Protokoll der Sitzung vom 27.11.2014

Letzten Freitag fiel die Entscheidung. 169 Kommunen profitieren davon. Rund 91 % dieser Nothilfen gehen nach Nord- und Ostbayern. Allein in den Regierungsbezirk Oberfranken fließen fast 50 Millionen Euro. Der höchste Einzelbetrag geht dabei mit 5 Millionen Euro an die Stadt Hof, und der gesamte Landkreis Wunsiedel mit all seinen Gemeinden erhält über 20 Millionen Euro. Die Oberpfalz erhält fast 21 Millionen, Niederbayern über 13 Millionen. Meine Damen und Herren, es gibt kaum eine Möglichkeit, so schnell, so direkt und so effizient zu helfen. Ich denke, dieses Geld ist gut angelegt.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben übrigens auch Neuerungen eingeführt. Die Stabilisierungshilfen können künftig nicht nur zur Schuldentilgung, sondern auch für Investitionen genutzt werden. Das heißt, die Gemeinden haben die Chance, sich nicht nur zu konsolidieren, sondern auch mit Investitionen voranzukommen. Auch die Mittel für die interkommunale Zusammenarbeit haben wir im Doppelhaushalt auf 4 Millionen Euro erhöht. Wir glauben fest daran: In der kommunalen Familie geht es zusammen besser als allein.

Geld ist das eine, die Landesentwicklung das andere. Bei der Landesentwicklung geht es um die Instrumente Zentrale Orte, Förderräume und auch um die weiteren Maßnahmen der Landesplanung.

Zentrale Orte: Aktuell gibt es 843 Zentrale Orte in Bayern. Vieles von dem bisherigen System ist jedoch nicht mehr zeitgemäß und effektiv. Manche wollen jetzt tatsächlich eine Neuordnung auf dem Reißbrett. Das geht uns zu weit. Wir wollen keine Gemeindegebietsreform, sondern eine zeitgerechte Anpassung der Zentralen Orte an die kommunale Realität. Dazu

erstellen wir ein Gutachten. Wir glauben, dass bei diesem Gutachten einige Akzente besonders wichtig sind, zum Beispiel neue Kategorien wie "Metropolen" als zentraler Verdichtungsraum. Wir glauben an Metropolen. Wir glauben, dass München, Nürnberg, aber eben auch Augsburg als Metropolen zu definieren sind. Augsburg soll als Schwabenmetropole eine ganz besondere Rolle spielen.

(Beifall bei der CSU)

- Da klatschen jetzt die Schwaben.

(Allgemeine Heiterkeit)

Neben den klassischen Zentren müssen noch zwei Aspekte beachtet werden: Erstens. Wir wollen die Unterstützung für Orte besonders in strukturschwachen Räumen, bei denen zunehmend Versorgungslücken für die Bevölkerung entstehen. Diese müssen besonders entwickelt werden.

Zweitens brauchen wir mehr grenzüberschreitende Zentren. Gerade in den Grenzregionen zu Tschechien und Österreich sollen bayerische Gemeinden mit ihren Nachbarn jenseits der Grenze Zentrale Orte bilden können und damit eine höhere Verdichtung, Vernetzung und somit den Zugang zu verbesserten Fördermöglichkeiten erhalten. Wir müssen flexibler denken, auch über die Grenzen hinaus, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Neben den Zentralen Orten werden auch die Förderräume erweitert. Der Raum mit besonderem Handlungsbedarf wird größer. Damit erhalten mehr Gemeinden bessere Konditionen für Breitbandausbau, Regionalmanagement und Wirtschaftsförderung. Danach werden sechs Landkreise – Main-Spessart, Forchheim, Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim, Ansbach mit der kreisfreien Stadt Ansbach, Mühldorf am Inn und Garmisch-Partenkirchen – in die Förderkulisse aufgenommen.

Neu ist übrigens auch, dass dies nicht nur für Landkreise, sondern darüber hinaus auch gemeindescharf gilt. Das bedeutet: Über die genannten Landkreise und die Gemeinden hinaus werden 57 Gemeinden zusätzlich profitieren, vor allem in Oberbayern, Schwaben und Unterfranken, zum Beispiel in den Landkreisen Traunstein, Altötting oder Rosenheim, in den Landkreisen Aschaffenburg, Würzburg oder Bamberg oder beispielsweise Städte wie Kaufbeuren und Sonthofen im Allgäu. Das sind im Raum mit besonderem Handlungsbedarf dann fast 40 % der Landkreise und 43 % der bayerischen Gemeinden. Das hat Wucht,

meine sehr verehrten Damen und Herren; das ist ein Bekenntnis des Freistaats zu ländlichen Räumen.

(Beifall bei der CSU)

Es geht jedoch nicht nur um Förderungen. Wir müssen Bürgermeistern und Landräten vor Ort mehr Möglichkeiten geben, sich auch selber zu helfen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Also 15 % Kommunalanteil im Steuerverbund!)

- Lieber Hubert Aiwanger, erst hören, dann stören!

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU – Hubert Ai- wanger (FREIE WÄHLER): Ich war neugierig, ob die 15 % kommen!)

Es geht also nicht nur um Förderung. Lassen Sie uns doch Bürgermeistern und Landräten mehr Möglichkeiten geben, sich selber zu helfen. Dabei ist die Ansiedlung von Gewerbe und Arbeitsplätzen mit der wichtigste Punkt. Ich denke, dass die bisher sehr restriktive Handhabung des Anbindegebots im ländlichen Raum der kommunalen Selbstverwaltung häufig entgegensteht.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen hier mehr Flexibilität, generell und speziell. Dazu wollen wir eine intensive und am Ende ergebnisorientierte Abstimmung mit allen Verbänden herbeiführen. Wir glauben, es braucht hier eine Veränderung. Generell soll das Anbindegebot für Gewerbegebiete an

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ausfahrten von Autobahnen oder vierspurigen Straßen und für interkommunale Gewerbegebiete sowie bei der Ansiedlung wichtiger Tourismus- und Freizeitprojekte gelockert werden. Die einzige Ausnahme besteht beim Einzelhandelsziel; da wollen wir keine Änderung – das sage ich ausdrücklich –, weil wir keinen ruinösen Wettbewerb unter den Kommunen um große Möbel- und Schuhmärkte brauchen. Aber mehr Gewerbe, mehr Technologie, mehr Handwerk – das muss möglich sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Neben dieser generellen Lockerung und Vereinfachung wollen wir auch den strukturschwächsten Orten und den Grenzgemeinden helfen; denn extrem strukturschwachen Orten hilft jede Ansiedlung von Gewerbe. Die Gemeinden in Oberbayern, im Allgäu oder in Ostbayern, die direkt an Österreich und Tschechien angrenzen, brauchen bei Gewerbeansiedlungen

Chancengleichheit gegenüber den Kommunen auf der anderen Seite der Grenze. Dort gilt nicht nur das gelockerte Anbindegebot, sondern wir werden darüber hinaus Zielabweichungsverfahren bei Industrie- und Gewerbeansiedlungen deutlich erleichtern; denn wir wollen den strukturschwachen grenznahen Räumen in Ost- und Südbayern neuen Schub geben. Das ist tatsächlich eine neue Etappe der Planungspolitik in Bayern. Wir lassen die Grenzregionen nicht im Stich, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU)

Angst um zu viel Flächenverbrauch habe ich übrigens nicht. Wir sollten Bürgermeistern und gewählten Kommunalpolitikern mehr vertrauen. Sie sind von den Bürgern beauftragt, für ihre Gemeinde zu arbeiten. Sie wissen selbst am besten, was für ihre Gemeinde notwendig ist. Ich sage aber auch, dass wir – das ist wichtig – offensiver von den Möglichkeiten des Landesplanungsrechts dort Gebrauch machen wollen, wo es darum geht, das bayerische Naturerbe zu schützen. Dabei geht es übrigens nicht um normale Bewirtschaftung, sondern wir werden das Landesplanungsrecht auch offensiv einsetzen, um in der überregionalen Planung, zum Beispiel, wenn es um Stromtrassen geht, unsere eigene Planungshoheit deutlicher als bisher zu nutzen, um einen bayerischen Akzent zu setzen.

(Beifall bei der CSU)

Nun zur Landesentwicklung. Wir wollen das LEP nicht komplett neu aufrollen, aber verschlanken und entbürokratisieren. Das LEP ist nicht für die Ewigkeit; es anzupassen, dauert aber fast eine Ewigkeit. Wir wollen bei der Fortschreibung des LEP und der Regionalpläne die Verfahren beschleunigen, ohne die Teilhabe zu beschränken. "Endlosschleifen" bei Anhörungen haben wirklich keinen Sinn. Ziel ist eine nahezu Halbierung der Verfahrensdauer bei Änderungen. Allein durch die Digitalisierung des Anhörungsverfahrens wird ein Vierteljahr eingespart. Außerdem werden alle Verwaltungsverfahren, die eine Ausnahme vom Landesentwicklungsprogramm vorsehen, also Zielabweichungen, landesplanerische Untersagungen und Anpassungsgebote, künftig nicht mehr vom Ministerium, sondern ortsnah und damit schneller von den Regierungen entschieden. Das LEP hat also die gleiche Qualität, wird aber schneller, kommunalfreundlicher und ortsnäher.

Tschechien: Eine besondere Herausforderung der Landesentwicklung liegt im Grenzgebiet zur Tschechischen Republik. Diese Region liegt übrigens im Herzen Europas und nicht am Rande Deutschlands. Die Annäherung zu Tschechien ist ein ganz großes histo

risches Verdienst unseres Ministerpräsidenten Horst Seehofer, dem wir an dieser Stelle herzlich zu danken haben.

(Beifall bei der CSU)

Allerdings müssen wir für das Zusammenwachsen der Grenzregionen noch mehr tun. Aus dem ehemals Eisernen Vorhang soll eine Goldene Kette geschmiedet werden. Das Heimatministerium hat dazu ein gemeinsames Entwicklungsgutachten mit Tschechien initiiert. Ziel ist es, an der bayerisch-tschechischen Grenze eine Verflechtungsregion zu schaffen. Das soll in engster Kooperation mit lokalen Partnern und regionalen Netzwerken, wie etwa der Donau-Moldau-Region oder der Euregio Egrensis, geschehen. Das Ziel dieses Entwicklungsgutachtens ist genau das Gegenmodell zu dem, was uns der Zukunftsrat einmal geraten hat: Wir wollen ländliche Regionen nicht allein lassen, sondern in die Mitte unserer Betrachtung rücken.

(Beifall bei der CSU)

Auf der Basis des Gutachtens sollen die regionale Infrastruktur besser vernetzt und grenzüberschreitende Verwaltungsverfahren erleichtert werden. Auch regionale Kooperationen in Bildung und Wissenschaft sollen gestärkt und zu einem Technologienetzwerk Bayern – Tschechien entwickelt werden. Dafür sollte als Fernziel auch eine gemeinschaftliche bayerischtschechische Universität stehen. Sie wäre für den ostbayerischen Raum ein ganz wichtiges Signal.

(Beifall bei der CSU)

Darüber hinaus glauben wir, dass auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich Tourismus gestärkt werden soll. Ein gutes Signal wäre zum Beispiel eine gemeinsame Landesgartenschau, wie sie die Städte Selb und Aš erwägen. Im Dezember wird das Entwicklungsgutachten mit Tschechien vergeben. Mitte 2015 werden erste Ergebnisse und der Fahrplan vorgestellt. Ich sage Ihnen eines: Unser Ministerpräsident hat eine historische Tür geöffnet, jetzt müssen wir gemeinsam auch durchgehen!

Digitalisierung: Der Breitbandausbau ist gerade für den ländlichen Raum von entscheidender Bedeutung. Das schnelle Internet sorgt für gute Erreichbarkeit und die Ansiedlung von Unternehmen. Es erhöht Bildungschancen und steigert Lebenskomfort. Manch einer fragt: Was machen die überhaupt in dem Heimatministerium?

(Zurufe von den GRÜNEN)

Hören Sie zu und zeigen Sie sich begeistert!

(Beifall bei der CSU – Allgemeine Heiterkeit – Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Genau vor einem Jahr wurde die Aufgabe des Breitbandausbaus dem Finanz- und Heimatministerium übertragen. Wir haben uns an die Arbeit gemacht und zuerst einen digitalen Kassensturz gemacht, dann das Förderprogramm in nur sechs Monaten neu konzipiert. Die EU hat die neue Förderrichtlinie 1 : 1 genehmigt. Wir setzen die Förderung in die Praxis um. Das Verfahren wurde halbiert, die Beratung vor Ort organisiert und die Fördersumme im Einzelfall verdoppelt. Von 2 Milliarden Euro, die der Bund derzeit als Investitionen in das Breitbandnetz in Deutschland vermeldet, stammen 1,5 Milliarden Euro aus Bayern. Das deutsche Breitband ist weiß-blau, nichts anderes.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die anderen haben es schon! Das ist der Nachholbedarf!)

Herr Aiwanger, auch FREIE-WÄHLER-Bürgermeister bedanken sich; denn es zeigt Wirkung. Seit gestern liegen neue Zahlen vor: 1.386 Kommunen sind im Förderverfahren, das sind mehr als zwei Drittel. 134 Förderbescheide wurden erteilt. Anfang des Jahres 2015 stehen die nächsten 60 Förderbescheide an. Der Versorgungsgrad von Haushalten mit schnellem Internet mit 50 Mbit/s im ländlichen Raum ist von Ende 2013, dem Zeitpunkt der Übernahme der Aufgabe durch das Heimatministerium, bis Mitte 2014 von 16 % auf 24 % gestiegen. Unser Ziel ist, dass jede Gemeinde eine Ausfahrt an der Datenautobahn hat. Dies wird Bayern als erstes Bundesland in Deutschland erreichen. Da bin ich mir ganz sicher. Das ist eine große Herausforderung.

(Beifall bei der CSU)

Es geht aber nicht nur darum, Kabel zu verlegen, sondern auch um Inhalte. Im Mittelpunkt steht auch die bayerische E-Government-Strategie. Wir wollen den Paradigmenwechsel "vom Blatt zum Byte". Die Bürger sollen – selbst im kleinsten Ort, nicht nur in der Großstadt – Teilnehmer am bayernweiten digitalen Datenkreislauf sein. Jeder soll seine Behördengänge einfach, schnell, sicher und rund um die Uhr online von zu Hause aus erledigen können. Das ist der barrierefreie, nämlich digitale Zugang zum Rathaus.

Mit dem BayernPortal liefern wir dazu die Technik, mit dem E-Government-Gesetz schaffen wir die rechtliche Basis und mit dem E-Government-Pakt den gemeinsamen organisatorischen Rahmen mit den Kommunen. Was heißt das? - Das BayernPortal wird die zentrale Plattform für Bürger und Unternehmen. Mit dem E-Government-Gesetz schaffen wir den rechtlichen si

cheren Rahmen für eine digitale Verwaltung. Mit diesem Gesetz werden erstmalig die Voraussetzungen für digitale Unterschrift, digitales Bezahlen und digitale Sicherheit normiert. Das bedeutet: keine Unterschrift mehr auf Papier, direktes Online-Bezahlen – und das alles sicher über das Portal. Mit dem fortgeschriebenen E-Government-Pakt zwischen Freistaat und kommunalen Spitzenverbänden, den sogar der Präsident des Gemeindetages ausdrücklich gelobt hat, sollen alle Kommunen an das BayernPortal angeschlossen werden. Damit ist Bayern komplett vernetzt und der ländliche Raum online. Das ist unser Ziel.