Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie kommen wir da raus? – Wir müssen die Ausgaben endlich auf wesentliche Projekte konzentrieren. Wir müssen Prioritäten setzen, damit uns die Ausgaben in Zukunft nicht über den Kopf wachsen. Das wurde mit diesem Haushalt aber wieder nicht gemacht. Wir müssen mehr in Bildung investieren, damit Bayern ein starkes Land bleibt und bleiben kann, und wir müssen den Pensionsfonds zu einem echten Pensionsfonds machen. Lediglich 100 Millionen Euro pro Jahr für die Vorsorge, das ist ein Witz! Gerade angesichts der zahlreichen Stellenmehrungen brauchen wir wirkliche Vorsorge.

Unsere Vision sieht folgendermaßen aus: Wir sorgen mit Klimaschutz vor; die Bildung von der Kita bis zur Hochschule ist so gut finanziert, dass genügend Lehrkräfte zur Verfügung stehen und möglichst kein Unterricht ausfällt. Wir fordern ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen, in denen Inklusion gelebt werden kann. Kurz: Wir fordern, dass die Jugend mit guter Bildung für die Zukunft gerüstet ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach unserer Vision wird die Landwirtschaftsförderung mehr und mehr auf Bio umgestellt. Der öffentliche Nahverkehr in den Städten – und im ländlichen Raum! – wird so gut finanziert und ausgebaut, dass wir deutlich weniger Autoverkehr brauchen. Der Haushalt ist mit Rücklagen für steigende Pensionsausgaben und für wirklich unvorhergesehene Ausgaben gerüstet, damit es nicht mehr vorkommt, dass immer wieder ein bisschen draufgesattelt wird.

Wenn ich vor diesem Hintergrund auf den vorliegenden Doppelhaushalt blicke, dann sage ich Ihnen deutlich: Lassen Sie Ihr Selbstlob einfach mal stecken!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Minus 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2017, minus 0,6 Milliarden Euro im Jahr 2018 – das sind die Fakten. Von wegen "postfaktisch", Herr Minister Söder! So hoch war das Einnahmenminus, als der Haushalt im September aufgestellt wurde. Jetzt sollen es noch einmal 25 Millionen Euro weniger im Jahr 2017 und 34 Millionen Euro weniger im Jahr 2018 sein; diese Zahlen ergeben sich aus der Nachschubliste, die die Ausgaben enthält, die im Laufe der Beratungen hinzugekommen sind. Kleinere Veränderungen im Steuerrecht verursachen ein Minus von 22 Millionen Euro im Jahr 2017 und ein Minus von 425 Millionen Euro im Jahr 2018.

In der Summe ergibt sich für das Jahr 2017 ein Minus von 1,2 Milliarden Euro; diese werden der Rücklage entnommen. Im Jahr 2018 muss die Rücklage um gut 1 Milliarde Euro geplündert werden.

Im Jahr 2017 muss der Staat 1,2 Milliarden Euro hernehmen, um die vielen, vielen Ausgabenwünsche zufriedenzustellen. Die CSU-Klientel hat offensichtlich eine Menge teurer Wünsche. Ernsthafte Investitionen in die Zukunft kann ich, im Gegensatz zu den Behauptungen von CSU und Staatsregierung, in diesem Haushalt nicht erkennen.

Im Jahr 2018 nehmen Sie gut 1 Milliarde Euro vom Sparbuch. Bislang ist es gut 1 Milliarde; denn 2018 ist, wie wir alle wissen, ein Wahljahr. Ich garantiere Ihnen, dass Sie im Vorfeld der Wahl bei den Ausgaben noch einmal ordentlich draufsatteln werden, dass noch einmal ordentlich "investiert" wird. Das war bisher in jedem Landtagswahlkampfjahr so. Diesmal werden Sie erst recht auf diese Methode zurückgreifen, da Sie – das sage ich Ihnen schon heute voraus – Panik bekommen werden, dass die Sprüche, mit denen Sie mit der AfD in Konkurrenz treten, nicht mehr ausreichen könnten, um die Wähler einzufangen. Daher wird es zusätzlich zu Ihren rechten Sprüchen noch schnell Geschenke für die Wähler geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fakt ist – ich fasse es gern zusammen –: Der Haushalt ist trotz Rekordeinnahmen mit 2,2 Milliarden Euro im Minus. Die Rücklagen entwickeln sich laut offiziellen Prognosen folgendermaßen: Im Jahr 2015 waren gut 6 Milliarden Euro in den Rücklagen. Im Jahr 2018 wird es noch gut 1 Milliarde Euro sein. An diesen Zahlen wird deutlich, wie die Rücklagen geplündert werden. Wenn man sich dies vor Augen hält, dann erkennt man, dass Herr Minister Söder seine vielen Versprechungen und Ankündigungen, die Steuern massiv zu senken – er hat sie heute Vormittag wiederholt –, nur deswegen machen kann, weil er selbst

weiß, dass er sich nicht durchsetzt. Anders ist es nicht zu erklären. Da auch ihm bewusst ist, dass er sich in Berlin nicht durchsetzen kann, hören wir von ihm alle Jahre wieder, besonders laut und vernehmbar vor jeder Wahl, dass der Mittelstand dringend steuerlich entlastet werden müsse.

Ja, in diesem Punkt bin ich Ihrer Meinung, Herr Minister. Richtig so! Der Mittelstand muss entlastet werden. Dies ist aber nur mit einer seriösen Gegenfinanzierung möglich. All die unrealistischen Ideen des bayerischen Finanzministers sind allerdings keine Gegenfinanzierung. Im Gegenteil, dadurch würden weitere Löcher in die Staatskasse gerissen. Der Betrag, den Bayern aus der Erbschaftsteuer einnimmt, ist jüngst sogar nochmals gestiegen; mittlerweile sind es 1,4 Milliarden Euro. Das ist kein kleiner Beitrag zur Finanzierung des Haushalts. Wenn sich der bayerische Finanzminister mit seiner Forderung nach Abschaffung der Erbschaftsteuer durchgesetzt hätte – zum Glück ist ihm das nicht gelungen –, dann müssten wir diese 1,4 Milliarden Euro auch noch der Rücklage entnehmen. Anders formuliert: Es gäbe längst keine Rücklage mehr. Das ist übrigens nicht meine Rechnung, sondern die Rechnung der Staatsregierung. Angesichts der Zahlen ist es völlig absurd, wenn Sie immer wieder den Eindruck erwecken, Bayern könne auf diese Einnahmen verzichten. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Außerdem wäre es höchst ungerecht – anders kann man es nicht bezeichnen –, wenn Erben entlastet und Bezieher mittlerer Einkommen immer stärker belastet würden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, in den Haushaltsberatungen, die an vielen Tagen mehrere Stunden dauerten, meist von 8 Uhr bis 16 Uhr, haben wir Ihnen zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt, den Haushalt nach Plan umzustrukturieren. Leider haben Sie wieder einmal nichts davon umgesetzt. Stattdessen haben Sie überall etwas draufgesattelt, das heißt, überall etwas mehr Geld veranschlagt. Dagegen steht unser Konzept, das grüne Konzept. Wir stellen uns den Herausforderungen der Zukunft.

Ja, man kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Glücklicherweise ist heute schon zweimal darauf hingewiesen worden, dass wir zu jedem unserer Anträge Gegenfinanzierungsvorschläge vorgelegt haben. Wir wollen die Mittel umschichten.

Es ist notwendig, klar festzulegen, was Aufgabe des Staates ist und was nicht dazugehört. Dann ist zu klären, wie die Erfüllung der Aufgaben finanziert werden soll. Diesen Fragen müssen wir uns stellen. Man kann

sich nicht überall lieb Kind machen, wenn man benennt, was nicht Aufgabe des Staates ist bzw. welche Umschichtungen zugunsten wichtigerer Aufgaben vorgenommen werden sollen. Das ist Politik, nichts anderes. Politik muss die Rahmenbedingungen setzen. Politik muss den Einzelnen und die Einzelne befähigen, handlungsfähig zu sein.

Es gehört nicht zu unseren Aufgaben, eine weitere Transferleistung in dreistelliger Millionenhöhe mal eben draufzusatteln. Herr Kollege Weidenbusch ist leider nicht da; wir hatten im Haushaltsausschuss eine sehr angeregte Diskussion. Es ist keine Staatsaufgabe, Eltern dafür zu fördern, dass sie ihr Kind nicht in die Krippe schicken. Dies als Staatsaufgabe zu definieren, ist einfach falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es wäre unsere Aufgabe, das Geld, das dafür verwendet wird, richtig anzulegen, nämlich in bessere Betreuung und Bildung im vorschulischen Bereich. Alle Studien besagen, dass der Grundstein für Chancengerechtigkeit in der Vorschule gelegt wird. Alle Studien stellen ebenso fest, dass die westlichen Länder, insbesondere wir, das reiche Deutschland, es nicht schaffen, genügend Geld in die Vorschule zu investieren.

Ja, ich wünsche mir ein Bayern, in dem der Schulabschluss endlich weniger als bisher vom Geldbeutel der Eltern abhängt. Ich wünsche mir ein Bayern, in dem Familien ermutigt werden, ihre Kinder in die Kindertagesstätte zu geben, und zwar in eine mit ordentlich bezahlten Erzieherinnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ordentlich bezahlte Erzieherinnen, dafür wäre das Betreuungsgeld sinnvoll investiert. Aber Hauptsache, Sie behalten recht und drücken Ihr Betreuungsgeld irgendwie durch.

Wir haben weitere Umschichtungen beantragt, die für die Zukunft stehen, nicht aber für Ihre rückwärtsgewandte Politik: 130 Millionen Euro wollen wir beim Neubau von Staatsstraßen kürzen; dabei haben wir konservativ und ehrlich gerechnet. Stattdessen wollen wir mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr und die Radwege zur Verfügung stellen.

23 Millionen Euro wollen wir beim Marketing für die konventionelle Landwirtschaft kürzen. Stattdessen wollen wir den Öko-Landbau – und so weiter, und so weiter – fördern.

Wir haben Ihnen etliche andere Möglichkeiten aufgezeigt, den Haushalt zukunftsfest zu machen, das

heißt, umzuschichten zugunsten von Klimaschutz, Energiewende, Bildung und Inklusion. Unser Haushaltsentwurf ist gegengerechnet und an der Zukunft orientiert. Die Bereiche energetische Sanierung und Bauunterhalt sollen mehr Geld bekommen.

Unser Haushaltsentwurf hält internationales Recht ein, weil bei uns Inklusion eben kein Fremdwort ist. Wir wissen, dass es für die Inklusion mehr Lehrkräfte als bisher braucht. Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Es braucht endlich einen wirklichen Schritt in Richtung barrierefreies Bayern und nicht nur leere Versprechungen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser Haushalt investiert in die Kinder von klein an, von der dualen Ausbildung bis zum Hörsaal. Unser Haushalt ist nachhaltig; denn wir investieren tatsächlich in die Zukunft unserer Kinder. Das und nichts anderes muss die Maxime unseres Handelns sein.

Dazu gehört auch, dass wir nachfolgende Generationen nicht mit Altlasten überfordern, etwa, wenn es um die Altersversorgung der Beamtinnen und Beamten geht. Es braucht eben auch hier eine vorsorgende Politik, einen Pensionsfonds, der seinen Namen verdient, damit die Versorgungsausgaben nicht die Ausgaben für den Länderfinanzausgleich überholen.

Der Kompromiss, den die 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten zum Länderfinanzausgleich ausgehandelt haben, ist gut. Es ist auch kein Wunder, dass er gut ist; denn dieser Kompromiss entspricht genau einem grünen Konzept von vor über sechs Jahren.

(Beifall bei den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Oh Gott!)

Ich kann Ihnen nachher noch die Drucksachennummer mitgeben, falls Sie für die Weihnachtsferien eine Lektüre brauchen. Allerdings wird die Idee, nach der der Länderfinanzausgleich jetzt gestaltet ist, in den kommenden drei Jahren nichts ändern. Auch nach 2020 wird er angesichts der Haushaltspolitik des bayerischen Finanzministers nicht viel bringen.

Der Kompromiss zum Länderfinanzausgleich ist gut, weil die Ausgleichszahlungen zwischen den Ländern endlich wegfallen. Die Neiddebatten, die wir hier so oft gehört haben und die vom Ansatz her so unsäglich falsch sind, weil sie an der Sache vorbeigehen, sind dann hoffentlich endlich vorbei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was die Einnahmen angeht, die wir durch den Kompromiss nach dem grünen Vorbild erlösen: Es handelt sich um 1,3 Milliarden Euro für Bayern. Bayern wird sich also 1,3 Milliarden Euro sparen. Sie verpuffen aber, wenn der Finanzminister so weitermacht, nämlich ohne Plan und Konzept Geld ausgeben, ausgeben und nochmals ausgeben.

Die Einnahmen in Bayern sind 2014 um fast 3 Milliarden Euro gestiegen. 2018 werden die Einnahmen voraussichtlich um 2 Milliarden Euro steigen. Was ist aber der Effekt? – Minister Söder kann den Haushalt 2017 und 2018 nicht ohne massive Entnahmen vom Sparbuch ausgleichen. 1,3 Milliarden Euro Erlöse aus dem neuen System des Länderfinanzausgleichs gehen bei seinem internen Wahlkampf um den Posten des Ministerpräsidenten einfach unter.

Eigentlich waren die Erlöse aus dem neuen Länderfinanzausgleich aber für etwas ganz anderes vorgesehen. Erinnern wir uns alle: Es gab das Konzept oder die einmal dahingeworfene Nummer von der Schuldentilgung bis 2030. Es sollte so sein, dass die Erlöse, die man mit dem neuen Konzept des Länderfinanzausgleichs erzielt, in die Schuldentilgung gehen. Die Schuldentilgung wird aber nicht funktionieren, weil es tatsächlich so ist, dass die CSU-Haushalts- und Steuerpolitik allen alles verspricht.

Jetzt komme ich vom großen Länderfinanzausgleich zum kleinen Länderfinanzausgleich. Die Kollegen haben es vorher schon gesagt: Es ist nicht Ihr Verdienst, dass der kommunale Finanzausgleich so hoch ist – es tut mir herzlich leid. Die Höhe geht auch nicht auf eine besondere Kommunalfreundlichkeit der CSU zurück – hören Sie endlich damit auf! Die Höhe ergibt sich schlicht und ergreifend aus der hohen Gesamtsumme der Steuern. Das ist es einfach. – Punkt; fertig!

Den Anteil, den die Kommunen bekommen, haben Sie eben nicht erhöht. Sie sind nicht in einen höheren Anteil eingestiegen. Dies wäre aber dringend notwendig, um die Kommunen endlich unabhängiger zu machen,

(Beifall bei den GRÜNEN)

insbesondere unabhängiger von den zahllosen Einzelförderungen im kommunalen Finanzausgleich, mit denen wir die Kommunen übrigens bevormunden. Wir streben für die Kommunen schrittweise 15 % des Gesamteinkommens des Steuerverbundes an. Vor allem sollten die Kommunen von der ständigen Ausweisung neuer Gewerbegebiete unabhängiger sein. Der wahnsinnige Flächenverbrauch, die Landschaftsversiegelung muss beendet werden, und zwar nicht nur in

Ihren Sonntagsreden, sondern auch de facto. Achten und schützen Sie endlich unsere Natur!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Apropos Kommunen: Es vergeht kaum ein Tag, an dem der selbsternannte Heimatminister Söder nicht pressewirksam irgendeinen Termin zum Breitbandausbau im ländlichen Raum wahrnimmt. Da werden dann die Förderbescheide überreicht und Floskeln vom digitalen Ausbau auf dem Land gedroschen. Jetzt kommt auch noch Wirtschaftsministerin Aigner mit dem "eDorf". Ich finde, Sie sollten Ihren Konkurrenzkampf anderswo austragen, nicht bei dem wichtigen Thema des Breitbandausbaus für den ländlichen Raum. Zu hoffen bleibt, dass beim "eDorf" das Geld nicht nur in die Werbung statt in den dringend nötigen Netzausbau fließt, damit zukünftig auch andere Dörfer in Bayern von den Erfahrungen profitieren. Das ist ja ein Modellprojekt.