Protokoll der Sitzung vom 14.06.2016

Ich eröffne die 76. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben und ehemaliger Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 9. Juni verstarb im Alter von 78 Jahren Herr Dieter Heckel. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1986 bis 2003 an und vertrat für die CSU den Stimmkreis Kulmbach. Während seiner Zugehörigkeit zum Bayerischen Landtag war er Mitglied im Ausschuss für innerdeutsche Entwicklung und Grenzlandfragen, im Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen, im Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes sowie im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Sein politisches Wirken sah Dieter Heckel als Dienst an den Menschen in seiner oberfränkischen Heimat. So engagierte er sich über viele Jahre hinweg auch kommunalpolitisch im Stadtrat und Kreistag von Kulmbach sowie im Amt des stellvertretenden Landrats. Er pflegte einen bürgernahen und konstruktiven Politikstil und wurde aufgrund seines fairen und respektvollen Umgangs mit den Kolleginnen und Kollegen des Hauses über die Fraktionsgrenzen hinweg geschätzt und geachtet. Für sein Wirken zum Wohle der Menschen im Freistaat wurde er mit der Verfassungsmedaille in Silber und mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.

Am 12. Juni verstarb im Alter von 90 Jahren der ehemalige Kollege Josef Niedermayer. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1970 bis 1994 an und vertrat für die CSU den Stimmkreis Regen. Während seiner Abgeordnetentätigkeit war er Mitglied im Ausschuss für Sozial- und Gesundheitspolitik, im Ausschuss für Geschäftsordnung und Wahlprüfung und zudem von 1974 an über 20 Jahre hinweg Vorsitzender des Ausschusses für Grenzlandfragen. Josef Niedermayer hat seine Anliegen mit Nachdruck, aber immer mit Positionen vorgetragen, die fraktionsübergreifende Zustimmung finden konnten. Im Grenzlandausschuss war er eine Integrationsfigur und ein überzeugender und erfolgreicher Anwalt seiner Region. Viele Jahre lang setzte sich Josef Niedermayer auch als Kommunalpolitiker für die Belange der Bürgerinnen und Bürger ein. So übernahm er lange Zeit Verantwortung als Kreis- und Stadtrat und bekleidete von 1966 bis 1990 das Amt des Ersten Bürgermeisters seiner Heimatstadt Viechtach. Sein herausragendes

Engagement wurde mit zahlreichen hohen Auszeichnungen gewürdigt, und anderem mit der Verfassungsmedaille in Gold, dem Bayerischen Verdienstorden und dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Darüber hinaus wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Viechtach ernannt. Herr Staatsminister Brunner konnte ihn noch vor wenigen Tagen anlässlich seines 90. Geburtstags besuchen. Mithilfe seiner beiden Söhne und seiner Tochter habe ich mit ihm am Krankenbett noch einen Kontakt gehabt.

Ebenfalls am 12. Juni verstarb im Alter von 76 Jahren der ehemalige Kollege Dr. Richard Keßler. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1970 bis 1984 an und vertrat für die CSU zunächst den Stimmkreisverband Neuburg an der Donau/Wertingen in Schwaben und ab 1974 den Stimmkreis Neuburg an der Donau. Während seiner Zugehörigkeit zum Bayerischen Landtag brachte er seine große Sachkompetenz als Historiker in den Ausschuss für Kulturpolitische Fragen ein, dem er während der gesamten Dauer seiner Abgeordnetentätigkeit angehörte. Darüber hinaus leistete er als Mitglied im Ausschuss für Geschäftsordnung und Wahlprüfung sowie im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen verdienstvolle Arbeit. Früh engagierte sich Dr. Richard Keßler in der Kommunalpolitik seiner Heimatregion. So war er Stadtrat und Kreisrat sowie Zweiter Bürgermeister der Großen Kreisstadt Neuburg an der Donau. 1984 wurde er schließlich zum Landrat des Landkreises Neuburg-Schrobenhausen gewählt, den er 24 Jahre entscheidend geprägt und als wirtschaftliche Wachstumsregion in eindrucksvoller Weise vorangebracht hat. Für seine Leistungen wurde er mit zahlreichen hohen Auszeichnungen geehrt, unter anderem mit dem Bayerischen Verdienstorden und dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Zudem wurden ihm der Titel "Altlandrat" sowie die Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt verliehen.

Der Bayerische Landtag wird den Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren und trauert mit ihren Familien und den Angehörigen. –

Sie haben sich zum Gedenken an die Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich darf unter uns einen neuen Kollegen begrüßen. Die Landeswahlleiterin hat gemäß Artikel 58 des Landeswahlgesetzes Herrn Andreas Schalk aus Ansbach als Listennachfolger für den ausgeschiedenen Kollegen Michael Brückner festgestellt. Herr Schalk hat die Wahl angenommen und ist nun Mitglied des Bayerischen Landtags. Verehrter lieber Herr Kollege Schalk, ich darf Sie ganz herzlich in unserer Mitte begrüßen und wünsche

Ihnen für Ihre parlamentarische Arbeit viel Erfolg, alles Gute, frohes Schaffen und Gottes Segen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich darf noch einen weiteren Glückwunsch aussprechen. Am heutigen Tag feiert Kollege Michael Hofmann Geburtstag. Verehrter lieber Herr Kollege, herzlichen Glückwunsch von uns allen, weiterhin ein gutes parlamentarisches Wirken und Gottes Segen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der CSU-Fraktion "Bayerns erfolgreicher Kampf gegen die Einbruchskriminalität - vorbildliche Arbeit unserer Polizei!"

Ich darf als Erstem Herrn Kollegen Ländner das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Innere Sicherheit – ein Kernanliegen der CSU und der Bayerischen Staatsregierung. Das ist in diesem Hohen Haus sicherlich keine Neuigkeit. Es ist richtig und wichtig, dass sich der Bayerische Landtag immer wieder mit den Herausforderungen beschäftigt, die der Erhalt der inneren Sicherheit mit sich bringt. Dabei gilt es, die Ist-Situation zu analysieren, aber durchaus auch die Erfolge, die wir in diesem Bereich erzielt haben, hervorzuheben.

In den vergangenen Jahren haben sich die Einbruchsdiebstähle zunehmend zu einem Problem in unserem Land entwickelt. Der daraus resultierende Schaden ist immens; er geht in den zweistelligen Millionenbereich. Es geht aber auch um die emotionalen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger, die Opfer einer solchen Straftat werden. Nicht zuletzt wird die Sicherheit unserer gewerblichen Wirtschaft berührt; denn auch in unseren Gewerbegebieten haben Einbruchsdiebstähle immense Schäden zur Folge.

Sehr geehrte Damen und Herren, was heißt das für uns? – Wir müssen uns diesem Thema in seiner Gesamtheit widmen. Wenn wir heute in diesem Hohen Haus die Situation im Zusammenhang mit den Einbruchsdiebstählen in Bayern thematisieren, dann wollen wir damit nicht nur eine Bestandsaufnahme verbinden, sondern wir wollen auch den Bürgerinnen und Bürgern das Signal geben, dass wir das Problem sehr ernst nehmen. Wir jedenfalls werden alles, was in unserem Vermögen steht, tun und in unserem Bemühen

nicht nachlassen, auch diese Form der Kriminalität zu bekämpfen.

Noch vor einigen Jahren, bis zur Vorstellung der Kriminalstatistik 2014, mussten wir mit großer Sorge beobachten, dass es auch bei uns in Bayern immer mehr Einbruchsdiebstähle gab. Es war richtig und wichtig, dass seitens der Polizei bzw. des Innenministeriums – mit Begleitung und Zustimmung des Innenausschusses des Bayerischen Landtags – verschiedene Weichenstellungen vorgenommen worden sind. Es gab Schwerpunktaktionen, mobile und stationäre Kontrollen sowie eine verstärkte Überwachung von Wohngebieten, aber auch von Gewerbegebieten. Seit Oktober 2014 wird in München und Mittelfranken in einer Testphase die Prognosesoftware PRECOBS eingesetzt. Bereits in den ersten Monaten nach Beginn des Einsatzes ging die Zahl der Einbruchsdiebstähle in der Landeshauptstadt München um 42 % und in Nürnberg um 17,5 % zurück. Ich betone, es gab einen Rückgang der Einbruchsdiebstähle!

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir haben die internationale Zusammenarbeit verbessern können. Wir sind in konkreten Gesprächen mit Österreich, Bulgarien, Rumänien und Serbien, um gemeinsame Lagebilder zu erstellen, Reisewege von Tätern zu ermitteln und Absatzwege von Diebesgut festzustellen. Wir können bereits effektive Ermittlungsinstrumente einsetzen, fordern aber – dazu wird anschließend von weiteren Rednern Näheres ausgeführt – eine Verbesserung der Telekommunikationsüberwachung. Dies ist notwendig. Einen entsprechenden Antrag haben wir in den Bundesrat eingebracht.

Prävention und Aufklärung sind wesentliche Elemente unseres Katalogs zur Bekämpfung der erwähnten Straftaten. Ich darf die Zahl 44 nennen: Derzeit bleiben 44 % aller Einbrüche in Bayern bereits im Versuchsstadium stecken. Auch das ist ein Erfolg unserer Bemühungen um Prävention und Aufklärung. Damit tragen wir zu einer besseren Sicherung des Eigentums der Bürgerinnen und Bürger bei. Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind dank der geschilderten Maßnahmen erfolgreich. Herr Innenminister, ich darf auch Ihnen persönlich recht herzlich dafür danken, dass Sie sich an vorderster Front eingebracht haben, als es darum ging, diese Maßnahmen umzusetzen. Im Gegensatz zum bundesweiten Trend konnten wir bei der Vorstellung der Kriminalstatistik 2015 zum ersten Mal seit einigen Jahren eine rückläufige Entwicklung der Fallzahlen in Bayern feststellen. Im vergangenen Jahr gab es 8,9 % weniger Wohnungseinbrüche als im Jahr 2014. 44 % der Fälle blieben unvollendet. Die Aufklärungsquote bei Einbruchsdiebstählen konnte in Bayern auf 15,9 % ver

bessert, die Schadenssumme durch Einbrecher minimiert werden; sie ging von 33,3 Millionen Euro auf 23,8 Millionen Euro zurück. Gleichwohl – ich wiederhole es – verdienen auch die emotionalen Belastungen durch Wohnungseinbrüche unser Augenmerk. Dank des enormen Fahndungsdrucks der bayerischen Polizei konnten weitere Festnahmen getätigt werden. Insgesamt darf ich feststellen, dass die angeordneten Maßnahmen, insbesondere aber die Motivation unserer hoch engagierten und professionell arbeitenden Beamtinnen und Beamten der bayerischen Polizei die Stagnation bzw. den Rückgang der Fallzahlen bewirkt haben.

Sie gestatten mir sicherlich, dass ich am Ende meiner Ausführungen den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten des Freistaates Bayern ein herzliches Wort des Dankes sage. Wir haben deutschlandweit ein einmalig hohes Niveau an innerer Sicherheit erreicht. Diese Feststellung gilt auch in Bezug auf die Bekämpfung der Einbruchskriminalität. Unser hohes Sicherheitsniveau gilt es zu halten. Wenn das Hohe Haus durch Gewährung der entsprechenden Mittel unterstützend wirkt, werden wir auch in Zukunft Erfolge feiern können.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Professor Dr. Gantzer für die SPD-Fraktion. Zehn Minuten sind für Sie beantragt worden, Herr Kollege. Bitte schön.

Frau Präsidentin, Kollegen und Kolleginnen! Natürlich weiß auch die SPD-Fraktion, welch hervorragende Arbeit unsere bayerische Polizei leistet. Ich sage in diesem Zusammenhang, dass es mich sehr getroffen hat, als ich heute von dem feigen, hinterhältigen Attentat auf einen französischen Polizeibeamten und dessen Lebensgefährtin gelesen habe. Das ist mir sehr nahegegangen. Wir wissen, unter welchen Umständen unsere Polizei arbeiten muss.

Zum Thema selbst. – Es ist richtig, dass die Einbruchszahlen in Bayern im vergangenen Jahr gesunken sind. Richtig ist aber auch, dass wir von 2010 bis 2014 allein in Bayern eine Steigerung um 28,6 % verzeichnen mussten. Auch wenn Sie von der CSU jetzt so tun, als ob in Bezug auf den Rückgang der Einbruchskriminalität eine Schwalbe schon den Sommer herbeigeführt habe, bleibe ich misstrauisch. Ich weiß zwar, dass wir in Bayern einen guten Sicherheitsstandard haben. Die Belastung im Bund ist dreimal so hoch wie in Bayern. Wir müssen aber auch sehen, dass Wohnungseinbrüche eine ganz besondere Deliktsform sind. Deswegen gefällt mir das Thema so,

wie Sie es gefasst haben, nicht ganz so gut. Wichtig ist, dass wir uns dieses Themas annehmen; denn – das hat Herr Ländner schon gesagt, und ich betone es noch einmal – bei den Einbrüchen geht es nicht nur um den materiellen Schaden, den Schaden an den Fenstern und Türen oder den Schaden durch den Diebstahl selber, sondern Einbrüche führen sehr häufig zur Traumatisierung der Opfer. Die Opfer fühlen sich in ihren eigenen vier Wänden nicht mehr sicher. Viele Opfer ziehen nach einem Einbruch um. Sie sagen: Ich kann in dieser Wohnung nicht mehr leben, in dieser waren fremde Leute, Einbrecher.

Deswegen sind die polizeilichen Maßnahmen, die Herr Ländner angesprochen hat, richtig. Erstens müssen wir den Ermittlungs- und Fahndungsdruck verstärken. Dazu gehört auch PRECOBS. Diese Software ist durch die Near-Repeat-Theorie begründet. Danach ist in einem Gebiet, in dem Einbrüche stattgefunden haben, damit zu rechnen, dass in nächster Zeit wieder Einbrüche stattfinden werden. Das haben wir schon im Innenausschuss zum Thema gemacht.

Zweitens müssen wir selbstverständlich die nationale und internationale Zusammenarbeit vertiefen. Wir begrüßen die Kooperation mit Baden-Württemberg. Wir begrüßen das erwähnte EU-Projekt DPCP, das Danube Property Crime Project, wobei ich aber sagen muss: Bei diesem Projekt mit den Donau-Anrainerstaaten wird so getan, als würden die Einbrecher aufs Schiff gehen und das Hehlergut die Donau hinunter verschiffen. So ist es nicht. Bei diesem Projekt – das habe ich schon thematisiert – fehlen Albanien und Georgien. Nach der Straftäterhäufigkeit sind die Georgier, die bei uns durchs Land reisen, eigentlich die Allerschlimmsten. Ich begrüße es aber, dass unser Innenminister mit dem Innenminister von Georgien ein Gespräch geführt und dieses Problem thematisiert hat.

Wir stellen fest, dass bei der Einbruchskriminalität die Hälfte der Täter eine ausländische Staatsangehörigkeit hat und dass sie reisende Täter aus den ehemaligen Ostblockstaaten sind. Die Tatausführung entspricht auch diesem Täterbild. Die Schwerpunkte der Einbrüche liegen häufig in der Nähe von Bundesautobahnauffahrten. Die Täter wollen schnell einbrechen, schnell einsammeln und abhauen. Deswegen frage ich: Ist denn das Thema der Aktuellen Stunde in Anbetracht dessen, dass wir es hier mit einer ganz speziellen Kriminalitätsform zu tun haben, richtig gefasst?

Wohnungseinbruch ist nicht vergleichbar mit anderen Kriminalitätsformen wie zum Beispiel Betrug, Urkundenfälschung oder mit Verkehrsdelikten. Das Spezielle der Einbruchstätigkeit besteht darin, dass der Täter jede Gewalt gegen Personen ablehnt. In der Regel

sucht er sich Objekte aus, von denen er annimmt, dass sie zwar bewohnt, im Augenblick aber leer sind, weil die Eigentümer oder Mieter gerade bei der Arbeit oder beim Einkaufen sind. Dort bricht er ein, und dabei ist die Schnelligkeit das Entscheidende für ihn. Er bricht ein, macht einen Rundgang durch die Wohnung, nimmt alles, was er für wertvoll hält, mit und ist dann auch schon auf der Flucht.

Deswegen sage ich: Unsere Polizei leistet eine vorbildliche Arbeit; das ist aber bei der Einbruchskriminalität nicht das Entscheidende. Ich habe eben geschildert, wie Einbrüche passieren. Das verdeutlicht, dass wir uns nicht darüber wundern müssen, dass die Aufklärungsquote so schlecht ist. Wir haben in Bayern insgesamt eine hervorragende Aufklärungsquote. Zwei Drittel aller Delikte in Bayern werden aufgeklärt. Bei der Einbruchskriminalität liegt die Aufklärungsquote aber unter 20 %. Das ist die Folge dieser speziellen Deliktart. Daher sage ich: Das Thema ist deswegen gut, weil wir damit die Leute motivieren können, etwas für sich selbst zu tun. Die Bekämpfung der Einbruchskriminalität kann die Polizei nicht alleine leisten. Das müssen wir einfach und klar sagen. Wir können nicht vor jedes Haus einen Polizeibeamten stellen. Das heißt, dass gerade bei dieser Deliktsform die Eigensicherung des Bürgers besonders gefragt ist. Ohne Selbsthilfe des Bürgers läuft gar nichts.

Vorhin ist gesagt worden, dass in Bayern 44 % der Taten im Versuchsstadium stecken bleiben. Bundesweit sind es 40 %. Das liegt daran, dass diejenigen, die von Einbrüchen verschont geblieben sind, es dem Einbrecher durch eigene Sicherheitseinrichtungen unmöglich gemacht haben, in die Wohnung zu kommen. Deswegen haben wir im Innenausschuss auch beantragt, dass man Investitionen für Sicherheitsmaßnahmen stärker fördern soll. Bis jetzt bekamen Sie einen Zuschuss von mindestens 2.000 Euro, wenn Sie zu Hause eine Alarmanlage für 20.000 Euro oder mehr eingebaut haben. Das waren Sicherheitsmaßnahmen für die Betuchten. Wir wollen, dass sich jeder Bürger durch einen einfachen Riegel schützen kann. Deswegen hatten wir beantragt, die Summe für die Bemessung der Förderung herabzusetzen. Diesen Antrag haben Sie abgelehnt. Was las ich vor vier Wochen in der Zeitung? – Die Große Koalition hat jetzt beschlossen, auch kleine Sicherungsmaßnahmen zu bezuschussen.

(Beifall bei der SPD)

Das halte ich für besonders wichtig. Wir wissen, dass 80 % aller Wohnungseinbrüche durch die Wohnungstür gehen. Wenn man sich einen Riegel anschafft, verhindert man Einbrüche, weil der Profi sofort sieht,

dass er mit seinem Stemmeisen nicht durch die Tür kommt, wenn dort ein Riegel angebracht ist.

Deswegen hatten wir auch beantragt, eine Aktion mit dem Titel "Riegel Dich Sicher!" durchzuführen. Wir wollen an die Bürgerinnen und Bürger herantreten und ihnen sagen, wie wichtig eigene Maßnahmen sind. Diesen Antrag zur Aktion "Riegel Dich Sicher!" haben Sie abgelehnt. Wenn ich sehe, wie Einbrüche stattfinden und wie es in anderen Ländern aussieht, würde ich sagen: Bayerns erfolgreicher Kampf gegen die Einbruchskriminalität sollte in erster Linie zum Ziel haben, dass wir die Bürger besser aufklären. Wenn ich sehe, welche Aufklärung Baden-Württemberg leistet, stelle ich im Vergleich dazu in Bayern noch weiße Flecken fest.

Wir haben auch nicht genügend Beratungsstellen bei der Polizei. Für die Beratung muss viel mehr getan werden, damit der Bürger weiß, dass er sich jederzeit an die Polizei wenden kann. Wir haben bei den Präsidien zwar gute Beratungsstellen. Rufen Sie aber einmal an, Herr Minister, und lassen Sie sich einen Termin geben. Sagen Sie aber nicht, dass Sie der Innenminister sind, sondern sagen Sie einfach, dass Sie einen Beratungstermin haben möchten. Dann bekommen Sie in vier bis acht Wochen einen Termin.

Hinzu kommt – darüber sollten wir den Bürger auch aufklären: Der Bürger muss aufmerksam sein. Neudeutsch heißt das Neighbourhood Watch. Ich würde es Nachbarschutz nennen. Die Nachbarn müssen sich gegenseitig schützen. Wenn ihnen etwas merkwürdig vorkommt, müssen sie im Zweifel – auch das weiß der Bürger noch nicht – die Nummer 110 anrufen. Immer wenn ich bei meinen Vorträgen über dieses Thema spreche, fragen mich die Bürger: Was, ich soll die 110 anrufen? Das ist doch ein Notruf. – Darauf sage ich: Einbruch ist auch eine Not, und da dürfen Sie die Polizei anrufen. – Die meisten Bürger wissen das aber nicht.

Ich fasse zusammen: Wenn wir die Einbruchskriminalität besser bekämpfen wollen, können wir das nicht ausschließlich der Polizei überlassen. Wenn wir die Einbruchskriminalität besser bekämpfen wollen, ist der Bürger genauso gefragt wie die Polizei. Deswegen müssen wir den Bürger besser aufklären. Es scheint mir ein wesentlich besserer Beitrag zu sein, die Einbruchskriminalität zu vermeiden, als die Polizei mit zusätzlichen Streifen zu belasten. Deswegen, Herr Innenminister: Riegeln Sie uns sicher!

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER hat jetzt Herr Kollege Hanisch das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Ihrer Aktuellen Stunde ist eigentlich Schnee von gestern. Das haben wir schon vor sechs oder acht Wochen im Innenausschuss mitgeteilt bekommen. Die Aktualität erschließt sich mir deshalb nur sehr mäßig.

(Widerspruch des Abgeordneten Manfred Länd- ner (CSU))

Doch, so ist es, Herr Ländner. Vielleicht haben Sie in der Sitzung nicht aufgepasst. Die Zahlen sind uns vor acht Wochen im Innenausschuss genannt worden.