Protokoll der Sitzung vom 09.12.2015

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der CSU)

Dieser Nachtragshaushalt ist eben kein normaler Nachtragshaushalt, weil wir damit endlich das längst benötigte Geld im Bereich Asyl und Integration bekommen. Es ist wirklich ein "endlich".

Ich habe es schon in der Ersten Lesung zum Nachtragshaushalt gesagt: Folgen Sie in Ihrer Sprache Ihren Zahlen. Diese sprechen eine ganz andere Sprache. Herr Finanzminister Söder, Sie wissen, ich schätze Sie als Gesprächspartner; aber hören Sie endlich auf zu spalten und zu verunsichern. Es ist in meinem Interesse - und ich denke, auch im Interesse aller hier im Hohen Hause -, in diesen Tagen nicht die Falschen zu bedienen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Werden Sie in Anlehnung an den Rattenfänger von Hameln nicht zum Rattenfänger von Bayern, auf dass Sie mit Ihrer Rhetorik nicht die Falschen hinter sich versammeln

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Eine Unverschämtheit!)

und Nichtdemokraten hoffähig machen.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Das ist eine Bodenlosigkeit! Das reicht jetzt mal! – Zurufe von der CSU)

- Es ist keine Stilkritik, Ihnen vorzuwerfen, die Fragen des Terrorismus und der Flüchtlinge zu vermischen. Da haben Sie etwas verwechselt.

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Es reicht wirklich! – Zurufe von der CSU – Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE) – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

- Danke sehr, Herr Präsident. – Es ist keine Stilfrage, Herr Finanzminister. Es ist unzulässiges Politikmachen auf Kosten von Schwachen. Vor allem zeigen die Zahlen in Ihrem Haushalt, dass wir es schaffen können - das hat der Kollege Muthmann gerade gesagt -, und zwar ganz leicht;

(Dr. Florian Herrmann (CSU): Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür, aber schnell!)

denn das hier investierte Geld ist ein Konjunkturprogramm. Wenn wir es jetzt richtig anpacken, nicht spalten und die Gesellschaft nicht noch weiter verunsichern, sondern konstruktiv arbeiten, dann schaffen wir das.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie, Herr Minister Söder und auch Herr Florian Herrmann, nachdem Sie gerade so schön reingerufen haben, schon nicht auf mich oder die Opposition im Landtag hören,

(Peter Winter (CSU): Das wäre noch schöner!)

dann hören Sie doch wenigstens auf die Kirchen. Die Kirchen haben es klar gesagt, dass die Art und Weise, wie Sie mit den Geflüchteten umgehen, kein christliches Verhalten ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit den Nachschublisten zum Haushalt wurden besonders hinsichtlich der Stellen für die Unterbringungsverwaltung und die Bildung dringend notwendige Korrekturen an Ihrem Entwurf des Nachtragshaushalts vorgenommen. Aber auch hier kann ich nur sagen: Hören Sie ab und zu auf uns, auf die Fraktion der GRÜNEN im Landtag. Wir hatten im Frühsommer 2015 einen Antrag gestellt, in dem wir einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2015 gefordert haben. Mit jenem Antrag wäre es möglich gewesen, rechtzeitig, wirklich rechtzeitig, die Schulfamilien und die kommunale Familie zu entlasten. Sie reden immer gerne davon, wie viel Sie für die kommunale Familie

tun. Aber da haben Sie Ihre Hausaufgaben auf Kosten von Ehrenamtlichen, Hauptamtlichen und vor allem unserer Landkreise, Städte und Gemeinden wieder nicht gemacht. In Ihren Nachschublisten waren Stellen für die Bildung erst ab dem nächsten Schuljahr, ab September 2016, vorgesehen. Doch zum Glück wurde genau das während der Beratungen im Haushaltsausschuss geändert. Es gibt die Stellen jetzt ab Januar 2016. Das ist auch bitter notwendig; denn ansonsten würden wir tatsächlich den sozialen Frieden in den Schulen gefährden.

Dieser Friede ging oft zulasten der Lehrkräfte, die weit mehr geleistet haben, als ihre Jobbeschreibung hergibt. Wir hätten uns, wie gesagt, die ganze Hektik und die vielen Änderungen sparen können, wenn Sie unseren Antrag für einen Nachtragshaushalt 2015 angenommen hätten, den wir bereits gestellt haben. Wer jetzt kritisiert, dass die zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer bereits ab Januar 2016 eingestellt werden können und dadurch das neue Einstellungssystem außer Kraft gesetzt wird, muss sich fragen, weshalb man den Antrag auf einen Nachtragshaushalt 2015 abgelehnt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die neuen Stellen hätten auch schon zum Schuljahr 2015/2016 geschaffen werden können. Das wäre notwendig gewesen. Richtiges Haushalten hat viele Aspekte. In erster Linie gehört auch eine strategische Personalpolitik dazu. Jetzt haben wir 3.500 neue Stellen minus 6b-Stellen = x. Das ist die Regelung, die einen Stelleneinzug vorsieht. Neben der Wiederbesetzungssperre sollte der Artikel 6b, also die Regelung, die einen pauschalen Einzug vorsieht, endlich abgeschafft und durch eine bedarfsgerechte Personalplanung ersetzt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Angesichts der zahlreichen Stellenmehrungen im Nachtrag verfehlt ein solches Programm eindeutig sein Ziel. Bei allem, was den Personalaufbau und den Personalabbau beim Staat anbelangt, müssen wir die Frage stellen und klar beantworten: Was soll und muss der Staat leisten und was nicht? – Dazu brauchen wir eine ehrliche Aufgabenkritik. Zum Beispiel: Brauchen wir staatliche Schulämter oder vielleicht mehr Lehrerinnen und Lehrer? Brauchen wir in der Landwirtschaftsverwaltung so viel Personal oder vielleicht mehr in der Finanzverwaltung? Wie können wir insbesondere bei technischen Beamten mit der Privatwirtschaft konkurrieren? – Auf diese Fragen verweigern Sie nach wie vor die Antwort, aber diese Fragen werden in zukünftigen Haushalten wichtig sein. Diese Fragen müssen Sie endlich einmal beantworten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Moment haben wir wieder ein jährliches Schreiben aus dem Hause Söder vorliegen, dass wir das nicht schaffen. – Herr Minister Dr. Söder, Sie haben unsere vollste Unterstützung, wenn Sie Artikel 6b abschaffen wollen; denn nicht nur das jährliche Wir-schaffen-dasnicht-Schreiben zeigt, dass sich die Staatsregierung nicht an die eigenen Vorgaben hält bzw. sie diese Vorgaben gar nicht einhalten kann. Es hat grundsätzlich keinen Sinn, Stellen ohne Aufgabenkritik pauschal einzuziehen.

Herr Dr. Söder, ich weiß nicht, ob Sie irgendwann wieder zuhören wollen. Hören Sie auf mit Ihrer platten GRÜNEN-Kritik. Wir sind im Hohen Haus die Einzigen, die regelmäßig Vorschläge machen, wo man Stellen einsparen und kürzen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man zum Beispiel das Ziel "Selbstständige Schule" ernsthaft anpeilt, kann man sich eine Ebene der Schulämter sparen. Ein anderes Beispiel wäre, die Fördertatbestände in der Landwirtschaft noch mehr zu bündeln. Aber Sie führen einen Fördertatbestand nach dem anderen ein, Stichwort Betreuungsgeld, und wollen gleichzeitig in der dafür zuständigen Behörde Stellen einsparen. Das ist absurd. Das Betreuungsgeld hilft kein bisschen, dass mehr Kinder geboren werden. Deutschland und Bayern strotzen im Familienbereich vor Transferleistungen. Auch kann man vom Betreuungsgeld nicht leben. Sie erreichen damit einzig und allein, dass Sie Kinder, denen die Kita auch im Sinne des Spracherwerbs guttäte, tendenziell von der Kita fernhalten.

(Zuruf von der CSU)

Diese Kita-Fernhalteprämie läuft dem Ziel der Chancengerechtigkeit entgegen.

(Zuruf von der CSU)

Damit erreichen Sie auch, dass die Managerin mit diesem Geld ihr Aupair-Mädchen finanziert, also eventuell Missbrauch getrieben wird, weil nicht geprüft wird, ob das Kind in die Kita geht. Sie erreichen damit sicher, dass die Beamtinnen und Beamten der Behörde, die diese Bescheide bearbeiten müssen, noch mehr Arbeit haben, sodass ein Stellenabbau erst recht nicht sinnvoll betrieben werden kann, wie es eigentlich Ihr Artikel 6b vorsieht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist unglaublich, wie stur erwachsene Männer und Frauen sein können, anstatt zu sagen: Okay, das

Bundesverfassungsgericht hat diese Leistung auf Bundesebene kassiert; wir investieren dieses Geld – es sind immerhin gut 100 Millionen Euro für Bayern sinnvoller in die Infrastruktur, sprich in den Ausbau weiterer Krippenplätze, und vor allem endlich in die bessere Bezahlung von Erzieherinnen und Erziehern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Stattdessen halten Sie trotzdem am Betreuungsgeld fest. Das ist absurd, weil wir in Bayern gleichzeitig bei Alleinerziehenden mit 42 % die höchste Armutsrisikoquote haben. Das sollte man wiederholen: Wir liegen in Bayern bei den Alleinerziehenden mit einer Armutsrisikoquote von 42 % um 7 % höher als der Bundesdurchschnitt. Aber wahrscheinlich schaffen Sie es auch in diesem Fall, mantramäßig zu wiederholen, dass es für Alleinerziehende das Beste sei, in Bayern zu leben, und auch das als Erfolg zu buchen.

Ein anderes Beispiel: Obwohl es Ihnen bei der Klage in Bezug auf den Länderfinanzausgleich nicht gelungen ist, sich in einem einzigen der geforderten Punkte durchzusetzen, obwohl Sie mit dem jetzigen Modell den Grundpfeiler des von den GRÜNEN angestoßenen Modells übernehmen – nämlich eine andere, vom Bund vorgenommene Umverteilung der Umsatzsteuer –, obwohl Sie als CSU jahrelang mit den Säbeln gerasselt haben,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

werden Sie das, worauf sich jetzt die Länderchefs geeignet haben – das zeigt der morgen zu behandelnde Dringlichkeitsantrag –, sicherlich als Ihren Erfolg verbuchen. Das geht auch noch auf Ihr Konto. Sicher, oder?

Stichwort Landesbank: Obwohl es noch vor zwei Jahren wie in einem Western hieß: "I want my money back" und es nach Aussagen des bayerischen Finanzministers völlig absurd und von der Hand zu weisen war, sich auf einen Vergleich mit Österreich einzulassen, ist es jetzt sicherlich ein Erfolg, dass wir im Streit um die Hypo Alpe Adria gut die Hälfte des Geldes, nämlich 1,23 Milliarden Euro, überwiesen bekommen, aber nicht mehr. Das ist sicher Ihr Erfolg. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, egal wie Sie es drehen, Sie haben mit der Landesbank 7 Milliarden Euro einfach durch den Schornstein gejagt; denn selbst wenn die Landesbank die stille Einlage in Höhe von 3 Milliarden Euro und Gebühren in Höhe von fast 2 Milliarden Euro irgendwann zurückgezahlt haben sollte, bleiben wir auf einem Schaden von 7 Milliarden Euro plus Zinsen sitzen. Bis jetzt werden bereits mehr als 2 Milliarden Euro Zinsen für die Schulden der Landesbank fällig. Das alles muss aus Steuermitteln finanziert werden.

Hier wären wir noch einmal bei den angeblichen Riesensummen, die im Flüchtlingsbereich ausgegeben werden. Fast könnte man sie im Vergleich mit den Bankenrettungen – ich rede nicht nur von der Landesbank – als Peanuts bezeichnen, obwohl das meiner Ansicht nach der Ernsthaftigkeit des Themas nicht gerecht werden würde. Aber von der Dimension und Relation her wäre es angemessen. Es ist wichtig zu sagen, dass die Milliarden über Milliarden, das Geld, das ausgegeben wurde, um angeblich systemrelevante Banken zu retten, weg ist. Das Geld, das wir jetzt in die Hand nehmen, um geflüchteten Menschen zu helfen oder um sie zu integrieren, ist im Gegensatz dazu ein Konjunkturprogramm.

Hören Sie auf, die Mehrausgaben auf die Flüchtlinge zu schieben. Mit diesem Nachtragshaushalt setzen Sie Ihre Linie der Haushaltspolitik einfach fort. Seitdem der Ministerpräsident "Seehofer" heißt, haben sich mit diesem Nachtragshaushalt die Ausgaben um über 40 % gesteigert. Seit 2008 bis heute haben sich die Ausgaben also um über 40% gesteigert! Es gibt 2016 Mehrausgaben gegenüber 2015. Es gibt Mehrausgaben gegenüber dem Stammhaushalt und gegenüber der Nachschubliste. Sogar die CSU-Fraktion beantragte Mehrausgaben ohne Gegenfinanzierung, also finanziert durch einen beherzten Griff in die Rücklagen.

Nochmals zur Klarstellung: Wir prangern nicht an, wofür Sie die Ausgaben vorsehen; denn viele der Ausgaben sind notwendig. Auch wir hatten genau diese Ausgaben in unserem Haushaltentwurf vorgesehen, zum Beispiel die Ausgaben für die Lehrerinnen und Lehrer ab Januar 2016. Doch bei uns sind sie gegenfinanziert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei uns ist kein Griff in die Rücklage erforderlich, wie das bei Ihnen der Fall ist. Zukunftsfähig ist das nicht. – Ein weiterer wichtiger Punkt: Wir haben schon gehört, dass die Kommunen in Bayern nicht ordentlich ausgestattet sind. Es reicht nicht aus, dass Sie einfach die Steuermehreinnahmen, also die Steuern, die in Bayern zusätzlich eingenommen werden, weitergeben. Erhöhen Sie endlich den Anteil, den die Kommunen von den Steuereinnahmen erhalten! In unserem gegenfinanzierten Haushaltsentwurf ist das vorgesehen. Unser Ziel ist ein Anteil von 15 Prozent. Ein solcher Anteil wäre aber haushalterisch nicht abzubilden. Deshalb fordern wir mit unserem Änderungsantrag eine Erhöhung um 0,25 %.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr Griff in die Rücklage hat Sinn und findet unsere Unterstützung. Ich nenne als Beispiel die zusätzlichen

Stellen für die Polizei. Damit wird ein weiteres Kapitel der Kahlschlagpolitik von Edmund Stoiber beendet. Wir hoffen, dass durch diese Maßnahme die Aufklärungsquote bei Anschlägen auf Asylbewerberheime und -unterkünfte steigt.