Protokoll der Sitzung vom 12.11.2015

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Also: Nicht lange warten, sondern machen. Es sind aber noch viele Fragen offen. Man hat eine Härtefallschwelle vorgesehen. Dabei werden die Kosten in der Vergangenheit und die Kosten in der Zukunft durch die Einwohnerzahl dividiert und mit einem Demografiefaktor versehen. Die Kosten der vergangenen 20 Jahre sind aber bei vielen Kommunen gering, weil sie aufgrund ihrer prekären Haushaltssituation eben nicht sanieren konnten. Die Zukunft mit fünf Jahren anzusetzen, ist wiederum zu kurz gesprungen. Den Sanierungsstau kann man in fünf Jahren nicht bewältigen. Von den Kommunen verlangt man aber dennoch zuverlässige Aussagen. Die geringen Kosten haben natürlich auch dazu geführt, dass die Gebühren relativ niedrig waren; denn die Gemeinden sind von der Kostendeckung ausgegangen. Sie konnten

somit auch keine Rücklagen bilden. Nun stehen viele mit leeren Taschen, kaputten Abwasserleitungen und kaputten Wasserleitungen da. Einen Zukunftszeitraum von fünf Jahren sollte man als zu kurz ansehen und stattdessen auf zehn Jahre gehen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auch soll die Gewichtung der Zukunftsinvestitionen auf 1,5 erhöht werden.

Dass die Trennung in Wasser und Abwasser nicht sinnvoll ist, zeigt sich allein daran, dass viele Gemeinden in Zweckverbänden arbeiten. Eine Mindestgebühr für Wasser und Abwasser festzusetzen, halte ich für problematisch; denn was in Hallbergmoos bezahlbar ist, ist in der Oberpfalz und in Oberfranken manchmal ein sehr hoher Preis. Kann es denn ein K.o.-Kriterium sein, wenn eine Gemeinde nicht in einem Raum mit besonderem Handlungsbedarf liegt? – Auch hier lautet die Antwort: Nein. Es gibt nämlich viele Gemeinden, die offensichtlich Kläranlagen errichtet haben, die schon bei der Herstellung veraltet waren. Ich denke hier an die "Deichkläranlagen" – Entschuldigung, wir sind hier in Bayern und sprechen hochdeutsch –, an die Teichkläranlagen in Unterfranken.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CSU)

Wir sind des Hochdeutschen durchaus mächtig. – Noch offen ist, was mit den Brunnen passiert. Es ist eine Schande, dass im Bayerischen Wald Wasser zugefahren werden muss, weil die Brunnen versiegen. Die Aufbereitung des Wassers ist aufgrund technischer Anforderungen aufwändiger. Es ist auch nicht klar, wie die Fördermodalitäten aussehen. Sind sie allein mengenabhängig? Richten sie sich nach einem Festbetrag? Über den Fördersatz haben wir noch gar nicht gesprochen.

Viele Petitionen, die in den letzten Wochen im Kommunal- und Innenausschuss und im Umwelt- und Verbraucherausschuss behandelt wurden, zeugen davon, dass die Bürgerinnen und Bürger Antworten auf ihre Fragen haben wollen und mit der derzeitigen Lösung nicht einverstanden sind. Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister befürchten aber auch Ungerechtigkeiten untereinander. Es besteht also ein erheblicher Klärungsbedarf. Diese Klärung sollten wir jetzt vorab erreichen.

Ich höre immer wieder: Na ja, das ist eine Probephase. Wenn ich mir die wilde Entschlossenheit der CSUFraktion ansehe – zwar nicht in diesem Moment, wo alle hier im Ruhemodus sind –, gehe ich davon aus, dass man diese Regelung mit aller Gewalt durchpeitschen wird. Wenn das in einer solchen Form durchgepeitscht wird, glaube ich, dass ich meine Unterlagen

nicht allzu weit weglegen sollte; denn in wenigen Monaten werden wir erneut darüber diskutieren, und zwar nicht nur über den zur Verfügung gestellten Betrag, Herr Vorsitzender des Haushaltsausschusses, sondern man wird über höhere Beträge sprechen müssen. Lassen Sie uns das Problem zügig angehen.

Ich bedanke mich für die rege "Wachsamkeit im Plenum" und schließe meinen Redebeitrag.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Adelt. – Nächste Rednerin ist Kollegin Steinberger. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Ein vom Bayerischen Landesamt für Umwelt in Auftrag gegebener Bericht zum Zustand der bayerischen Kanäle aus dem Jahr 2008 bestätigt, dass 15,7 % aller Kanäle einen kurz- und mittelfristigen Sanierungsbedarf aufweisen. Ein Drittel aller Abwasserkanäle wurde vor 1970 errichtet. Der Zahn der Zeit hat dort natürlich Spuren hinterlassen. Der Gesamtsanierungsbedarf für Trinkwasser- und Abwasserleitungen beläuft sich nach Schätzungen des Umweltministeriums auf 1,2 Milliarden Euro im Jahr.

Grundsätzlich sind solche Maßnahmen durch die Erhebung von Gebühren und Beiträgen zu finanzieren, zumal sich die Abwasserkosten in Bayern im Ländervergleich ohnehin auf niedrigem Niveau bewegen. Doch der demografische Wandel wirkt sich auch unmittelbar auf die Infrastruktur aus. So führt der starke Bevölkerungsrückgang in Teilen Bayerns dazu, dass dringend notwendige Erneuerungs- und Sanierungsmaßnahmen in die Zukunft verschoben werden, weil diese sonst mit einem unzumutbaren Anstieg der Kosten für die Gebietskörperschaften sowie für die Bürgerinnen und Bürger verbunden wären. Eine Härtefallregelung zur Förderung betroffener Kommunen ist aber nicht nur aus Kostengründen, sondern auch zum Schutz von Umwelt und Gesundheit unerlässlich; denn Schäden an der kommunalen Infrastruktur bedrohen zum einen die Trinkwasserqualität und zum anderen die Entsorgungssicherheit. Das Umweltministerium hat bereits verschiedene Möglichkeiten zur Unterstützung in Härtefällen geprüft und unter bestimmten Voraussetzungen für gut erachtet. Der Bericht, der dazu im Innenausschuss vorgetragen wurde, war deshalb Anlass für die Anträge der Oppositionsparteien. Sie sollten der Notwendigkeit einer entsprechenden Regelung Nachdruck verleihen, zumal der Vertreter des Ministeriums erkennen ließ, dass er auf eine Initiative von politischer Seite warte, um weiter tätig werden zu können. Das machen wir

hiermit. Umso unverständlicher ist es aber, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, unsere Anträge abgelehnt haben und sich schlichtweg darauf verlassen, dass die Richtlinien schon rechtzeitig angepasst werden.

Die Ersterschließung ist nahezu abgeschlossen. Nachdem die derzeitige Förderung zum Ende des Jahres ausläuft, ist ein Übergang der Ersterschließung hin zum Substanzerhalt und zur Sanierung dringend notwendig. Dafür müssen die Richtlinien für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben – RZWas - schnellstmöglich angepasst werden, und im Haushalt müssen ausreichend Mittel bereitstehen. Laut Staatsregierung ist für 2016 ein Fördervolumen von 30 Millionen Euro vorgesehen, womit etwa 10 % der Gemeinden erreicht werden könnten. Die Zweckbestimmung ist im Haushaltsrecht bereits geändert worden. Für uns GRÜNE ist letztendlich entscheidend, dass die Förderung nicht mit der Gießkanne verteilt wird, sondern die Förderkriterien insbesondere den strukturschwachen und vom Bevölkerungsrückgang stark betroffenen Gemeinden gerecht werden. Das sollte im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden erfolgen. Außerdem sollte die Förderung für einen ausreichend langen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden, um den Bedarf angemessen zu decken.

Entscheidend ist für uns auch, dass die Fördermittel im Rahmen des Finanzausgleichsgesetzes - FAG nicht nur von der linken in die rechte Tasche geschoben werden, weil dann möglicherweise an anderer Stelle die Mittel fehlen. Alles in allem: Wir stimmen heute den drei Anträgen zu, damit betroffene Kommunen endlich Planungssicherheit erhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Steinberger. - Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Kraus. Bitte, Herr Kraus.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der 12. November, und wenn man nachrechnet, dann stellt man fest: Es sind nur noch 49 Tage bis Silvester beziehungsweise bis zum 1. Januar, und dann läuft die bestehende RZWas aus, also das Förderprogramm für den Bau von Wasserversorgungen und Abwasseranlagen. Die Richtlinie läuft also heute in 49 Tagen aus. Wie geht es weiter? Was kommt nach diesen 49 Tagen? – Wir wissen es nicht. Vielleicht weiß es die Staatsregierung, aber sie sagt uns bis jetzt nichts, zumindest noch nicht. Damit kann man leben, das sind wir als Opposition gewohnt, wir erfahren wenig. Wer aber gar nicht damit leben kann, das

sind die Kommunen, das sind unsere kommunalen Parlamente draußen und unsere Bürgerinnen und Bürger vor Ort, die in Ungewissheit gelassen werden.

Es wurde schon erwähnt: Über 16 % unserer Abwasserkanäle sind dringend sanierungsbedürftig. Wenn etwas sanierungsbedürftig ist, dann ist doch ganz klar, je länger man wartet, umso teurer wird es. Was ist das Resultat der undichten Kanäle? – Unsere Umwelt leidet darunter, vor allem unser Trinkwasser leidet darunter. Das kann doch wirklich nicht in unserem Sinne sein. Wenn wir eine Schwachstelle haben und wir wissen, dass es diese gibt, dann kann es doch nicht sein, dass wir uns nicht darum kümmern hier im Bayerischen Landtag. Zahlreiche Gemeinden hätten Überlegungen, sie hätten Pläne, Ausschreibungen und geeignete Baufirmen, aber sie machen nichts, weil sie nicht wissen, wie es nach dem 1. Januar 2016 weitergeht.

Im Frühjahr, genau genommen im April dieses Jahres, wurde uns vom Umweltministerium ein Papier vorgestellt, in dem einiges drinsteht. Vor der Sommerpause – und genau darauf bezieht sich unser Antrag – haben wir darüber gesprochen, dass dieses neue Förderprogramm im Januar in Kraft treten soll, und zwar nicht nur für die Erstanschlüsse, sondern auch für die Sanierungen, bei denen es eben diese Probleme gibt.

Der zweite Teil unseres Antrags bezieht sich ebenfalls darauf, was in 49 Tagen beginnt. Das ist eigentlich gar nicht mehr erreichbar, weil wir bis jetzt keine Informationen haben. Jeder weiß, dass Weihnachten am 24. Dezember ist, aber einen Tag vorher ist man total überrascht, dass schon wieder Weihnachten ist. So ähnlich kommt es mir auch bei diesem Programm vor: Seit Monaten reden wir darüber. In 49 Tagen läuft die Regelung aus, aber wir machen uns keine Gedanken darüber, was dann los ist. Dabei reden wir momentan nur von den öffentlichen Abwasserkanälen. Die SPD hat Zahlen aus einer Studie vorgelegt, wonach das private Netz in noch viel schlechterem Zustand ist. Im Moment wird darüber noch gar nicht diskutiert, aber dieses Netz ist doppelt so lang wie das öffentliche Netz, nämlich geschätzte 190.000 Kilometer. Diese Zahl muss man sich schon einmal vorstellen. Es wird von Mängeln bis zu 80 % gesprochen. Wir aber haben uns darüber noch keine Gedanken gemacht. Die öffentliche Hand, der Staat muss bei seinem Netz mit gutem Beispiel vorangehen. Warum sollen wir etwas von den Privaten verlangen oder fordern, was wir selbst nicht tun?

Ich habe schon die Mitglieder des Umweltausschusses darauf hingewiesen. Der Umweltausschuss hat eine Informationsfahrt zur Internationalen Fachmesse für Abwassertechnik – IFAT – gemacht.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir waren an den Ständen von Spezialfirmen, die sich mit diesem Thema befassen. Warum befassen die sich wohl damit? – Ganz klar deshalb, weil es sich um einen riesigen zukunftsträchtigen Markt handelt. Alle Mitglieder des Umweltausschusses werden sich noch daran erinnern, wie schockiert wir von den Kamerabildern waren, die zeigten, wie die Kanäle bei uns aussehen.

Wie im Protokoll nachzulesen ist, hat Herr Kollege Flierl in der Sitzung am 01.10.2015 gemeint, er sei sich sehr sicher, dass die Richtlinien rechtzeitig vorgelegt würden, damit sie am 1. Januar 2016 in Kraft treten können. - Ich weiß bisher nichts davon, aber der 1. Januar ist schon in 49 Tagen. Wir sprechen doch hier nicht für uns, sondern wir sprechen hier im Bayerischen Landtag für unsere Kommunen, für die Bürgermeister, für die Bürgerinnen und Bürger und für den Schutz unseres Trinkwassers und der Natur. Das ist uns ganz wichtig, und deshalb kann ich nur noch einmal um die Zustimmung zu unserem Antrag bitten.

Die Inhalte des Antrags sind gut, vielleicht hat man hinsichtlich des Vorgehens unterschiedliche Vorstellungen. Das Ziel ist doch das gleiche, wenn auch die Wege vielleicht unterschiedlich sind. Wir jedenfalls stimmen den Anträgen von SPD und GRÜNEN zu. Ich bitte die CSU, dass Sie allen drei Anträgen zustimmt, weil es um eines der wertvollsten Güter überhaupt geht, nämlich um unser Trinkwasser. Ich danke für die einigermaßen mäßige Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kraus. - Nächster Redner ist Herr Kollege Flierl. Bitte schön.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die heute vorliegenden Anträge der Opposition sind von ihrem Inhalt her obsolet. Sie gehen ganz klar ins Leere. Es sind darin überhaupt keine wesentlichen Forderungen enthalten, auf die nicht bereits Maßnahmen eingeleitet oder aufgenommen worden wären. Es ist nichts Neues enthalten; denn letzten Endes ist alles abgeschrieben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, auch bei diesem Thema hinken Sie wieder deutlich hinterher, wie so oft, wenn es um die Unterstützung des ländlichen Raumes geht.

(Thomas Kreuzer (CSU): Bravo! – Lachen bei der SPD – Harry Scheuenstuhl (SPD): Das darf doch nicht wahr sein! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich darf Ihnen in Erinnerung rufen, dass der Bericht der Staatsregierung vom 13.04.2015 auf einer Initiative der CSU-Fraktion beruht, nämlich auf unserem Dringlichkeitsantrag vom 26.06.2014.

(Beifall bei der CSU)

Diesen Dringlichkeitsantrag haben wir in Kenntnis dessen eingebracht, dass die Ersterschließungsmaßnahmen fast vollständig abgeschlossen sind, dass eine Anschlussförderung aber in Härtefällen notwendig ist, und zwar vor allem für Kommunen, die es nicht aus eigener Kraft schaffen. Das erfolgreiche Programm,

(Volkmar Halbleib (SPD): Wo ist es?)

mit dem die Ersterschließung abgewickelt wurde, wird fortgesetzt. Das Anlagevermögen in Höhe von 75 Milliarden Euro wurde in den Kommunen geschaffen. Das Programm wird in Härtefällen fortgesetzt für die Sanierung bei Kanal und Wasser.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wo ist das Förderkonzept? Wo ist der Beschluss der Staatsregierung? Das fehlt doch! Da ist nichts passiert!)

In diesem Bericht vom 13.04.2015 sind alle Möglichkeiten einer theoretischen Förderung beleuchtet.

(Volkmar Halbleib (SPD): Theoretisch ja!)

Die Sachlage wird darin dargestellt. Gleichzeit ist klar ersichtlich, in welche Richtung die neue Förderung gehen soll. Es wird mehr als Eckpunkte aufgezeigt. Jede einzelne Ihrer Forderungen wird vorweggenommen und dargestellt und wird im künftigen Förderprogramm Berücksichtigung finden.

(Volkmar Halbleib (SPD): Wann kommt das denn, Herr Kollege? Noch vor Weihnachten?)

Ihre Anträge zeigen doch nur eines, nämlich die Anerkennung, dass der Dringlichkeitsantrag der CSU richtig war und dass Sie dem beabsichtigten Förderprogramm der Staatsregierung Ihre Zustimmung erteilen werden.

Dem Bericht kann man bereits entnehmen – das ist der Wille unserer Fraktion -, dass es ein gerechtes und vor allen Dingen ein interessengerechtes und tragfähiges Förderprogramm wird.

(Volkmar Halbleib (SPD): Sie reden sich noch um Kopf und Kragen!)

Ich denke, man kann jetzt schon sagen, dass dieses Förderprogramm wiederum Maßstäbe setzt, dass wir die Kommunen nicht alleine lassen mit ihrer großen

Aufgabe. Bayern wird hier wiederum vorne sein, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, die einen erheblich höheren Gebührenschwellenwert ansetzen, um überhaupt zu einer Förderung zu kommen, oder eben auch nur günstige Darlehen zur Verfügung stellen. Wir unterstützen hier die Kommunen im eigenen Wirkungsbereich wirkungsvoll und tragfähig.

(Volkmar Halbleib (SPD): Warum liegt das Konzept noch nicht vor?)