Obwohl dieser Gesetzentwurf viele Artikel enthält, die gut gelungen sind und die Ziele der GRÜNEN widerspiegeln, zum Beispiel Artikel 5 zum Behandlungsund Vollzugsplan, gibt es doch auch Punkte, in denen der Gesetzentwurf zu unklar bleibt und nichts darüber aussagt, wie Grundrechte gewahrt werden müssen und von den Einrichtungen auch tatsächlich gewahrt werden können. Wir haben deshalb Artikel 13, in dem es um die Außenkontakte geht, und Artikel 51, in dem es um Maßregelvollzugsbeiräte geht, komplett überarbeitet und schlagen detaillierte Regelungen vor, zum Beispiel zu den Besuchen von Rechtsanwälten und zur Besuchskommission, und bitten darum, unsere Vorschläge ernsthaft zu prüfen und zu diskutieren.
Ein extrem wichtiger Punkt in diesem Gesetzentwurf ist die Regelung von Zwangsbehandlungen. Der Gesetzentwurf greift hier vieles auf, was in der Vergangenheit kritisiert wurde.
In einem Punkt sehe ich den Gesetzentwurf aber kritisch, nämlich was die Zwangsbehandlung zur Abwehr von Gefahren für Dritte anbelangt; das ist Artikel 6 Nummer 6. Ich verstehe die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes so, dass insbesondere bei Personen, deren Einwilligungsfähigkeit nicht aufgehoben ist, mit besonderen Sicherungsmaßnahmen reagiert werden muss, anstatt mit Zwangsmaßnahmen.
Ja. – Ich verweise in diesem Zusammenhang auch explizit auf die Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2013, die das genauso festgestellt hat. - Im Interesse der Betroffenen und im Interesse derer, die in und mit den Vollzugseinrichtungen arbeiten, sowie im Interesse der Allgemeinheit würde ich mich freuen, wenn wir diesen Gesetzentwurf tatsächlich weiterentwickeln könnten.
Danke schön. – Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Herzlichen Dank. Dann ist dies so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Stärkung der kommunalen Demokratie I Bildung und Besetzung kommunaler Ausschüsse und sonstiger kommunaler Gremien (Drs. 17/2218) - Zweite Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Stärkung der kommunalen Demokratie II Transparenz und Kontrolle von kommunalen Wirtschaftsunternehmen (Drs. 17/2219) - Zweite Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Stärkung der kommunalen Demokratie III Änderung des Sparkassengesetzes (Drs. 17/2220) - Zweite Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Jürgen Mistol u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Stärkung der kommunalen Demokratie IV Repräsentation in den Zweckverbänden (Drs. 17/2221) - Zweite Lesung
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach den neuen Regeln der Geschäftsordnung 96 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Ich bitte jetzt den ersten Redner zum Rednerpult, das ist Kollege Mistol.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Schon eine Woche vor Weihnachten, am 17. Dezember 2014, gab es für manchen eine doch recht unerwartete Bescherung. Das Verwaltungsgericht Regensburg fällte ein bemerkenswertes Urteil. Dieses Urteil ist Wasser auf unsere Mühlen und kam gerade noch rechtzeitig vor der heutigen Zweiten Lesung unseres Gesetzespakets zur Stärkung der kommunalen Demokratie; denn das Gericht hat sich mit einem altbekannten Problem befasst.
kommunaler Ausschüsse die angestrebte Spiegelbildlichkeit zum Stärkeverhältnis der im jeweiligen Kommunalgremium vertretenen Parteien sichergestellt wird. Das hat zur Folge, dass aufgrund bestehender Mehrheitsverhältnisse regelmäßig bzw. immer wieder auch das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt Anwendung findet, was letztlich zu massiven Verzerrungen und damit zu extremen Benachteiligungen insbesondere kleiner Parteien und Gruppierungen führen kann. Schließlich kann nach dem d’Hondt-Verfahren eine große Partei nicht nur den auf die nächste ganze Zahl nach oben gerundeten Sitzanspruch erhalten, sondern sogar einen oder mehrere Sitze darüber hinaus.
An dem Beispiel Rottal-Inn lässt sich das gut nachvollziehen. Bei der Kommunalwahl im Frühjahr 2014 konnte dort die CSU 46,9 % aller Stimmen erlangen und stellte damit im Kreistag 28 von 60 Kreisräten, also deutlich nicht die Mehrheit. Bei der Besetzung des Kreisausschusses kam die CSU hingegen auf sieben von zwölf Sitzen, was einem Anteil von 58 % entspricht. Kaum zu glauben, aber wahr: Möglich wurde dies durch die gültige Geschäftsordnung, die wiederum die Sitzverteilung nach dem d’Hondt-Verfahren zugrunde legt. Dieses Beispiel zeigt eindeutig, dass es durch die Anwendung dieses Höchstzahlverfahrens sowie über die Festlegung der Ausschussgröße zu groben Ungerechtigkeiten kommen kann.
Kolleginnen und Kollegen, das Festhalten an d’Hondt ist umso absurder angesichts der Tatsache, dass seit der Kommunalwahl 2014 auch die Sitze in den Kommunalparlamenten insgesamt nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren vergeben werden, was dem Stärkeverhältnis der vertretenen Parteien nun endlich gerecht wird. Auf Landesebene, das wissen wir alle, wurde d’Hondt unlängst ebenfalls abgeschafft, weil der Verfassungsgerichtshof diese Form der Auszählung für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Ausschüsse im Landtag werden mittlerweile nach dem Sainte-Laguë/Schepers-Verfahren besetzt. Daher ist es nur folgerichtig, lieber Kollege Heike, auf kommunaler Ebene analog zu verfahren.
Kolleginnen und Kollegen, wir Landtags-GRÜNEN haben das Problem der Verzerrung bei Sitzzuteilungen und die Benachteiligung kleinerer Gruppen längst erkannt. Die Forderung in diesem Gesetzentwurf bzw. in unseren Gesetzentwürfen ist daher nicht neu. Eine Änderung ist längst überfällig. Seit der letzten Kommunalwahl ist das aktueller denn je. Die Ausschussbesetzung hat vielerorts – ich hatte es bei der Ersten Lesung bereits erwähnt – für Unmut gesorgt. Zum
Beispiel ließ die Mehrheit im Kreistag Tirschenreuth den wichtigen Kreisausschuss nach d’Hondt besetzen und alle anderen Ausschüsse nach Hare-Niemeyer. Das hat dazu geführt, dass die GRÜNEN in diesem Kreisausschuss nicht vertreten sind, weil man sie dort nicht haben wollte, immerhin eine vierköpfige Fraktion, in den anderen Ausschüssen sind sie aber vertreten. Jetzt ist nach der Wahl. Aber wir werden ja wieder Wahlen haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, vielleicht gibt es ja nach der nächsten Wahl auf Ihrer Seite Bedarf, hier zu Änderungen zu kommen,
zumindest wenn es mit den Wahlergebnissen auf kommunaler Ebene weiterhin so bergab geht wie im letzten Jahr.
Vielleicht dankt Ihnen der Kollege Zellmeier nächste Woche, wenn Sie den Gesetzentwürfen zugestimmt haben, nachdem die Wahl in Geiselhöring stattgefunden hat und das Ergebnis bekannt ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wie Sie sehen, denken wir GRÜNE auch an Sie und Ihre Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker und wollen deshalb, dass die Sitzverteilung auch in kommunalen Ausschüssen künftig nach dem Verfahren Hare-Niemeyer oder Sainte-Lague¨/Schepers vorgenommen wird. Welches dieser beiden Verfahren im Einzelfall Anwendung findet, soll die Gemeinde oder das jeweilige Gremium vor Ort entscheiden. Auch zur Festlegung der Ausschussgröße soll mit unserem Gesetzentwurf ein Optimierungsgebot hinsichtlich der größtmöglichen Spiegelbildlichkeit eingefügt werden. Das ist übrigens kein Affront gegen die kommunale Selbstverwaltung, wie mir im Ausschuss gesagt worden ist, sondern das unterbindet einseitige Gestaltungsmöglichkeiten zulasten demokratischer Prinzipien.
Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNE wollen nicht nur das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen in den kommunalen Ausschüssen berücksichtigen, sondern auch die Spiegelbildlichkeit bei der Besetzung von Kontrollgremien kommunaler Wirtschaftsunternehmen gewährleisten. Sie wissen: Nach der Reformierung des kommunalen Wirtschaftsrechts haben die Kommunen hinsichtlich der Organisations
form ihrer Unternehmen weitgehend die freie Wahl. Während früher die Entscheidungen direkt in den zuständigen kommunalen Gremien gefällt wurden, sind heute die jeweiligen Aufsichts- und Verwaltungsräte maßgebend. Umso wichtiger ist es, dass auch dort der Wählerwille entsprechend abgebildet wird. Auch die zunehmende Verlagerung von kommunalen Kompetenzen auf Zweckverbände darf nicht dazu führen, dass die Minderheitsfraktionen der beteiligten Gebietskörperschaften keinerlei Einfluss mehr auf die betreffenden Bereiche ausüben können.
Zu Ihrem Argument, das bei der Beratung im Innenausschuss vorgebracht worden ist, dass bei der Besetzung von Gremien wie den Verwaltungsräten bei den Sparkassen fachliche Kriterien wichtiger seien als die Spiegelbildlichkeit, kann ich nur sagen: Eine Fraktion oder Wählergruppe ist doch nicht verpflichtet, eine Kreisrätin oder einen Stadtrat aus den eigenen Reihen zu benennen. Das wird in vielen Kommunalparlamenten manchmal anders gehandhabt, insbesondere wenn die im Sparkassengesetz geforderte besondere Wirtschafts- und Sachkunde nicht gegeben ist. Allerdings muss man sich schon das Sparkassengesetz einmal anschauen – dies nur nebenbei – und die Regel überprüfen, wonach der oder die Vorsitzende des Verwaltungsrates automatisch immer die Landrätin oder der Bürgermeister ist. Auch diese haben nicht immer ein Studium der Ökonomie oder der Juristerei absolviert oder wenigstens eine Ausbildung zum Sparkassenfachwirt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, bedenken Sie das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg zur Sitzverteilung im Kreistag Rottal-Inn. Das hat nach meiner Überzeugung wirklich Signalwirkung für die kommunale Demokratie. Ich bin der festen Überzeugung: Konsequenz muss eine entsprechende Konkretisierung der Kommunalgesetze sein, um derartige Ungerechtigkeiten künftig auszuschließen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier und heute haben Sie die Gelegenheit, in sich zu gehen, Ihr bisheriges Abstimmungsverhalten zu revidieren und unseren Gesetzentwürfen zuzustimmen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hohes Haus! Bei der Vorbereitung auf meinen Wortbeitrag musste ich an einen
meiner Lieblingsfilme, an eine wunderbare Filmkomödie, denken. Ich weiß nicht, wer von Ihnen den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" aus den Neunzigerjahren kennt.
Ein wunderschöner Film mit Bill Murray, der in einer Zeitschleife festsitzt: Jeden Morgen klingelt der Wecker, er wacht auf, und der gleiche Tag beginnt von vorne. Warum denke ich an meinen Lieblingsfilm? – Liebe GRÜNE, Sie stellen immer wieder die gleichen Anträge. Anscheinend klingelt auch bei Ihnen der Wecker morgens immer wieder.
Der erste Antrag kam – wir haben nachgeschaut – am 08.06.2000, dann der nächste zehn Jahre später am 24.02.2010 und dann der vorliegende im letzten Jahr am 04.06.2014. Als Kompliment muss ich Ihnen sagen: Die Überschrift "Gesetzentwurf zur Stärkung der kommunalen Demokratie" I bis IV klingt gut. Also gleich vier Fortsetzungsfolgen, die Sie hier drehen möchten. Allerdings ist das, was Sie hier verpacken, eindeutig eine Mogelpackung. Ich würde Ihnen den Titel "Gesetzentwurf für mehr Bürokratie und weniger kommunale Selbstverwaltung" ans Herz legen.
Das sind genau die Inhalte Ihrer Initiative. Herr Mistol, Sie haben es zwar wunderbar dargestellt, aber ich sage Ihnen ganz deutlich, weil Sie schon ganz viele Anträge in diese Richtung gestellt haben: Wenn man diese subsumiert, gibt es zwei ganz unterschiedliche Auffassungen. Wir als CSU stehen uneingeschränkt zum kommunalen Selbstverwaltungsrecht und zum Subsidiaritätsprinzip. Sie als GRÜNE möchten dieses kommunale Selbstverwaltungsrecht, das heißt, den Umfang dessen, was vor Ort entschieden werden kann, einschränken.