worte, und das haben wir auch gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer Demut nicht glaubwürdig vertreten kann und sie selbst durch eigenes Handeln jeden Tag mit Wort und Tat widerlegt, der kann sich, glaube ich, diese Zuschreibung nicht durch eine Verfassungsänderung erkaufen. Wir werden deshalb diesen Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben selber einen Gesetzentwurf eingereicht, auch vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahren in der bayerischen Politik gerade auch von Ihrer Seite Themen auf die politische Agenda gesetzt wurden, die eigentlich nicht die wirklichen Herausforderungen unserer Zeit sind. Wir haben deshalb gedacht, es ist ein gutes Ansinnen, die wirklichen, die drängenden Probleme der Gegenwart auch in der Verfassung zu berücksichtigen. Ich nenne jetzt nur Stichpunkte; denn auch ich will Sie zeitlich nicht überstrapazieren.

Wir wollen die Demokratie stärken. Wir wollen die Volksentscheide erweitern und verbessern. Wir wollen die Unabhängigkeit der Verfassungsrichter und -richterinnen sichern. Wir wollen die Beteiligung der Jugendlichen verbessern, die in unserem politischen System zurzeit sehr stark unterrepräsentiert sind. Wir wollen das Mindestalter des Ministerpräsidenten senken. Wir wollen die Gleichstellung von Frauen und Männern auch über das Wahlrecht und über die Parlamente besser verankern, und wir wollen – das ist uns ganz besonders wichtig – den Schutz des Klimas ausdrücklich in der Verfassung haben,

(Beifall bei den GRÜNEN)

denn das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die drängendste Herausforderung unserer Zeit.

(Erwin Huber (CSU): Das steht doch längst drin!)

Ich bitte deshalb zu bedenken, dass wir uns vielleicht in den nächsten Jahren dieser Agenda widmen sollten, und um Ihre Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf, den wir dann gerne den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern zur Entscheidung vorlegen möchten.

Zum dritten Gesetzentwurf, den wir heute hier diskutieren, kann ich mich sehr kurz fassen. Ich finde ihn wunderbar. Er ist auch Teil unseres Gesetzentwurfs. Die SPD fordert die Wahl der berufsrichterlichen Mitglieder, des Präsidenten und seiner Vertreter mit Zweidrittelmehrheit der Mitgliederzahl des Landtags. Das ist eine Forderung, der wir uns nur freudig und von ganzem Herzen anschließen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Florian Streibl (FREIE WÄHLER))

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Rinderspacher.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Wir haben hier im bayerischen Parlament in den letzten ein, zwei Legislaturperioden immer wieder darüber gesprochen, wie wir unsere Demokratie stärken können, und die CSU hat grundsätzlich alle Anträge der Opposition dazu abgelehnt. Wahlalter mit 16, mehrfach hier diskutiert und eine Möglichkeit, die Jugend früher an die Demokratie heranzuführen und auch zu beteiligen – abgelehnt. Informationsfreiheitsgesetz, das Bürgern Auskunftsrechte gegenüber den Behörden gesetzlich einräumt, eine gute Sache, die Opposition möchte das einvernehmlich – die CSU sagt Nein. Hürden bei Volksentscheiden an der einen oder anderen Stelle absenken, direkte Demokratie stärken, dem Bürger die Möglichkeit geben, Gesetze zu machen, und das auf leichterem Weg als heute – Njet von der CSU. Wir haben über eine Erweiterung des Petitionsrechts diskutiert, damit Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, entsprechende Eingaben zu machen, dass diese auch online diskutiert werden und dass das Bürgeransinnen gewissermaßen auf breiter Linie auch öffentlich diskutiert werden kann – die CSU sagt Njet. Wir haben als SPD-Fraktion die Möglichkeit einer Volksbefragung vorgeschlagen, und zwar einer echten Volksbefragung, die nicht nur auf eine Initiative des Ministerpräsidenten zurückgeht. Ihren Gesetzentwurf hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof folgerichtig zurückgewiesen, weil er verfassungswidrig war. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben. Sie haben keine neue Initiative gestartet und unsere Initiative abgelehnt.

Wir haben in Verhandlungen mit Herrn Kreuzer nach der Ersten Lesung darüber gesprochen: Können wir

eigentlich darüber reden, den parlamentarischen Betrieb in irgendeiner Form lebendiger zu gestalten? Der Deutsche Bundestag hat jetzt eine Kanzlerinnen- bzw. Kanzlerbefragung eingeführt. Die CSU sagt Nein – warum auch? Wir bringen heute den Gesetzentwurf ein, dass Verfassungsrichter hier im Bayerischen Landtag nicht mehr mit einfacher Mehrheit gewählt werden, sondern mit Zweidrittelmehrheit, weil das die Unabhängigkeit der Richter und auch ihr Ansehen stärkt – die CSU sagt Nein.

Stattdessen gibt es nun einen einsamen Vorschlag, der den Eindruck erwecken soll, als würde es ein Mehr an Demokratie geben, wenn die Amtszeit des Ministerpräsidenten begrenzt wird. Meine Damen und Herren, eine Amtszeitbegrenzung ist nicht automatisch ein Mehr an Demokratie. Wer wollte das ernsthaft behaupten, auch wenn Dr. Söder das auf Twitter tut? Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden in der Demokratie, welche Partei sie wählen und welchem Ministerpräsidentenkandidaten sie damit ihre Stimme geben. Eine Amtszeitbegrenzung heißt de facto nicht mehr Demokratie, sondern weniger Demokratie, denn hier darf der Bürger nicht entscheiden, weil das Gesetz es ihm verwehrt.