Der dritte Ansatzpunkt ist die konsequente Entwaffnung aller Reichsbürger in Bayern nach Entzug des Waffenscheins oder der Waffenbesitzkarte. In diesem Punkt stimme ich meinem Kollegen von der CSU zu. Diese Forderung erheben wir auch. Nun kommt eine weitere Forderung; da könnten Sie uns auch zustimmen, das wäre doch schön. Wir fordern nämlich schon lange eine Verschärfung des Waffenrechts auf Bundesebene. Ich glaube, aufgrund der Ereignisse, die wir in der letzten Zeit erleben – dazu gehört auch diese ganze Reichsbürger-Geschichte –, ist das endlich nötig.
Da muss ich allerdings nur wieder Ihre Seite des Plenarsaals anschauen: Sie von der CSU-Fraktion sind bei diesem Thema die Bremser. Wir brauchen endlich eine Verschärfung des Waffenrechts!
Abschließend noch die letzte Forderung, die wir GRÜNE aufstellen: Die CSU-Staatsregierung muss den staatlichen Stellen mehr Unterstützungsmöglichkeiten geben. In anderen Bundesländern gibt es bereits Handbücher zum Umgang mit den Reichsbürgerinnen und Reichsbürgern. Es müssen auch verstärkt Schulungsmaßnahmen in der Aus- und Fortbildung für die Beamten in Justiz, Polizei und bei der Verwaltung ergriffen werden. Eines nämlich ist klar: Wir müssen die schützen, die unseren Staat jeden Tag vertreten. Deswegen müssen wir beim Thema Reichsbürger-Bewegung genauer hinschauen und stärker aktiv werden. Vor allem dürfen wir diese Gefahr nicht mehr kleinreden oder diese Personen nur als Spinner abtun. Sie sind eine Gefahr, und das sind keine Spinner, sondern Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker. Es ist eine Bewegung, die für unsere Demokratie und für unseren Staat gefährlich ist.
Vielen Dank, Frau Schulze. – Unser nächster Redner ist Herr Kollege Streibl. Bitte schön, Herr Streibl.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir alle, für die die Bundesrepublik Deutschland Heimat ist, haben mit tiefer Trauer, mit Entsetzen und Abscheu von dem feigen Mord in Georgensgmünd erfahren.
Unsere Gedanken und auch unsere Gebete sind bei den Opfern und den Hinterbliebenen. Wir sprechen den Polizeibeamten unser tiefstes Mitgefühl, aber auch unseren tiefsten Respekt aus. Von dieser Stelle aus: Danke.
Die Polizeibeamten sind diejenigen Beamten, die den Bürgern den Staat vor Augen führen, die das Gewaltmonopol des Staates ausführen. Wenn Polizisten angegriffen werden, dann wird unser Staat angegriffen. Was in Georgensgmünd passierte, das war der maximale, der größte Angriff auf unsere Zivilgesellschaft. Deshalb haben wir FREIEN WÄHLER auch schon vor Jahren eine Verschärfung des Strafrechts bei Gewalt gegen Polizeibeamte gefordert. Offensichtlich wurden aber die sogenannten Reichsbürger eher als skurrile Sonderlinge abgetan, die die Verwaltung, aber auch die Justiz und dieses Haus mit abstrusen Petitionen und Meinungen zu bombardieren versuchen. Seit Georgensgmünd aber wissen wir: Sie sind keine skurrilen Sonderlinge, sondern rechtsstaatliche Antipoden. Sie sind diejenigen, die gegen unseren Rechtsstaat stehen, die diesen Rechtsstaat zutiefst ablehnen. Deshalb müssen wir unseren Rechtsstaat schützen und verteidigen und dafür hier die notwendigen Schritte einleiten. Was allerdings verwundert, ist die öffentliche Ankündigung, dass das auch ein Thema im Parlamentarischen Kontrollgremium sein wird. Dieses Gremium tagt bekanntlich geheim, und eigentlich hätte dieses Thema dort schon längst ein Thema sein sollen.
Meine Damen und Herren, wer unseren Staat ablehnt, wer unser Grundgesetz ablehnt, der lehnt auch Artikel 1 unseres Grundgesetzes ab, die Würde des Menschen. Das aber ist, was hinter dieser fatalen Ideologie steht. Deshalb ist diese Ideologie, wie wir vorhin schon diskutiert haben, letzten Endes menschenverachtend. Deswegen müssen wir sehr wachsam sein und sagen: Beamte, die dieser Bewegung oder dieser Ideologie oder diesen skurrilen Gedanken anhängen, haben im Staatsdienst nichts verloren, ganz gleich wo, ob es bei der Polizei, bei der Exekutive sonst oder bei der Judikative ist. Wir müssen hier wachsamer sein. Die Polizei muss noch besser auf solche Einsätze vorbereitet und noch besser ausgerüstet werden, und auch der Verfassungsschutz muss noch genauer hinschauen und noch genauer überprüfen, wer sich in unserem Staat aufhält und wer hier arbeitet.
Wenn man mit Bürgermeistern oder Landräten redet, muss man jetzt erschreckt feststellen, dass die Reichsbürger keine Einzelfälle sind, sondern dass fast in jeder Gemeinde welche vorhanden sind und fast
jeder Bürgermeister schon seine negativen Erfahrungen mit ihnen hatte. Insoweit muss von diesem Haus ein Signal auch an unsere Kommunalpolitiker ausgehen, wie man mit diesem Phänomen umgeht und wie man sich zur Wehr setzen muss.
Deswegen werden wir heute auch alle Anträge zu dem Thema unterstützen und befürworten, auch den der SPD, der über Berichtsanträge hinausgeht. Ich denke, es ist gut, wenn man sagt: Hier muss gehandelt werden. Dieses Thema dürfen wir nicht vergessen. Wir dürfen nichts versäumen und müssen hier tatkräftig weitermachen.
Danke schön, Herr Kollege Streibl. – Für die Staatsregierung hat sich Staatsminister Herrmann zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der brutale Angriff auf die Beamten des Sondereinsatzkommandos am letzten Mittwochmorgen hat uns alle sehr erschüttert. Dass dabei ein junger Polizist zu Tode kam, macht uns überaus betroffen und traurig. Mein herzliches Beileid gilt den Angehörigen, den Freunden und Kollegen. Am kommenden Samstag werden wir um 15.00 Uhr bei einer Trauerfeier in St. Lorenz in Nürnberg des ermordeten Polizeikollegen gedenken. Sie alle, liebe Landtagskolleginnen und -kollegen, sind zu dieser Trauerfeier herzlich eingeladen. In ganz Bayern werden am Samstag um 15.00 Uhr alle Polizeibeamten, sofern es die jeweilige Einsatzbedingung zulässt, kurz innehalten und in einer Gedenkminute verharren. – Den verletzten Kollegen wünschen wir von Herzen gute Besserung und vollständige Genesung.
Dieses schreckliche Ereignis der letzten Woche im Landkreis Roth gibt in der Tat dringenden Anlass, dass wir die sogenannten Reichsbürger in Bayern noch intensiver unter die Lupe nehmen. Bei den Reichsbürgern handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für Personen, die mit unterschiedlicher Begründung die Existenz der Bundesrepublik Deutschland bestreiten, unser Rechtssystem nicht anerkennen und den Repräsentanten des Staates die Legitimation absprechen. Dieser äußerst heterogene Personenkreis ist in letzter Zeit deutlich gewachsen, und seine Gewaltbereitschaft steigt.
Eine Gruppierung des Phänomens, die selbsternannte "Exilregierung des Deutschen Reichs", wird seit geraumer Zeit bundesweit von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachtet. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat
in letzter Zeit wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass derzeit auch außerhalb des harten rechtsextremistischen Kerns besorgniserregende Radikalisierungsprozesse wahrzunehmen sind. Auch für die Reichsbürgerszene wurde darauf hingewiesen, dass sich deren Anhänger zu Widerstandshandlungen gegen Vertreter des Staates berufen fühlen könnten.
Aber auch im präventiven Bereich wurde eine Vielzahl von Maßnahmen zur Sensibilisierung für die Gefahren ergriffen, die von den sogenannten Reichsbürgern ausgehen. Auf dem von der BIGE gemeinsam mit der Landeszentale für politische Bildungsarbeit betriebenen Internetportal "Bayern gegen Rechtsextremismus" werden schon seit Jahren Hinweise zum Umgang mit sogenannten Reichsbürgern gegeben. Auf Fortbildungsveranstaltungen finden Schulungen, auch speziell für Gerichtsvollzieher statt. Das Staatsministerium der Justiz gibt Handlungsempfehlungen zum Umgang mit diesen schwierigen Verfahrensbeteiligten.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, aus meiner Sicht erscheint nun zweierlei dringend geboten:
Zum einen muss sichergestellt werden, dass den Sicherheitsbehörden alle der Reichsbürgerbewegung zugehörigen Personen gemeldet werden, damit diese die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um von diesem Personenkreis ausgehende Gefahren zu unterbinden. Insbesondere gilt es, so rasch wie möglich waffenrechtliche Erlaubnisse und Waffen einzuziehen. Zu diesem Zweck wird gerade ein Meldeweg etabliert, der die Informationssammlung und -auswertung bei der Polizei konzentriert und die Weiterleitung an andere Behörden wie zum Beispiel die Waffenbehörden sicherstellt. Diese wurden darauf hingewiesen, dass Personen, die unsere Rechtsordnung nicht anerkennen, regelmäßig nicht die für den Umgang mit Waffen erforderliche Zuverlässigkeit bieten.
Parallel dazu hat das Landesamt für Verfassungsschutz seine Beobachtung der Reichsbürger intensiviert und ausgeweitet. Mittlerweile werden alle Gruppierungen und Einzelpersonen beobachtet, die der sogenannten Reichsbürgerbewegung zugerechnet werden können.
Bei Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die Bezüge zu Reichsbürgern haben, werden die zuständigen Personalstellen darüber hinaus auch prüfen, ob dienst- oder arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Es ist völlig klar: Wer sich ernsthaft zu dieser Bewegung bekennt und bestreitet, dass es diesen Rechts
Zum Zweiten benötigen wir auch ein umfassendes bayernweites Lagebild zum Thema Reichsbürger, und zwar über alle bayerischen Behörden in allen Verwaltungszweigen hinweg. Hierzu habe ich gerade eine Abfrage für die Bereiche der bayerischen Polizei und der Allgemeinen Inneren Verwaltung veranlasst. Meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Staatsministerien werden gebeten, auch in ihnen nachgeordneten Bereichen entsprechende Informationen einzuholen. Wir müssen das letztendlich in der ganzen Breite erfassen. Da kann schon ein Bürgermeister auf eine merkwürdige Person aufmerksam geworden sein; es können auch Kollegen aus dem Bundesbereich wie des Zolls sein, die auf solche Fälle aufmerksam werden, genauso wie an Amtsgerichten und an vielen anderen Behörden unseres Landes Tätige. Zu den Ergebnissen dieser bayernweiten Abfrage werde ich dann gerne im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport gesondert berichten. In diesem Bericht werde ich ebenfalls auf die Fragestellungen eingehen, die von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in deren Dringlichkeitsantrag aufgeworfen wurden, und ebenso auch auf die Fragen, die im SPD-Antrag mit enthalten sind.
Meine Damen und Herren, meines Erachtens ist es ganz einfach traurig, dass es in unserer Zeit, in der unser Staat, in der die Bundesrepublik Deutschland ihren Bürgerinnen und Bürgern so viel Freiheit und Wohlstand ermöglicht wie wohl noch nie zuvor in der Geschichte unseres Landes, immer noch Menschen gibt, die sich lieber ein Deutsches Reich der Vergangenheit herbeisehnen.
Wenn dieser Hang zum Geschichtsrevisionismus dann aber auch noch zum Vorwand benutzt wird, um die staatliche Autorität infrage zu stellen und Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Staates auszuüben, können wir das auf gar keinen Fall tolerieren. Hier ist ein Punkt gekommen, an dem fanatischer Intoleranz nicht mehr mit Toleranz, sondern nur noch mit der ganzen Härte der Instrumente dieses Rechtsstaats begegnet werden kann und muss. Das sind wir auch dem ermordeten Polizisten und seinen Angehörigen schuldig.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13810 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Gibt es Enthaltungen? – Auch keine. Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13815 – das ist der Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSUFraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13817 – das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist auch dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13823 – das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die CSU, die SPD, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.
Wir haben jetzt noch die Abstimmungen zu den davor debattierten Dringlichkeitsanträgen durchzuführen. Hierzu rufe ich nochmals den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/13809 auf. Das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN. Über diesen Dringlichkeitsantrag wird in einfacher Form abgestimmt. Wer diesem Dringlichkeitsantrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Über den Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/13822 stimmen wir in namentlicher Form ab. Die Urnen sind bereitgestellt. Ich eröffne die Abstimmung. Sie haben fünf Minuten Zeit.
Ich möchte Ihnen noch einen Hinweis auf den Verlauf des Abends geben. Wir haben jetzt noch einen Dringlichkeitsantrag und den Untersuchungsausschussbericht zu debattieren. Wir werden das aller Voraussicht nach nicht bis 19.00 Uhr schaffen. Ich gehe also davon aus, dass die Debatte etwa eine halbe Stunde länger dauern wird. Ich bitte Sie, sich darauf einzustellen. Besteht damit Einverständnis, dass wir die Debatte heute zu Ende führen? – Das ist der Fall. Dann werden wir so verfahren.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Paul Wengert, Klaus Adelt u. a. und Fraktion (SPD) Keine halben Sachen bei der Rettungshelfergleichstellung (Drs. 17/13811)