Die Bürgerinnen und Bürger werden in riesigen Datenbanken erfasst und mittels Rasterfahndung durchleuchtet. Bundesregierung und Landesregierungen bleiben sogar untätig, wenn unsere Bevölkerung massenhaft von Geheimdiensten überwacht und ausgehorcht wird. Der Bürger und die Bürgerin werden im wahrsten Sinne des Wortes immer transparenter. Die Verwaltung aber soll nach Ansicht der CSU undurchsichtig bleiben. Das finde ich im 21. Jahrhundert absurd.
Ich habe mir natürlich Gedanken gemacht, woran es liegen könnte, dass die CSU solche Schwierigkeiten hat, den Kulturwandel zu vollziehen. Wenn man darüber nachdenkt, muss man sich schon die Frage stellen, ob die CSU-Fraktion Angst vor mündigen Bürgern hat, die sich einmischen, die mitdiskutieren und die sich die sie interessierenden Informationen selbst herausziehen. Möglicherweise ist die CSU immer noch dem Denken in den Kategorien des Obrigkeitsstaates verhaftet. Diese Fragen habe ich mir im Laufe verschiedener Debatten gestellt. Leider habe ich von der CSU nicht gehört, dass sie sich insoweit weiterentwickeln will.
Ich würde mich aber freuen, wenn das endlich passierte. Wir GRÜNEN fordern schon lange den Kulturwandel in der Verwaltung. Dafür brauchen wir ein Transparenzgesetz. Klar ist: Transparenz schafft Vertrauen. Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Die Vorrednerin lag, wieder einmal, in mehreren Punkten völlig falsch. Frau Schulze, Sie haben die Vorratsdatenspeicherung genannt. Wenn man nicht weiß, was das ist, sollte man nicht darüber reden. Vorratsdatenspeicherung bedeutet
nicht die Speicherung von Inhalten; gespeichert werden vielmehr für einen begrenzten Zeitraum die Verbindungsdaten. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Gespeichert wird übrigens nicht vom Staat, sondern von den Telekommunikationsunternehmen. Auf die Daten darf nur zum Zwecke der Verfolgung schwerer Straftaten zugegriffen werden. Ich wiederhole: Gespeichert wird nur, ob jemand telefoniert hat, nicht aber, was er gesagt oder übermittelt hat. Das sind zwei völlig verschiedene Themen. Sie verstehen einfach nicht, worum es geht, und bringen Sachverhalte, die nicht zusammengehören, miteinander in Verbindung.
Ihr Gesetzentwurf ist auch nicht neu. Sie selbst haben gesagt, dass Sie in jeder Wahlperiode fast identische Formulierungen vorschlagen. Dadurch werden Ihre Gesetzentwürfe aber nicht besser; sie wirken mittlerweile vielmehr altbacken.
Auch Sie werden das irgendwann feststellen. Die SPD hinkt in der Frage des Betreuungsgeldes, wie so oft bei familienpolitischen Themen, hinterher. Aber ich bin optimistisch, dass bei Ihnen irgendwann Realismus einkehrt und gesunder Menschenverstand obsiegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns ist Datenschutz ein hohes Gut. Deshalb wollen wir nicht, wie die GRÜNEN es in ihrem Gesetzentwurf vorsehen, dass das Datenschutzniveau relativiert wird. In Teilen verstößt der Gesetzentwurf sogar gegen Bundes- und EU-Recht.
Auch die öffentlichen Belange werden nicht ausreichend berücksichtigt. Häufig müssen die Bürger personenbezogene Daten gegenüber Behörden offenbaren – nicht immer freiwillig. Deshalb erwarten die Bürger in Bezug auf ihre Daten zu Recht ein hohes Schutzniveau.
Der Gesetzentwurf weist in Bezug auf den Umgang mit Betriebsgeheimnissen ein erhebliches Defizit auf. Die GRÜNEN wollen Betriebsgeheimnisse mit der Informationsfreiheit abwägen. Das darf nicht sein; denn Konkurrenten haben oft hohes Interesse daran zu erfahren, wie andere Betriebe arbeiten. Wir wollen nicht
in irgendeiner Form der Betriebsspionage Vorschub leisten. Hinzu kommt, dass die Regelungen viel Bürokratie auslösen würden. Ich hoffe, wir sind uns in diesem Hause einig, dass wir möglichst wenig und nicht möglichst viel Bürokratie anstreben.
Der Gesetzentwurf würde die Rechtslage komplizierter gestalten, da bestehende Informations- und Auskunftsrechte nicht zusammengefasst und ersetzt würden, sondern erhalten blieben. Ein weiterer Anspruch käme hinzu. In der Summe wäre die Rechtslage nur noch wenig überschaubar. Denken wir auch an den Mehraufwand durch notwendig werdende Schwärzungen. Wenn mehrere Parteien beteiligt sind, können Schwärzungen dazu führen, dass ganze Passagen nicht mehr verständlich sind.
Sie von den GRÜNEN sollten ferner bedenken, dass die kommunalen Spitzenverbände Ihre Vorschläge genauso oft, wie Sie sie vorlegen, entschieden und nachhaltig ablehnen, und zwar parteiübergreifend. Ihnen sollte es besonders zu denken geben, wenn die Praktiker aus Ihren Reihen mit Ihren Gesetzentwürfen nichts anfangen können.
Öffentliche Belange im Bereich der inneren Sicherheit werden mit den vorgeschlagenen Regelungen nicht ausreichend geschützt. In dem Entwurf heißt es, die Informationspflicht solle unter anderem dann nicht bestehen, wenn die innere Sicherheit "nicht unerheblich" gefährdet würde. Diese Formulierung ist aus unserer Sicht unzureichend. Selbst das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes sieht als Voraussetzung für das Entfallen der Informationspflicht die bloße Möglichkeit einer Gefährdung vor. Daran sieht man schon, dass der Gesetzentwurf der GRÜNEN im Bereich der inneren Sicherheit hinter den Standards zurückbleibt, die der Bund setzt. Wir haben nicht vor, den Vorgaben des Bundes näherzutreten. Das wäre aber im Vergleich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf immer noch die bessere Variante.
Ich erinnere daran, dass wir in der gestrigen Sitzung unter Tagesordnungspunkt 8 Gesetzesänderungen mit dem Ziel der Stärkung der elektronischen Verwaltung verabschiedet haben. Falls es Ihnen entgangen sein sollte, dann sage ich es Ihnen jetzt: Wir haben in diesem Zusammenhang auch eine Änderung des Datenschutzgesetzes beschlossen, um den Anspruch auf ermessensfreie Entscheidung bei Auskunftsersuchen der Bürger zu regeln. Damit schaffen wir Rechtssicherheit und gewährleisten den nötigen Datenschutz. Wir werden dem Interesse an der Freiheit der Information, aber auch dem Interesse an dem Schutz der Bürger und der inneren Sicherheit gerecht. Das, was wir gestern beschlossen haben, ist jedenfalls wesentlich sinnvoller als das, was die GRÜNEN heute
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! "Wer zahlt, schafft an." - In diesem Fall ist es der Bürger, der mit seinen Steuergeldern die Verwaltung finanziert. Deswegen soll der Bürger wissen, was die Verwaltung plant und tut. Diesem Prinzip sind selbstverständlich Grenzen gesetzt, insbesondere durch das Datenschutzgesetz, das Steuergeheimnis, das Betriebsgeheimnis und die höchstpersönlichen Rechte. Alle kollidierenden Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden.
Zudem sind die Belange der inneren Sicherheit zu berücksichtigen. Das haben wir im Zusammenhang mit Sperrerklärungen in Strafprozessen schon mitbekommen. Wenn die staatliche Sicherheit gefährdet ist, muss das Informationsinteresse der Allgemeinheit zurückstehen. Wenn aber, wie die Presse herausbekommen hat, eine Sperrerklärung nur dazu dient, Sachverhalte zu verdunkeln oder zu vermischen, dann zeigt dies, dass eine Situation nicht richtig eingeschätzt und mit den Datenschutzinteressen nicht zum Wohle des Rechtsstaates umgegangen worden ist. Eine Normierung - ich betone: eine Normierung – in dem Sinne, dass der Bürger weiß, wie der Staat mit seinen Daten umgeht, ist notwendig.
Herr Zellmeier, Sie sagten, die Bürger hätten schon so viele Ansprüche auf Akteneinsicht. Das ist in der Tat so. Aber ein Informationsfreiheitsgesetz kann das Ganze bündeln. Der derzeit vorhandene Dschungel sollte auch vor dem Hintergrund der Paragrafenbremse gelichtet werden. Ein berechtigtes und ein rechtliches Interesse herauszufiltern ist doch sehr mühsam und fördert die bereits vorhandene Bürokratie.
Sie erwecken den Eindruck, als ob Informationen, die man haben möchte, gleichzusetzen seien mit Anspruchsbegründungen für eine Klage im Verwaltungsprozess. Das ist bei Weitem nicht der Fall. Erst durch einen anlassfreien Zugang zu Informationen gewinnt man die Erkenntnis, ob man betroffen ist. Das ist das Entscheidende; im Vorfeld muss diese Prüfungsmöglichkeit gegeben sein.
Es kommt hinzu, dass der Gedanke der Informationsfreiheit durchaus modern ist. Herr Zellmeier, wenn Sie davon sprechen, dass die Praktiker in den Parteien dies nicht wollten, dann sage ich Ihnen: Die Praktiker
sprechen sich in diesem Zusammenhang dagegen aus, weil das auf Verbändeebene so formuliert wird; man müsste nämlich möglicherweise dafür sorgen, dass aus alten Schläuchen neuer Wein fließt.
Ich weise zudem darauf hin, dass im Freistaat Bayern bereits über 70 Gemeinden Informationsfreiheitssatzungen erlassen haben. Ich nenne Schwandorf als Beispiel. Dort ist der entsprechende Beschluss mit den Stimmen der CSU-Fraktion gefasst worden. Gehen Sie nach Schwandorf, und sagen Sie Ihren Kollegen dort, dass sie praxisfremd seien. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen dabei.
Indes verfügen 11 von 16 Bundesländern über Informationsfreiheitsgesetze. In den 11 Bundesländern ist die Situation positiv. In Hamburg, das jetzt sozialdemokratisch regiert ist, ist es aufgrund des Informationsfreiheitsgesetzes zum Beispiel möglich gewesen, Fehlplanungen im Zusammenhang mit der Elbphilharmonie offenzulegen und einer breiten Öffentlichkeit auszusetzen. Wir sprechen hier nicht für die SPD, wir sprechen nicht für irgendwelche Parteien, sondern wir sprechen uns für die Transparenz der Verwaltung sowie die Förderung eines Prozesses aus, der die Diskussion zwischen Bürger und Verwaltung auf Augenhöhe vorantreibt. Es ist kein Gnadenakt, Runde Tische zu veranstalten und Informationen zu geben, sondern das ist eine Pflicht. Deswegen ist die proaktive Veröffentlichung aus unserer Sicht durchaus notwendig, damit man sich in diesem Zusammenhang in der Tat gleichberechtigt an den Tisch setzen kann.
Politische Macht durch Sonderwissen ist aus meiner Sicht keine demokratische Macht. Teilhabe am Wissen und Diskussion stärken die Macht auf der einen Seite des Rechtsstaates, auf der anderen Seite auch der Demokratie. Sie schützen in diesem Zusammenhang vor Demagogie und Missverständnissen und zwingen – und das ist das Entscheidende – zur Wahrheit und zur Klarheit. Nicht zuletzt deswegen zitiere ich wieder den Ministerpräsidenten, der zu wichtigen Belangen, zum Beispiel jetzt bei der Bayern-Ei-Geschichte, gesagt hat: Hier muss Transparenz her, ohne Rücksicht auf alles. Nachdem, was Sie jetzt gesagt haben, müssen Sie Ihren Herrn Ministerpräsidenten darauf hinweisen, dass es Datenschutz gibt, dass es Betriebsgeheimnisse und sonstige persönliche Rechte gibt.
Ich habe von Ihnen in diesem Zusammenhang aber nichts dazu gehört, dass Sie diesen Informationsbegehren aus rechtlichen, parlamentarischen oder sogar gewissenstechnischen Gründen Einhalt gebieten wollen. Sie drehen es sich so, wie es Ihnen passt. Immer
dann, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, muss aufgeklärt werden, warum und weshalb. Die proaktive Veröffentlichung verhindert oftmals, dass ein Kind in den Brunnen fällt, sodass alles in einem gewissen stillen und freudigen Einvernehmen weiter funktioniert, weil man sich dann gegenseitig ernst nimmt und nicht auf Machtpositionen pocht.
Deswegen stimmen wir dem Gesetzentwurf der GRÜNEN zu und wissen, dass es eine Kette von Versuchen ist, Informationsfreiheit und Transparenz in diesem Freistaat zu schaffen, vielleicht als zwölftes von 16 Bundesländern. Sollten wir aber die Sechzehnten von Sechszehn sein, dann geschieht das sicher auch mit unserer Stimme.
Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Man könnte jetzt sagen: wieder einmal Informationsfreiheitsgesetz und Transparenzgesetz. Wir haben als Fraktion am 9. April 2014 ein solches Gesetz eingebracht, das leider von der üblichen Mehrheit abgelehnt worden ist. Hier geht es aber nicht darum, parlamentarische Händel auszutragen, sondern es geht um ein Recht des Bürgers. Man muss dieses Recht des Bürgers ernst nehmen; denn Information an den Bürger ist kein Gnadenakt, sondern ist ein Rechtsanspruch, den der Bürger aus seiner demokratischen Haltung heraus hat.
Herr Ministerpräsident, Sie sagen immer, dass Sie den Dialog mit dem Bürger suchen, dass der Bürger Ihr Koalitionär ist. Deshalb müsste gerade Ihnen daran gelegen sein, dass dieser Dialog auch auf Augenhöhe geführt wird; denn der Bürger ist der Souverän, der Ihnen auf Augenhöhe gegenübersteht. Dann muss ich doch von mir aus sagen: Dieser Souverän muss dann auch die Informationen haben, damit er diesen Dialog auf Augenhöhe führen kann. Dies muss durch ein solches Gesetz geschehen; denn ansonsten wird alles, was Sie zum Dialog mit dem Bürger sagen, zur Makulatur, nämlich dann, wenn man dem Bürger die Informationen verwehrt, die er braucht, um den Dialog mit Ihnen führen zu können.
Deswegen: Überlegen Sie sich das. Fragen Sie sich, ob Ihre Fraktion in diesem Haus vielleicht wieder einmal eine Haltung einnimmt, die dann Nachfolger von Ihnen später korrigieren müssen. – Tja, es gibt hier mehr, als wir denken, glaube ich. Aber gut, Herr Mi
nisterpräsident. Deswegen: Überlegen Sie sich, ob Sie sich denn nicht auch hier zum Vorreiter der Transparenz im Freistaat machen wollen, die diesem Freistaat guttun würde.
Es wurde schon gesagt, dass die Bundesrepublik Deutschland und elf Bundesländer über ähnliche Gesetze verfügen; die restlichen fünf Bundesländer arbeiten daran – wir in Bayern im Moment auch, mit wenig Erfolg. Aber vielleicht wird es dann doch einmal etwas. Ich denke, wir sollten den Anspruch des Bürgers erfüllen und den Bürgern einen fairen Dialog mit der Politik, mit der Verwaltung und mit der Exekutive ermöglichen; denn ohne Information keine Teilhabe, keine Mitbestimmung. Letztlich würde dies zu Politikverdrossenheit führen. Der Bürger würde sagen: Wenn ich nicht die Informationen habe, um richtig zu diskutieren, wird mir etwas vorenthalten; es würde Herrschaftswissen entstehen, das sich die Politik oder die Verwaltung zu eigen macht, um dann den Bürger letztendlich immer wieder nur vorzuführen. Dies führt zu Frustration. Das ist etwas, was in der Bevölkerung schon zu spüren ist. Gerade wenn es um Großprojekte geht, ist ein elementares Misstrauen gegen die Verwaltung vorhanden. Diesem Misstrauen müssen wir doch begegnen; dieses Misstrauen müssen wir doch abschaffen, indem wir Transparenz schaffen und diese Transparenz als Voraussetzung für eine mündige Teilhabe an der Politik sehen.
Deswegen unterstützen wir auch den Entwurf der Fraktion der GRÜNEN, so wie wir auch den Entwurf unterstützen werden, der wahrscheinlich demnächst wieder von der SPD-Fraktion kommen wird. Wir als Opposition im Bayerischen Landtag werden Ihnen einen Gesetzentwurf nach dem anderen vorlegen – so lange, bis endlich einer durch ist und Sie es auch kapiert haben.
Danke schön, Herr Kollege Streibl. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.