Ich sage, Sie haben von den FREIEN WÄHLERN gelernt; denn die FREIEN WÄHLER haben das schon damals als falsch bezeichnet. Wir haben schon damals sehr deutlich gesagt, dass Bayern nur über die Regionen entwickelt werden kann, dass es nur dann noch stärker werden kann, wenn wir die Kräfte aller Landesteile bündeln.
Wir FREIEN WÄHLER meinen – und deswegen ist dieser Haushalt für uns der wichtigste Haushaltsteil –, dass Politik nur vor Ort gelingen kann: in den Kommunen, bei den Menschen, bei den Ehrenamtlichen, in den Vereinen und Initiativen, aber nicht fernab in Brüssel, in Berlin, in München. Wir müssen den Rahmen vorgeben, aber wir müssen auch ganz viel Vertrauen in die Akteure vor Ort haben, die Akteure, die das umsetzen sollen, was wir hier beschließen.
Aber dazu braucht man natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, einen stabilen Finanzrahmen. Dazu sind heute Vormittag zwei Bemerkungen gefallen, die ich schon noch einmal kurz beleuchten möchte, weil ich sie so nicht stehen lassen kann.
Zum einen wird immer und immer wieder behauptet, bei Oppositionsanträgen fehle die Gegenfinanzierung. Bei der Fraktion der GRÜNEN hat der Herr Staatsminister das eingeschränkt, aber an die FREIEN WÄHLER und insbesondere an die SPD ging der Vorwurf, wir würden, wenn wir den Haushalt verantwortlich aufstellen müssten, über unsere Verhältnisse leben.
Das ist in zweierlei Hinsicht klar zu widerlegen, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn wir haben bei den 3,2 Milliarden Euro, die wir in diesem Doppelhaushalt mehr ausgeben wollen, einen ganz klaren Schwerpunkt auf die Kommunen gelegt, mit über 2 Milliarden Euro.
Wenn man die Verschuldung eines Landes anschaut, dann muss man die kommunalen Schulden und die Landesschulden zusammenrechnen. Wir sitzen in einem Boot. Wenn es um die Verteilung von Schlüsselzuweisungen geht, ist der Freistaat Bayern der Treuhänder für die Kommunen.
Die Kommunen sind nicht etwa das kleine Kind, das unter dem Weihnachtsbaum eine schöne Bescherung erlebt, lieber Kollege Bachhuber, nein, sie haben einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch. Der Freistaat hat dafür zu sorgen, dass die Kommunen finanziell ordentlich und gut ausgestattet sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was heißt das? – Schauen wir uns den großen Bereich Zuwanderung und Migration an, eine sicherlich große, wenn nicht gar die größte Herausforderung, vor der wir in den nächsten Jahren stehen. Ich habe es heute Vormittag schon gesagt: Sie können natürlich über Obergrenzen und über illegale Flüchtlingspolitik der Bundesregierung und Ähnliches diskutieren, aber das wird nicht hier entschieden. Vielmehr müssen wir uns vor Ort darum kümmern, dass sich die Menschen hier gut
Wir reden aber noch von Geld, Herr Staatsminister. Da haben Sie den Vorwurf bekommen, Ihre Steuerversprechungen in einem Umfang von 100 Milliarden, Kollege Güller, seien mit heißer Nadel gestrickt; so habe ich es zumindest verstanden. Was ich an diesen Steuerversprechungen in der Tat zu kritisieren habe: Herr Staatsminister, Sie sind doch eigentlich ein Mann der Tat und nicht der Worte. In diesen Fragen kommen Sie mir vor wie ein Wanderprediger, der durch die Lande zieht und ständig seine Forderungen vor sich herträgt, die wir alle teilen und alle vernünftig finden.
Aber nachdem die CSU Teil der Bundesregierung ist, sollten Sie jetzt endlich einmal liefern. Sie sind seit 2005 an der Regierung, also im zwölften Jahr. Es wäre durchaus angemessen – wenn man sagt: die sieben dürren Jahre sind vorbei, wir haben jetzt schon fünf fette Jahre –, dass Sie irgendwann einmal liefern.
In einem Punkt bin ich aber bei Ihnen: Ich kann nicht nachvollziehen, dass man immer behauptet, Steuersenkungen seien ausschließlich oder logischerweise Einnahmeverminderungen für den Staat. Das ist so nicht richtig.
Deswegen kann man nicht ohne Weiteres sagen: Wer Steuern senkt, verkürzt die Spielräume des Handelns. Wir sind der Meinung, dass sinnvolle Steuersenkungen, gerechte Steuersenkungen – ich nenne hier insbesondere den Abbau der kalten Progression, aber auch eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags – Wachstumskräfte entfachen und dazu führen können, dass wir zumindest nicht weniger Steuereinnahmen haben werden, liebe Kollegen.
Nun aber zurück zu den Kommunen. Wir FREIEN WÄHLER sagen: Wenn wir die Kommunen vor Ort stärken, kann sich der Freistaat Bayern noch besser entwickeln, als er sich derzeit entwickelt.
Ich komme noch einmal zurück auf das Thema Integration. Letzte Woche hatten wir eine Marathonsitzung zum Integrationsgesetz. Wir haben uns über Begrifflichkeiten verkopft. Wenn ich draußen bin, fragt mich keiner nach der Definition und der Sinnhaftigkeit einer Leitkultur. Die Menschen wollen, dass diejenigen, die zu uns kommen, sich in diese Gesellschaft integrieren und keine Parallelgesellschaften bilden.
Aber wer das macht und wie man das macht, das sind Fragen, denen wir uns zu stellen haben. Das passiert vor Ort, und dafür müssen wir den Kommunen das notwendige Geld in die Hand geben.
Liebe Kollegen, wenn wir Migranten in Niederbayern integrieren wollen, dann stellen Sie sich einmal vor, wir hätten vier Integrationskurse: Der eine Integrationskurs wird von Herrn Scheuer geleitet, der andere von Herrn Aiwanger, der dritte von Herrn Pronold und der vierte von Herrn Hallitzky. Wenn Sie die vier Gruppen dann zueinanderführen, glauben Sie, dass sie das Gleiche an Leitkultur und Integration mitbekommen haben? Ich zweifle daran.
Ich sage deswegen: Lassen wir das die Profis machen, und halten wir uns als politische Akteure bitte aus diesen Details heraus. Geben wir das Geld denjenigen, die sich auf diese Arbeit, auf die Integrationsarbeit in hervorragendem Maße verstehen.
Wir haben eine ganze Reihe von Anträgen gestellt. Ich greife hier das wesentliche Anliegen heraus, die Erhöhung des Kommunalanteils am allgemeinen Steuerverbund. Ich sage Ihnen, das dient natürlich der Bewältigung auch der Integrationsaufgabe, vor allem aber dient es allen Menschen. Wir müssen schon ein wenig aufpassen, dass wir die eine Gruppe nicht gegen die andere Gruppe ausspielen. Integration ist wichtig, aber wir sind für alle Menschen da, für die Benachteiligten genauso wie für die Nichtbenachteiligten. Jeder Bürger hat Anspruch darauf, dass er eine vernünftige, lebenswerte Gesellschaft vorfindet, und diese lebenswerte Gesellschaft wird insbesondere vor Ort in den Kommunen gepflegt. Das ist auch ein Grund dafür, dass wir in Bayern etwas besser dastehen als andere Regionen in der Republik. Wir stehen nicht nur finanziell, sondern auch mit den gesamten Lebensumständen besser da.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben gesagt, die Erhöhung des kommunalen Finanzanteils am allgemeinen Steuerverbund ist unsere Forderung, seit wir dem Bayerischen Landtag angehören. Natürlich sagen Sie, Kollege Bachhuber, dass die Kommunen
jedes Jahr einen Einnahmerekord hätten. Das ist schon richtig, das ist aber der allgemeinen Steuerentwicklung geschuldet. Die allgemeine Steuerentwicklung verdanken wir den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmern, denen, die in Deutschland und in Bayern Steuern zahlen. Dass davon die Kommunen auch profitieren, ist nur recht und billig.
Es kann und wird auch wieder schlechtere Zeiten geben. Deswegen brauchen wir eine Verstetigung des Kommunalanteils auf einem höheren Niveau. Wir haben im Hinblick darauf, dass die Steuereinnahmen gut sind, unsere Forderung auf mehrere Jahre verteilt. Wir wollen im Jahr 2017 von 12,75 % auf 13,5 % kommen. Im Jahr 2018 wollen wir auf 14,25 % kommen und 2019 die 15 % erreichen. Die GRÜNEN haben auch Initiativen in diesem Sinne ergriffen, wenn sie auch nicht so viel fordern wie wir. Immerhin haben sie auch angedeutet, dass sie mehr Geld für die Kommunen wollen. Die SPD will es sowieso. Das fordert sie seit Jahren. Sie hat unserem Antrag zugestimmt, und ich hoffe, dass auch in die Reihen der Mehrheitsfraktion Bewegung hineinkommt. Wir wissen, dass es dieses merkwürdige Gesetz gibt, wonach man bei Haushaltsanträgen der Opposition nicht zustimmen darf, egal wie sinnvoll oder weniger sinnvoll die Anträge sind. Wahrscheinlich würden Sie sogar noch dagegen stimmen, wenn man dem Ministerpräsidenten Strauß aus Steuermitteln ein Denkmal setzen würde.
(Josef Zellmeier (CSU): Stellen Sie halt einen Antrag! – Peter Winter (CSU): Das könnt ihr doch einmal probieren!)
Das heißt, wenn wir so einen Antrag stellen würden, würden wir auch bei anderen Themen mit euch ins Geschäft kommen? Darüber wird zu gegebener Zeit zu reden sein, lieber Kollege Winter.
Zu unseren weiteren Schwerpunkten im kommunalen Bereich gehört die Barrierefreiheit. Wenn der Ministerpräsident – davor habe ich hohen Respekt – an diesem Rednerpult sagt, Bayern werde 2023 barrierefrei sein, dann ist das ein Versprechen, das eingehalten werden muss, dann aber auch auf allen Ebenen, und damit auch auf kommunaler Ebene. Dafür muss man den Kommunen nach dem Gedanken der Konnexität mehr Geld als bisher zur Verfügung stellen. Die Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude in kommunaler Hand ist genauso wichtig wie die Barrierefreiheit von Gebäuden in privater Hand.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich ist auch der kommunale Straßenbau und Straßenunterhalt ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt. Hier haben wir jeweils 97 Millionen Euro mehr vorgesehen. Warum? Der Zustand der kommunalen Straßen wird immer
schlechter, und die Verschlechterung dieses Zustandes ist eine schleichende Verschuldung. Wir haben keine doppische Haushaltsführung, aber natürlich darf man nicht nur den Kassenstand sehen. Wir müssen auch die Entwicklung des Staatsvermögens sehen.
Schülerbeförderung, Schwimmbäder und Sanierungen der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung sind weitere Schwerpunkte, die wir gesetzt haben. Die CSU-Fraktion hätte gut daran getan, das eine oder andere zu verwirklichen, und zwar nicht mit Verzögerung, sondern gleich. Das hätte auch ein gewisses Zeichen von Größe bedeutet. Damit will ich mich aber nicht aufhalten. Insgesamt kann man durchaus sagen, dass es den Menschen und den Haushalten im Freistaat Bayern relativ gut geht. Im kommunalen Bereich – der Kollege Knoblauch hat zu Recht darauf hingewiesen – gibt es aber noch deutliche Unterschiede. Wenn alles in Butter wäre, wäre nicht halb Bayern, wie der Kollege Muthmann zu Recht gesagt hat, Raum mit besonderem Handlungsbedarf. Es gibt genügend Handlungsbedarf, packen wir es an!
Danke schön, Herr Kollege Pohl. – Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht jetzt Kollegin Stamm. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der bayerische Haushalt ist eine Geschichte von Zwergen und selbsternannten Königen. Er sollte aber eine Geschichte von Tugenden sein, die einem Haushalt innewohnen, und das sind Ehrlichkeit und Sparsamkeit.
Bevor wir einen Blick auf den aktuellen Haushalt werfen, lassen Sie uns erst einmal in die Zukunft schauen. Wohin soll denn die Reise mit dem bayerischen Haushalt gehen? Wo steht der Haushalt zum Beispiel im Jahr 2030, und wie hoch sollen die Ausgaben noch steigen? Wenn es so weitergeht, werden sie offenbar auf 80 Milliarden Euro steigen.
Wir erinnern uns: Ein großes, aber lediglich dahingeworfenes und damit leeres Versprechen lautete: Bayern soll 2030 schuldenfrei sein. Wie viele Schulden haben wir denn dann? Jetzt ist vorgesehen, in den Jahren 2019 und 2020 jeweils 500 Millionen Euro zu tilgen. Rechnerisch wären die Schulden dann 2072 getilgt, aber nicht 2030.
Gleichzeitig steigen die Pensionsverpflichtungen sicherlich auf 8 Milliarden Euro an. Das heißt, die Ausgaben für die Pensionen übersteigen die jetzige Summe für den Länderfinanzausgleich. Lassen Sie uns eines klarstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir stehen zu den Pensionsversprechen für die Be
amten, sehr geehrter Herr Habermann. Dann muss man aber auch dafür Vorsorge treffen. Das tut die Staatsregierung eben nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was machen wir eigentlich, wenn die Einnahmen nicht mehr so sprudeln wie in den vergangenen sechs Jahren und wenn dann kein Geld mehr in der Rücklage ist, weil laut offizieller Planung der Staatsregierung 2018 die Rücklage nur noch 1 Milliarde Euro vorzuweisen hat? Das soll jetzt kein Horrorszenario werden; dazu besteht im Moment noch kein Anlass. Bei allen Jubelmeldungen über Bayern haben Sie aber keine Antwort auf alle diese Fragen. Feststeht, dass Sie endlich Antworten auf diese Fragen finden müssen, sonst bekommen wir massive Haushaltsprobleme.