Protokoll der Sitzung vom 28.09.2016

Erster Punkt: der Ausbau des breitbandigen Internets in Bayern. Es ist doch unstrittig, dass eine gute Internetversorgung für unser Leben immer wichtiger wird, sei es beruflich, sei es für private Kontakte oder auch

in Zukunft für den einen oder anderen Behördengang oder eines Tages auch noch mehr für medizinische Dienstleistungen. Da spielt die Frage eine entscheidende Rolle, ob ich gut angebunden bin oder nicht. Fast ein Drittel der Menschen im ländlichen Raum, die wir befragt haben, ist mit dem Internetzugang nicht zufrieden. Ich sage Ihnen: Deren Zahl wird weiter steigen. Neue Anwendungen erfordern mehr Bandbreite. Wir haben sie leider nicht. Sie setzen mit Ihrem Ausbauprogramm – Sie geben viel Geld dafür aus, das kann man gar nicht in Abrede stellen – auf das herkömmliche Kupferkabel. Letztendlich heißt das: Wir motzen einen alten Klingeldraht auf. Damit gewinnen wir keine Zukunft.

Der Verband der Netzausrüster hat letztes Jahr nachgerechnet: Weniger als ein Prozent der Haushalte in Deutschland verfügen über einen Glasfaseranschluss. Wir sind Schlusslicht in Europa, und Sie helfen mit Ihrem Förderprogramm mit, dass das so bleibt; Sie fördern alte Technologien statt Glasfaser. Der Glasfaser gehört die Zukunft. Wenn wir heute in Glasfaser investieren, liefert sie über Jahrzehnte gute Rendite. Ich erwarte, dass Bayern in der europäischen Spitze mitspielt und nicht Schlusslicht ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kreuzer hat sich vorhin durchgehend an der SPD abgearbeitet, weil sie angeblich keine Ziele hätte. Ich sage Ihnen ganz konkret ein Ziel bei diesem Thema, bei einer Zukunftstechnologie für unseren Wirtschaftsstandort: Glasfaser statt Klingeldraht in jedes Wohnzimmer, und das in den nächsten zehn Jahren! Wenn man das wirklich will, ist das in Bayern zu schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der zweite Punkt: die Anbindung des ländlichen Raumes an Bus und Bahn. Die Hälfte der Menschen im ländlichen Raum ist mit dem Angebot unzufrieden. Jeder, der im ländlichen Raum lebt oder gelebt hat, weiß das: Wenn Schulbusse fahren, klappt es ganz gut, aber am Abend oder an den Wochenenden oder in den Ferien kommt der Bus nur selten. Er kommt sogar seltener als die Demut bei Markus Söder. Markus Söder muss selber damit klarkommen. Für die Menschen auf dem Land ist unser Ziel ganz klar: die grüne Mobilitätsgarantie für ganz Bayern – von 5 Uhr früh bis 24 Uhr abends stündlich ein Angebot.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mobilitätsgarantie und Glasfaser für alle – das wäre ein Quantensprung für den ländlichen Raum und eine echte visionäre Politik für Bayern. Genau die brauchen wir, damit die Menschen auch in Zukunft gerne im ländlichen Raum leben.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die Kräfte des Gelingens sind auch bei der Energiewende und beim Naturschutz dringend gefragt. Auch dazu kommt von Ihnen nur der Satz: Wir schaffen das nicht. Ein kurzer Rückblick, zwei Kollegen haben das schon getan: 2013 – drei Jahre sind vergangen – hieß es noch ganz anders. Wir wollen, dass in Bayern so viel Strom erzeugt wrd, wie hier verbraucht wird, so hieß es in Ihrem "Bayernplan". Letztes Jahr hat das Haus von Ilse Aigner eingestehen müssen, dass wir künftig die Hälfte des Stromes importieren müssen. Von wegen "Bayernplan" erfüllt! – "Bayernplan" aufgegeben! Für ein starkes Industrieland ist das ein peinliches Eingeständnis.

Wir kriegen es nicht hin, weil Sie den Ausbau der Windkraft abgewürgt und obendrein noch den Bau der Windkraftadern in den Norden gebremst haben. Diese kommen zwar jetzt mit drei Jahren Verspätung. Der Stromkunde wird dafür aber einen gewissen Seehofer-Versäumnisaufschlag zahlen müssen. Durch die dreijährige Verspätung werden mehrere Eingriffe in das Stromnetz notwendig, um Schwankungen auszugleichen. Der Stromkunde wird jedes Jahr dafür bezahlen müssen – wirklich ein Seehofer-Versäumnisaufschlag!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei sind Wind- und Sonnenstrom so günstig wie noch nie. Ich war vor drei Wochen in Fuchstal; dort wurden vier Anlagen installiert. Der Bürgermeister dort – er gehört nicht Ihrer Partei an – hat deutlich dargelegt, wie verzweifelt er war, 2011 die Ankündigung von Ihnen zu hören – er ist gefolgt mit den Beamten, den Mitarbeitern, wollte etwas auf die Beine stellen –, und dann wurde faktisch ein Stein nach dem anderen in den Weg gelegt. So funktioniert Energiewende nicht.

Statt in Berlin auf sauberen Ökostrom aus Wind und Sonne zu setzen, treibt die CSU mit den Stimmen der SPD lieber die dreckige Kohlekraft voran. Das ist ein Klimaverbrechen und kein Klimaschutz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um in unserem Land im Kampf gegen die Klimaüberhitzung wirklich voranzukommen, brauchen wir – ein ganz konkreter Vorschlag, Herr Kreuzer, vielleicht können Sie auch mitschreiben – ein ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz für Bayern. Raus mit der dreckigen Energie aus unseren Häusern! – Die Staatsregierung fördert den Austausch einer dreckigen alten Ölheizung durch eine neue dreckige Ölheizung. Klimaschutz sieht anders aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit einem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz wollen wir dafür sorgen, dass unsere Eigenheime und die Mietshäuser mit neuen Qualitätsstandards für moderne Heizanlagen auf Vordermann gebracht werden. Unsere Ingenieurinnen und Handwerker sind bereit, die Technik ist vorhanden.

Ein weiterer Aspekt im Energiebereich: In Bayern wurden mittlerweile zwei Atomkraftwerke stillgelegt, ohne dass auch nur im Geringsten Probleme bei der Stromversorgung aufgetreten sind. Wir müssen möglichst schnell weitermachen. In Bayern stehen noch zwei Siedewasserreaktoren, die beiden letzten in Deutschland. Sie sind eine Gefahr für unser Land, vor allem eine unnötige Gefahr, da wir diese Strommenge nicht mehr benötigen. Wir fordern, mit der endgültigen Inbetriebnahme der Thüringer Strombrücke die beiden Blöcke in Gundremmingen endgültig abzuschalten. Dadurch gewinnen wir Sicherheit und haben weniger Atommüll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, es gibt einen sehr wichtigen Bereich, in dem es tatsächlich darum geht, möglichst wenig Veränderung zuzulassen. Ich spreche vom Naturschutz, vom Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen; ich spreche von der natürlichen Schönheit Bayerns, die wir GRÜNE bewahren wollen. Wir stehen damit im Gegensatz zu Ihnen, den Heimatzerstörern der CSU.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch der Ab- geordneten Kerstin Schreyer (CSU))

Ich weiß, die Wahrheit ist manchmal hart. – Drei Beispiele, die das untermauern: Erstens. Am Riedberger Horn wollen Sie unbedingt eine neue Lifttrasse durchdrücken. Dass die Hotelbetreiber vor Ort das wollen, ist zwar nicht gut, aber verständlich.

(Staatssekretär Franz Josef Pschierer: Die Bür- ger möchten‘s!)

Dass Sie diesen Wunsch aber zum Maßstab Ihrer Politik machen, den Umweltschutz mit Füßen treten und das Recht biegen – beugen wäre wohl der bessere Ausdruck –, zeigt: Sie sind umweltpolitische Versager.

(Beifall bei den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Waren Sie schon einmal dort? Haben Sie sich das schon einmal angeschaut? Können Sie das überhaupt beurteilen?)

Ich war oft genug zu einer Skitour in dem Gebiet und kenne es sehr gut, Kollege Kreuzer. – Sie haben sich schwer getan, meinen Vorwurf wahrzunehmen, dass Sie die Heimat zerstören.

Das nächste Beispiel ist die Aufweichung des Anbindegebotes. Das Anbindegebot ist ja im Kern eine Naturschutzvorschrift. Tatsächlich wollen Sie die Schleusen für noch mehr Beton und Asphalt in Bayern öffnen, und das ohne Not; denn wir haben genug Gewerbefläche. 11.000 Hektar sind ausgewiesen, die gerade nicht bebaut sind und nicht benötigt werden. Im Gegenzug verschwindet immer mehr natürliche Fläche, und die Ortskerne veröden. Ich habe echt fast zweimal lesen müssen, dass Sie letzte Woche – vielleicht war es auch schon in der vorletzten Woche – im Kabinett angekündigt haben, ein Programm aufzulegen, um die Ortskerne wiederzubeleben. Ein Programm, die Ortskerne wiederzubeleben, ist nicht schlecht; aber ein Programm aufzulegen, um den Auswirkungen Ihrer eigenen verfehlten Politik im Außenbereich, nach der immer wieder Discounter auf der grünen Wiese entstehen, gegenzusteuern, ohne die Ursachen zu beheben, ist der falsche Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bringe einen Vergleich; dann ist das für manche Kollegen verständlicher. Neben einem staatlichen Programm zur Förderung des Zigarettenabsatzes gibt es ein anderes Programm, das die Menschen ermutigen soll, mit dem Rauchen aufzuhören. Wir GRÜNE sagen ganz deutlich: Wir brauchen eine Obergrenze beim Flächenfraß, das heißt beim Flächenverbrauch. Nimmt man die Ziele der Bundesregierung – die CSU gehört ihr ja noch an, auch wenn es in den letzten zwölf Monaten manchmal nicht den Anschein hatte –, sind für Bayern 5 Hektar am Tag genug. Das schaffen wir, notfalls auch gegen Sie.

Ein drittes Beispiel: der dritte Nationalpark in Bayern. Mit dem Steigerwald haben wir eines der wertvollsten Waldgebiete in ganz Deutschland.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was läge näher, als diesen alten und seltenen Buchenwald durch einen Nationalpark zu schützen? Aber auf einmal kneifen Sie wieder. Stattdessen soll jetzt irgendwo in Bayern ein neuer dritter Nationalpark entstehen. Nach welchen Kriterien wird das eigentlich entschieden? Unter die Erde können Sie ihn nicht verlegen, Herr Ministerpräsident. Nach welchen Kriterien wird denn da entschieden? Geht es wirklich um den Naturschutz oder letztlich darum, wo möglichst wenig wirtschaftliche Interessen betroffen sind? Mein Fazit: Auch den Schutz unserer Natur und der Schönheit Bayerns wollen Sie nicht hinbekommen.

Nirgendwo, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, werden die Kräfte des Gelingens dringender gebraucht als bei der Integration. Menschen, die wegen Krieg oder Verfolgung aus ihrer Heimat geflo

hen sind, bei uns aufzunehmen, ist ein Gebot der Menschlichkeit, und ihnen einen Platz in unserer Gemeinschaft zu geben, ist ein Gebot der Vernunft. Wer die ausgestreckte Hand sieht, wird leichter zum Teil unserer Gemeinschaft als derjenige, dem man die kalte Schulter zeigt.

Die Aufgabe der Integration ist groß. Ob wir letztendlich erfolgreich sein werden, ja, wie wir die Aufgabe meistern, entscheidet sich auf der menschlichen Ebene. Bleiben die Geflüchteten unter sich, oder werden sie in den Betrieben, in den Vereinen, in der Nachbarschaft, in den Schulen oder auch in den Kirchen wirklich Teil unseres Alltags? Integration steht und fällt mit der Bereitschaft dazu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir Integration mit einer Brücke vergleichen, ist die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helfer der tragende Brückenpfeiler. An diesem Brückenpfeiler bringen Sie in der Person Ihres Generalsekretärs einen verbalen Sprengsatz an. Menschen, die genau das tun, was wir fördern und schätzen, werden von ihm verächtlich gemacht. So macht man Integration kaputt. So frustriert man engagierte Menschen. Deutlicher hätten Sie nicht sagen können, dass Sie Integration gar nicht schaffen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Anders kann ich mir nicht erklären, dass Andreas Scheuer bis heute als Generalsekretär für die CSU spricht.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher legen großen Wert auf Lebensmittel, die nicht auf Kosten der Umwelt oder auf Kosten der Tiere hergestellt werden. Leider liegt hier einiges im Argen. Die Wasserwerke haben immer mehr Mühe, die Nitratwerte im Trinkwasser einzuhalten.

Ganz kurz ein Einschub zu Ihrer Regierungserklärung. Sie haben davon gesprochen, die Lebensmittel in Bayern seien so sicher wie noch nie. Das mag im Großen und Ganzen durchaus richtig sein. Sie haben aber vergessen, dass das wichtigste Nahrungsmittel, unser Wasser, in einem verdammt schlechten Zustand ist. Es wird jedes Jahr schlechter. Sie schaffen es nicht, es zu schützen.

Gülle aus der Massentierhaltung und ein übermäßiger Einsatz von Stickstoffdünger verseuchen das Wasser und machen die Böden kaputt. Die CSU-Regierung sitzt auch dieses Problem aus und ergreift nicht einmal die einfachsten Maßnahmen; der Kollege Christian Magerl kann davon ein Lied singen. Sie sind nicht

einmal bereit, etwas für die Gewässerrandstreifen zu machen. Eine bessere Düngeverordnung, die längst überfällig ist, wird von Ihnen verschleppt. Wieder ein Beispiel, was Sie nicht schaffen wollen. Wir GRÜNE sagen: Wir schaffen das. Wir schaffen es, für sauberes Trinkwasser und für eine giftfreie Landwirtschaft zu sorgen. Wir verstecken uns nicht hinter dem angeblichen Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher, möglichst billige Lebensmittel zu bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sauberes Wasser, giftfreie Lebensmittel und ein Verzicht auf Tierquälerei brauchen einen politischen Willen. Sie haben ihn nicht, wir schon.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrter Herr Seehofer, ich habe mir noch einmal Ihre Regierungserklärung von 2013 angesehen. Ihre Regierungserklärung kurz nach der Landtagswahl war stark von dem Gedanken geprägt: Wir schaffen das. Das belegt zum Beispiel ein Zitat aus der Regierungserklärung: Wer das Beste erhalten will, der muss Landeplätze für die Zukunft bauen statt Bunker zur Verteidigung der Vergangenheit – so in Ihrer Regierungserklärung 2013. Sie haben eine ganze Reihe von Garantien und Versprechen abgegeben. Schauen wir doch einmal, was daraus geworden ist.

Ganz vorneweg die Grundschulgarantie: Grundschulen in Bayern sollen bestehen bleiben. Das haben Sie versprochen. Das gilt leider nur für die rechtlich selbstständigen Schulen in Bayern. Die unselbstständigen Außenstellen der Grundschulen, immerhin jede sechste Schule in Bayern, sind davon nicht betroffen. Aber genau die Grundschulen, die von der Schließung bedroht sind, die kleinen Grundschulen vor Ort brauchen die Garantie, damit sie nicht von der Schließung bedroht sind.

Ich komme gleich zur Ganztagsgarantie; sie wurde ja heute noch einmal untermauert. Sie haben sie hoffentlich nicht ganz aufgegeben. Das Ziel ist ja richtig, und es ist auch wünschenswert, da zügig voranzukommen. Aber man muss schon sagen, Sie haben heute genau das wiederholt, was Sie vor drei Jahren gesagt haben. Da frage ich mich schon, was in den letzten drei Jahren passiert ist, um die Ganztagsgarantie für alle 14-Jährigen bis 2018 mit einem bedarfsgerechten Angebot zu erreichen. Davon sind wir noch meilenweit entfernt.

Gleiches gilt für die Ankündigung: Bayern wird bis 2023 für Menschen mit Behinderung barrierefrei sein. Auch hiervon sind wir noch meilenweit entfernt. Sehr geehrter Herr Seehofer, um es mit Ihren eigenen Wor