Protokoll der Sitzung vom 03.04.2014

Frau Vizepräsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt in hervorragender Art und Weise vom niederbayerischen Dollar gehört. Ich

schlage vor, wir kehren zur europäischen Politik zurück, zu dem Bereich, wo sich die Wirtschaftspolitik stellen und bewähren muss.

(Beifall bei der CSU)

Hier ist derzeit natürlich das Freihandelsabkommen das Thema, das die Bürger beschäftigt und über das wir auf der einen Seite sachgerecht aufklären. Auf der anderen Seite müssen wir vor allen Dingen die bayerische Position in bewährter Art und Weise entscheidend einbringen, zum Beispiel über das Europäische Parlament und über unsere Parlamentarier, die bereits vor zwei Wochen im Ausschuss durch Albert Deß, einen urbayerischen Parlamentarier, einen guten Erfolg erzielen konnten, um Verhandlungsstücke zurückzunehmen. Genauso müssen wir verhandeln. Die Regierungen der Länder, mithin auch Bayern, werden sich hier im Sinne des Europas der Regionen, wie wir das als Geschäftsgrundlage immer wollten, weiterhin stark einbringen.

Meine Damen und Herren, dass uns dies gut gelungen ist, haben wir bereits gezeigt; denn die Kommission hat einen Vertreter zu uns in den Landtag geschickt. Er hat ausdrücklich betont, dass die Kommission erstmals in ein regionales Parlament geht, um sich hier Fragen zu stellen und Antworten zu geben. Sie sehen, der bayerische Einfluss ist einer der stärksten in ganz Europa. Das wollen wir weiterhin so halten. Selbst wenn wir keine rechtlich verankerte Entscheiderposition haben, wollen und werden wir Europa durch unsere Einlassungen und dadurch, wie unsere Staatsministerin, verehrte Frau Dr. Merk, und unser Ministerpräsident agieren, weiter stärken. Uns gelingt es, bayerische Positionen effizient einzubringen.

(Beifall bei der CSU)

Ich denke, wir sind uns darin einig, dass eine neue transatlantische Partnerschaft durch die weitere Öffnung der Märkte sehr wohl dazu beitragen kann, dass die Wirtschaft in Bayern, in Deutschland und in Europa gestärkt wird. Grundlage hierfür aber ist selbstverständlich, dass wir unsere Standards entsprechend hoch halten. Das aber hat nie jemand angezweifelt, ganz im Gegenteil. Sie sind die Grundlage für den großen Erfolg Bayerns.

Sie wissen, für Bayern sind die USA neben der EU der stärkste Exportpartner. Wir haben uns diesen großen Exportmarkt durch die Qualität und die Nachhaltigkeit unserer Produkte und Dienstleistungen erobert. Diese wurden im Übrigen auch durch die Großunternehmen, vor allem aber durch unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen und auch durch die Landwirtschaft, unsere Lebensmittelerzeuger, ge

schaffen. Hier wurden eine solche Qualität und solche Standards geschaffen, dass die Attraktivität und die Stärke unserer Produkte für das Ausland so interessant wurden. Deswegen ist für uns völlig unabdingbar, dass wir die Standards im Verbraucherschutz, im Arbeitnehmerschutz, in der Landwirtschaft und damit auch in der Lebensmittelqualität aufrechterhalten. Wir werden sie durch ein Freihandelsabkommen nicht gefährden lassen. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall bei der CSU)

Wenn es uns gelingt, die Standards, die wir in Deutschland und in Europa mit geschaffen haben, zum Maßstab der Weltwirtschaftsordnung zu machen, wird es uns gelingen, auch in der starken Partnerschaft mit den USA, soweit sie sich der Partnerschaft, wie wir sie sehen, anschließen können, erfolgreiche und weitere gute Handelsabkommen mit den sogenannten Drittstaaten abzuschließen, zu denen auch China gehört.

Damit sage ich für Bayern: Eine der Soll-Bruchstellen im Freihandelsabkommen ist die Frage, ob wir die Standards aufrechterhalten können oder nicht. Eines darf ich hinzufügen. Voraussetzung für den Zugang zu den Märkten ist unstrittig die Beidseitigkeit. Voraussetzung ist damit auch, dass die "Buy American"Klauseln fallen müssen. Das ist einer der wichtigsten Punkte im Freihandelsabkommen, und auf ihn gehen wir bisher viel zu wenig ein.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine weitere Voraussetzung nennen, die für die Bayerische Staatsregierung nicht verhandelbar ist. In Fragen des Datenschutzes wird es im Rahmen des Freihandelsabkommens nur dann eine Regelung geben, wenn sie nach unseren Standards festgelegt ist und wenn sie unzweideutig festgeschrieben ist und nachdem die Spionagevorwürfe gegen die US-Geheimdienste und andere Geheimdienste umfassend geklärt sind und das weitere Vorgehen unstrittig festgehalten ist.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt ansprechen, den Sie als noch offen bezeichnet haben, wo uns aber durch die bayerische Stimme ein weiterer Erfolg gelungen ist. Wir haben darauf gedrungen, dass die öffentliche Daseinsvorsorge von den Debatten um das Freihandelsabkommen ausgenommen bleibt, und das ist uns auch gelungen. Wir haben hier einen weiteren Schritt angezeigt, den wir tun werden. Wir wollen keine abschließende Regelung der Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge. Wir wissen, dass die Entwicklung weiterschreitet. Noch vor zehn Jahren hätte niemand in diesem Hause die schnelle Breit

bandversorgung zur öffentlichen Daseinsvorsorge gezählt. Heute aber ist dies eine Selbstverständlichkeit.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

- Wenn Sie darauf bestehen, sind Sie mit mir einer Meinung, und darüber freue ich mich sehr. Wir können das nicht abschließend regeln, sondern müssen im Sinne der Unionsbürger und der bayerischen Bürger für weitere Entwicklungen offen bleiben.

(Beifall bei der CSU)

Lassen Sie mich zu einem weiteren Knackpunkt kommen, in dem wir auch eine sehr klare Haltung einnehmen, zum Investitionsschutz; Sie haben ihn bereits angesprochen. Auch hier kann es keinen Verhandlungsspielraum geben. Wir sind der Ansicht, die vergleichbaren und hoch entwickelten, vor allen Dingen aber auch gut funktionierenden Rechtssysteme in Europa und den USA bedürfen keiner parallelen Schiedsgerichtsbarkeit. Es kann nicht sein, dass Schiedsgerichte, deren Besetzung keinen rechtsstaatlichen Grundsätzen folgt, eine intransparente Entscheidung fällen, die im Übrigen nur von Unternehmen eingeklagt werden kann, die nicht aus unserem, sondern dem jeweils anderen Lande stammen.

Das verstehen wir nicht unter richtiger Rechtsfindung. Wir glauben, die Rechtssysteme beider Partner passen zueinander. Im Übrigen wäre keine Rechtsmittelinstanz vorgesehen. Dies wäre mit unserer Rechtsordnung nicht vereinbar. Wir werden darüber nicht mit uns verhandeln lassen. Wir glauben, dass die EU-Mitgliedstaaten über ihre öffentlich-rechtlichen Untergliederungen zur Regelung der legitimen Ziele in den Bereichen der öffentlichen Ordnung, in den Bereichen Arbeit, Soziales, Verbraucherschutz, Umwelt, aber auch – Sie haben das angesprochen – der Stabilität des Finanzsystems, der Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit und schließlich auch der Gefahrenabwehr allein und uneingeschränkt handeln und regeln können sollen. Das muss unangetastet bleiben, und dafür werden wir uns weiterhin einsetzen.

Meine Damen und Herren, die Europawahlen sind angesprochen worden. Wenn wir wollen, dass Bayern in Europa eine starke Stimme hat und dass Bayern in Europa seinen Einfluss weiterhin geltend machen und verstärken kann, ist es wichtig, dass wir daran in den nächsten Wochen mit Herz und Verstand gemeinsam arbeiten, dass die Menschen zur Wahl gehen und die bayerische Repräsentanz im Europäischen Parlament durch viele Abgeordnete aus den demokratischen Parteien stärken. Ich denke, hier sind wir uns einig, und ich bitte Sie alle: Lassen Sie uns daran gemeinsam arbeiten.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Wittmann. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nun Frau Staatsministerin Dr. Merk das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere es, wenn in einer solchen Debatte Forderungen an uns gerichtet werden, die in keiner Weise dafür sprechen, dass man sich mit dem Thema Europa oder mit den Institutionen in Europa intensiv beschäftigt hat. Zum Beispiel hat Herr Aiwanger gesagt, der AdR müsse sich an der Auswahl der Kommissare beteiligen.

Ich bedauere es auch, dass die Fraktion der GRÜNEN alle Vorurteile bedient und sich als Europas Chefbürokraten darstellt, eine Partei, die wirklich noch an die gestalterische Kraft von Gesetzen und Vorschriften glaubt. Ihr Wahlprogramm zur Bundestagswahl hat eine eigene Sprache gesprochen und war voll davon: neue Grenzwerte in der europäischen Chemikalienverordnung – wir haben das alles heute wieder gehört -, europäische Bodenschutzrichtlinie, EU-Datenschutzregelungen, Rechtsgrundlagen für die Polizei und Ähnliches. Ich frage mich wirklich, ob wir nicht irgendwann zu dem Punkt kommen, an dem wir sagen, wir sind für die Bürgerinnen und Bürger da, wie das heute auch von einigen Rednern sehr deutlich gemacht worden ist. Lieber Herr Rinderspacher, ich tue das nicht gern, aber wenn Sie schon sagen, wir würden nur mit den üblichen Themen ankommen, dann muss ich Ihnen auch sagen: Sie haben heute eine ziemliche rhetorische Pflichtübung geliefert.

(Markus Rinderspacher (SPD): Das habe ich nicht gesagt! – Diana Stachowitz (SPD): Das hat er nicht gesagt!)

Es hat mir echt wehgetan, dass der europapolitische Sprecher Ihrer Partei heute seine Fachkompetenz nicht eingebracht hat. Wenn Sie uns das stillschweigend vorwerfen, dann sage ich zu Ihnen: Wir sind Taktgeber für Themen, und das haben Sie auch in vielen Punkten -

(Markus Rinderspacher (SPD): Oh! – Diana Stachowitz (SPD): Nicht für Europa, sondern Taktgeber gegen Europa!)

Wenn Sie es nicht wissen, würde ich Ihnen einfach mal Zeitungslektüre empfehlen. Dann finden Sie jede Menge Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Ich habe gegoogelt: Merk, Krim, Ukraine. Ich habe Sie nicht ein einziges Mal gefunden, Frau Merk! – Zurufe der Abgeordneten Diana Stachowitz (SPD) und Christine Kamm (GRÜNE))

Dann schauen Sie sich die Pressemeldungen an, die aus dem Haus rausgehen, und hören Sie sich unsere Reden an. Aber hier ging es um etwas anderes. Sie haben es ganz allgemein gemacht. Die Politik beim Thema Euro und Eurorettung hat Angela Merkel auf den Weg gebracht. Sie ist von Bayern mit geprägt worden und wendet sich gerade gegen die Eurobonds.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Auch wenn Sie jetzt von den Eurobonds Abstand nehmen, sind doch Ihre europäischen Partner selbstverständlich immer noch dabei. Das ist ein Thema, mit dem wir gepunktet haben. Glauben Sie, dass die Griechen sich heute Morgen bzw. in den letzten zwei Tagen mit positiven Ergebnissen des Haushalts 2013 hätten präsentieren können, wenn es nicht gerade unsere Ziele gewesen wären,

(Markus Rinderspacher (SPD): Die Bundesregierung hätte das ohne die SPD nicht gemacht! Sie waren doch gespalten!)

den Haushalt zu konsolidieren und keine weitere Verschuldung und Vergemeinschaftung von Schulden mit auf den Weg zu bringen?

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Denn für die nationalen Mitgliedstaaten ist es der wesentliche Punkt, ihre Finanzen zu ordnen.

Beim Thema Freihandelsabkommen haben wir selbstverständlich sehr frühzeitig gesagt, wo Knackpunkte und Schwierigkeiten sind und dass vor allem das Thema Transparenz ein ganz wichtiges Thema ist, das wir auf den Weg bringen können.

(Diana Stachowitz (SPD): Sie hätten doch Transparenz schaffen können! Das ist die Aufgabe der Nationalstaaten!)

Was andere im Moment noch nicht verstehen, ist die Tatsache, dass nicht die Bundesregierung allein über die Transparenz entscheidet, sondern dass solche Themen natürlich zwischen den beiden Verhandlungspartnern zu klären sind. Darauf wirken wir alle hin. Auch Ihr Bundeswirtschaftsminister Gabriel

spricht dieses Thema jetzt sehr deutlich an und sagt, wir brauchen Transparenz.

(Diana Stachowitz (SPD): Seit November sprechen wir das an!)

Wir haben im Übrigen eingebracht, dass wir keinerlei geklontes Fleisch, Hormonfleisch oder Ähnliches auf unseren Tellern haben wollen, Frau Kamm.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Wir wollen diese Importe nicht. Wir sind auf den Schutz unserer Lebensmittelerzeugung ganz besonders stolz, haben diese Standards mit großen Anstrengungen in Europa durchgesetzt und wollen sie weiterhin beibehalten.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Frau Mechthilde Wittmann hat das eben sehr deutlich gemacht: Wir waren diejenigen, die das Thema Trinkwasser gegen die Liberalisierungsbemühungen von Barnier verteidigt haben.

Wir sind diejenigen, die permanent für das Thema Subsidiarität eintreten. Wir sind diejenigen, die eine Erweiterung der Europäischen Union mit Augenmaß anmahnen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Ich nenne das Stichwort Türkei. Wir sind diejenigen, die Sozialmissbrauch angeprangert haben, und lassen uns keinesfalls sagen, dass wir nicht klare Bekenntnisse zur Freizügigkeit gegeben hätten. Der Ministerpräsident hat in einer Vielzahl von Reden immer wieder deutlich gemacht, dass das Thema Freizügigkeit eines der wesentlichsten ist.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))