Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Wir haben noch Altlasten, zum Beispiel im Referat 27, das sich unter anderem mit den Themen Psychiatrie, Drogen und Sucht beschäftigt. Dieses Referat ist schon seit Jahren, auch als es noch im Sozialministerium ressortiert war, chronisch unterbesetzt. Dennoch stellen wir diesem Referat zu Recht immer neue Aufgaben, zum Beispiel die Aufgabe der Entwicklung eines Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes. Sie haben dafür Stellen der ehemaligen Landgerichtsärzte in dieses Referat umgeschichtet. Da ich das Wort "Murks" in diesem Zusammenhang nicht verwenden darf, nenne ich das "kreative Stellenbewirtschaftung". Sie haben keine zusätzlichen Stellen geschaffen. Immerhin gibt es in diesem Referat zwei neue Stellen, was auch ein Erfolg der SPD-Fraktion ist. Eine dieser Stellen ist schon besetzt. Damit hat dieses Referat eine erhöhte Arbeitsfähigkeit.

Es brennt jedoch auch an vielen anderen Ecken. Die Worte "schlanker Staat" klingen gut; wer wollte dies in der Gesundheitspolitik bezweifeln. "Schlank" bedeutet jedoch, dass Überflüssiges fehlt. Bezogen auf das Ministerium bedeutet "schlank" eher Kachexie oder Anorexie. Frau Ministerin, Sie und ich wissen, dass dies Krankheitsbilder sind. Deshalb fordert die SPD seit Jahren jeweils eine ärztliche und eine nichtärztliche Stelle an den bayerischen Gesundheitsämtern. Die Tatsache, dass wir nicht zu allen Forderungen Anträge zum Haushalt gestellt haben, heißt nicht, dass wir diese Forderungen nicht aufrechterhielten. Wir haben diese Anträge nicht gestellt, weil wir wussten, dass Sie ihnen nicht zustimmen werden.

Diese geforderten Stellen waren schon in den letzten Jahren dringend nötig. Sie sind umso nötiger geworden, da auch Sie endlich erkannt haben, dass Schuleingangsuntersuchungen wichtig sind. Deshalb haben Sie etwas in diese Richtung unternommen, aber nicht genug. Ich möchte ein Thema aus der heutigen Presse aufgreifen: Ich begrüße es sehr, dass der Bund in das Präventionsgesetz die Impfberatungspflicht hineinschreiben will. Ich möchte, dass bei diesem Thema die Gesundheitsämter ihre Verantwortung wahrnehmen, da nicht alle Ärzte die Impfberatung in der Weise leisten, wie wir es uns wünschen.

Wir bräuchten sehr viel mehr Stellen für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Dort besteht ein riesiger Antragsstau. Wir können Stellen in der Pflege nicht besetzen, weil Anerkennungsanträge nicht abgearbeitet werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei der überwiegenden Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium für Gesundheit und Pflege. Wir wissen, was dort geleistet wird. Die Zusammenarbeit läuft größtenteils hervorragend. Ich schließe in diesen Dank auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ein, aber insbesondere auch der Gesundheitsämter vor Ort.

Damit komme ich zu unserem aktuellen Haushaltsantrag auf Drucksache 17/4157, mit dem wir 20 zusätzliche Stellen bei den Bezirksregierungen fordern. Mit diesen Stellen soll vor allem die Betreuung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sichergestellt werden. Sie verweisen hierzu auf die Beleihung von niedergelassenen Ärzten. Wir werden es Ihnen nicht ersparen abzufragen, wie viel Geld dies mehr kostet. Wir wissen ohnehin, dass es ein Mehr an organisatorischem Aufwand geben wird. Sie wollen sich dieser Aufstockung bei den Regierungen entziehen. Ich merke bei meinen Gesprächen vor Ort immer, wie groß die Not tatsächlich ist. Bei dem großen Ansturm können nicht einmal die Erstuntersuchungen bewältigt werden. Deshalb wäre es wirklich nötig, dass Sie diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin, wir brauchen eine Kampagne, um mehr Personal in den ÖGD zu bringen. Dies wäre das nächste Thema.

Uns ist ein Thema wichtig, das Sie für unbedeutend halten, nämlich die Kondomversorgung von Häftlingen. Dies wäre gerade für die Prophylaxe wichtig.

(Unruhe)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe! Wenn Sie etwas zu besprechen haben, dann unterhalten Sie sich bitte draußen.

In fast allen Bundesländern werden Kondome niedrigschwellig abgegeben. Sie verweisen darauf, dass dies die Ärzte tun sollen. In der "Passauer Neuen Presse" vom Juli wird berichtet, dass ein Kollege aus der Medizin die Abgabe von Kondomen an einen Häftling, der sich an ihn gewandt hat, verweigert habe. Wenn das stimmt,

wäre das ein Riesenskandal. Ein Häftling wendet sich an einen Arzt, was bereits ein Riesenschritt ist, und der Arzt sagt: Das gibt es nicht; denn wir wollen der Homosexualität keinen Vorschub leisten.

Ich denke, die Redezeit ist zu kurz, auch wenn man am Anfang nicht sieben Minuten lang über TTIP schwadroniert. Deshalb nur ganz kurz zum Thema Prävention: Die Jahresschwerpunkte verpuffen. Sie werden dem Problem nicht gerecht. Beginnen Sie endlich damit, Querschnittsaufgaben der Prävention aufzugreifen, zum Beispiel die Themen Bewegung und Sport. Diese Themen spielen bei fast allen Präventionen eine wichtige Rolle. Versuchen Sie, diese Themen nachhaltig zu etablieren. Sie werden bei allen konstruktiven Maßnahmen, bei denen es darum geht, die Gesundheitsversorgung der Menschen in Bayern zu verbessern, die SPD-Fraktion an Ihrer Seite haben.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Ich bitte nun Herrn Professor Dr. Bauer ans Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Verfassungsauftrag lautet, gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land zu schaffen. Seitdem die FREIEN WÄHLER das Vertrauen der Bevölkerung bekommen haben und im Bayerischen Landtag Sitz und Stimme haben, setzen sie sich für die Schaffung dieser gleichwertigen Lebensverhältnisse im ganzen Land ein. Wir stellen fest, dass gleichwertige Lebensverhältnisse nicht nur für Investitionen gelten, sondern auch für die Themen Gesundheit und Pflege. Hier bestehen erhebliche Nachteile, Defizite und ein ausgeprägtes Nord-SüdGefälle.

Lesen Sie die Sozialberichte der Staatsregierung. Herr Kollege Unterländer, ich spreche von den offiziellen Berichten, die wir seit dem Jahr 2010 regelmäßig erhalten. In diesen Berichten können Sie erkennen, dass das Ungleichgewicht in Bayern nach wie vor existent ist. Unsere Aufgabe ist es, nicht nur in der Wirtschaftspolitik, sondern auch in der Gesundheits und Pflegepolitik endlich für ausgeglichene und gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern zu sorgen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Deshalb haben wir Anträge gestellt. Lieber Herr Zellmeier, ich habe heute Nacht sehr schlecht geschlafen. Ich habe mich daran erinnert, was Sie gestern Abend gesagt haben. Glauben Sie, dass Sie draußen

an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn Sie 105 Haushaltsanträge der FREIEN WÄHLER ablehnen? Können Sie das einem Bürger erklären? Dieses Vorgehen ist auch aus einem anderen Grund problematisch: Sie beleidigen damit fast 10 % der Wähler in Bayern, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben! Das sollten Sie einmal bedenken. Es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit und der Lebenserfahrung, dass 105 Haushaltsanträge von der Mehrheitsfraktion kompromisslos abgelehnt werden. Dies widerspricht dem gesunden Menschenverstand und ist eine Beleidigung für unsere Wähler. Das möchte ich an dieser Stelle einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Josef Zell- meier (CSU): Haben Sie diese 105 Anträge gegenfinanziert? Sie müssen sagen, wo das Geld dafür herkommen soll!)

- Wie machen Sie es denn bei Ihren Mehrungen? Sehen Sie sich einmal an, wie sich der Haushalt in den letzten Jahren entwickelt hat. Herr Zellmeier, ein Thema beschäftigt mich jeden Tag, nämlich das Thema Landesbank.

(Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Ist das Thema Landesbank auch im Gesundheitshaushalt abgebildet?)

- Ach Gott, schwatzen Sie doch nicht daneben! Verhalten Sie sich ruhig und hören Sie einmal zu! Ich habe immer das Gefühl, dass Sie dazwischenplärren, wenn Sie nervös werden. Sie lassen mich nicht einmal einen Gedanken zu Ende führen. – Herr Zellmeier, jeden Tag wird eine Million Euro an Steuergeldern für die Zinszahlungen für die Landesbank verbraten. Dort wollen wir das Geld hernehmen, um die sozialen Projekte zu finanzieren.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Diese ganz klare Auskunft gebe ich Ihnen. Sie können mich hier gar nicht in Verlegenheit bringen; dafür müssten Sie noch ein bisschen mehr lernen.

Vielen Dank an dieser Stelle, dass ich hier die Möglichkeit hatte, etwas ganz anderes zu sagen. Damit konnte ich ein Thema von gestern abarbeiten, das in der Bevölkerung draußen ganz anders ankommt. Glauben Sie mir das. Indem Sie 105 Anträge ablehnen, beleidigen Sie 10 % der Wählerschaft in Bayern. Das sollte Ihnen zu denken geben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Drei Themen, zu denen Anträge von uns abgelehnt worden sind, möchte ich hervorheben. Eines davon

bezieht sich auf alternative Wohnformen. Unsere Anträge hierzu sind leider abgelehnt worden. Sie wissen, es ist ganz wichtig, dass ältere Menschen in ihren eigenen vier Wänden leben. Das ist menschenwürdig, menschengerecht und auch billiger und für die Gesellschaft zielführender, im Alter in den eigenen Räumen leben zu können.

Das nächste Thema ist Demenz. Es ist vorhin schon angesprochen worden. Wir wissen aus medizinischen Studien, dass sich die Zahl der Demenzkranken in den nächsten Jahren verdoppeln wird. Hier gibt es ein riesiges Problem. Wir haben dazu ganz klare Vorschläge gemacht. Auch diese können wir mit der Million Euro finanzieren, die Sie jeden Tag wegen des Landesbankskandals verbraten. Daher kommt das Geld. Das sage ich ganz deutlich, damit es auch der Letzte mitbekommt.

Auch die ambulanten Pflegedienste sind sehr wichtig. In Bayern gibt es nur einen einzigen psychiatrischen Pflegedienst. Dieser psychiatrische Pflegedienst sitzt in München. Auch hieran wird wieder deutlich, wie unausgewogen das Verhältnis zwischen Nord und Süd in Bayern ist. Auch hier fordern wir gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern. – Diese Strukturen müssen geändert werden. Sie sind nicht mehr zeitgemäß und auch nicht mehr verfassungskonform.

Deswegen fordere ich Sie auf, über Ihr Abstimmungsverhalten nachzudenken. Denken Sie über Ihre Wirkung draußen im Lande nach! Denken Sie daran, dass auch vonseiten der Opposition sehr gute Vorschläge kommen! Denken Sie daran, dass Sie nicht ständig erhebliche Bevölkerungsteile in Bayern durch Ihre Verweigerungshaltung beleidigen können! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Herr Professor Bauer, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Herr Kollege Baumgärtner hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Ihr habt jetzt mehr Redezeit, da braucht ihr keine Zwischenbemerkung mehr!)

- Erst denken, dann sprechen.

(Beifall bei der CSU)

Guten Morgen, Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Eindruck könnte entstehen, dass die CSU Anträge nur deshalb ablehnt, weil sie von den

FREIEN WÄHLERN, der SPD oder den GRÜNEN kommen. Das weise ich in aller Deutlichkeit zurück.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Es ist aber trotzdem so! Das sieht ja ein Blinder, dass es so ist!)

Herr Bauer, ringen wir denn im Ausschuss für Gesundheit und Pflege nicht parteiübergreifend um gute Lösungen?

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Es geht jetzt um den Haushalt, oder? – Zurufe von der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Bitte, Herr Professor Bauer, Sie haben das Wort. Sie haben zwei Minuten für Ihre Antwort.

(Unruhe)

Ich bitte doch um etwas Ruhe. Das Wort hat Herr Professor Bauer.

Vielen Dank für die Zwischenfrage. Ich kann aus voller Überzeugung sagen: Dieser Eindruck trügt nicht, dieser Eindruck stimmt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön. – Bitte, Herr Holetschek.