Lieber Martin Neumeyer, ich freue mich auch. Ich bin noch nicht allzu lange Mitglied dieses Hohen Hauses. In der ersten Sitzung, bei der ich dich erleben durfte, hast du gesagt: Wir brauchen ein Integrationsgesetz. Bei der zweiten Sitzung hast du dann gesagt, dass man mit Gesetzen nichts regeln kann, und schon gar nicht die Integration; diese müsse man leben. Hierfür gibt es genügend Zitate.
Dass du dich jetzt hier hinstellst – und das freut mich wirklich sehr – und sagst, wir bräuchten ein Integrationsgesetz, ist sehr erfreulich. Ich mache dir und Ihnen, lieber Herr Ministerpräsident, im Namen der SPD-Fraktion noch einmal das ehrliche Angebot, das mein Fraktionschef noch einmal wiederholt hat: Lassen Sie uns gemeinsam ein Integrationsgesetz schreiben, das vielleicht für uns alle in diesem Hohen Hause tragbar ist, weil es dabei nicht nur um irgendwelche parteipolitischen Taktiken geht, sondern um die Zukunft, um das gute Zusammenleben hier in Bayern.
Du, lieber Martin, hast die Gleichberechtigung angesprochen. Dabei muss man bedenken, dass auch auf die muslimischen Gemeinden hier in Bayern eine große Aufgabe zukommt. Ich gebe ein kleines Beispiel aus Nürnberg. In der DITIB-Moschee befinden sich an einem Freitag circa 2.000 Menschen; an einem Freitag, auf den ein Feiertag fällt, sind es sogar 7.000 Gläubige.
Diese Moschee wird gemanagt von rein Ehrenamtlichen, die nicht das Glück haben, dass ihre Arbeitszeit zwischen 08.00 Uhr und 16.00 Uhr liegt, sondern die in Schichten arbeiten müssen. Es sind gefühlte 150 Polizistinnen und Polizisten, die am Tag durch diese Moschee geführt werden, gefühlte 20 Schulklassen, die jeden Tag diese Moschee besuchen. Das machen die Mitarbeiter alles ehrenamtlich. Sie bekommen keinen Cent von der Stadt und keinen Cent vom Land.
Wir müssen bedenken, dass auch auf diese Gemeinden große Herausforderungen zukommen. Lassen Sie uns gemeinsam den Weg gehen, mit diesen Gruppen einen Staatsvertrag abzuschließen, damit auch diese Institutionen eine vernünftige Förderung erhalten können.
Gute Moscheen bieten die Riesenchance, dass sie den Wertekanon, der in Deutschland gilt, verbreiten und in ihrer Gemeinde unterbringen können. Ich halte es für wichtig, die Moscheen noch stärker einzubinden, weil wir sie brauchen. Wir brauchen zwar nicht jede Moschee, aber die vernünftigen Moscheen, und das ist ein sehr wichtiger Aspekt.
Integration – Gesetz hin, Gesetz her – muss immer gelebt werden. Das ist entscheidend. Papier ist geduldig, aber entscheidend ist, was man aus diesem Papier, aus diesem Gesetz macht, und das liegt an uns allen.
Ich denke deshalb, das ist jetzt der richtige Weg. Lassen Sie uns gemeinsam für Deutschland, für Bayern vernünftige Gespräche führen.
Vielen Dank. – Jetzt darf ich für die CSU-Fraktion Herrn Kollegen Zellmeier das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Große nationale Herausforderungen erfordern auch einen großen, nationalen, parteiübergreifenden Konsens. So war es bei der letzten Flüchtlingskrise im Jahr 1992, und damals hatten wir nur knapp die Hälfte oder vielleicht auch nur ein Drittel der Zahlen, die wir heute verzeichnen. Damals, 1992, hat die SPD als die große Oppositionspartei im Deutschen Bundestag aus ihrer Oppositionsrolle heraus Verantwortung übernommen und massive Änderungen der damaligen Asylgesetzgebung und sogar des Grundgesetzes mitgetragen. Die Krise wurde schnell bewältigt, das Problem gelöst. Die Menschen waren mit ihrer Demokratie, mit ihrem Parteiensystem wieder zufrieden.
Heute, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sind Sie in Berlin Regierungspartei und zeichnen sich dort nicht durch Handlungsbereitschaft, sondern nur durch Verzögerungstaktik aus. Wenn das 1992, als Sie in der Opposition waren, schon so gewesen wäre, hätten wir die Probleme damals nie in den Griff bekommen.
Alle Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden, wurden von der CSU, von der Staatsregierung, frühzeitig vorgeschlagen. Leider kommen sie jetzt erst sehr spät, und das mindert natürlich oftmals ihre Wirkung; denn je größer das Problem, umso schwieriger und schwer
gewichtiger sind die Maßnahmen. Wir hätten eher handeln müssen, wie es die CSU gefordert hat, dann hätten wir uns einiges von dem erspart, was jetzt auf uns zugekommen ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vorausschauende Politik sieht anders aus als die Politik der SPD in diesem Hohen Haus.
Es ist auch nicht ausreichend, wenn Ihre Vormänner Gabriel und Oppermann jetzt von Begrenzung sprechen, aber keine vernünftigen Vorschläge bringen. Was Sie zurzeit tun, ist nur eine Beschwichtigungstaktik gegenüber den eigenen Mitgliedern und gegenüber Ihren eigenen Anhängern, die mittlerweile nervös werden, weil sie merken, dass die Dinge aus dem Ruder laufen.
Die Rede des Herrn Kollegen Rinderspacher hat wieder einmal bewiesen: Die SPD hat in Bayern nichts zu sagen, nicht nur deswegen, weil sie keine große Unterstützung in der Bevölkerung hat, sondern weil sie auch inhaltlich nichts sagt. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie noch von den Zeiten schwärmen, als die Bayern-SPD einmal 20 % der Wählerstimmen erreicht hat.
In Sachsen-Anhalt laufen Ihnen ja schon die Kommunalpolitiker davon. In Sachsen-Anhalt tritt der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt aus Ihrer Partei aus. Er sagt, er lasse sich den Mund nicht verbieten. Er bezeichnet die Politik der SPD-Spitzenkandidaten als völlig realitätsfern. Ihr Ex-Oberbürgermeister Trümper hatte bei der letzten OB-Wahl immerhin rund 70 % der Wählerstimmen. Er ist also ein Mann, der nah an der Basis ist und offensichtlich vor Ort die richtigen Lösungen gefunden hat. Er hat jetzt die Konsequenz gezogen aus dem Versagen der SPD in der Flüchtlingsthematik.
Ich weiß schon, diese Feststellung tut weh, aber Sie werden damit leben müssen, dass die CSU die kleinen Leute vertritt. Wir sind im Übrigen auch stolz darauf, die kleinen Leute zu vertreten und die Sorgen und Nöte der Menschen aufzugreifen, anstatt herumzutaktieren und Probleme zu verschieben.
Wenn Sie - das gilt übrigens auch für die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN – in der Flüchtlingspolitik auf die Höhe der Zeit kommen wollen, empfehle ich Ihnen: Lesen Sie unsere Dringlichkeitsanträge, die wir vor einem halben Jahr eingebracht haben. Sie wissen dann, was jetzt angesagt ist und was jetzt umgesetzt wird und werden muss. Dann Sie wieder up to date.
Im Übrigen gibt es auch Dinge, die mich persönlich ärgern. Herr Kollege Taşdelen hat in der letzten Plenarsitzung behauptet, die CSU hätte schon immer auf Kosten von ausländischen Mitbürgern Stimmung gemacht, und hat einige Beispiele genannt, die völlig daneben waren – Gastarbeiter, Russland-Deutsche. Herr Kollege Taşdelen, etwas Nachhilfe – ich habe es Ihnen schon persönlich gesagt, möchte es aber an dieser Stelle noch einmal betonen -: Der Anwerbestopp ist von der SPD-Regierung 1973 verkündet worden. Damals hat die CDU/CSU nicht regiert.
Die Russland-Deutschen wurden von uns aufgenommen, Sie waren damals skeptisch und dagegen. In der gleichen Zeit haben wir über 200.000 jüdische Kontingentflüchtlinge aufgenommen – alles unter CDU/CSU-Regierung, mit dem Einverständnis der CSU - sowieso wie eine halbe Million Flüchtlinge aus dem Bosnienkrieg.
Hier auch noch ein Hinweis: Sie verschweigen vielen Flüchtlingen, dass Flüchtlingsstatus Aufenthalt auf Zeit bedeutet. Viele der damaligen Flüchtlinge mussten zurückgehen. Das muss man auch denen sagen, die jetzt ihre Zelte in sicher schwierigen Verhältnissen abbrechen in der Meinung, dass sie in Deutschland auf Dauer eine gute Zukunft haben. Viele werden nach dem Ende der Kriegshandlungen zurückkehren müssen. Wenn sie das wirklich realisieren und wissen, müssen sie gut überlegen, ob sie sich in ein völlig überfülltes Aufnahmelager begeben und damit vielleicht eine schlechtere Variante wählen wollen, als sie bisher hatten – die meisten kommen auch nicht direkt aus dem Kriegsgebiet, sondern aus sicheren Drittstaaten oder über viele Zwischenstationen.
Ähnliches gilt für die Politik der GRÜNEN, und hier ist es noch wesentlich schlimmer: Noch vor wenigen Monaten haben Sie in diesem Haus gefordert, wir sollten Millionen Roma aus den Balkanstaaten wegen der dort unstrittig vorhandenen Diskriminierung aufnehmen. Heute stimmen Sie im Bundesrat der Erweiterung der sicheren Drittstaaten um genau diese Balkanstaaten zu. Wieso so spät? Warum nicht eher? Warum immer so weltfremde Forderungen, die kein Mensch ernst nimmt und die Bevölkerung nur beunru
higen, anstatt mehr Sicherheit zu bringen? Wo besteht die Kooperationsbereitschaft, die Sie immer ankündigen? Nur bei der Integration? Warum nicht auch bei der Begrenzung der Zuwanderung?
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Durchhalteparolen sind keine Lösung, und mehr haben Sie uns nicht zu bieten. Die einzige Partei, die durchdachte Lösungen anbietet, ist die CSU. Manchmal sind es auch nur Lösungsansätze; denn nicht alles lässt sich im Vorhinein einschätzen. Sie werden aber sehen, die Geschichte wird uns auch hier Recht geben, weil wir die richtigen Wege beschreiten.
Die CSU steht aber für beide Seiten der Medaille. Der Herr Kollege Neumeyer hat es gerade treffend ausgeführt: Wir sind auch die Partei der gelingenden Integration, und darauf sind wir stolz. Wir haben keine Situation wie in Teilen Berlins und anderen deutschen Großstädten, in denen es ghettoartige Regionen mit entsprechenden negativen Erscheinungen gibt. – Herr Buschkowsky in Berlin ist ein gutes Beispiel dafür; er hat das ja immer kritisiert. – Das gibt es bei uns in Bayern nicht, und das wollen wir auch nicht. Wir treten deshalb für eine deutliche Reduzierung der Zuwanderung ein.
Ein freies Europa ohne Grenzen basiert auf der Abtretung von Kompetenzen der Nationalstaaten an die Europäische Union – Schengen, Grenzsicherung, Außengrenzsicherung, wie es Spanien, aber auch Ungarn macht, das in dieser Frage, wenn es um Grenzsicherung geht, mit Sicherheit die Verträge besser einhält als andere europäische Staaten. Im Übrigen haben die Nationalstaaten noch lange nicht deswegen ausgedient, weil sie Kompetenzen an die Europäische Union übertragen, bei der die Kompetenzen zum Teil besser aufgehoben sind; bei Schengen, Dublin II und Dublin III ist dies ja offensichtlich derzeit nicht der Fall.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein paar letzte Worte zu den FREIEN WÄHLERN: Lieber Herr Kollege Aiwanger, eure Politik ist durch ein außerordentliches Zickzack gekennzeichnet. Ich kenne das Schreiben -
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Aus eurer Wahrnehmung fahren wir im Zickzack! Wir stehen! Ihr fahrt im Zickzack!)
- Das ist für deinen Blutdruck nicht gut, ganz ruhig. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄH
LER, Sie kennen doch alle das Schreiben der FREIEN WÄHLER Unterfranken, die noch vor wenigen Wochen den Untergliederungen mitgeteilt haben, sich doch in Flüchtlingslagern zu engagieren
und durch persönliche Präsenz Bekanntheit zu erlangen. Sie versuchen nicht, die Probleme zu lösen, sondern wollen auf Kosten der Flüchtlinge Bekanntheit erlangen.
Herr Kollege Dr. Fahn hat das unterschrieben. Das können Sie nicht leugnen. Der Brief liegt uns doch vor.
Vor wenigen Monaten hat Kollegin Schmidt die schlechte Unterbringung der Flüchtlinge kritisiert. Sie hat gesagt: Wenn das in den Jahren 1945 und 1946 auch so gewesen wäre, wären die Heimatvertriebenen aus Empörung über die Unterbringung einfach wieder zurückgegangen. - Das ist eine Geschichtsverfälschung sondergleichen. Damals konnte niemand zurückkehren, obwohl eigentlich alle zurückkehren wollten.
Das gilt ebenso für die Vergleiche des Herrn Kollegen Rinderspacher. Diese hatten auch mit dem Thema "Vertreibung und Flucht in der Nachkriegszeit" zu tun. Deutschland hat damals den Krieg verursacht und ihn verloren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit hat es die Vertreibung ermöglicht. Das sage ich Ihnen jetzt einmal sehr deutlich.
Dafür haben wir die Konsequenzen getragen. Unser Land war zerstört. Niemand wäre aus wirtschaftlichen Gründen zu uns gekommen. Diese Vergleiche verbieten sich, weil sie schief und falsch sind. Erlaubt und richtig ist, die Konsequenz zu ziehen, Flucht und Vertreibung zu ächten und Flüchtlingen zu helfen, soweit das in den Grenzen unseres Staates möglich ist.