Protokoll der Sitzung vom 08.12.2016

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Pohl. – Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Petersen für die SPD.

(Anhaltende Unruhe bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, wir haben uns im Ältestenrat vor Kurzem geeinigt, dass wir diese Sitzung mit Anstand weitermachen wollen. Ich bitte Sie herzlich darum, das auch zu tun.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄHLERN – Zurufe von der CSU)

Frau Petersen, Sie haben das Wort.

Danke schön. – Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, Sie irren sich, Herr Kollege Pohl, wenn Sie sagen, in den Schulen passiere schon alles, was in Artikel 7 dargestellt wird. Offensichtlich ist das Integrationsverständnis der Schulen nicht so, wie es die Staatsregierung und die CSU in diesem Gesetz propagieren, nämlich Integration als Einbahnstraße. Davon ist dieser Artikel 7 eindeutig geprägt.

(Beifall bei der SPD)

Bereits in Absatz 1 Satz 1 wird auf den Bildungs- und Erziehungsauftrag nach Artikel 131 der Verfassung verwiesen,

(Anhaltende Unruhe bei der CSU)

und dieser Artikel 131 nennt als oberste Bildungsziele unter anderem Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen.

Frau Petersen, bitte entschuldigen Sie, ich muss noch einmal unterbrechen. – Jetzt muss ich Sie ansprechen, Herr Kreuzer. Herr Fraktionsvorsitzender, Sie haben eine nicht leise Stimme, und wenn Sie etwas zu besprechen haben, dann gehen Sie doch bitte kurz hinaus. Das stört sonst wirklich.

(Beifall bei der SPD – Thomas Kreuzer (CSU): Jawohl!)

Danke schön.

Also, ich habe aus Artikel 131 der Bayerischen Verfassung die obersten Bildungsziele zitiert. So weit, so gut. Hier wird von den Schulen aber verlangt, dass sie in diesem Auftrag die in Artikel 1 genannten Integrationsziele verwirklichen. Wenn man dort als interessierter Leser nachsieht, findet man aber nur ein einziges Integrationsziel, und zwar die unabdingbare Achtung der Leitkultur. Das kann es nicht sein. Da wird die Bayerische Verfassung schon arg eingedampft, und damit können wir uns nicht zufrieden geben.

(Beifall bei der SPD)

Danach ist von interkultureller Kompetenz aller Schülerinnen und Schüler die Rede. Wie soll das geschehen? Es wird überhaupt nicht erläutert, wie man Schülerinnen und Schülern interkulturelle Kompetenz vermitteln will, zumal als oberstes Ziel die Achtung der Leitkultur genannt wird.

Im Änderungsantrag der SPD, der vorhin schon mehrfach erwähnt wurde, heißt es, dass die Bildungseinrichtungen die ethnische, kulturelle und religiöse Identität achten und fördern. Von einem Fördern dieser interkulturellen Identität steht hier aber nichts. Es steht auch nichts davon da, dass die Muttersprache gefördert werden soll. Kolleginnen und Kollegen haben aber eben schon darauf hingewiesen, dass man in seiner Muttersprache firm sein muss, um andere Sprachen erlernen zu können.

Der Islamunterricht wird in Bayern immer noch im Modellstatus erteilt. Wir haben mehrfach Anträge gestellt, dass er flächendeckend eingeführt werden soll. Das ist aber immer noch nicht erreicht. Das ist eindeutig ein Defizit bei der interkulturellen Förderung.

(Beifall bei der SPD)

Die Lehrerinnen und Lehrer sollen nicht nur gelobt werden, wie das Frau Kollegin Trautner eben getan hat, sondern sie sollen "im erforderlichen Umfang" Fortbildungen bekommen. Was aber heißt "erforderlicher Umfang"? Wer legt fest, was erforderlich ist? – Meine Kollegin Annette Karl hat aus der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage erfahren, dass bei einschlägigen Fortbildungsangeboten geprüft wird, ob sie durchgeführt werden sollen. Auch da gibt es sehr viel Luft nach oben und nur wenig Konkretes.

In Absatz 3 heißt es, für Schülerinnen und Schüler können gesonderte Klassen und sonstige Fördermaßnahmen zur Sprachförderung eingerichtet werden. – Wir sind uns einig, dass die Aufnahme in Regelklassen das Sinnvollste ist, weil die Schülerinnen und Schüler sich dort am schnellsten integrieren. Das ist aber oft nicht auf Anhieb möglich, sondern es werden Fördermaßnahmen gebraucht. "Können" genügt nicht, man muss sie einrichten, weil die Schülerinnen und Schüler sonst dem Unterricht in den Regelklassen gar nicht folgen können.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): So ist es!)

Der Sinn von Absatz 4 erschließt sich mir auch nicht beim zweiten oder dritten Lesen. Wenn die Teilnahme am Unterricht als Grundvoraussetzung für die Integration an den Schulen für alle Schüler gilt, und wenn das auch so Praxis ist, dann könnte man ihn auch ersatzlos streichen. Oder soll jetzt ein Sonderrecht für muslimische Schüler eingeführt werden? Dann ist dieser Absatz der Integration aber nicht dienlich, sondern in hohem Maße hinderlich.

Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Ihr Integrationsgesetz außerhalb der CSU nicht auf große Gegenliebe stößt. Der BLLV hat heute in einer Pressemitteilung noch einmal darauf hingewiesen, dass einzelne Passagen dieses Gesetzes eher dazu dienen, Flüchtlinge auszugrenzen und zu diskriminieren. Ich zitiere aus dieser Pressemitteilung:

Wir brauchen eine Willkommenskultur. In den Schulen wird dies mit hohem Einsatz geleistet. Wir Lehrerinnen und Lehrer helfen den Flüchtlingen mit viel Engagement, sich zu integrieren und mit unserer Lebensweise umgehen zu können. Wir warnen davor, durch Hetze und Polemisierung ein gesellschaftliches Klima zu befördern, das Gewalt begünstigt und unsere Arbeit in den Schulen gefährdet.

So die Präsidentin des BLLV, Frau Fleischmann. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Wir lehnen diesen Passus in Artikel 7 ab.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Petersen. – Für die Staatsregierung darf ich Herrn Staatssekretär Sibler das Wort erteilen.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir ein Gedankenexperiment. Stellen Sie sich vor, wir hätten diesen Artikel nicht aufgenommen, dann hätten wir die gleiche Kritik bekommen. Es hätte geheißen: Nicht einmal die Schule ist Ihnen eine Zeile wert.

(Beifall bei der CSU)

Ich will nur darauf hinweisen, wenn es um Schule und Bildung geht, dass wir im Haushalt 1.700 Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen haben. Im Haushalt, den wir in der nächsten Woche zur Schlussabstimmung vorlegen werden, sind noch einmal über 800 Stellen enthalten.

Für Deutsch als Zweitsprache oder Fremdsprache bauen wir die Universitäten in Passau und in Würzburg aus. Wir kommen auch dem Weiterbildungsbedarf der Lehrerinnen und Lehrer nach. Damit legen wir ein Programm auf, das sich bundesweit sehen lassen kann. Es hat bundesweit Beachtung gefunden.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Lehrerinnen und Lehrern an den Grundschulen, den Mittelschulen, vor allem aber auch an den beruflichen Schulen. Das Berufsintegrationsjahr ist etwas, das bundesweit für Furore gesorgt hat. Es wurde bundesweit positiv bewertet, und man beneidet uns bundesweit darum. Meine Damen und Herren, zeigen Sie mir ein anderes Bundesland, das ähnliche finanzielle Anstrengungen unternimmt wie der Freistaat Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär.

(Zurufe von der CSU: Er war schon weg! – Anhal- tende Unruhe bei der CSU)

Moment, die Geschäftsordnung macht die Zwischenbemerkung nicht vom förmlichen Ende des Redebeitrags abhängig.

(Staatssekretär Bernd Sibler: Dann soll er halt die Zwischenbemerkung machen!)

Also bitte, Herr Scheuenstuhl.

(Erwin Huber (CSU): Der soll die Hände aus den Taschen nehmen! – Heiterkeit bei der CSU – Harry Scheuenstuhl (SPD): Ich weiß, wo meine Hände sind, Herr Kollege. Das wissen andere nicht! – Kerstin Schreyer (CSU): So genau wollten wir das gar nicht wissen!)

Herr Scheuenstuhl, beginnen Sie jetzt bitte mit der Zwischenbemerkung.

Herr Präsident, entschuldigen Sie, dass ich etwas abgeschweift bin. – Herr Sibler, wir haben heute schon gehört, dass auf die Schulen neue Aufgaben zukommen. Auch Sie haben das erwähnt und auch, dass es neue Bildungsund Weiterbildungsangebote gibt. Ich stelle hier genau die gleiche Frage wie vorhin; denn auch Sie sind nicht darauf eingegangen. Sie zwingen mich sozusagen zur Nachfrage, weil ich neugierig bin. Wir wissen, dass die Schulen, gerade im ländlichen Bereich – zum Teil, aber nicht alle –, katastrophal sind. Im städtischen Bereich ist das vielleicht sogar noch schlimmer. Was gedenken Sie also zu tun, damit auch die Räumlichkeiten ausgebaut werden, um den Erfordernissen zu entsprechen? Wir kommen später noch zu den Kommunen,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

dazu erwarte ich eine Aussage von Ihnen. Ich habe das vorhin schon gefragt und mir dann gedacht, ich warte mal, vielleicht sagt er noch etwas dazu. Das haben Sie aber leider nicht getan. Es wäre aber sehr schön, wenn Sie das noch täten.

Die GRÜNEN haben gerade auch noch das Transportproblem thematisiert. Das habe ich nicht angeführt, deshalb zitiere ich das jetzt einfach. Da treten nämlich Schwierigkeiten auf. Vielleicht können Sie auch dazu noch Stellung nehmen. Das interessiert insbesondere die Kommunalpolitiker. Wir haben hier sehr viele Stadt- und Kreisräte, die sind alle schon sehr gespannt, wie man dieses Problem angehen kann, wo man Zuschüsse beantragen kann. Was sehen Sie als Erfordernis, was die Schulen bringen – –

(Anhaltende Unruhe bei der CSU)

Herr Präsident, darf ich weiterreden?

Sie dürfen noch zwanzig Sekunden weiterreden.

Danke schön. – Also, welche zusätzlichen Erfordernisse sind da? Vielleicht können Sie auch sagen: Es sind keine Erfordernisse da. Das weiß ich nicht. Da sind Sie der Experte. Ich bitte, meine Fragen nach Möglichkeit zu beantworten.

Bitte schön, Herr Staatssekretär.