Protokoll der Sitzung vom 04.11.2014

Anspruch lautet klar und deutlich: Hopfen und Gerste aus Bayern sind gentechnikfrei.

Aus Überzeugung halten wir auch weiter an der Nulltoleranz im Saatgut fest. Auch das ist heute schon mehrfach erwähnt worden. Dieses Haus hat bereits mehrere gemeinsame Beschlüsse zur grünen Gentechnik gefasst, und wir haben 2011 dem Vorschlag für eine sogenannte praktikable Nulltoleranz-Regelung im Bundesrat bewusst nicht zugestimmt. Es bleibt dabei: Wir dulden keine gentechnische Verunreinigung unseres bayerischen Biers.

Ich halte mich in der Debatte sehr bewusst streng an die Fakten. Fakt aber ist: Wir handeln seit Jahren höchst verantwortungsbewusst, wenn es um unsere Lebensgrundlagen geht. Ich nenne als Beispiel den Donauausbau, ich nenne als Beispiel das Fracking, und ich nenne als Beispiel die Gentechnik.

Daher gibt die Staatsregierung die Ihnen vorliegende Erklärung ab, die ich gern wiederhole. Wir sind dankbar für das Engagement der bayerischen Brauer. Wir unterstützen unsere Brauer weiterhin auf allen Ebenen, und wir schützen unser bayerisches Bier auch in Zukunft vor Gentechnik, und zwar – darauf bin ich stolz – im Konsens mit allen Fraktionen dieses Hauses. Den Forderungen der Petition haben wir daher aus Überzeugung entsprochen. Wer beim Petitionsrecht noch Nachhilfe braucht, kann sie gern im Petitionsausschuss bekommen. Die Petition wurde mit dem Votum "erledigt" aufgrund der Erklärung der Staatsregierung verbeschieden.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur namentlichen Abstimmung. Nach der Geschäftsordnung ist unserer Abstimmung die Entscheidung des die Eingabe behandelnden Ausschusses zugrunde zu legen. Der Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären.

Es wurde beantragt, die Abstimmung in namentlicher Form durchführen zu lassen. Wer dem Votum des Ausschusses – § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung – zustimmen will, den bitte ich, die blaue JaKarte zu benutzen. Für Gegenstimmen ist die rote Nein-Karte zu verwenden; Stimmenthaltungen sind mit der weißen Stimmkarte anzuzeigen.

Die Urnen für die Stimmkarten befinden sich, wie immer, an den üblichen Stellen, also am Eingang des Sitzungssaals und am Stenografentisch. Wir beginnen jetzt mit der Abstimmung. Dafür sind fünf Minuten vorgesehen.

(Namentliche Abstimmung von 16.21 bis 16.26 Uhr)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine Dublin III-Abschiebungen von syrischen Flüchtlingen in Drittstaaten mit unzureichenden Standards bei Asylverfahren (Drs. 17/2217)

Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Kamm. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag stammt zwar vom 04.06. dieses Jahres, aber er ist dringlicher denn je zuvor. Zudem müssten wir heute diesen Antrag eigentlich auch noch auf andere Kriegsgebiete wie den Irak ausweiten, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen, wie wir sie immer wieder in den Regionen und in den Unterkünften erleben.

Ein Beispiel: Landkreis Günzburg, Großkötz, Gasthof Adler. Die Angst vor der Abschiebung ist für eine fünfköpfige syrische Familie nicht mehr zu ertragen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Einer der Söhne der Familie Jouma stürzt sich aus dem Fenster; die Mutter wollte sich vor ein Auto werfen. Beide sind mittlerweile im Krankenhaus bzw. in ärztlicher Behandlung. Wie es anschließend für die Familie weitergeht, ob von der geplanten Abschiebung nach Bulgarien abgesehen wird, ist nach wie vor unklar. Weitere Verzweiflungstaten syrischer und irakischer Kriegsflüchtlinge, die, nachdem sie alles, was sie bisher hatten, verloren haben, in einer langen Fluchtodyssee nur sich selbst und ihr Leben retten konnten, sind nicht auszuschließen.

Der UNHCR fordert einen Stopp der Rückführungen nach Bulgarien. Es bestehe große Gefahr, dass Asylsuchende aufgrund der systematischen Mängel im Aufnahme- und Asylverfahren in Bulgarien Opfer unmenschlicher und erniedrigender Behandlung werden, warnt der UN-Flüchtlingskommissar. Auch fehlt jede Unterstützung bei Nahrungsmittel- oder Gesundheitsversorgung. Zudem laufen Flüchtlinge Gefahr, willkürlich inhaftiert zu werden. Außerdem bestehen schwerwiegende Probleme beim Zugang zu einem fairen

Asylverfahren. Es gibt sogar mittlerweile eine Reihe von Berichten über Push-Backs an der Landesgrenze.

Der UNHCR ist zu dem Ergebnis gelangt, dass in Bulgarien trotz einiger Fortschritte in der Vergangenheit große Lücken bei der Umsetzung der internationalen Schutzstandards bestehen und dass die Probleme so groß sind, dass er die anderen Staaten bittet, vor weiteren Überstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien in der jetzigen Situation abzusehen, um erst die notwendigen Verbesserungen in Bulgarien zu ermöglichen.

Schwierig und prekär ist auch die Situation von Flüchtlingen in Ungarn. Die Fidesz-Orbán-Regierung hat Gesetze erlassen, die die Inhaftierung von Asylsuchenden zulassen, und die Gründe, die eine Inhaftierung von Schutzsuchenden hierbei ermöglichen, sind derart weit gefasst, dass sie nahezu für jedweden Asylsuchenden Anwendung finden können. Auch Rückkehrende können betroffen sein, auch Minderjährige.

Die Situation in Italien ist zwar anders, aber dennoch außerordentlich schwierig. Im Zuge des Programms "Mare Nostrum" hat Italien auch außerhalb seiner eigenen Hoheitsgewässer über 140.000 Flüchtlingen das Leben gerettet und nicht unerhebliche eigene Mittel dafür eingesetzt.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das stimmt!)

Trotzdem ist es sehr schwer möglich, die Vielzahl der Flüchtlinge, die aufgrund der Mittelmeersituation gerade in Italien ankommen, dort zu integrieren.

Es ist wichtig und richtig, diese Überstellungen, insbesondere nach Bulgarien, aber auch nach Ungarn und Italien aus humanitären Gründen für einen Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen und sich bei der nächsten Innenministerkonferenz dafür einzusetzen, Abschiebungen von syrischen Flüchtlingen auszusetzen und die Aufnahme in neu zu schaffenden Kontingenten zu forcieren. Es ist nach wie vor ein Armutszeugnis, dass die Bundesrepublik sich nur für ein Kontingent von 20.000 syrischen Flüchtlingen eingesetzt hat. Wir können mehr tun, und wir sollten es auch tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr. – Für die CSU-Fraktion hat sich Kollege Straub gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Weit mehr als 100.000 Menschen haben in Syrien ihr Leben verlo

ren, über sechs Millionen Menschen haben ihre Heimat verlassen müssen. Die Anrainerstaaten stehen vor großen Problemen. Seit Ausbruch des Krieges vor dreieinhalb Jahren in Syrien strömen Millionen von Flüchtlingen in diese Länder. Deutschland wird seine Hilfe für syrische Kriegsflüchtlinge und die Aufnahmestaaten um weit mehr als eine halbe Milliarde Euro aufstocken; in diesem Jahr noch 170 Millionen Euro, bis 2017 sollen weitere 500 Millionen Euro folgen.

Die anhaltenden Kriege dürften dazu führen, dass sich die Lage in den nächsten Wochen und Monaten noch deutlich verschärfen wird. Wir müssen uns daher in Europa für die nächsten Jahre auf sehr hohe Flüchtlingszahlen einrichten.

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Es geht darum, Menschenleben zu retten. Das betrifft nicht nur Bayern, nicht nur Deutschland, sondern Europa und die ganze Welt. Es ist ein ureigenes christliches Anliegen: Da, wo Menschen Völkermord ausgesetzt sind, müssen wir dafür eintreten, dass sie geschützt werden.

Ihren Antrag müssen wir ablehnen. Lassen Sie mich das kurz ausführen, Frau Kamm. Der Antrag betrifft formell nicht den Bayerischen Landtag, sondern das Bundesamt für Migration. Die Zustände in den Ländern, wie Sie sie beschrieben haben, müssen vom Bundesministerium des Innern überprüft werden. Bei Überstellungen nach Ungarn, Italien oder Bulgarien handelt es sich nicht um Überstellungen in das Krisengebiet zurück, sondern in Mitgliedstaaten der EU. Neuerdings werden von Ihnen sogar Überstellungen nach Belgien und den Niederlanden infrage gestellt.

(Christine Kamm (GRÜNE): Nein, das ist nicht wahr! Behaupten Sie nichts Falsches!)

- Hören Sie mir bitte zu. Wir zwei sind doch normal immer so friedlich, Frau Kamm. Lassen Sie mich erst ausführen, dann können wir darüber reden.

(Beifall bei der CSU – Christine Kamm (GRÜNE): Keine falschen Behauptungen!)

Die Mitgliedstaaten der EU sind ebenso wie Deutschland nach europäischem und internationalem Recht zum Schutz von Flüchtlingen verpflichtet. Eine Aufnahme der syrischen Asylbewerber in das Kontingent, wie Sie es gefordert haben, widerspricht dem eigentlichen Sinn des Aufnahmegebietes. Die Leute, die Sie ansprechen, sind ja bereits in der EU. Das Aufnahmekontingent ist für die Syrer da, die sich noch im Kriegsgebiet befinden.

Bayern und Deutschland haben sich durch die anhaltend gute wirtschaftliche Entwicklung - das können wir nicht bestreiten - zu Hauptzielen von Asylbewerbern

und Flüchtlingen entwickelt. Deutschland nimmt mit Abstand in Europa – das möchte ich hier betonen, weil es immer so hingestellt wird, als würden wir zu wenig tun – die meisten Asylbewerber auf. Die Staaten, die bislang wenig tun - da stimme ich mit Ihnen überein - müssen wir zu mehr Engagement auffordern. Wir müssen dafür kämpfen, dass die Situation besser wird, wenn es so ist, wie Sie es beschreiben, was, glaube ich, auch nicht lückenlos belegt ist. Da könnte ich auf der anderen Seite Belege fordern. Es ist aber, wie gesagt, nicht unsere Aufgabe, sondern die des Bundesministeriums des Innern.

Es beteiligen sich momentan nur zehn EU-Staaten an der Aufnahme von Flüchtlingen. Es ist nicht in Ordnung, dass zum Beispiel Schweden und Deutschland 50 % der in Europa ankommenden Asylbewerber aufnehmen. Angesichts der Dimension der Flüchtlingsbewegung müssen künftig alle ihren Verpflichtungen nachkommen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Hans-Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

- Danke, das ist nett.

Die EU muss dafür sorgen, dass das Dublin-III-Verfahren eingehalten wird. Genau da sind wir völlig unterschiedlicher Meinung. Ich glaube, es wäre ein völlig falsches Zeichen an die angesprochenen Länder, wenn Deutschland nicht mehr auf Dublin III bestünde; das würde die Probleme vor Ort noch wesentlich verschärfen.

Ein Aspekt ist noch ganz wichtig. Die Welle der Hilfsbereitschaft in Bayern oder insgesamt in Deutschland ist enorm. Alle ziehen an einem Strang. Das ist ermutigend. Diese Stimmung darf aber nicht umkippen. Unsere Bürger stehen vor einem emotionalen Spagat zwischen Mitleid mit den Flüchtlingen und dem Gefühl der Überforderung angesichts der Vielzahl der Asylsuchenden. Sprechen Sie mit den vielen ehrenamtlichen Betreuern vor Ort.

Zum Schluss darf ich Ihnen sagen: Bayern steht uneingeschränkt zum humanitären Flüchtlingsschutz. Aber ich teile Ihre Meinung nicht – ich glaube, das ist der wesentliche Unterschied –, dass Deutschland und Bayern die Probleme alleine lösen können. Das, was Deutschland durch humanitäre Hilfe vor Ort und durch Aufnahme von syrischen Flüchtlingen leistet, ist beispielhaft. Allerdings müssen wir uns bewusst sein, dass wir nicht alle in Not geratenen Menschen versorgen können. Es handelt sich um mehrere Millionen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das hat keiner behauptet und keiner gewünscht!)

Wir müssen EU-weit und parteiübergreifend zusammenhalten und auf die Einhaltung der europäischen Verträge achten.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Wir haben eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Kamm.

Sehr geehrter Herr Kollege, ich denke, Sie haben den Antrag gelesen. Da steht nicht drin, dass wir alle Flüchtlinge der Welt aufnehmen sollen, sondern da steht drin, dass wir für einen Zeitraum von sechs Monaten Rücküberstellungen in besonders problematische europäische Länder aussetzen sollen, die das Asylverfahren, so wie wir es fordern, so wie wir es wollen, derzeit nicht durchführen können. Es steht auch nicht drin, dass Bayern selbst handeln soll, sondern es steht drin, dass Bayern sich bei der nächsten Innenministerkonferenz und im Bundesrat dafür einsetzten soll, diese Abschiebungen auszusetzen. Diesem Antrag können Sie sicher zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kamm, ich habe es gerade gesagt. Ich empfinde es als falsches Zeichen, wenn man es diesen Staaten dadurch einfach macht, indem man Dublin III aussetzt. Wir müssen uns massiv dafür einsetzen, dass diese Länder ihre Verpflichtungen erfüllen, dass sie Dublin III erfüllen, dass sie menschenwürdige Unterkünfte bereitstellen. Wir haben es in der Rede des Herrn Ministerpräsidenten gehört, es wird auch massiv so gemacht. Ich glaube, da ist in Europa einiges unterwegs.