Wir möchten, dass dieses Studium vor Ort erlebt werden kann. Wir möchten, dass die jungen Leute herauskommen, Persönlichkeit entwickeln und über den Tellerrand hinausschnuppern. Wir möchten nicht unbedingt, dass das Studium zu Hause – neben der Arbeit im Betrieb – funktionieren soll. Ich glaube nicht,
dass wir uns hier unbedingt mit Fernstudiengängen und so weiter anfreunden müssen. Onlineseminare, Vorlesungsübertragungen über das Internet werden auch in Bayern weiterhin noch stärker durch unsere Hochschulen gewährleistet werden.
Ich möchte auch die Nebenerwerbslandwirte ansprechen, die Sie, Herr Arnold, angeführt haben. Wir haben in Bayern traditionell immer schon eine hohe Nebenerwerbsquote, in meiner Region beträgt sie seit vielen Jahrzehnten über 50 %. Heute ist doch der Nebenerwerbslandwirt nicht mehr jener, der sich abbuckelt, nebenbei vielleicht 20 Kühe melkt und den ganzen Tag noch irgendwo in der Fabrikhalle steht, sondern heute übernehmen viele einen Nebenerwerb und verpachten nicht, weil sich gute Chancen ergeben und sie sich Dienstleistungen vom Maschinenring erbringen lassen. Sie führen also nicht mehr alle Arbeiten selbst aus, sondern delegieren auch. Unsere Landwirte sind doch heutzutage clever und wissen, wie sie es anstellen müssen.
Im Übrigen möchte ich noch kurz das lebenslange Lernen erwähnen. Wir haben gerade im landwirtschaftsnahen Bereich sehr gut ausgestattete ländliche Bildungszentren und sehr aktive Fachverbände, die sich vor allem für das lebenslange Lernen starkmachen und immer wieder anspruchsvolle Qualifizierungsangebote vorhalten. Sie werden durch das Landwirtschaftsministerium und teilweise auch durch das Kultusministerium intensiv unterstützt.
Herr Kollege Herz, Sie haben die Problematik der steigenden Überregulierung durch die EU angesprochen. Dagegen kämpfen wir ebenfalls. Leider haben wir diese von Ihnen aufgezeigte Pflanzenschutznachweissache dem Bund zu verdanken, da sich dieser nicht einig war. Wir hätten es etwas einfacher geregelt. Der Staatsminister hat sich dafür sehr stark eingesetzt. Warten wir einmal ab. Wenn die FREIEN WÄHLER jetzt im Europäischen Parlament sitzen, wird vielleicht alles besser.
Die Verwaltung in der Landwirtschaft möchte ich ebenfalls kurz streifen. Unsere landwirtschaftliche Verwaltung hat in Bayern Enormes geleistet, was den Personalabbau in den letzten Jahren sowie die Effizienzsteigerung betrifft. Das ist wirklich sehr lobenswert. Ich möchte auch hervorheben, dass sich insbesondere das Ressort Landwirtschaft frühzeitig mit Digitalisierung beschäftigt hat. Ich nenne nur das Schwarzwild-Informations-System, Tierdatenbank, digitale Klimarisikokarten. Es ist im EDV-Bereich sehr vieles pionierhaft geleistet worden, um Personalengpässe etwas auszugleichen. Auch unsere Landwirte sind mitgezogen. Der aktuelle Mehrfachantrag wurde heuer von drei Viertel aller Betriebe online genutzt.
Als einen wichtigen Mosaikstein unserer landwirtschaftlichen Verwaltung darf ich die Ländliche Entwicklung hervorheben. Diese Ämter sind in besonderer Weise geschrumpft, was ihre Mitarbeiterzahlen betrifft. Ihre Bedeutung innerhalb des ländlichen Raumes hat aber in erfreulicher Weise zugenommen. Für mich steht fest, dass es vor allem die Teams in den Ämtern für Ländliche Entwicklung waren, die den interkommunalen Geist in unsere Rathäuser transportiert haben. Die integrierte ländliche Entwicklung bringt Schwung in die kommunalen Gremien, schiebt die Beteiligung der Bevölkerung an und lässt interkommunale Allianzen entstehen. Sie alle kennen erfolgreiche Beispiele aus Ihren Heimatregionen.
Eine wichtige und dauerhafte Herausforderung unserer Landentwickler sehe ich vor allem darin, dass sie das Innenleben unserer Dörfer neu denken. Dorferneuerungskonzepte sind doch nicht das, was gerade von Frau Sengl geschildert wurde. Es sind keine Konzepte, die einfach so durchgeführt werden, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Nein, wir arbeiten zurzeit vor allem an einer intensiven Innenentwicklung, um dadurch Neuparzellierungen voranzutreiben, Flächentausch zu ermöglichen und dadurch dem Flächenfraß zu begegnen, den wir ebenfalls kritisch sehen.
Aber wer mit offenen Augen übers Land fährt, wird die von kritischen Stimmen immer wieder angemahnte Agrarsteppe in Bayern vergeblich suchen. Auch wenn sich heute Schläge durch Flächenerwerb und Grundstückstausch verändert haben, größer geworden sind, können wir stolz auf eine reich gegliederte bayerische Kulturlandschaft sein. Diese profitiert in besonderer Weise auch von einem Paradigmenwechsel bei der Flurneuordnung. Durch cleveres Bodenmanagement können wir heute vielerorts ökologische Verbesserungen an Gewässern vornehmen. Dadurch wird die Umsetzung von Artenschutz- und Naturschutzprojekten erreicht.
Flurneuordnungsverfahren - darauf möchte ich hinweisen - dürfen aber nicht die Mehrwerte für die Landbewirtschaftung aus dem Auge verlieren, denn das ist ihr ursprünglicher Auftrag.
Durch die ländliche Entwicklung und die Gesamtschau aufs Land rücken nicht nur unsere Kommunen, sondern auch die Behörden zu einer intensiveren Zusammenarbeit zusammen. Daraus ergeben sich tolle Kombinationslösungen beim Wegebau, bei dem die Ländliche Entwicklung und das Staatliche Bauamt zusammenwirken. Dorferneuerung und Städtebau kön
nen über ein abgestimmtes Miteinander mit der Wasserwirtschaft eine Hochwasserproblematik angehen. Diese Zusammenarbeit ist vorbildlich und hat sich in den letzten Jahren ganz hervorragend entwickelt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch kurz wichtige Bereiche streifen, die zum Ressort Landwirtschaft gehören: die Fischer, die Teichwirte, die Jäger und die Imker. Sie haben für unsere Natur und Umwelt für das Gleichgewicht von Ökonomie und Ökologie eine sehr große Bedeutung.
Auf den Rückgang der Bienenbestände haben wir in den letzten Jahren immer wieder hingewiesen, und dank der Initiative von Staatsminister Brunner konnten wir die Anzahl der aktiven Imker in Bayern auf über 30.000 steigern. Wir geben hierfür gute Zuschüsse, betreiben Nachwuchsgewinnung, und es steigen immer mehr junge Erwachsene – auch immer mehr Frauen – in die Imkerei ein. Ein Drittel unserer landwirtschaftlichen Nutzfläche in Bayern befindet sich im KULAP oder in einem Vertragsnaturschutzprogramm. Der Freistaat investiert hier gleichzeitig pro Jahr zwölf Millionen Euro, die auch der Sicherung der Bienenweide zugutekommen.
Als verlässliche Naturnutzer, die gleichzeitig für wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen sorgen, erfüllen die Fischer und die Teichwirte einen besonderen naturschutzfachlichen Auftrag. Die Fischerei und Teichwirtschaft in Bayern zeichnen sich durch ihre überschaubare Betriebsgröße aus. Sie darf nicht durch falsch verstandenen Naturschutz in ihrem Bestand gefährdet werden.
Verantwortungsbewusste Bewirtschaftung steht nämlich in keinem Widerspruch zu einem nachhaltigen Naturverständnis.
Leider, Herr Arnold, ist diese Erkenntnis noch nicht in mancher Amtsstube und in mancher Verbandsgeschäftsstelle angekommen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang doch deutlich auf etwas hinweisen, weil heute so oft der Begriff Bionahrungsmittel gefallen ist: Bei aller Bionachfrage ist
eine Position ganz wichtig: Konventionell erzeugte Nahrungsmittel sind keine zweite Wahl. Das muss klar sein.
Was nicht nur bei Landwirten und bei Waldbesitzern, sondern zunehmend auch bei den vorhin genannten Gruppen auf Unverständnis stößt, ist eine Art Ökofundamentalismus, der Kultivierung und Hege drastisch einzuschränken versucht gemäß dem Motto: Alles soll so bleiben, wie es ist. Wahre Experten wissen, dass alles Geschaffene eben nicht immer gleich bleibt. Es tun sich Veränderungen auf, die letztendlich auch ökologisch keinen Sinn machen. Naturschutz und Naturnutzung sollen sich auch in der bayerischen Verwaltung in einem engen Kontakt und in einem von gegenseitigem Vertrauen getragenen Dialog auf Augenhöhe begegnen. Das ist ganz wichtig. Ob Waldgebiet oder Teichkette, Unterschutzstellungen ohne das Einverständnis der Eigentümer kommen einer Enteignung gleich. Das wollen wir nicht.
Als einen gerne vergessenen Bereich darf ich noch auf die Förderkulisse der Diversifizierung hinweisen. Wir haben dadurch in Bayern sehr viele erfolgreiche Einkommenskombinationen entstehen lassen können. Viele Betriebe haben mittlerweile ein zweites Standbein. Das läuft im Bereich der erneuerbaren Energien, aber es läuft auch im Bereich des Landtourismus und des Gesundheitstourismus ab, traditionelle Ferien auf dem Bauernhof – alles vielfältige Bereiche, die gut ankommen.
In der letzten Woche konnte Minister Brunner einer Bäuerin aus dem Landkreis Dachau für ihre besondere unternehmerische Leistung einen Staatspreis verleihen. Sie hat auf ihrem Hof ein Schullandheim eingerichtet und trägt damit natürlich auch gut zur Außenwirkung und zur Begegnung von Schule und Landwirtschaft bei.
Fachkompetenz, Kreativität und Unternehmergeist gibt es en masse auf dem Land. Wir wollen das Ganze engagiert begleiten und die Rahmenbedingungen entsprechend verfügbar machen. Wir wollen den Landwirten gerecht werden, aber auch den Verbrauchern. Es wäre schön, wenn sich alle Fraktionen da immer auch kooperativ zusammentun und in diesem Sinne zusammenarbeiten würden.
Vielen Dank, Frau Kollegin Brendel-Fischer. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin Karl. Bitte sehr.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Brunner! Der ländliche Raum in Bayern umfasst 85 % der Landesfläche und ist die Heimat von 60 % der Bevölkerung. Sie widmen dem ländlichen Raum in Ihrer Rede gerade einmal fünf Minuten Ihrer Zeit. Ist er Ihnen wohl gar nicht wichtig genug?
Der Trend zum Urban Greening, also Gärtnern in den Städten, nimmt zwar immer mehr zu. Trotzdem leben unsere Bäuerinnen und Bauern mitnichten in den Metropolen, sondern in dem besagten ländlichen Raum. Sie sind geradezu der Kern des ländlichen Raums, das Rückgrat der Wirtschaft und der Kulturlandschaft dort. Ich muss sagen: Ich bin sehr stolz auf unsere landwirtschaftlichen Betriebe in den ländlichen Regionen.
Wenn wir über die Situation der ländlichen Räume reden, reden wir also über die Standortbedingungen für die Landwirtschaft in Bayern. Da wäre etwas mehr verbales und tatsächliches Engagement von Ihnen durchaus gefragt, Herr Brunner.
Ich unterbreche die Kollegen von der CSU ungern bei ihren Debatten, aber ich finde das wirklich sehr störend.
Das Lob auf das neue Bayerische Dorferneuerungsprogramm singen Sie vollkommen zu Recht. Das Bayerische Dorferneuerungsprogramm hat große Verdienste zu verzeichnen, aber ob es die Bevölkerungszahlen wirklich stabilisiert, ist die Frage. Die neue Statistik sagt leider etwas anderes. Für eine Stabilisierung der Bevölkerungszahlen braucht es ganz andere Anstrengungen. Ich komme noch darauf.
Mit Freude habe ich vernommen, Herr Minister, dass Sie mit der Initiative "Kernwegenetze" die Hauptwirtschaftswege gemeindeübergreifend erneuern und fit für die Zukunft machen wollen. Ich freue mich vor allen Dingen deshalb, weil Ihre Fraktion einen entsprechenden Antrag meinerseits vom Juni 2012 abgelehnt hat, weil eine solche Initiative zu teuer wäre. Ich kann also nur hoffen, Herr Minister, dass Sie Ihre Initiative auch mit Ihren Haushältern abgestimmt haben, damit den Gemeinden außer netten Worten tatsächlich auch Hilfe zufließt. Im Haushalt ist dafür allerdings kein Geld ausgewiesen. Deshalb werden in den Mo
dellregionen derzeit auch lediglich Konzepte erstellt. Niemand weiß, wann und wie viel Geld den Kommunen zufließt. Klar ist allerdings, dass auf die Kommunen einiges an Kosten zukommen wird.
Wenn man ausgeht von einem maximalen Prozentsatz von 65 bis 75 % Förderung beim Wegebau, dann können wir folgende Rechnung aufmachen: Bei meinem Antrag hat die CSU als Erwiderung gesagt, ein solches Programm würde circa eine Milliarde Euro kosten. Legen wir diese Milliarde zugrunde, kommen wir auf eine Fördersumme, die der Freistaat bereitstellen muss, von 650 bis 750 Millionen Euro,
damit man eine attraktive Förderung hat. Ich freue mich jetzt schon auf den Finanzierungsvorschlag, den Sie dann Ihren Haushältern vorlegen. Den Rest müssen dann immer noch die Kommunen stemmen.
Sie haben zu Recht die integrierte ländliche Entwicklung angesprochen – eine ganz tolle Sache, die hervorragend begleitet wird von den Ämtern für Ländliche Entwicklung. Aber Sie vergessen leider immer zu sagen, dass die Ämter immer mehr Aufgaben haben, aber konsequent immer weniger Personal. Sie arbeiten bis an die Grenzen ihrer Belastung und darüber hinaus. Immer mehr Arbeit wird privatisiert, in den Ämtern ausgelagert. Da muss ich Ihnen sagen: Nachhaltige Personalpolitik in einem Ministerium sieht anders aus.
Der letzte Ihrer wenigen Sätze zum ländlichen Raum gilt dem Hinweis auf das EU-Förderprogramm LEADER, das in Bayern erfreulicherweise auf gleichem Niveau beibehalten bzw. ausgeweitet werden soll. Da können Sie, Herr Minister, wirklich froh sein, dass entgegen den wütenden Protesten Ihrer eigenen Fraktion in der neuen Förderperiode mehr Geld in der zweiten Säule, der GAP, ist. Sonst würde nämlich aus diesen Ankündigungen nichts werden.
Mehr sagen Sie leider nicht zum ländlichen Raum; aber der ländliche Raum ist ein Querschnittsthema, bei dem das Landwirtschaftsministerium mit erheblichen Fördermitteln beteiligt ist: über die zweite Säule der GAP, aber auch zum Beispiel über die Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz, beim Breitbandausbau. Kein Wort verlieren Sie zu diesem Thema, das für die Menschen im ländlichen Raum immer wichtiger wird.