Protokoll der Sitzung vom 03.04.2014

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Das können Sie jetzt auf jeden Fall in allen Zeitungen nachlesen.

(Lachen des Abgeordneten Markus Rinders- pacher (SPD))

Es waren Ihre Oberbürgermeister und Präsidenten der Städtetage, die in ihren Schreiben deutlich gemacht haben, der innere Friede könne gefährdet sein, wenn wir uns in diesem Punkt nicht einmischen.

(Markus Rinderspacher (SPD): In einem ganz anderen Zusammenhang!)

Sagen Sie bitte nicht, dass es hier eine Zurückhaltung vonseiten Ihrer Bürgermeister gegeben hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir bei diesen Punkten viel näher beieinander sind, als Sie es dargestellt haben. Ich habe damit überhaupt kein Problem. Ich habe nur ein Problem damit, lieber Herr Rinderspacher, wenn Sie die Themen, die wir jeden Tag in unseren Reden, in unseren Äußerungen, in unseren Erklärungen nach draußen geben und auch den Bürgern deutlich machen, ignorieren und unter den Tisch fallen lassen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Seit 15 Jahren hat es keine Regierungserklärung zur Europapolitik im Parlament mehr gegeben, Frau Ministerin! – Diana Stachowitz (SPD): Keine Ängste schüren!)

Das ist zwar die Aufgabe der Opposition. Aber, sorry noch einmal, es ist meine Aufgabe, darauf hinzuweisen: Da sind Sie echt falsch gelegen!

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Vielleicht ist eine kleine Erläuterung notwendig. Die zusammenfassende Stellungnahme ist nicht Teil der Aussprache. Deshalb sind keine Zwischenfragen oder Zwischenbemerkungen möglich. Ich sage das, weil einige Kollegen bedauert haben, nicht noch einmal reagieren zu können.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Inge Aures, Volkmar Halbleib u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bestattungsgesetzes Schaffung einer gesetzlichen Regelung zur Ermöglichung des Erlasses gemeindlicher Friedhofssatzungen bzw. Friedhofsordnungen für ein Verwendungsverbot für Grabmale aus ausbeuterischer Kinderarbeit (Drs. 17/94) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Angelika Weikert von der SPD.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir schreiben heute den 3. April 2014. Ich verkünde Ihnen keine Neuigkeit. Ich nenne das Datum nur deshalb, weil unser Gesetzentwurf etwas regeln will, was bereits im April des Jah

res 2009 von der Stadt Nürnberg in ihrer Friedhofssatzung geregelt wurde.

(Unruhe)

Entschuldigung, Frau Präsidentin, vielleicht kann man -

(Glocke der Präsidentin)

Sie haben schon recht. Grundsätzlich möchte ich darum bitten, das Gemurmel – das ist schon den ganzen Vormittag ein sehr lautes Grundrauschen – etwas herunterzufahren. Das tut den Stimmen der Redner und Rednerinnen gut.

Vielen Dank für den Hinweis. Wir sind vielleicht alle ein bisschen erkältet; auch ich. Da tut es gut, nicht gegen so viele Nebengeräusche ankämpfen zu müssen.

Ich fange noch mal an. Unser Gesetzentwurf geht darauf zurück, dass die Stadt Nürnberg bereits im April des Jahres 2009 – jetzt ist es fünf Jahre später – eine Bestimmung in ihre Friedhofssatzung aufgenommen hat, wonach keine Grabsteine aufgestellt werden dürfen, die irgendwo in der Welt mit ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt wurden. Ich glaubte zunächst, dass wir alle diesen Grundsatz politisch teilen; denn Kinderarbeit ist etwas, was wir keineswegs billigen können. Bei den vielen Debatten, die es zu diesem Thema hier im Landtag gegeben hat, habe ich das immer wieder betont. Wir können als Bayerischer Landtag immer nur ganz kleine Zeichen setzen im Hinblick auf den Punkt, wie Arbeit zur Abschaffung prekärer Beschäftigungsverhältnisse und ausbeuterischer Kinderarbeit international funktioniert. Dieser Zusatz in der Friedhofssatzung der Stadt Nürnberg ist wirklich nur ein kleiner Baustein, ein kleines Element.

Es gab gegen die Entscheidung der Stadt Nürnberg eine Klage eines ansässigen Steinmetzes. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat darüber im September 2009 entschieden und bereits damals festgestellt, dass die Kommunen zwar ein Selbstbestimmungsrecht haben, aber für den Erlass einer solchen Friedhofssatzung ein Landesgesetz notwendig ist. Es gab daraufhin Verfassungsbeschwerde. Der Verfassungsgerichtshof ist bemüht worden. Ich will aufgrund der Kürze der Zeit nicht auf alle Entscheidungen eingehen. Fakt ist allerdings, dass bereits im Jahr 2009 festgestellt wurde, dass wir ein Landesgesetz brauchen. Darauf folgte eine unschöne Zeitspanne, in der sich vieles verzögert hat, indem die Sache in das Wirtschaftsressort unter dem damaligen Wirtschaftsminister Martin Zeil gelangt ist. Er wollte uns allen klarmachen, hier gelte das Gesetz von An

gebot und Nachfrage, und wir müssten hier überhaupt nichts regeln.

Jetzt ist eine abschließende Entscheidung getroffen worden. Diese haben wir mit dem Gesetzentwurf, der heute in Zweiter Lesung behandelt wird, aufgegriffen. Nach der Ersten Lesung folgte die Diskussion im federführenden Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport. Dort kam es zu folgender Merkwürdigkeit: Unser Gesetzentwurf wurde zwar nicht angegriffen; es wurde deutlich, dass wir ein Landesgesetz brauchen. Gleichzeitig wurde uns aber vorgehalten, wir hätten nicht genügend ausgeführt, wie der Nachweis der Wertschöpfungskette gegenüber dem Auftraggeber zu erfolgen hat, also wie nachgewiesen werden kann, dass ein Grabstein nicht mithilfe ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt wurde.

Darauf erwidere ich Ihnen, Kolleginnen und Kollegen: Das müssen wir nicht in diesem Gesetz regeln. Dazu kann das Ministerium eine Verordnung erlassen, in der die Bestimmungen darüber, wie der Nachweis zu erbringen ist, genau aufgeführt sind. Trotz dieses Hintergrundes haben Sie im Ausschuss wiederum unseren Gesetzentwurf abgelehnt.

Meine Redezeit geht zu Ende; ich glaube, der Sachvortrag ist Ihnen weitgehend bekannt. Abschließend frage ich Sie: Wie lange noch wollen Sie ein Landesgesetz verzögern, das genau diese Regelung beinhaltet? Es wäre zwar kein großer, aber doch ein gewisser Beitrag zur Abschaffung ausbeuterischer Kinderarbeit in der Welt. Wir können diesem Gesetzentwurf heute zustimmen und gleichzeitig die Ministerien beauftragen, eine entsprechende Rechtsverordnung zu erlassen. Sie würden mit Ihrer Zustimmung heute endlich ein politisches Signal aussenden, dass Sie den Inhalt dieses Gesetzes -

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen W. Heike (CSU))

- Reden Sie nicht dazwischen, meine Redezeit geht zu Ende. Ich hatte vorhin keine Gelegenheit, mich deutlich zu äußern. – Dann würden Sie endlich ein Signal dahin gehend setzen, dass Sie diesen Grundsatz, der im Gesetz aufgegriffen ist, auch politisch unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, bevor ich als nächsten Kollegen Herrn Freiherr von Lerchenfeld ans Rednerpult bitte, möchte ich Ihnen mitteilen, dass für die beiden Tagesordnungspunkte 3 und 4 namentliche Abstimmung beantragt ist. – Bitte.

(Vom Red- ner nicht autorisiert) Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute in Zweiter Lesung den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Bestattungsgesetzes. In das bayerische Bestattungsgesetz soll, wie wir wissen, eine Regelung aufgenommen werden, wonach Friedhofsträger in ihren Friedhofssatzungen festlegen können, dass nur Grabsteine aufgestellt oder Grabeinfassungen angebracht werden dürfen, die nachweislich in ihrer gesamten Wertschöpfungskette aus fairem Handel kommen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Konvention 182 der International Labour Organization hergestellt worden sind.

Dieses Ziel, gegen den Einsatz ausbeuterischer Kinderarbeit zu kämpfen, ist richtig und wichtig.

(Angelika Weikert (SPD): Warum machen Sie es dann nicht?)

Der Gesetzentwurf ist allerdings abzulehnen, weil – jetzt hören Sie bitte einmal genau zu – die geplante Regelung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Noch einmal: Die CSU-Fraktion setzt sich nachdrücklich für die Bekämpfung jeglicher Form ausbeuterischer Kinderarbeit ein. Wir werden diesem Anliegen in allernächster Zeit in Form eines Gesetzes nachkommen. Unser entwicklungspolitischer Sprecher Hermann Imhof wurde hierbei bereits initiativ. Den Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Bestattungsgesetzes lehnen wir allerdings ab, weil er auch in der im Innenausschuss zur Abstimmung gestellten Fassung gegen das Grundgesetz verstößt und damit sein Ziel, über das im Hohen Hause seit Jahren Einverständnis besteht, nicht erreichen kann. Es ist wichtig, sich das bewusst zu machen.

Ich erkläre Ihnen gern, warum es sich so verhält. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 16. Oktober 2013 festgestellt, dass die Regelung in der Friedhofssatzung der Stadt Nürnberg, über die Sie, Frau Weikert, berichtet haben, wonach nur Grabmale verwendet werden dürfen, die nachweislich in ihrer gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden, gegen höherrangiges Recht, hier gegen das Grundgesetz, verstößt. Die Verwendung von Grabmalen auszuschließen, die unter ausbeuterischer Kinderarbeit hergestellt wurden, ist zwar ein verfassungsrechtlich legitimer Zweck. Den Steinmetzen diesen Nachweis aufzubürden, beeinträchtigt jedoch deren Berufsausübungsfreiheit in unzumutbarer Art und Weise, solange nicht zugleich bestimmt wird, wie dieser Nachweis geführt wird.

Entschuldigung, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Vom Red- ner nicht autorisiert) Jetzt nicht, bitte stellen Sie sie erst am Ende. – Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes erlaubt Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Dabei muss der parlamentarische Gesetzgeber alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Die bisherigen Regelungen im Bestattungsgesetz reichen dazu nicht aus. Auch die von der SPD nun vorgeschlagene Regelung der Nachweispflicht durch Rechtsverordnung der Staatsregierung genügt den Anforderungen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Vielmehr muss hier der Landtag selbst tätig werden.

Wie Sie wissen, hat die CSU einen eigenen Antrag eingebracht, mit dem die Staatsregierung aufgefordert wird, dem Landtag einen Vorschlag für eine gesetzliche Regelung zu Grabmalen, die ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt wurden, zu unterbreiten. Dabei wird die Staatsregierung die Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts umsetzen; davon bin ich fest überzeugt. Nur so wahren wir einerseits die berechtigten Interessen des Steinmetzhandwerks und bieten den Kommunen andererseits eine rechtssichere Möglichkeit, Grabsteine aus Kinderarbeit wirksam von ihren Friedhöfen zu verbannen. Meine Fraktion lehnt daher den Gesetzentwurf der SPD ab. Wir bitten Sie gleichzeitig, unserem Antrag, der federführend im Innenausschuss behandelt wurde, zuzustimmen.

Vielen Dank. Einen Moment; Frau Kollegin Weikert möchte eine Zwischenbemerkung machen.

Lieber Kollege, wir haben unserem Gesetzentwurf im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport einen Satz hinzugefügt, der entscheidend ist und der genau auf das eingeht, was Sie gesagt haben. Demnach lautet das Ende unseres Gesetzentwurfes wie folgt:

Der Friedhofsträger kann zur Prüfung nach Satz 1 einen Nachweis fordern; auf Verlangen sind dem Friedhofsträger vollständige und prüffähige Unterlagen vorzulegen. Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wird ermächtigt, im Benehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie das Nähere durch Rechtsverordnung zu bestimmen.

Wir sind also in unserem vorliegenden Gesetzentwurf genau auf die erwähnten Vorgaben des Gerichts ein

gegangen. Sie wollen aber einem SPD-Gesetzentwurf einfach nicht zustimmen. Deswegen schließe ich eine Frage an: Wann kommt endlich der Gesetzentwurf aus den Ministerien? Wir warten seit fünf Jahren darauf.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Bravo!)

(Vom Red- ner nicht autorisiert) Liebe Frau Weikert, Sie sind eben nicht dem Urteilstenor des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt, und Sie haben auch nicht Artikel 12 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes beachtet. Wir gehen in allernächster Zeit in die Planung. Unser entwicklungspolitischer Sprecher Hermann Imhof nickt.

(Angelika Weikert (SPD): Und wann kommt Ihr Gesetzentwurf? Wissen Sie das nicht? Noch in dieser Legislaturperiode? – Harald Güller (SPD): Achselzucken beim Redner der CSU!)

Als Nächster erteile ich Frau Kollegin Tanja Schweiger das Wort.

(Von der Red- nerin nicht autorisiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedaure es sehr, dass das Thema, keine Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit zuzulassen, schon ein Thema war, bevor ich in diesen Landtag gekommen bin. Dieses Thema ist nicht abgeschlossen. Es wird leider auch noch ein Thema sein, wenn ich diesen Landtag im nächsten Monat verlassen werde. Es hilft nichts, wenn wir uns alle gemeinsam parteiübergreifend einig sind, dass wir das nicht wollen. Wir müssen jetzt endlich diesen vielen Worten Taten folgen lassen.

Im Zusammenhang mit den Gesetzentwürfen, die vorliegen, haben die jeweiligen Redner die Situation ausführlich erklärt. Wir schließen uns der Argumentation des Redners der CSU-Fraktion an. Deshalb werden wir dem Gesetzentwurf der CSU zustimmen und dem Gesetzentwurf der SPD nicht zustimmen. Die Problematik war bei euch, dass der Gesetzentwurf gekommen ist, bevor die genaue Formulierung des Gerichtes vorlag. Die Schwierigkeit besteht darin, dass dieses Problem nicht mit einer Rechtsverordnung geregelt werden kann, sondern dass man die Regelung in ein Gesetz gießen muss. Die Fakten sind jetzt da. Ich bitte darum, sich nicht weiterhin hinter irgendwelchen Argumenten zu verstecken und zu sagen, es ginge wegen der Steinmetze nicht. Jetzt muss endlich einmal gesagt werden, wie es geht. Darum muss man sich jetzt kümmern. Wir sollten uns nicht weiter hinter irgendwelchen Zuständigkeiten verstecken.