Ich bin d’accord: Wir müssen im Kosovo etwas tun. Auch diesbezüglich geht ausdrücklich der Dank an Frau Staatsministerin Merk, die sich im Kosovo gezeigt hat. Es ist nicht der Sinn der Sache, einem Kosovaren zu versprechen, dass er bei uns 1.500 Euro Begrüßungsgeld erhält. Das wird er niemals bekommen. Wir müssen von hier aus Zeichen geben, dass dies nicht stimmt. Das müssen wir nach Europa hinaustragen.
Auch diesbezüglich sind wir in Deutschland und in Bayern absolut Vorreiter und federführend. Ich glaube, wir können stolz sein.
Mit einem haben Sie recht, Frau Kamm: Wir müssen an Europa appellieren, dass insgesamt, also gesamteuropäisch, mehr getan wird.
Kommen wir zu den Aufnahmeprogrammen: Es gibt drei Bundesaufnahmeprogramme, zwei mit 5.000 und eines mit 10.000 Flüchtlingen. Das Bundesaufnahmeprogramm ist noch nicht abgeschlossen.
- Nein, es ist noch nicht abgeschlossen. Wenn die Anträge vorliegen, müssen wir es auch schaffen, die Leute zu uns ins Land zu bringen. Die Leute müssen im Libanon in die Botschaft. Der Bund hat alles dafür getan, dass die Bearbeitung der Anträge schneller vorangeht. Wir müssen die Leute aber auch in die Lage versetzen, zu uns zu kommen. Ich bin mir sicher, dass unser Innenminister, wenn das Bedürfnis wieder vorhanden ist, wenn die Botschaft wieder nachkommt, erneut darum kämpfen wird, dass es ein neues Bundesaufnahmeprogramm gibt.
In Ihrem Antrag fordern Sie auch Hilfe für die Menschen im Irak. Hierzu vertritt unser Bundesinnenminister – auch da bin ich völlig konform – die Auffassung, dass momentan die beste Hilfe, die wir geben können, im Irak selbst ansetzt, dass wir also im Irak helfen. Das ist absolut vorrangig. Ich bin mir auch sicher – glauben Sie mir: wir alle sind bei diesem Thema mit Herzblut dabei -, dass unsere Minister auf Bundesund Landesebene täglich kontrollieren, was zu tun ist.
Jetzt zum Thema Landesaufnahmeprogramme: Sie haben angesprochen, dass es in anderen Ländern Landesaufnahmeprogramme gibt. Diese laufen aber nicht gut. Es ist einfach sehr schwierig, für ein und dieselbe Personengruppe zwei unterschiedliche Programme zu installieren. Vor allem sind bei den Landesaufnahmeprogrammen die Anforderungen an die Leute, die kommen, wesentlich höher als beim Bundesaufnahmeprogramm.
Zunächst muss das 3. Bundesaufnahmeprogramm voll abgearbeitet werden. Wir müssen uns zunächst über den Kanal, den Weg, der zu uns führt, kümmern. Wir sollten zusehen, dass das Bundesaufnahmeprogramm möglichst schnell abgearbeitet wird. Dann können wir sicherlich über vieles reden. Ein Landesaufnahmeprogramm macht aber überhaupt keinen Sinn. – Frau Kamm, ich freue mich schon auf Ihre Zwischenbemerkung.
Bezüglich der Visumanträge müssen wir alles tun, dass es schneller geht. Dafür wird aber bereits vieles getan. Ich bitte um Respekt vor der Arbeit, die im
Bund geleistet wird. Es bringt nichts, wenn wir ein Kontingent einführen und dieses nachher nicht abwickeln können. Ich bitte Sie, weiterhin konstruktiv mit uns zusammenzuarbeiten. Respektieren Sie bitte, was getan wird. Wir sollten ein gemeinsames Zeichen nach außen geben, dass wir den Leuten helfen, die aus politischen Gründen verfolgt werden oder vor einem Krieg flüchten. Diesen Leuten wird in Bayern und in Deutschland geholfen. Wir tun uns leichter, wenn wir uns auf diese Menschen konzentrieren.
Ich hoffe, dass wir in diesem Parlament bei diesem Thema noch näher zusammenrücken. Wir von der CSU sind hier auf einem absolut richtigen Weg. Lassen Sie uns weiter helfen. -Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Bevor wir zur Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Kamm kommen, darf ich bekannt geben, dass die CSU-Fraktion zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. – Jetzt erteile ich Frau Kollegin Kamm zu einer Zwischenbemerkung das Wort.
Herr Kollege Straub, Sie haben gesagt, es wäre richtig, die humanitäre Hilfe vor Ort zu leisten. Ich glaube, das eine schließt das andere nicht aus. In Bayern leben über 7.000 Menschen, die Angehörige zu sich holen und sich um sie kümmern wollen. Diese 7.000 Menschen sind bislang zur Hälfte nicht in dem Bundesaufnahmeprogramm mit 20.000 Menschen untergekommen.
Es wäre doch eine humanitäre Geste zu sagen: Wir setzen das Programm fort. Das Bundesprogramm ist so weit abgearbeitet, dass 20.000 Einladungen ausgesprochen worden sind. Der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Herr Schmidt, hat gesagt, jetzt wäre es an der Zeit, dass sein Amt weiterarbeiten und dass ein Folgeprogramm aufgelegt werden sollte; ansonsten könnten derzeit auf dieser Basis keine weiteren Einladungen mehr ausgesprochen werden. Deswegen beantragen wir, dass dieses Programm fortgesetzt und dass ein bayerisches Aufnahmeprogramm geschaffen wird.
Die anderen Bundesländer haben insgesamt 8.600 Menschen über dieses Programm einreisen lassen. Wie gesagt: Hier handelt es sich um eine sichere Einreise. Bei dieser Einreise müssen sich die Menschen nicht auf das Mittelmeer begeben. Die große
Sehr geehrte Frau Kamm, humanitäre Gesten helfen den Syrern relativ wenig. Wir müssen den Menschen einen Weg zu uns ermöglichen. Wir müssen die Visa abarbeiten, damit die Menschen kommen können. Wenn die Menschen in Syrien auf der Liste eines Einladungsprogramms stehen, hilft ihnen das wenig. Die Leute müssen sich auf den Weg machen. Es hilft nichts, wenn ein Mensch in Syrien losreist, im Libanon an die Botschaft kommt und von dort nicht weiterreisen kann.
(Christine Kamm (GRÜNE): Die Menschen reisen zurzeit sowieso nur über die Türkei ein, weil das über den Libanon gar nicht mehr geht!)
Die Menschen müssen diesen Weg zurücklegen. Das können wir von Bayern aus nicht verhindern. Ich bin mir sicher, dass wieder ein Bundesaufnahmeprogramm kommen wird, wenn die Visa abgearbeitet sind. Das ist der Unterschied zu Ihnen: Wir von der CSU arbeiten nicht mit Gesten, sondern leisten eine konkrete Hilfe. Gesten helfen hier relativ wenig.
Vielen Dank, Herr Kollege Straub. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Pfaffmann für die SPD. Bitte sehr.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man sich die Debatte so anhört, glaubt man manchmal, man sei im falschen Film. Wir reden über Kontingente, über Visa und über Programme. In dieser Zeit, während wir fleißig diskutieren, steigen Menschen in Schlauchboote, begeben sich in Lebensgefahr und sterben im Mittelmeer. Das ist die bittere Wahrheit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Meinung, dass wir uns einig sind, dass wir helfen wollen. Es besteht gar kein Zweifel daran, dass es Programme gibt und dass die Bundesregierung ein Programm aufgelegt hat, das wir alle anschieben wollen. Aber diese ganze Diskussion erweckt immer wieder den Eindruck, als hätten wir damit unsere Pflicht und Schuldigkeit getan. Das ist eben nicht so.
Wir haben unsere Pflicht und Schuldigkeit nicht damit getan, dass wir ein Programm erfüllen und einer Quote zustimmen. Wir müssen beim Thema der humanitären Hilfe an unsere Grenzen gehen, an Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit. Wir müssen den
Menschen sagen: Ja, das kostet Geld und Kraft. Wir dürfen aber nicht sagen: Wir sind beim Bundesprogramm dabei und wollen vor Ort helfen; damit haben wir unsere Pflicht getan. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie haben Ihre Pflicht damit nicht getan!
Mit der Hilfe und der Pflichterfüllung ist es erst dann vorbei, wenn kein einziger Mensch mehr im Mittelmeer ersäuft. Dann haben wir unsere Pflicht erfüllt.
Lieber Herr Kollege Straub, mir erschließt es sich nicht, dass Sie sich im Rahmen einer solch wichtigen Debatte, wo es nicht nur um parteipolitische Auseinandersetzungen geht, sondern um lebensrettende Maßnahmen, hier herstellen und Ihnen über zwei Drittel Ihrer Rede nichts anderes einfällt, als die eigene Partei zu loben. Sie sollten sich schämen! Das ist doch keine Problemlösung, wenn man ständig darauf hinweist, wie gut man ist und was der Herr Innenminister alles gemacht hat.
Ja, vieles ist gemacht worden. Aber das Problem ist nicht gelöst. Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen würde ich gern den Weg einschlagen, den andere Bundesländer auch eingeschlagen haben. Wir sollten das nicht aus Jux und Dollerei tun, sondern deswegen, weil offenbar alle anderen Bundesländer erkannt haben, dass neben dem Bundesprogramm auch Länderinitiativen erforderlich sind, um Leben zu retten. Wir reden hier nicht über Asylpolitik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sprechen über lebensrettende Maßnahmen, nicht mehr und nicht weniger. Wir haben heute viel über Humanität und über Hilfe gehört. Wenn wir das ernst meinen, dann müssen wir auch ernst machen. Bei einem Land, das von der Staatsregierung immer als das beste, das schönste und das überwältigendste und reichste bezeichnet wird, können wir erwarten, dass es in der Frage der Humanität zum ebenfalls besten Land wird. Genau das wollen Sie aber nicht. Das erschließt sich mir nicht.
Ich appelliere an alle Verantwortlichen, sich bei diesem Thema nicht auf eine formale Debatte über Kontingente, über Visa oder über die Botschaft in Beirut zu beschränken, sondern sich von dem Gedanken leiten zu lassen, dass auch Bayern einen Beitrag im Rahmen der humanitären lebensrettenden Hilfe leisten kann. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns doch einig: Dieses Thema wird uns die nächsten
Jahre begleiten. Oder glaubt jemand im Ernst, dass die kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien oder im Irak morgen vorbei sein werden? Sie werden auch nicht mit dem 3. Aufnahmeprogramm vorbei sein. Ich bin auch der Meinung, dass die Regierung in der kriegerischen Auseinandersetzung gegen Terrorbanden vor Ort durchaus richtig handelt. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist aber die humanitäre Katastrophe, die aus dem Vorgehen der Terrorbanden erwächst. Wir müssen daran mitwirken, die Folgen zu beseitigen. Dabei reicht es nicht, auf Bundesprogramme hinzuweisen. Ich erwarte hier auch ein humanitäres Zeichen aus Bayern. Vielleicht können Sie sich da einen Ruck geben. Was vergeben Sie sich denn schon, liebe Kolleginnen und Kollegen? Was ist denn so schlimm daran, einfach mal zu sagen: Jawohl, wir meinen es mit humanitärer, lebensrettender Hilfe ernst und legen wie alle anderen Bundesländer ein bayerisches Programm auf? – Das wäre Regierungsgröße. Eine Ablehnung dieses Antrags ist keine Größe, sondern letztendlich Versagen.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier wirklich darum, dass Bayern Größe zeigen sollte und könnte; denn wie richtig gesagt wurde: Das Problem ist nicht gelöst. Es geht hier nicht um irgendwelche Wirtschaftsflüchtlinge, sondern es geht um Menschen, deren Leib und Leben gefährdet sind, die bedroht sind und die aus Ländern fliehen, in denen ein schrecklicher Krieg herrscht.
Wir redeten heute Vormittag in der Aktuellen Stunde darüber, wie schön Bayern ist. Bayern sei die Vorstufe zum Paradies. Auf gut lateinisch wird dies "Purgatorium" genannt. Meine Damen und Herren, gleichzeitig trifft über den Ticker die Meldung ein, dass in Nordsyrien über 350 Christen vom IS aus ihren Dörfern verschleppt worden sind. Was mit diesen Menschen passiert, können wir uns lebhaft vorstellen. Vielleicht können wir es uns sogar nicht vorstellen, weil es so grausam ist.
Nun geht es darum, dass Bayern als letztes Bundesland ein Aufnahmeprogramm auflegen soll, um einen Familiennachzug zu regeln. Es geht nur darum, dass Flüchtlinge aus Anrainerstaaten von Syrien, die sich dort in Flüchtlingscamps aufhalten, nach Bayern kommen können, wenn sie hier Verwandte haben. Darum
geht es, um nicht mehr. Es geht darum, dass wir diesen Menschen die Möglichkeit bieten, wieder zusammenzukommen.
Ich verstehe wirklich nicht, was daran so schwer sein soll, wenn doch alle anderen Bundesländer in der Bundesrepublik Deutschland diese Möglichkeit gewähren und wenn das auch von der Bundesregierung und dem Bundesrat so gewünscht ist. Warum sperren wir uns dagegen? – Das konnte mir bis jetzt keiner von Ihnen sagen. Was ist daran so schwierig? - In Bayern gibt es 7.000 Syrer, deren Familien in Flüchtlingslagern leben. Warum können wir sie nicht nachziehen lassen? Können Sie nicht verstehen, was in diesen Menschen vor sich geht, deren Familien getrennt sind? – Es geht um Kinder, um Mütter, um Väter und um Geschwister. Können wir sie nicht hierherkommen lassen? – Entsprechend den Auflagen müssten im Grunde die Verwandten für ihre Lebenshaltung sorgen. Sie fallen uns dann also nicht einmal zur Last. Es geht nur darum, die Möglichkeiten auszuschöpfen, die wir in Bayern haben und die auch andere Bundesländer ausschöpfen. Vor diesem Hintergrund kann ich die Haltung der CSU-Fraktion nicht verstehen.